– Nach Georg Trakls Gedicht „Klage“. –
GEORG TRAKL
Klage
Schlaf und Tod, die düstern Adler
Umrauschen nachtlang dieses Haupt:
Des Menschen goldnes Bildnis
Verschlänge die eisige Woge
Der Ewigkeit. An schaurigen Riffen
Zerschellt der purpurne Leib
Und es klagt die dunkle Stimme
Über dem Meer.
Schwester stürmischer Schwermut
Sieh ein ängstlicher Kahn versinkt
Unter Sternen,
Dem schweigenden Antlitz der Nacht.
Schlaf und Tod, die düstern Adler
Frau Tödin Dido von den
Schlaufen trug einen schweren
Kattun mit weißer Bluse
(wieso?) und Adern
nachts von einer Schlupfwespe
bewohnt namens
Aspirin
Umrauschen nachtlang dieses Haupt:
Einatmen.
Alle naslang wohnte die rauhe Scheu
im Parterre. Ihre Haut und die
Blesse gerupft und gezupft
mit glattem Opiat
Zopf des Nachbarn (ein Kopfnager)
winters, wenns denn
jännern wollte, sonst nackt
wie ein April
Des Menschen goldnes Bildnis
Jetzt bild dir ’nen Teil von Iwan Goll
stirnrunzelnd wie eine Tüte, da
du geschasst in München dir
einen Rätemonat wagst von go go
Nistflüchtern, schüchternen
schlotternden Resten
einer Entität doppelten
Drillichs: Overall
Verschlänge die eisige Woge
Gehverkehr, Schlangestehen:
Eisenvogel, der schläfrigen Claire
zerknautschtes Papiergesicht
ach was
liege ich im Argen
kerngesund
Vorschlag aus dem Stammhirn
unklarer Herkunft, wie alle
Verbote: Ei-si-di-si
Der Ewigkeit. An schaurigen Riffen
Anschaun. Euer Anstand, gefühlte Schande
an den Rippen aus Papier.
Faustdicke Fenster, dahinter
Pferdelandschaft. Raffgier der Raben.
In Tiflis liegt seit Menschendenken
ein Schokoriegel
Zerschellt der purpurne Leib
Meister Purpur hilft nun der Tödin
Streifen für Streifen aus der
Baumwolle. Sie ’ne Schnepfe,
er nicht netter, hat aber seinen
Leib- und Magengarten und
möcht bescheiden sein.
Lippschitz, geschorene Körperteile
Und es klagt die dunkle Stimme
Sklave der Wellen: ist er fort
stirbt der König: stimmts?
Kleine, mir wird bald schlecht
bei diesem Durcheinander. Ich schrieb
es schnell, damit es rasch gelesen
wird: Finstere Fenster (klar), von der
Küste Humbugalarm
Über dem Meer.
Viel Mundwasser geschluckt
unter jenem Stimmenhimmel
über und über mit
Merdre beschmiert
Schwester stürmischer Schwermut
Zu guter Letzt schwört die Zwischenzschäpe
einen schwarzen kleinkarierten Schatten
über Bruder Mundlos, hart
ist das heißen geworden und das
sitzen auf seinem Namen
Sieh ein ängstlicher Kahn versinkt
Eingeengt von Kanada, von
Lampedusa, die Spur der
Spiralensprachen, am Lurley
Berg ists nicht recht seicht. Nun such
er doch den Siedler schmal wie
ein Handtuch
Unter Sternen,
Unsernen Unsterns Nennwert:
es soll schmerzen wie eine
weiss geblähte Bluse
Dem schweigenden Antlitz der Nacht.
Scheue Adelheid. Das Gesicht schwillt
nach der Engel Art
der Backenstreich
Schwierige, deutliche Nachtlitze, bekloppt
oder dementer Mut der Daimonen
zwing er denn so
zwing den no go Vogel
die liegende Acht
Hans Thill, aus Mirko Bonné und Tom Schulz (Hrsg.): TRAKL und wir. Fünfzig Blicke in einen Opal, Stiftung Lyrik Kabinett, 2014
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