EINUNDZWANZIGSTES JAHRHUNDERT
Endlose Menschenkette
Hängt um seinen Hals
Erstickt selbst erstickend
Das barmherzig erscheinende Jahrhundert
Stets mit Vorsatz für –
Fürsorgend, fürsprechend
Fürchterlich führend –
Überzählige Passagiere
Eines bodenlosen Bootes zur Rettung entsandt
Erfasst es bestätigte Verluste – allein der Statistik wegen –
Und versorgt, da Erde nicht mehr zu verteilen ist
Die Siedler mit Gehöften im Himmel
Mit Namen, Familiennamen, Träumen
Und fragt.
Wie viele Hektar Leben?
Dann, bedeutungsvoll, von Sinnen
Verstummt es.
Zur Vertonung des Bandes Das Mosaik der Nacht. Dichtung: Ioulita Iliopoulou, Komposition: Giorgos Kouroupos, Gesang: Maira Milolidaki und Klavier: Titos Gouvelis
ist eine der meistbeachteten zeitgenössischen Dichterinnen Griechenlands und bereits in mehrere Sprachen Europas übersetzt. Im deutschen Sprachraum ist sie dagegen nahezu unbekannt. Ioulita Iliopoulou war bis zu dessen Tod im Jahr 1996 die langjährige Lebensgefährtin des Dichters und Nobelpreisträgers für Literatur Odysseas Elytis. Mit dem Lyrikzyklus Mosaik der Nacht, ihrem neuesten Werk, erscheint mit dieser zweisprachigen Ausgabe nun erstmals eine vollständige Übertragung eines ihrer Bücher in die deutsche Sprache.
Die Gedichte des Bandes wurden auf der saronischen Insel Spetses im Osten der Peloponnes geboren und größtenteils dort geschrieben. Der Ort der Entstehung ist für das Werk Ioulita Iliopoulous von großer Bedeutung. Wie auf Mosaiksteinen schimmern die unterschiedlichen Fassetten dieser Inselwelt hervor, der Strand, die Wellen, das Licht der Sonne, der Mond über dem Meer. Die Nacht ist Ort der Erinnerung, der Zuflucht, der Angst, der Sinnlichkeit, aber auch der Albträume, der persönlichen und derer der ganzen Menschheit.
Verlag Razamba, Ankündigung
KI verbildlicht Ioulita Iliopoulous Gedicht „Einundzwanzigstes Jahrhundert“