Karl Krolow: Schönen Dank und vorüber

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Karl Krolow: Schönen Dank und vorüber

Krolow-Schönen Dank und vorüber

FREIER FALL

Logik ist einfach, fast wie Symmetrie.
Ganz anders ist es, wenn du Blumen hauchst
ans kalte Fenster oder wenn du etwas brauchst
wie Wunder. Du bekommst es nie.

Es ist wie Fehlen einer Melodie
in einem Lied, in dem du untertauchst.
Die Fensterblumen blühen und du rauchst
jetzt Stoff als Wunder: Phantasie

ist schön und du bist ohne Vorbehalt
ihr gegenüber. Dir wird kalt.
Mit einem Mal fühlst du nun überall

die kalte Fremde auf der eignen Haut
bis in die Poren und du ahnst, wie laut-
los etwas fehlt. Du spürst den freien Fall.

 

 

 

,Dank‘

ist ein großes Wort; wer Dank schuldet, der schuldet viel. Doch großer Verdienste bedarf es nicht, um ,schönen Dank‘ zu sagen. Als Höflichkeitswort ist er zu verstehen, nicht als Verpflichtung. Gesittet und distanziert zugleich bringt man ihn vor, wenn eine Aufmerksamkeit einer anderen folgt. Diese Redewendunge geht den Gedichten voraus; sie gibt vor, mit leichter Hand zu quittieren, was vorüber ist. Vorüber sei vieles, auch das Leben, zum Beispiel. Es wird der Flucht verdächtigt. Auf einen so ernst zu nehmenden Verdacht und schwerwiegenden Verlust wird ohne Pathos reagiert, als sie dies alles nicht der Rede wert, von Dankesschuld zu schweigen. Schönen Dank und vorüber verbirgt, was sich nicht verbergen läßt: Erkenntnis, Schmerz, Trauer.
Die Gedichte des Bandes sind in den Jahren 1981 bis 1983 entstanden. ein Kontinuum, ein zusammenhängendes Ganzes aus Lebens- und Liebesgeschichten und dem Verzicht darauf.

Suhrkamp Verlag, Klappentext, 1984

 

Die Verzweiflung der Nachgeborenen

– Zeitgenössische Lyrik nach der Wiedergeburt der „ars poetica“. –

(…)

Verglichen mit den unruhigen Suchbewegungen der „jungen Lyrik“ reagiert der Altmeister der deutschsprachigen Lyrik, Karl Krolow, auf die „Wiederkehr der Formen“ mit Ironie und Gelassenheit. Auch der jüngste Gedichtband Schönen Dank und vorüber erinnert mit seiner Distanz gegenüber jeglichem Pathos, mit seiner poetischen Lakonie, die manchmal ins Sentenzhafte umschlägt, an Gottfried Benns schnoddriges Alterswerk. Speziell die kontemplative Haltung gegenüber der Geschichte zitiert Bennsche Posen: Der Schreibtisch wird zum „locus amoenus“, von dem aus die Grausamkeiten der Weltgeschichte goutiert werden können. Geschichte wird poetisch verkleinert zum bloßen Vorgang, zum naturwüchsigen Schicksal:

Im Mittelalter war der Himmel höher, gotisch.
Geschichte ist doch das, was ständig
vor sich geht. Und geht vorüber. Neu
wird die Zeit, wenn du genauer hinsiehst
Sie wächst im Körper mit. Die Zellen
verändern langsam sich dem Tode zu.

Krolows Gedichte tragen die typischen Züge eines poetischen Alterswerks: inhaltlich die Apotheose der Melancholie und die Selbstbespiegelung im Alter; formal die rigorose Abschwächung des metaphorischen Sprechens zu einer lakonischen Simplizität. Die großen Themen der Poesie werden da mit leisem Humor konterkariert:

Du suchst ein Taschentuch
und findest die Seele.
Da stimmt etwas nicht.

