Was Kiev Stingl zur Veröffentlichung von X R I NUIT mitzuteilen hat, gibt eine ins Literarische drehende Räuberpistole mit Ansätzen zum Polit-Thriller ab. Ja, der Autor und Musiker bespielte seine Existenz gerne mit vertonten Filmrissen und aufhorchend irrlichternder, bisweilen etwas abgenudelter Suff- und Fick-Poesie.
Mit X R I NUIT ist eine Art Soundtrack entstanden, als vage Folge jener Ereignisse, die sich an einem Februarmorgen im Jahr 1982 auf Madagaskar zugetragen haben sollen. Stingl wird von der örtlichen Geheimpolizei in der Villa eines heroinabhängigen Mathematikprofessors verhaftet und verdächtigt, als Söldner an einem Komplott gegen den Präsidenten beteiligt gewesen zu sein. Der Todesstrafe entgeht er nur dank der Kontakte des Professors, der ihn außer Landes schmuggeln lässt.
Zurück in Deutschland nimmt Stingl in den Hamburger Teldec-Studios mit dem Keyboarder und Gitarristen Götz Humpf fünf Songs auf, darunter „Ozean“, „Spiel den Brief“ und „Shanghai Café“, die hier erstmals veröffentlicht werden, in einem „Rework“ des Produzenten Niklas David. Die Basic-Tracks betreute einst Achim Reichel, doch weil er den Aufnahmen kommerziell keine Chance gab, wanderten sie ins Archiv.
Was wir jetzt hören, sind drei Erzählungen aus Stingls Dark Room, existenzialistische Prosa, die mit Sex und Tod zu tun hat, von Gitarre, Keyboards, elektronischen Störgeräuschen und Gedanken an Lou Reed durchzogen. Dazu eine Skizze namens „Feu Follet“. Näher an den Neubauten, mit deren Alex Hacke und FM Einheit er später Tracks aufnahm, als an seinem eigenen Gossen-Rock/Blues der Mittsiebziger. Der Anspruch stimmte. O-Ton Stingl:
Ich hab noch was vor mit einer lausigen Stimme.
Michael Haifl: KIEV STINGL – X R I NUIT
saitenkult.de, 27.3.2023
Bernd Gürtler: Kiev Stingl – Eigenwilliger Solitär
Jochen Knoblauch: Zu früh oder zu spät
Er wünschte den Deutschen alles Gute: Vom Dichter und Sänger Kiev Stingl gibt es das fast vergessene Frühwerk auf CD
Julian Weber: Dem Wahnsinn auf der Spur
Kiev Stingl veröffentlicht sein fünftes Album. Eine Begegnung mit dem durch Punk zivilisierten Außenseiter und Eremiten des deutschen Rock.
Maximilian Schäffer: Who the fuck is Kiev Stingl?
junge Welt, 28.10.2022
Maximilian Schäffer: „Ich bin kein Prediger der Nächstenliebe“
Interview mit Kiev Sting, laut.de, 17.3.2023
Kiev Stingl liest in seiner Wohnung im Juni 2019
Kiev Stingl 1985 mit dem Text Der Ozean in dem Film „Rosemary’s Hochzeit“ von Karol Schneeweiss.
Kiev Stingl Spiel den Brief 1982 live.
Kiev Stingl 1982 mit Freundinnen Dein hartes Gesicht (Super-8-Filmmaterial), Filmschnitt von FNAG.
Kiev Stingl im Interview über Underground, Ernst Jünger und Rauschzustände.
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