FRIEDRICH VON LOGAU
Abgedanckte Soldaten
Würmer im Gewissen /
Kleider wol zerrissen /
Wolbenarbte Leiber /
Wolgebrauchte Weiber /
Ungewisse Kinder /
Weder Pferd noch Rinder /
Nimmer Brot im Sacke /
Nimmer Geld im Packe /
Haben mit genummen
Die vom Kriege kummen:
Wer dann hat die Beute?
Eitel fremde Leute.
1654
In dem 1654 gedruckten „Sinn-Geticht“ des barocken Epigrammatikers Friedrich von Logau (1605–1655) wird aus der Sicht von Kriegsheimkehrern die verheerende Situation nach dem Ende der Kriegshandlungen protokolliert. Im Zuge ausgedehnter Plünderungen, Verwüstungen und Vergewaltigungen sind missbrauchte Frauen und Kinder, Hunger und Elend in einem weithin entvölkerten Europa zurückgeblieben. Eine derart lakonische Bilanz des Dreißigjährigen Krieges ist selten geschrieben worden.
Friedrich von Logau, der Abkömmling eines alten schlesischen Adelsgeschlechts, hatte die Grausamkeiten des Dreißigjährigen Krieges am eigenen Leib erfahren. Das ihm übertragene Familienanwesen war völlig verwüstet worden – und so kann sein Epigramm auch als bittere biografische Miniatur gelesen werden. Im Gegensatz zu späteren Epochen entzaubert das barocke Epigramm die Idee des „Bellum iustum“, des gerechten Krieges vollständig. Es lässt keinen Raum mehr für patriotische Illusionen.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2010, Verlag Das Wunderhorn, 2009
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