Auch Krolows Umgang mit dem Sonett hat wenig gemein mit der affirmativen Wiederbelebung klassischer Formen. Keine symbolisch überfrachteten Verse werden hier zum Sonett montiert, sondern völlig unprätentiöse Zeilen werden zu spielerischen Liebesgedichten geformt. Krolow mimt gerne den alternden Dandy, der sich noch einmal „Romancen“ und „kleinen Phrasen“ überläßt:

Du pflückst wilde Blumen, Du bist in der Landschaft, die
den Duft von Melone hat oder von deiner Haut.
Du liegst da. Du erwartest mich. Ohne Laut
bist du schön. Du summst eine Melodie

ohne Text und Sinn, und ich sehe dir zu, wie
dein Körper sich dehnt, wie du dich wälzt im Kraut.
Gefühl kommt auf. Man mißtraut
ihm oder mißtraut ihm nie

Neben die galanten, leicht ironisch eingefärbten Sonette auf erotische Tändeleien („da war doch Liebe zwischen uns“) stellt Krolow die Liebeserklärungen an eine andere „chronische Krankheit“: Poesie, Musik, Kunst. Nur noch von solchen nutzlosen Beschäftigungen ist ein kleiner Rausch zu erwarten:

Wie die Phantasie hinreißt!
Gegen Glückliche läßt sich nichts sagen.
Ich habe Glück. Ich spüre,
daß niemand mich stört.
– wenn ich weiter nichts tue,
als in die Luft zu schreiben.

Krolows Alterswerk ist nicht ganz frei von preziösen Eitelkeiten. Einige Gedichte erscheinen als bloße Schreibübungen, hübsch dekoriert mit dem vertrauten Bilderrepertoire:

Wir sind beim Untergehn,
die Engel sind weggeschickt.

Michael Braun, Schreibheft, Heft 24, November 1984

Weitere Beiträge zu diesem Buch:

Walter Hinck: Weder sanft noch schamlos
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.4.1984

Martin Stingelin: Balanceakt
Basler Zeitung, 27.4.1984

 

„Sicherheit in der Unsicherheit“ – ein Selbst-Interview

Frage: Sie sind Lyriker, und manche kennen Ihre Gedichte, seit geraumer Zeit schon. Denn Sie sind hartnäckig dabei geblieben, Gedichte zu schreiben. Können Sie mir diese Hartnäckigkeit erklären?

Antwort: Sie ist zunächst Temperamentssache. Ich bin ein zäher Mensch, bleibe gern bei dem, was ich angefangen habe. Das geht bis zur Unbelehrbarkeit. Aber es ist außerdem eine Frage nach dem Geschmack am literarischen Abenteuer. Wer es sucht, wer diese Neugier nicht unterdrückt, dem bieten sich beim Versemachen reichlich abenteuerliche Gelegenheiten. Mehr als. sonstwo in der Literatur.

Frage: Was verstehen Sie unter dem Abenteuer des Lyrikers?

Antwort: Etwas zu tun, was einer Chimäre gleichkommt. Etwas zu betreiben, was sich dauernd zu widerlegen scheint. Was widersetzlich ist. Das „unschuldigste aller Geschäfte“ des Hölderlin-Fragments ist immer ein gefährliches, ein höchst kompliziertes und ein widerrufbares Geschäft gewesen. Ein momentanes Geschäft. Zum chimärischen Wesen dessen, was er macht, gehört auch die Vorstellung resignierter Stunden, daß Lyriker Erfindungen von Lyrikern seien.

Frage: Sind das nicht eher spielerische als resignierte Überlegungen? Und etwas allgemeine außerdem? Sie sollten mehr von Ihren eigenen Absichten und Erfahrungen sagen.

Antwort: Absichten? Das ist ein Stichwort. – Als ich mit dem Gedichteschreiben anfing, hatte ich natürlich die feste Absicht, gute Gedichte zu machen. Aber wer hat das nicht? Es versteht sich von selbst. Der selbstverständliche Ehrgeiz der Sensitivität. Ich kann mich nicht erinnern, daß ich mit diesen guten Gedichten etwas Besonderes „bewirken“ wollte. Sie sollten nur da sein. Durch ihr Dasein überzeugen, nicht durch ihre Stoffe, ihre Gegenstände, durch Forderungen, Ansprüche, Keckheiten, Lautstärke. Nun hatten die Gedichte freilich ihre Inhalte. Sie haben sie bis heute nicht aufgegeben. Aber solcher Inhalt ist dann in zunehmendem Maße, zurückgedrängt worden, um am Ende gerade eben noch zugelassen zu sein, anwesend in der verstecktesten und darum freiesten, unabhängigsten Form. Nicht als Ballast, als Aufdringlichkeit, als Gewicht, unter dem der Text zu leiden beginnt. Ich mag die unter ihrer eigenen Bedeutung seufzenden Verse nicht.

Frage: Sie sind also gegen die falschen Erwartungen, die man von der Verwendbarkeit des Gedichtes hat?

