GERHARD FALKNER
TRaumzeit Koordinaten
durch deinen Gang bin ich geschritten
durch seine Halle weit gestellter Beine
nur matt beleuchtet vom Geleucht der Blicke
durchschritt ich ihn in seiner ganzen Breite
ich habe unter diesem Gang gelitten, seiner Weite
wie ließ er mich mit diesem Raum alleine
es war, als ob die Zeit den Raum zu dehnen scheine
von innen und entlang der Schwellung deiner Beine
nach 2005
aus: Gerhard Falkner: Hölderlin Reparatur. Berlin Verlag, Berlin 2008
Die Frische und Überraschungslust der Gedichte Gerhard Falkners (geb. 1951) speisen sich aus der Fähigkeit des Autors, gegensätzliche Stilhaltungen, Töne und Melodien miteinander zu konfrontieren. Immer wieder die lyrischen Gegensätze in einer spannungsreichen Bewegung synthetisiert: in der Gleichzeitigkeit von lyrischer Verzauberung und Entzauberung, von Pathos und Lässigkeit, von hohem Ton und cooler Werbeformel.
In seinen suggestivsten Texten gelingt Falkner die Anverwandlung der romantischen Liebesphantasie – kontrastiert durch ein surrealistisches Bildprogramm.
Ein erhabener, seraphischer Ton grundiert hier die „TRaumzeit“ des Liebenden. Der Raum des lyrischen Ich wird geöffnet, die Koordinaten seiner Lebenswelt verschieben sich, eine „Dehnung“ aller Dimensionen findet statt. Man kann die romantisierende Metaphorik dieses „Gangs“ durch eine „Halle weit gestellter Beine“ auch als Maskierung einer sexuellen Phantasie lesen. Das Ergebnis dieser metaphorischen Strategie ist jedenfalls – ein schönes Liebesgedicht.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010
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