INSTERBURG & CO.
Der Skorpion
Im Wüstensand seit Wochen schon vergräbt er sich, der Skorpion.
es plagt ihn großer Seelenschmerz, wie eine Trommel klopft das Herz.
Die Dattelpalme ahnt es schon, die Liebe plagt den Skorpion.
Der lässt die Tränen eifrig fließen, und Blumen aus dem Sande sprießen.
Dem Araber am Wegesrand, dem war dies völlig unbekannt.
um 1970
aus: Insterburg & Co: Gedichte aus dem Handgelenk geschüttelt und aufgelesen. Verlag Gerhard Rautenberg, Leer 1971
Die frühen 1970er Jahre waren die Blütezeit der kabarettistisch inspirierten „Blödelbarden“, die mit Schüttelreimen, absurden Improvisationen und dramaturgisch eher mäßigen Sketchen die westdeutschen Bühnen eroberten. Lange vor dem Triumphzug der sogenannten „Comedians“ brillierte das Quartett „Insterburg & Co.“ (Jürgen Ban, Peter Ehlebracht, Karl Dall, Ingo Insterburg) mit abstrusen Kalauern und gelegentlich auch systematisch durchgearbeiteten Versen, in denen kleine rührende Geschichten erzählt werden.
In fast klassischer Pentameter-Manier mit vorschriftsgemäßer Zäsur in der Versmitte wird hier von mutmaßlichen Liebesschmerzen eines Skorpions berichtet. Erst in der fünften Zeile folgt dann eine etwas irrlichternde Pointe, die den eigentümlich abseitigen Witz transportieren will. Diese Poetik der kalauernden Abseitigkeit endete bereits 1979 mit der Auflösung von „Insterburg & Co.“. Nur einem der vier Akteure gelang noch eine langlebige Comedy- und TV-Karriere: dem Komödianten Karl Dall (geb.1941).
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008
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