John Höxters Gedicht „Pro domo“

JOHN HÖXTER

Pro domo

Wenn ich wollte, was ich könnte,
Könnt’ ich eher, was ich wollte;
Doch wie will ich wollen können,
Und wie kann ich können wollen
Ohne Muß zum Können wollen,
Da man wollen kann, wer muß!
Müßt’ ich wirklich, was ich müssen wollte,
Könnt’ ich sicher, was ich können muß.
Seht! Ein Mann, der manches können könnte,
Wenn der gute Mann nur wollen wollte.
Er verstummt und macht vorzeitig Schluß,
Weil (nach Nathan) kein Mensch müssen muß!

nach 1920

aus: John Höxter: Gedichte und Prosa. Hrsg. von Karl Riha. Universitäts-Gesamthochschule Siegen, 1984

 

Konnotation

Eine der schillerndsten Figuren der Berliner Bohème nach der Jahrhundertwende war der Journalist und bekennende Drogenkonsument John Höxter (1884–1938), bekannt als der „Dante des Romanischen Cafés“. Das poetische Werk dieses typischen Caféhausliteraten ist schmal, aber seine als Privatdruck zirkulierenden Apropoésies Bohèmiennes (um 1935) weisen ihn als Expressionisten aus, mit einer Neigung zu sprachparodistischen und dadaistischen Wortwitzen.
Willenserklärungen stehen für leichthändig schreibende Dichter wie John Höxter unter ironischem Vorbehalt. So gerät auch das große Bekenntnis von Höxters Ich zu einer irrenden Parade des Konjunktivs und des Irrealis. In diesem vermutlich nach 1920 entstandenen Gedicht dreht ein spielerisch aufgelegtes Subjekt einige Pirouetten ins Absurde: Was denn wirklich als sein Wollen ausgelegt werden kann, bleibt offen.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Verlag Das Wunderhorn, 2007

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