CHRISTOPH WILHELM AIGNER
Künftige Paare
Dunkelheit und dahinein schwebt Schnee und wir
sollten nicht mehr reden dass wir immer auf
zugefrorenen Seen gehen. Noch halten
wir Hände. Wie aber wenn es wärmer wird
2005
aus: Christoph Wilhelm Aigner: Kurze Geschichte vom ersten Verliebtsein. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2005
„Ein Gedicht ist vielleicht lang, wenn es langweilig ist, und es ist kurz, wenn es kurzweilig ist.“ Diese leicht anfechtbare Maxime, die aufgrund eines quantitativen Kriteriums das kurze dem langen Gedicht vorzieht, stammt von dem österreichischen Dichter Christoph Wilhelm Aigner (geb. 1954), der in seinen Gedichten das Staunen vor den Naturerscheinungen und die Begeisterung für die Liebespassion ins Zentrum rückt.
Die Liebe ist eine zerbrechliche Angelegenheit, sie gleicht dem Gehen auf „zugefrornen Seen“, wobei die Stabilität des Eises ein unwägbares Risiko darstellt. Die riskante Aufbruchsbewegung der Liebenden ist hier verbunden mit einer Topik des Eises und der Finsternis. Paradoxerweise verbürgt hier die Metaphorik des Gefrorenseins die Haltbarkeit der Leidenschaft, während die Bildlichkeit von Wärme und Sonne eine Gefährdung der innigen Verbundenheit anzeigt.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010
Schreibe einen Kommentar