– Nach Georg Trakls Gedicht „Klage“. –
GEORG TRAKL
Klage
Jüngling aus kristallnem Munde
Sank dein goldner Blick ins Tal;
Waldes Woge rot und fahl
In der schwarzen Abendstunde.
Abend schlägt so tiefe Wunde!
Angst! des Todes Traumbeschwerde,
Abgestorben Grab und gar
Schaut aus Baum und Wild das Jahr;
Kahles Feld und Ackererde.
Ruft der Hirt die bange Herde.
Schwester, deine blauen Brauen
Winken leise in der Nacht.
Orgel seufzt und Hölle lacht
Und es faßt das Herz ein Grauen;
Möchte Stern und Engel schauen.
Mutter muß ums Kindlein zagen;
Rot ertönt im Schacht das Erz,
Wollust, Tränen, steinern Schmerz,
Der Titanen dunkle Sagen.
Schwermut! einsam Adler klagen.
die letzte lücke schließt sich nicht
ein element bleibt weiterhin verborgen
und etwas von ganz unten sendet ein signal
das versetzt mit jenem element den wald
durchdringt bis es zur wand gelangt
//
ich ging in den sturzflug. ich kannte das
ich sah immer mehr mit jedem versuch
(das zifferblatt seiner uhr: en detail.)
doch kurz bevor ich ihn erreichte
verschob sich etwas im bild:
vielleicht hatte der wind
den körper zur seite gezogen
hatte er mit den ketten gerasselt
//
und ich verfehlte die augen
ob ich die größe unterschätzte
ob die bahn unberechenbar blieb
ich landete erneut an seiner hüfte
ich schlug ganz sacht die krallen ein
//
und legte der wunde alle meine daunen auf
und dachte: meine augen sind ja schwarze perlen
eine davon wird er mit einem stein verwechseln
an einem ring tragen anstelle seiner ketten
//
laß doch die federn auseinander
fallen und begrab den balg
laß meinen schnabel stecken
die wunde heilt ihn aus
//
der stein aber strahlt etwas ab
das 17,7 jahre brauchen wird
um auf seine hälfte zu schrumpfen
und dies fehlende element ist nur das isotop
das entsteht wenn endlich sich der blick
kurz vor dem aufprall noch: stabilisiert
aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa[promethium]
Katharina Schultens, aus Mirko Bonné und Tom Schulz (Hrsg.): TRAKL und wir. Fünfzig Blicke in einen Opal, Stiftung Lyrik Kabinett, 2014
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