– Zu Georg Trakls Gedicht „An den Knaben Elis“. –
GEORG TRAKL
An den Knaben Elis
Elis, wenn die Amsel im schwarzen Wald ruft,
Dieses ist dein Untergang.
Deine Lippen trinken die Kühle des blauen Felsenquells.
Laß, wenn deine Stirne leise blutet
Uralte Legenden
Und dunkle Deutung des Vogelflugs.
Du aber gehst mit weichen Schritten in die Nacht,
Die voll purpurner Trauben hängt
Und du regst die Arme schöner im Blau.
Ein Dornenbusch tönt,
Wo deine mondenen Augen sind.
O, wie lange bist, Elis, du verstorben.
Dein Leib ist eine Hyazinthe,
In die ein Mönch die wächsernen Finger taucht.
Eine schwarze Höhle ist unser Schweigen,
Daraus bisweilen ein sanftes Tier tritt
Und langsam die schweren Lider senkt.
Auf deine Schläfen tropft schwarzer Tau,
Das letzte Gold verfallener Sterne.
Ich wollte sein wie du, verloren im Kosmos,
ohne dabei cool zu sein. Ungeborner Enkel.
Aber bei uns fuhr nur ein Bus alle Stunde
ins nächste Kaff, und bis ich vierzehn war,
las ich ausschließlich Preußler oder Blyton.
Das letzte Gold verfallener Sterne leuchtete
mir trotzdem immer völlig ein, alles erlebte
ich tief, tiefer, aber ich verstand es nicht.
Ich konnte deinen Schmerz nicht verstehen
und hatte meinen. Du hast mir nichts geraten.
Klar gibt es einen Gott, allerdings nicht den
aus der Kirche, der nie in die Kirche geht.
Nein, den anderen, der keine Partei ergreift,
der keine anderen Hände hat als unsere.
Der sagt, du bist frei – werde, sei und stirb!
Übers Jahr kamen Vögel und zogen weiter,
von Hyazinthen wurde mir übel, Musik
und Farben deiner Verse berauschten mich.
Was habe ich von dir gelernt? Auf Amseln
zu achten, den Untergang nicht zu fürchten.
Mensch, habe ich gelitten, gelesen. Mais
und Dörfer. Die Welt ohne Mönche. Einmal
trat ein Reh aus dem Gebüsch, dann nichts.
(Fassung v. 16. Mai 2013)
Hendrik Rost, aus Mirko Bonné und Tom Schulz (Hrsg.): TRAKL und wir. Fünfzig Blicke in einen Opal, Stiftung Lyrik Kabinett, 2014
Hi,
vielleicht überprüfst Du die Interpunktion von Elis?
Gruß aus dem Thüringer Wald!