OSKAR PASTIOR
Abrakadabra, nachmals
abrakadabra, nachmals
tartar, nachmals kandahar-
kardan (als das paar am dach
als haarschwamm kam) nachmals spar-
sarg, nachmals makadamma-
dam, nachmals kamtschatka (als
das anagramm banal war)
1992
aus: Oskar Pastior: Vokalisen & Gimpelstifte. Carl HanserVerlag, München 1992
Vom Sichersten ins Tausendste: Mit dem Titel dieses ersten in seiner Wahlheimat Deutschland veröffentlichten Gedichtbands von 1969 signalisierte der aus Hermannstadt stammende Dichter und Wortjongleur Oskar Pastior (1927–2006), wohin ihn sein Weg führen würde – nämlich heraus aus den sprachlichen Festlegungen, hinein in die Polysemie, in das turbulente Spiel der Mehrdeutigkeiten. Seither beglückte Pastior seine Leser mit poetischen „Wechselbälgern“, die sich einer „Aufweichung normativen Denkens“ verpflichtet fühlen.
In einer schönen Miniatur, die um 1990 entstanden ist, huldigt Pastior dem „Abrakadabra“, dem alten Zauberwort, das seit der Spätantike einen magischen Akt der Verwandlung meint. Pastior wendet hier eine seiner Lieblingskünste an: das Anagramm, also die systematische Vertauschung und Neugruppierung von Buchstaben eines bestimmten Wortes. Daraus ergibt sich hier ein kleiner Ballungsraum von Substantiven, die einen Überschuss am Vokal „a“ aufweisen.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Verlag Das Wunderhorn, 2007
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