Antwort: So ist es. Es ist für viele offenbar schwer einzusehen, daß ein Gedicht ein nicht nutzungsfähiges Wesen ist und bleibt und daß es – für mich – eine unausrottbare Scheu behält, sich als irgend etwas Glaubwürdiges auszuweisen. Es ist nicht in der Lage, zu trösten oder zu reizen. Es liegt mit keinen intellektuellen Errungenschaften in Konkurrenz. Es will einen Tiefsinn loswerden, für den es nichts kann. Es will Missionen aller Art loswerden. Aber – ich sagte es schon – es will da sein. Doch gerade dies ist vielleicht das Schwerste, Mißverständlichste. Eine vieldeutige Lage, die man als der Autor derartiger Gedichte in Kauf nehmen muß, wenn man davon überzeugt ist, daß es nicht anders sein kann. Die Kraft, die Widerstandskraft eines Gedichts hängt von den Worten ab, aus denen es besteht. Aus dem Umgang der Worte miteinander innerhalb des Gedichts, einer kurzen, intensiven, glaubwürdigen Verbindung. Wenn sie gelingt, kann sie für alles stehen. Für jeden beliebigen Gegenstand, jeden nur denkbaren Stoff.

Frage: Sie sind schon wieder im Begriff, grundsätzlich zu werden. Lassen zwar Vorliebe und Abneigung erkennen, aber kommen zu wenig auf sich, auf die eigene Praxis zurück.

Antwort: Ich will mich nicht entziehen. Wenn ich auch der Meinung bin, daß ein Mann, der Gedichte schreibt, die Gedichte für sich sprechen lassen sollte, ehe er von sich reden macht. Ehe er sich einmischt und dem Leben seiner Gedichte dazwischen kommt, ohnehin viel zu spät. Wenn die Gedichte sich von ihm entfernt haben. Wenn er ihnen den Rücken gekehrt hatte und seine Verse sich längst selbständig von ihm machten. Aber fragen Sie selber konkreter. Fragen Sie mich so, daß ich nicht ausweichen kann.

Frage: Gut. Sie deuteten soeben die Distanz zwischen Autor und Gedicht an und sprachen damit zunächst das eigene Verhältnis zu dem Geschriebenen aus.

Antwort: Ja. Ich will, daß das, was ich geschrieben habe, sich von mir trennt. Ich muß es loswerden. Und der Text will mich loswerden. Er muß sein Heil versuchen. Er muß sich durchschlagen. Aber immer ist es noch mein Leben, wenn er am Leben bleibt, mein Glück, wenn er Glück hat. Die Spannung wächst mit der Entfernung. Leute, die sich nicht von dem lösen können, was sie produzierten, und mit dem, was sie hervorbrachten, in einer Art Handgemenge bleiben, bekommen zu wenig Luft für das, was noch aussteht, was sie noch nicht schafften. Und es steht doch immer etwas aus. Und was schafft man schon? Es geht darum, weiterzukommen von Gedicht zu Gedicht. Natürlich nicht im Sinne irgendeines tristen Fortschritts, sondern im Sinne einer lebenslangen Unruhe, einer nicht endenden Neugier und Versuchung, sich mit einem manchmal tückischen Material einzulassen. Ich muß das, was ich geschrieben habe, sogleich als eine Hinterlassenschaft ansehen, und das, was ich noch nicht geschrieben habe, macht mir von nun an zu schaffen.

Frage: Sie nehmen sich, was dieses Ungeschriebene betrifft, nichts Bestimmtes vor?

Antwort: Ich sagte Ihnen, was ich von den Absichten halte. Natürlich kann ich mich zu einem bestimmten Zweck, anläßlich einer bestimmten Gelegenheit äußern, mit Hilfe eines mir zur Verfügung stehenden Vokabulars. Aber ich bin durchweg gegenüber dem ungeschriebenen Text unvoreingenommen. An einer Stelle und mit bestimmten Worten setzt er sich in Bewegung. Es sieht wie ein Handstreich aus. Doch ist es ein Überfall, den man sozusagen unter Kontrolle bekommt. Keine bloße Überrumpelung, die sich als Eingebung ausgibt und nichts ist als Unvermögen und Dilettantismus. Keine fliegende Hitze des Einfalls und Zufalls, den man gewiß nicht – mit Nietzsche zu reden – um seine Unschuld bringen sollte. Es ist eher ein ruhiges Gewährenlassen, bei dem man die Worte beobachtet, damit sie einem nicht durchbrennen und man hinter ihnen herläuft, um sie doch nicht zu erreichen. Ein Text kann einem rasch davonlaufen.

