HILDE DOMIN
Wer es könnte
Wer es könnte
die Welt
hochwerfen
daß der Wind
hindurchfährt.
1962/63
aus: Hilde Domin: Gesammelte Gedichte, S. Fischer Verlag. Frankfurt a.M. 1987
Für die junge Kölner Philosophiestudentin Hilde Domin (1909–2006), Tochter eines jüdischen Rechtsanwalts, ging die Welt der Kindheit jäh zu Ende, als Anfang der dreißiger Jahre antisemitische Sturmtrupps durch Deutschland zogen. Lange Jahre der Flucht folgten. Die Dichterin, die erst im Exil in Santo Domingo zu schreiben begann, hat jedoch stets an ihrer Poetik der Zuversicht und an dem „Dennoch jedes Buchstabens“ festgehalten.
Es ist nur ein kurzer Augenblick der Utopie, der in dieser um 1962/63 in Heidelberg entstandenen Miniatur festgehalten wird. Das Schwere der Welt, all die Belastungen aus der Geschichte und verfinsterten Gesellschaftsverhältnissen, werden für einen kurzen Moment aufgehoben, verwandelt in Leichtigkeit. „Die Welt hochwerfen“: Nur dem Gedicht gelingt diese fantastische Tat, nur der Poesie ist es möglich, dem Wind Räume zu eröffnen, um die Welt leicht, beweglich und durchsichtig zu machen.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006
Lieber Martin
Könntest Du Dir vorstellen dieses Lied zu vertonen?
Evtl.als Kanon?
Es soll als roter Faden in einer szenischen Lesung über jüdische Künstlerinnen dienen.
Sag mir bitte was Du dafür möchtest, falls Du Dich da angesprochen fühlst.
Herzliche Grüße
Pia