ANDREA
sie liebte mich durch
und durch
anders
rum
auf andresens art
fast so wie anderson
niemals
anders
ANNA: steht zwischen anna lust und hanna habil eine lebenslängliche poetik kopf?
LUST: mehr mann, mehr mann.
ANNA: welches geheimnis teilen beatrice, marlene und blanca?
LUST: sie haben an derselben stelle einen leberfleck.
ANNA: an welcher stelle (punkt, punkt, punkt) wird erotik zu lyrik und geht es auch umgekehrt? (doppelpunkt)
LUST: … um sie kreist eine spielzeugbahn / sie sagt lokomotive (aus „anette‟)
:… und ich / hänge in der sprache / komme gerade jetzt / und schon nicht mehr / von ihr los (aus „esther‟)
ANNA: was reimt sich auf ave maria?
LUST: santa lucia oder besser: brave lucia
ANNA: gibt es bei ingenieur riedel, prof. schneider, onkel doktor und harry sexuelle klassenunterschiede?
LUST: ja,natürlich: sehr schön erkannt. bei harry geht es eben schneller als bei ingenieur riedel, der braucht ein gerät dazu; prof. schneider kommt mit ein paar falten aus, von „onkel doktor‟ ganz zu schweigen. es ist ja eine kunst und dazu braucht man phantasie / eine vollkommene hand / und einen guten pinsel (aus „picasso‟).
dahlemer verlagsanstalt, Ankündigung, 2011
Ein kleines Kamasutra hat der 1950 im Lausitzer Braunkohlerevier geborene Ingolf Brökel mit seinem dritten Lyrikband geschrieben. Die Bildironie in den Illustrationen von Günter Kunert geht mit dem trockenen Wortwitz des Physikers Brökel eine lustvolle Verbindung ein. „Vielfältig sind die Geheimsachen / aus denen das Leben geschnitten ist“, sagt die Kunstfigur „Professor Schneider“. Der Dichter aber verzichtet auf Geheimniskrämerei. Alle erdenklichen Arten und Vorgänge körperlicher Liebe inszeniert er in knappen, pointierten Wendungen. Nicht minder drastisch in der Wortwahl als Bertolt Brecht in seinen derben erotischen Gedichten balanciert Brökel mit seinen Körpertexten auf dem schmalen Grat zwischen exakter Situationsbeschreibung, Gleichnis und mehrdeutigem Wortspiel. Ob Beatrice sich nackt auf dem Schreibsekretär spreizt, Anette auf dem Teppich liegend eine Spielzeuglokomotive kreisen lässt oder ein Mann eine Birke umarmt – immer entfalten Details eine verblüffende Dynamik, die das Wechselspiel zwischen Sprache und Körpersprache spannend macht. Es regieren Situationskomik und tragikomische Wandlungen. Vor den Augen des Lesers entstehen Kombinationsspiele, die Dialogfetzen und akustische Signale verwenden. Konkrete Gegenstände: Uhren, Stangen, Strümpfe, Schuhe, Sessel formieren sich zu einer erotischen Welt, in der am Ende stets das Betttuch gehisst wird – oder auch nicht. Rollengedichte und fein skizzierte Porträts wissen von Missgeschicken und Sonderfällen. Bemerkenswert ist das gänzliche Fehlen von liebesbekümmertem Jammer. Hier wird gesehen, gehört, gespürt – und manchmal auch nachgedacht über den Eros im Wandel der Zeiten.
Dorothea von Törne, Märkische Allgemeine, 5./6.2.2011
Ingolf Brökel (Text) & Erhard Ertel (Video/Musik)
Trailer zu Häschen in der Grube – Ein Stück Abend aufgeführt am 23. Oktober 2004.
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