HANS ARP
wie dunkel ist das dunkel
wie dunkel ist das dunkel
ich suche dein gesicht
verglommen sind die sterne
in unserm kleinen licht
und aus den dunklen höhlen
strömt todesdunkel aus
und dunkler wird das dunkel
in unserm dunkeln haus
nach 1943
aus: Hans Arp: Gesammelte Gedichte II, Die Arche, Zürich 1974
Nichts erinnert hier mehr an den surrealistischen Tausendsassa Hans Arp (1887–1966), der in seinen berühmten Gedichten (z.B. „Opus Null“) mit überbordendem Assoziationszauber und der Lust an absurden Sprachverdrehungen durch die Verse tanzte. Es geht in diesem Text nicht um das virtuose Exerzieren von Collage-Techniken oder Traumstenografien.
Es ist ein meditatives, fast liedhaftes Gedicht, das von der Verdunkelung der Existenz spricht. Das Wort „dunkel“ dominiert in fünf von acht Versen und löscht auch noch „das kleine licht“ aus, das in den Höhlen des Todes zu glimmen scheint. Der elsässische Maler, Bildhauer und Dichter Hans Arp hat in diesem späten Gedicht, das bald nach dem Tod seiner ersten Frau Sophie Taeuber im Januar 1943 geschrieben wurde, eine Zone der metaphysischen Leere erreicht, in der das Karussell seiner schrillen Metaphern zum Stillstand kommt.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006
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