Frage: Also gibt es für Sie – da Sie, sich unvoreingenommen verhalten – keine Fragen, etwa nach kurzen oder langen Gedichten?

Antwort: Wie lang oder wie kurz ein Gedicht gerät, ist mir gleichgültig. Immer wieder wird für das eine wie für das andere plädiert. – Baudelaire bemerkt übrigens in einem Brief an Armand Fraisse: „Was die langen Gedichte betrifft, so wissen wir, was davon zu halten ist. Sie sind die Zuflucht derer, die unfähig sind, kurze zu machen.“ Das ist unfreundlich gesagt und trifft nicht einmal auf das zu, was Charles Baudelaire selbst geschrieben hatte. – Daß heute kurze Gedichte sich hartnäckig behaupten, hängt mit dem merkwürdigen Konzentrationsvorgang Gedicht zusammen, mit dem auch, was Francis Ponge die „semantische Dichte der Dinge“ genannt hat. Auch mit Stoffverflüchtigung. In den sogenannten langen Gedichten beginnt die Stoffhuberei von neuem.

Frage: Aber Sie stellten vorhin immerhin fest, daß in Ihren Gedichten dieser Stoff zugelassen bleibe, wenn er auch reduziert wurde. Von welcher Art ist nun diese reduzierte Stofflichkeit?

Antwort: Ich glaube, daß die von mir im Gedicht bevorzugten Gegenstände ohne die Drastik ihrer Gegenständlichkeit, ohne das Gewicht der Materialität sind. Es sind in Veränderungen befindliche Stoffe, möchte ich sagen. Übergänge vom einen zum anderen. Und also bewegliche, sich entmaterialisierende Mitteilungen. Von ihrer Stofflichkeit erleichterte, über ihr schwebende, balancierende Themata. – Um es poetisch auszudrücken: ich möchte Rose oder Auge oder Mund oder Hand sagen. Aber zugleich den Übergang von Rose, Auge, Mund, Hand an ihre Umwelt, an Wind, Luft, Licht darstellen, an ein leichtes Ensemble, das den Einzelheiten hilft, so liquid wie möglich zu werden. Ich möchte gewissermaßen Leitern an die Gegenstände legen, mit Sprossen, die immer weiter nach oben, in ein unverdächtiges, offenes Blau führen.

Frage: Und was bleibt nach solchen akrobatischen Übungen – wie ich sie nennen möchte – für Sie zurück?

Antwort: Das Gefühl großer, vielleicht haarsträubender Freiheit. Unabhängigkeit. Sicherheit in der Unsicherheit, im Balancieren, bei dem man jederzeit irgendwohin abstürzen kann, um dann einen ärgerlichen Fall zu tun, der einem angekreidet wird, soweit er von anderen überhaupt bemerkt wird. – Es bleibt mir jedenfalls das Gefühl, in jedem Augenblick tun zu können, was ich will. Das Abenteuer, in dem ich mich bewege, ist ein ernsthafter Vorgang. Wie Spielsachen ernste Gegenstände sind. Léon-Paul Fargue hat vom Tod als dem „ernsten Spielzeug Gottes“ schreiben dürfen. Ich kann diesen Satz nicht vergessen, wenn der Frühling mir zur ausgestopften Nachtigall wird, der Herbst zum präparierten Fasan und die mechanischen Jahreszeiten sich abwickeln, der folgerichtige, cartesianische Mai und die Siebensachen der Liebe.

Karl Krolow, 1964, aus: Karl Krolow: Ein Gedicht entsteht, Suhrkamp Verlag, 1973

 

 

BEGEGNUNG MIT EINEM DICHTER

Für Karl Krolow

Er hatte bewußt die Jalousien
herabgelassen.
Draußen war Tag vor Frühling,
reizlos, mit grauer Katze
über dem Weg.
Darin er mit Silberhaar, elegant,
und Bücher über Bücher.
Die Geschichte seiner Haut
und seiner Wörter
in meiner Vorstellung.
Manchmal machte seine Stimme
einen Satz, der eine Weile
an Buchrücken stehen blieb.
Oder ein Blei senkte sich in mir.
Er suchte einer bekannten Leere
auszuweichen im Blick zu mir
und den Dingen, die nicht sind.

