Heinrich von Kleists Gedicht „Katharina von Frankreich“

HEINRICH VON KLEIST

Katharina von Frankreich
(als der schwarze Prinz um sie warb)

Man sollt ihm Maine und Anjou
Übergeben.
Was weiss ich, was er alles
Mocht erstreben.
Und jetzt begehrt er nichts mehr,
Als die Eine –
Ihr Menschen, eine Brust her,
Dass ich weine!

1808

 

Konnotation

Heinrich von Kleist (1777–1811) war ein Außenseiter in den Epochen von Weimarer Klassik und Romantik. Sein Werk schockierte seine Zeitgenossen wegen der gewaltsamen Bilder. Aber mit den dramatischen Spannungsbogen und der rhythmischen Dynamik seiner Sprache gilt der Autor heute als einer der Wegbereiter der literarischen Moderne.
Das Gedicht „Katharina von Frankreich“, 1808 im Phoebus erschienen, könnte sich auf Eduard, den Prinzen von Wales beziehen, der eine schwarze Rüstung trug und bei der Eroberung Frankreichs einen entscheidenden Anteil hatte. Es wurde aber auch als Hinweis auf Napoleon gelesen, der die Großfürstin Katharina von Russland heiraten wollte. Genaue historische Bezüge sind in diesem erfinderischen Gelegenheitsgedicht nebensächlich. Interessant bleibt die stürmische Leidenschaft besonders der beiden letzten Verse. Das ungestüme, wilde Gedicht zeigt einen Kleist, der nicht auf die klassisch-befriedete Existenz zielte, sondern auf Gefühlsausbruch, Maßlosigkeit, Exzess.

Sabine Peters (Gedichtkommentar) Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010

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