Friedrich Anis Gedicht „Gewisse Zuversicht“

FRIEDRICH ANI

Gewisse Zuversicht

An manchen Tagen bin ich
mittags rum so müd, daß
ich verrecken könnt. Das
tu ich dann an manchen Tagen
auch. Und aufersteh am
Nachmittag und streck mich
in die Nacht. Am Morgen
drauf sitz ich am Tisch
und. Heute, glaub ich,
schaff ichs todlos.

2007

aus: Jahrbuch der Lyrik 2008. Hrsg. von Christoph Buchwald und Ulf Stolterfoht. S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2008

 

Konnotation

Er ist für seine eigenwilligen und weit über Deutschland hinaus erfolgreichen Krimis bekannt geworden: Friedrich Ani. Der 1959 geborene Autor sagte einmal: „Das Drama des in seinem Lebenszimmer gefangenen Menschen gelingt mir mit dem Krimi am besten…“ Dabei hat der Schriftsteller außerdem auch zahlreiche Hörspiele, Romane, Jugendbücher und nicht zuletzt Gedichte veröffentlicht. Sie gelten ihm als eine Befreiung von den Grenzen, die das Spannungs- und Unterhaltungsgenre setzt. Aber auch in der Lyrik Anis geht es um den in seinem Lebenszimmer gefangenen Menschen.
„Gewisse Zuversicht“ kommt auf jambischen Versfüßen daher, anfangs in der Wortwahl noch profan umgangssprachlich – aber dann bricht gewissermaßen das Heilige ins Alltagsleben ein; das Ich erfährt seine Auferstehung. Allerdings nur, um sich gleich in die Nacht zu strecken. Das letzte Wort „todlos“ verweist auf den skeptischen Titel: Kann man gewiss sein, zuversichtlich sein, dass „todlos“ schon „lebendig sein“ bedeutet?

Sabine Peters (Gedichtkommentar) Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010

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