CHRISTA REINIG
Signale aus dem Raum
Sie schafften es, das Nichts zu überklettern.
Nie werden wir erfahren, wer sie sind.
Wenn sie noch sind.
nach 1950
aus: Christa Reinig: Sämtliche Gedichte, Eremiten-Presse. Düsseldorf 1984
Ein poetisches Bruchstück nur, aber eines, das ganze Philosophiegeschichten komprimiert: Das Gedicht der 1926 im Osten Berlins geborenen Christa Reinig spricht im Titel rein sachlich und objektivistisch von „Signalen aus dem Raum“, also von Funk- oder Licht-Signalen, die, aus dem Weltall kommend, die Erde erreichen. Aber es geht um mehr, um die Überschreitung einer Grenze, die noch kein Menschenwesen überwinden konnte.
Als Gegenbegriff zum „Sein“ spielt das „Nichts“ eine zentrale Rolle in der Metaphysik und Ontologie, bei allen großen Philosophen von Hegel bis Heidegger und Sartre. Bei Christa Reinig werden jene „Signale“, die „das Nichts“ zu „überklettern“ imstande sind, nicht näher bestimmt. Aber es wird ja auch das „Sein “ jener Nichts-Überkletterer am Ende wieder in Frage gestellt. Das vermutlich in den 1950er Jahren entstandene Gedicht verweigert eine erlösende Pointe. Was bleibt, ist unsere Ohnmacht vor dem „Nichts“.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006
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