Hans Raimund: Mir hat die Blume Sinn niemals geblüht / Para mí nunca floreció la flor sentido

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Hans Raimund: Mir hat die Blume Sinn niemals geblüht / Para mí nunca floreció la flor sentido

Raimund-Mir hat die Blume Sinn niemals geblüht / Para mí nunca floreció la flor sentido

RILKE-PFAD      5. APRIL

Die Sonne scheint
Die Bäume rauschen
Der Wind weht
Die Büsche duften

Das Meer glitzert
Die Möwen schreien
Der Hund hechelt
Der Stein wärmt

Simple Sätze:
Subjekt
Prädikat
Keine Objekte

 

 

 

Nachwort

Eine sehr persönliche lyrische Stimme offenbart sich in dem Werk von Hans Raimund (Petzelsdorf, Österreich, 1945). Scheinbar unbedeutende Details des täglichen Lebens, die betrachtete und lyrischer Stoff gewordene natürliche Umgebung, die untrennbare Einheit von Natur und Menschen sind bevorzugte Themen des Autors, dessen Gedichte manchmal eine erzählerische Berufung durchscheinen lassen. Herausforderndes, erlebnisreiches Schreiben, das von geheimnisvollen Texten wie „Da ist ein Herz“ bis zu der Umgangssprache eines „Essen mit den Eltern“ reicht, vom philosophischen Nachdenken in „Wünsche“ bis zu der luftigen Anmut der Metaphern im Gedicht 6 aus „Ungaretti-Zyklus“. Wenn man als Autor so viel über gescheiterte Illusionen und zerstörte Mythen spricht (nicht grundlos ist Kaputte Mythen der Titel von einem seiner Bücher), beschwört man mit diskreter Beredsamkeit die wahrsten und beständigsten Werte. In Strophen einer Ehe feiert Raimund, was heute fast eine Seltenheit ist: ein ganzes Leben mit seiner Frau Franziska, der er viele seiner schönsten und zartesten Seiten widmet. Der lange geduldige Blick – so der Titel einer Gedichtsammlung von Raimund –, auf die Landschaft gerichtet und poetische Reflexion geworden, ist auch in seinen neuen Büchern vorhanden: Trauer träumen (2004), Vexierbilder (2007) oder die Lyrikauswahl Auf einem Teppich aus Luft / On a Carpet Made of Air (2014).

Im Jahr 1995, in einem Artikel der österreichischen Zeitschrift Literatur und Kritik, fragte sich Hans Raimund, warum man noch Lyrik schreibt. Die Antwort, ein Text aus Immer noch Gedichte? (2011), weist darauf hin, dass das Gedicht für den Autor ein sprachliches und formgebundenes Ereignis, ein intensives klangliches Erlebnis, das ihm gemäße Ausdrucksmittel ist. Aber die Frage „Immer noch Gedichte?“ geht über das Private hinaus: sie führt zu einem weiteren Nachdenken über die aktuelle Produktion und die Rezeption dieser literarischen Form und bezieht sich auch auf das, was einige Pessimisten nach dem Zweiten Weltkrieg behaupteten: dass man nach den Gräueln des Krieges und seiner Folgen keine Lyrik mehr schreiben könne. Trotzdem war es gerade in den Ländern, auf deren Gebiet sich der Weltkrieg ereignete (Österreich darunter), wo sich Stimmen auf der Suche nach neuen Wegen mehrten, um die Schönheit wiederzufinden. Egal welche Wege dies sind – das Experimentieren oder die Rückkehr zu alten Formen, die Auseinandersetzung mit philosophischen Themen, der Surrealismus oder der innige Ausdruck der Liebe –, sie alle beweisen, jeder auf seine Art, das Dauerhafte des dichterischen Schaffens.

Diese Auswahl versucht in ihrer Kürze nicht, umfassend zu sein, sondern in spanischer Sprache eine erste Annäherung an eine Dichtung zu ermöglichen, die aus der besten Tradition der österreichischen Literatur erwachsen ist: die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der Sprache als Ausdrucksmittel an sich und als Kommunikationsmittel der eigenen Erfahrung.

Olga Sánchez Guevara, Havanna, April 2001 und Dezember 2014, Nachwort

 

Fakten und Vermutungen zur Übersetzerin

 

 

Zum 70. Geburtstag des Autors:

David Axmann: Wider-Klang der Welt-Betrachtung
Wiener Zeitung, 3.4.2015

Fakten und Vermutungen zum Autor + Instagram +
ÖM + Kalliope
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Hans Raimund im Interview mit Gerhard Winkler für die Literatur-Edition-Niederösterreich am 13.4.1999 in Hochstraß.

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