FRIEDRICH HÖLDERLIN
Das Angenehme dieser Welt
Das Angenehme dieser Welt hab’ ich genossen,
Die Jugendstunden sind, wie lang! wie lang! Verflossen,
April und Mai und Julius sind ferne,
Ich bin nichts mehr, ich lebe nicht mehr gerne!
nach 1806
Im Januar 1811 berichtete ein Tübinger Jurastudent seinem Bruder von seinem Besuch beim „armen Hölderlin“: „Er gab mir heute einen ganzen Fascikel zum durchlesen, woraus ich dir doch Einiges aufschreiben will.“ Darin befand sich auch jenes Gedicht, in dem Hölderlin (1770–1843) seine Situation im Turmzimmer am Tübinger Neckarufer in erschütternder Klarheit benennt.
Fünf Jahre vor Abfassung des Gedichts hatte man den Dichter in eine Anstalt für Geisteskranke gewaltsam verschleppt, um ihm dort mit allerlei Torturen den angeblichen „Wahnsinn“ auszutreiben. Nach seiner Entlassung nahm ihn eine Tübinger Handwerksfamilie in ihr Haus auf, wo er das berühmte Turmzimmer bewohnte – und weiterhin Gedichte schrieb. Dort entstand auch das lyrische Protokoll seiner Verzweiflung.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006
das Angenehme dieser Welt hab ich genossen
die Jugendstunden sind wie lang wie lang verflossen
April und Mai und Junius sind ferne
Ich bin nichts mehr,ich lebe nicht mehr gerne
(Gott ist bei mir,so lieb ich trotzdem gerne….1
Eines der schönsten Gedichte in deutscher Sprache.Es drückt das grosse Leiden dieses wunderbaren grossen Dichters aus.Mein Versuch der Umdeutung ins Positive nimmt dem Gedicht die Tragik,aber ist Sinne des positiv thinking ein Krampf….
So leb ich trotzdem gerne
April und Mai und Junius sind ferne
Es sei wie’s sei,ich lebe trotzdem gerne….