Rudolf Langer

 

TRAF SCHLAUM

exposê für eine herkömmliche tragödie

wir schreiben das jahr 1958.
karl krolow erhebt sich aus dem sessel vor dem kamin, legt holz nach, durchquert das zimmer und betritt die toilette. er steht vor dem spiegel und versucht, sein eigenes profil zu sehen. die perspektiven sind gegen ihn.
er denkt sich nach drüben in den sessel. da säße nun einer und dächte sich in die toilette vor den spiegel, grimassenschneidend, sich herüberdenkend. sein profil war nicht zu finden. nun denn.
er dachte sich lieber wieder hinüber in den sessel, folgte seinem gedanken, beschloß, diesen offiziell einen entschluß zu nennen und dachte „wahnsinn, das alles“, überlegte, von wem das stammte und war sich nicht sicher, ob es nicht von ihm stammen könnte, war sich auch nicht ganz sicher für den moment, ob er nun doch vor den spiegel gedacht stand bzw. sein sitzen imaginiert sei bzw. umgekehrt.
insgeheim bescheinigte er sich gekonnte komplizität des geistes. „wenn das handke wüßte“, dachte er bei sich und erinnerte sich daran, den namen 1958 noch nie gehört zu haben. „schlaf/traum“, murmelte er, „traf/schlaum“…
brach aber ab an dieser stelle und nahm sich vor, dieses arp oder jandl in fernerer zukunft zuzuspielen. er lächelte gewieft und vieldeutig wie immer und stellte sich einen spiegel vor, der dieses lächeln vieldeutig in ihn hineinprojizieren könnte. warum war ihm dieses lächeln nicht vor dem spiegel eingefallen?
„während ich schlafe“, dachte er ganz privat bei sich, „altert das spielzeug“, und zwischen zwei unmaßgeblichen atemzügen: „auch die mörder träumen jetzt unter ihren hüten!“ wieder dieses lächeln wie vor atemlos gelangweiltem publikum, das gebannt dem eigenen herzrhythmus lauscht, dann – laut in die hintersten stuhlreihen seiner toilette: „die weisheit der unausgesprochnen worte nimmt zu!“
aber – zugegeben – mit rilke hat das alles noch nichts zu tun gehabt. hier zeigt sich der leichte anachronismus im werk karl krolows, der sich stets vom schicksal einholen läßt.

Norbert Ney

 

 

Preisverleihungsakt des Großen Niedersächsischen Kunstpreises 1965 an Karl Krolow

Zum 65. Geburtstag des Autors:

Peter Jokostra: Wenn die Schwermut Fortschritte macht. Zum 65. Geburtstag
Die Welt, 11. 3. 1980

Walter Helmut Fritz: Großer Weg zur Einfachheit. Zum 65. Geburtstag
Stuttgarter Zeitung, 11. 3. 1980

Zum 75. Geburtstag des Autors:

Joachim Kaiser: Einzigartiger lyrischer Zeitzeuge
Süddeutsche Zeitung, 10./11.3.1990

Zum 80. Geburtstag des Autors:

Kurt Drawert: Das achte Leben der Katze
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.3.1995

Curt Hohoff: Schlechtes vom Menschen, nichts Neues also
Die Welt, 11.3.1995

Zum 100. Geburtstag des Autors:

Oliver Bentz: Lyrik, luft- und lichtdurchlässig
Wiener Zeitung, 8.3.2015

Fritz Deppert: Karl Krolow: Der Wortmusiker von der Rosenhöhe
Echo, 9.3.2015

Christian Lindner: Gedichte aus der frühen Bundesrepublik
Deutschlandfunk, 11.3.2015

Alexandru Bulucz: Immortellen, Nebel“
faustkultur.de, 11.3.2015

Peter Mohr: Allianz von Wort und Wahrheit
titel-kulturmagazin.net, 11.3.2015

 

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Nachrufe auf Karl Krolow: Der Freitag ✝ Der Spiegel ✝ Die Welt ✝
Der Tagesspiegel ✝︎

Michael Braun: Die Defäkation Dasein
Frankfurter Rundschau, 23.6.1999

Harald Hartung: Algebra der reifen Früchte
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.6.1999

Charitas Jenny-Ebeling: Dichter der Abschiede
Neue Zürcher Zeitung, 23.6.1999

Kurt Oesterle: Aufzuschreiben, daß ich lebe
Süddeutsche Zeitung, 23.6.1999

 

 

Bild von Juliane Duda mit den Texten von Fritz Schönborn aus seiner Deutschen Dichterflora. Hier „Krolowandel“.

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