– Nach Georg Trakls Gedicht „Die Ratten“. –
GEORG TRAKL
Die Ratten
Im Hof scheint weiß der herbstliche Mond.
Vom Dachrand fallen phantastische Schatten.
Ein Schweigen in leeren Fenstern wohnt;
Da tauchen leise herauf die Ratten
Und huschen pfeifend hier und dort
Und ein gräulicher Dunsthauch wittert
Ihnen nach aus dem Abort,
Den geisterhaft der Mondschein durchzittert
Und sie keifen vor Gier wie toll
Und erfüllen Haus und Scheunen,
Die von Korn und Früchten voll.
Eisige Winde im Dunkel greinen.
Bin Stoff, weint’s leis.Verderblicher Sohn.
Kommt Fahlbrand, wallen sarkastisch Debatten.
Sein Geigen klingt schwer, Gespensterlohn.
Anfauchen, heißt es, verbraucht die Schatten.
Schwundluschen schleifend, bierwund. Fort.
Nur sein häuslicher Brunstbauch twittert
Innen. Nachts auf Leertransport,
denn Meisterschaft belohnt. Seinsfurcht bittert.
Bunt die Streifen Papier, wiewohl
Wunde Mühlen … Maushunds Streunen
Wie vom Zornrund. Schichtenzoll
spreizt sich geschwinde: Bin munkeln, weinen.
Was ich im Angesicht Trakls tun kann, ist nicht viel. Es verbietet sich, mit ihm zu sprechen? Nein. Er verbietet mir, mit ihm zu sprechen. Ein früher Angebeteter, habe ich ihn aus dem Eckchen mit Thron nie heraustreten lassen. Die Strafe folgt auf dem Versfuß. Anders als formal auf ihn Bezug zu nehmen, will nicht gelingen. So reden wir aneinander vorbei. Aber händchenhaltend. Wenigstens das.
Kathrin Schmidt, aus Mirko Bonné und Tom Schulz (Hrsg.): TRAKL und wir. Fünfzig Blicke in einen Opal, Stiftung Lyrik Kabinett, 2014
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