DAS ENDE DES BUCHES
An einen jungen Dichter
Lieber Freund,
wie anders kann
die alte Küche sein,
in der die Dichterrunde
sich verbrüderte beim Wein!
Ich bin allein,
das Licht umflattern Falter,
ich schreibe Kapitel aus der Genesis,
im Zimmer
schläft mein Mutter,
alt wie eine Sibylle,
und auch ich habe schon
etliche Jahre meiner Zeit hinter mir.
Ein Unwetter tobt,
Regen und Wind,
und du bist weit,
schön und jung,
leichten Herzens bereit,
alle Schicksale zu wagen
und alle Irrtümer
der alten Dichter zu wiederholen.
Weder die Klagen Ovids,
noch die sibirischen Pferche,
weder der schwarze Rabe am Rain,
noch der Tod, der vor Cordoba lauert,
haben dich eines besseren belehrt,
auch dieser Brief
dringt dir nicht bis ins Herz.
Allein mußt du
durch die hohlen, hinterhältigen Gassen.
Allein
deine Gifte und Balsame erproben.
Allein wirst auch du einmal
in einer alten Küche sitzen,
Gewinn und Verlust verbuchen,
und dir, wie jetzt ich,
den Kopf zerbrechen,
ob am Ende des Buches stehen soll:
Nie mehr
oder
noch.
Kajetan Kovič liest sein Gedicht „Bela pravljica“.
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