Telefon.
Deine Stimme.
Deine Stimme?
Der Fluß gleitet hinab,
er nimmt mit meine Bleistifte,
die Gläser,
er nimmt mit meine Zeitungen,
das Hemd.
Laß mich dein Haar hochheben −
es verdeckt dein rechtes Augen,
es verbirgt vor mir das halbe Universum.
Niemals nachten deine Lippen.
Der griechische Text ist von Ritsos handgeschrieben. Dazu kleine persönliche Texte des Autors, über die Zahl 3, über das Rauchen … Mit Bildern von Gottfried Bräunling. Aus dem Griechischen von Ina und Asteris Kutulas.
Diese Gedichte waren eine Erstveröffentlichung und bei Erscheinen der Erstauflage dieses Buchs 1989 auch in Griechenland noch nicht erschienen.
Konkursbuch Verlag, Ankündigung
Oder: Wie man Ritsos unbedingt vorlesen sollte
Es rät sich an, das Badezimmer umsichtig herzurichten. Leuchtende Ketten. Einzelne Kerzen. Kleine Teelichter. Alles sinnvoll verteilt. Ein bißchen Musik. Leise Klänge hinter Handtüchern verborgen. Nichts Aufregendes. Nahezu unhörbar. Nur nebenher und annähernd gerade so im Raum zu vermuten. Besser noch wie hinter der Kachelwand aus der Nachbarsstube drängend. Es rät sich an für ein winziges Lüftchen in Tuchfühlung zum Ort des Geschehens: der Badwanne zu sorgen. Ein Stückchen Fischflosse in eine Ecke verfrachtet erhöht die Imagination.
Es rät sich an, die verschiedenen Wasser munter sprudeln zu lassen, um Teil zu haben am Entstehen seltener Düfte: die Melange aus Rosmarin, Moschus, Schneeglöckchen, Weihrauch, Zimt und Kuckucksblume (so vorhanden), die unbedingt zu erzielen ist.
Es rät sich ferner an, das Buch bereit zu legen. Wie es sich selbstredend anrät, die Liebste bereits nackend um sich zu haben, möglichst auf dem Schoß. Möglichst im Bestreben sie mit ihren freien Händen Schaum schlagen, die Elemente sinnlich plätschern zu lassen.
Es rät sich an, sie selbst wählen zu lassen, von welcher Seitenzahl an begonnen wird, was die Lektürebereitschaft ungemein erhöht.
Es rät sich sodann dringend an, dicht bei der Wanne Platz zu halten und erst mit der Lesung zu beginnen, wenn die Wannenbadende in der Wanne darum bittet. Aber Achtung: Beginne äußerst zaghaft. Stottere hin und wieder. Schau nur auf die Seiten. Zögere mitunter einzelne Sätze ein Stück weit hinaus, weiter als nötig ist wie als wüßtest du nicht. Lies unbeirrt den Text in unterschiedlicher Tonart. Es rät sich an, insgesamt sanft zu eröffnen und mit der Zeit im Tone sicherer zu werden, versuchsweise vorwärtsdrängend gar zu lesen: in Stößen, wie inmitten von Intimität begriffen. Es rät sich ferner an, den Text absichtsvoll vage über allem säuselnd zu zelebrieren, ohne dem häßlichen Hang nach Übertreibung zu folgen. Wobei es sich anrät, ganz frei jedweder Hektik, an sich selbst die freie Hand nun zu legen, ein Kleidungsstück nach dem anderen still vom Leibe zu lösen, was einige vorbereitende Handlungsgriffe verlangt, will man schließlich unauffällig selber nackt im Lesebadewannenraum zu sitzen kommen. Weshalb es sich durchaus gut macht, hat man das liebste Wesen im Badewasser ein wenig ins Dämmern versetzt und zum Äugleinschließen gebracht. Man lese darob die Kapitel weise aus und schlage das Buch daraufhin kindisch-stolz zu, wie als hätte man einen großen Pudding aufgegessen.
Sagt die Liebste dann ohne die Augen zu öffnen: Das war ein schöner Text, weißt du dich am Ziel mit dem Autor im Sinne der Farbe Rot. Das Rot vom Korallenstrauch. Dies eine Rot meine ich. Bestehend von Juli bis September. Man weiß oder man wisse hiermit: Seine prächtig roten Blüten werden von nur den mutigsten und sorgsam auserwählten Vögeln lustvoll bestäubt.
Peter Wawerzinek, Janis Ritsos Hommage, Juni 2009
Asteris Kutulas: Begegnungen mit Ritsos
Asteris Kutulas: Interviews mit Jannis Ritsos & Mikis Theodorakis
Asteris Kutulas: Jannis Ritsos & Mikis Theodorakis
Asteris Kutulas: Jannis Ritsos – Die Maske und der Kommunismus
Asteris Kutulas: Interview mit Elli Alexiou über Jannis Ritsos
Ein Dialog zwischen Asteris Kutulas und Peter Wawerzinek über die fabelhafte Welt des Jannis Ritsos
Bernd Jentzsch und Klaus-Dieter Sommer: Jannis Ritsos
Jürgen Werner: Gedichte als Waffen und Lobpreisung der Liebe
Neues Deutschland, 2.5.1984
Erasmus Schöfer: In allen Adern der Erde
die horen, Heft 134, 2. Quartal 1984
Asteris Kutulas / Uwe Goessler: Weg eines Dichters
Neue Deutsche Literatur, Heft 4, April 1984
Gerd Prokot: Jannis Ritsos – Künstler, Kommunist und Freund der DDR
Neues Deutschland, 27.5.1989
Gisela Steineckert: Gruß an Genossen Ritsos
Neues Deutschland, 27.5.1989
Armin Kerker: „Hast du dein Brot gegessen, konntest du sprechen?…“
die horen, Heft 153, 1. Quartal 1989
Jannis Ritsos: Epitaphios. Ein Dokumentarfilm über die Entstehung, Teil 1/2.
Jannis Ritsos: Epitaphios. Ein Dokumentarfilm über die Entstehung, Teil 2/2.
Jannis Ritsos: Epitaphios in der Version von Grigoris Bithikotsis und Keti Thimi.
Jannis Ritsos liest, Mikis Theodorakis dirigiert und Maria Farantourie singt aus dem Epitaphios.
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