Kate Tempest: Running Upon The Wires – Vibration

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Kate Tempest: Running Upon The Wires – Vibration

Tempest-Running Upon The Wires – Vibration

AFTERSHOWPARTY

Mitten im Tief des versickernden Adrenalins
Bühnenheiß, aber abkühlend, hart am Trinken
Und den Blick starr gerichtet auf egal wer da spricht
Der ganze Körper klingelt wie eine Zimbel. Oder ein
aaaaaSinnbild

Roadies mit smartphonelichtblauen Gesichtern texten
aaaaanach Hause
Irgendwo da draußen haben sie alle ein Leben am
aaaaaLaufen
Aber zurück zur Verrichtung, Kabel aufschlaufen
Und planlos abhängen. Mein Körper ist eine Drohne

Ein Traum von einer Zeit, von Blühen am Wasser
Aus der Tür treten und nicht auf diese endlos breiten Straßen.
Aber wär da ein Leben für mich, das nicht dieses hier ist
Ich hätt es längst gefunden. Ich werde schwer von den Drinks

Essen aus Langeweile. Essen als Belohnung.
Schlafen, wann immer sich eine Sekunde befreit
Den Kopf auf den Armen im Flughafen am Boden
Ist wohl Zeit fürn Bier

Raus aus dem Internet. Schau auf die Bäume im Park
Ihre Blätter im Licht sind wie Musik
Dass dein Herz braunes Fleisch ist, vergiss jetzt mal
Fühl nichts außer Liebe für jene, die lieben

Aber wenn du ein Mensch bist von entsetzlicher Schönheit,
Der einen Wust wie mich komplett verwüsten kann,
Wenn alles Musik ist und du das magst: den Sonnenaufgang
Kiffen im Bett und Starren aufs Meer –

Bitte sammle mich auf, hier neben der Bühne, nimm mich bei den schwebenden Händen,
führ mich an einen ungestörten Ort und fick mir das schwere Hirn aus dem Kopf

 

 

 

Das Ende, die Mitte, der Anfang

in drei Teilen erzählt Kate Tempest in ihrem bisher persönlichsten Buch vom Verlassenwerden, von der Trauer und dem Beginn einer neuen Liebe. Vom rohen Begehren, das in Gewalt umschlägt, von der Verwundbarkeit, wenn man liebt.
In den unverfroren intimen Gedichten, Liedern und Vignetten der Sammlung erweist sie sich als ebenso kühne Beobachterin des menschlichen Herzens wie des sozialen und politischen Wandels und macht vor, was es heißt, „anders, offener, neuer mit dem Zusammenleben umzugehen“ (Frankfurter Rundschau). Radikal ehrlich, radikal verletzlich.

Suhrkamp Verlag, Klappentext, 2020

 

 

Für Freunde der (Liebes-)Lyrik

Kate Tempest gilt nicht zu Unrecht als ein außergewöhnliches Lyrik-Talent. In diesem Gedichtband präsentiert sie Gedichte, die die zuweilen beglückende, aber auch tragische, aufopfernde und am Ende vergangene Liebe des lyrischen Ichs zu einer anderen Frau ausmalen. Das lyrische Ich ist die Person, die mehr begehrt, die andere Frau wird dagegen als Spenderin gesehen.
Wie in jedem Gedichtband gibt es auch hier teilweise sehr gelungene und teilweise, zumal es sich um einen Band mit (gleichwohl zeitgenössischer) Liebeslyrik handelt, kitschige, banale Gedichte.
Jeder, der ein Herz für Lyrik hat, wird hier zumindest einige Gedichte und Verse finden, die zu gefallen wissen. Persönlich ziehe ich die anderen Bände der Autorin (Brand New Ancient, Hold Your Own, Let Them Eat Chaos) jedoch vor.
Für den Gebrauch empfehle ich zudem, die Gedichte im Original zu lesen. Gerade bei Lyrik führt die (in dieser zweisprachigen Ausgabe mitgelieferte) Übersetzung naturgemäß zu größeren Verlusten. Gleichwohl bietet die Übersetzung von Johanna Davids interessante Übersetzungs- und Interpretationsangebote, was gelegentliche Zweifel nicht ausschließt. Durch das laute (Vor-)Lesen gewinnen die Gedichte ebenfalls an Kraft.
Als eine Kostprobe mögen abschließend die Schlussverse des Gedichts „Duet“ dienen:

I maintain a full wave at my neighbours
But worry about what they hear through the walls –
Aware of how often we wake in the night
And call out for each other.

Prospero, amazon.de, 15.8.2020

Weitere Beiträge zu diesem Buch:

Timo Brandt: Eine alte Geschichte, immer neu
signaturen-magazin.de

Matthias Ehlers: Running Upon The Wires– Vibrationen von Kae Tempest
WDR, 7.5.2021

Wolfgang Schlott: „Der Rest ist lachen aus der Konserve“
fixpoetry.com, 21.9.2020

 

 

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Porträtgalerie: Keystone-SDA

 

Kate Tempest: NPR Music Tiny Desk Concert.

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