ALS MIR NOCH NICHT ALLES EGAL WAR,
Ging ich von Grab zu Grab:
Ich, der ich nie ein Star war,
Ging die Wege hinab
Bis ich wieder am Tor war
Zum Cimetière du Père Lachaise.
Hinter mir lagen die Gräber
Von Chopin und Claire Goll,
Vor mir, der Ordnung gemäß,
Die Läden der Pompes Funèbres,
So saß ich auf meinem Gesäß
Auf einer Bank am berühmten
Boulevard de Ménilmontant:
Leckt mich gefälligst am Arsch.
Heinz Czechowskis Gedichte, diese Bittermandeln! Nicht von ungefähr wurde er einst liebevoll „DDR-Trakl“ genannt. Jeder Vers, jeder Band spielt mit der Möglichkeit, sein letzter zu sein. Jedes Wort will ihn, den Lyriker, noch tiefer in die deutsche Dichtung einmeißeln, mit ihrem Schicksal verbinden. Zeiten, Orte, Personen sind seine ständigen Gesprächspartner. Und wenn Gottfried Benn sagt: „Der große Dichter aber ist ein großer Realist, sehr nahe allen Wirklichkeiten – er belädt sich mit Wirklichkeiten, er ist sehr irdisch, eine Zikade, nach der Sage aus der Erde geboren, das athenische Insekt“, dann trifft dies ganz besonders auf Czechowski zu. Nicht ohne Grund mißtraut er der verschraubten, ungeerdeten Metapher. Seine Bilder haben stets harten Boden unter den Füßen. Doch wäre es eine Täuschung, darin nur eine Form von Naturalismus zu sehen. Czechowski bildet die Wirklichkeit nicht ab. Das Geschichtliche, Biographische und Literarische sind sein Material. Die Dokumentation Tarnung. Dahinter aber entfaltet sich der alte Mythos: vom Ausgesetzten „auf den Bergen des Herzens“, vom „Einsamen unterm Sternenzelt“, vom „Dichter in dürftiger Zeit“.
Alexander Nitzberg, Düsseldorf, März 2006, Vorwort
Richard A. Zipster: DDR-Literatur im Tauwetter Stellungnahmen
Jens Bisky: Vom Nichts begleitet
Süddeutsche Zeitung, 7.2.2005
Beatrix Langner: Schreiben im eigenen Schatten
Neue Zürcher Zeitung, 7.2.2005
Hans-Dieter Schütt: Rückwende
Neues Deutschland, 7.2.2005
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