Paul Scheerbarts Gedicht „Die andre Welt (Ein Fantastenpsalm)“

PAUL SCHEERBART

Die andre Welt (Ein Fantastenpsalm)

aaaaaLass die Erde! Lass die Erde!
aaaaaLass sie ruhen, bis sie fault!
Über schwarzen Wiesentriften
Schweben große Purpurengel;
Ihre Purpurlieder brennen
aaaaaIn dem grünen Himmel
aaaaaMeiner Welt.

aaaaaLass die Erde! Lass die Erde!
aaaaaLass sie ruhen, bis sie fault!
Über weißen Schneepalästen
Kreisen blaue Turteltauben;
Ihre Saphirflügel leuchten
aaaaaIn dem grünen Himmel
aaaaaMeiner Welt.

aaaaaLass die Erde! Lass die Erde!
aaaaaLass sie liegen, bis sie fault!
Über goldnen Meereswogen
Fliegen silberblanke Fische;
Deren Strahlglanzflossen blitzen
aaaaaIn dem grünen Himmel
aaaaaMeiner Welt.
aaaaaHass die Erde! Hass die Erde!

nach 1900

 

Konnotation

Ähnlich wie bei dem berühmteren französischen Dichter Alfred Jarry, der von seinen Ideen zum Theater beeinflusst wurde, mischen sich in den Gedichten und Romanen des 1863 in Danzig geborenen Paul Scheerbart ins Blaue schießende Phantastik und wissenschaftliche Bildung. In seinem Werk kreuzen und überlagern sich Science Fiction-Romane, Gedichte über Weltallreisen, exotische Sternentiere und Marswesen.
Mit den Statisten hinter solcher Staffage verbirgt sich die Utopie einer „anderen Welt“, deren Werte, anders als in der Realität, tatsächlich von positiven Idealen regiert wird, nicht von Geld und Reichtum. Scheerbart war überzeugter Pazifist, er starb 1915, laut Auskunft seines Dichterkollegen Walter Mehring, an den Folgen eines Hungerstreiks gegen den Ersten Weltkrieg.

Norbert Lange (Gedichtkommentar) Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010

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