PEER SCHRÖDER
Das Bäckerauto kommt
Die Sprache. Als die Sprache.
Hebt an. Hupend. Beharrt.
Hupend. Brot! Bringen.
Als die Sprache. Zur Sprache.
Er fährt über die Dörfer.
Brot! Zur Sprache. Bringen.
Beharrt zügig. Die Füchse.
Hebt an. Brot! Karmeliten.
Kochen Kaffee im Habichtswald.
1990er Jahre
aus: Peer Schröder: Gedichte wieder hergestellt. Mit Zeichnungen v. Stephan Balkenhol. Edition Michael Kellner, Hamburg 2007
Der Dichter und Kulturwissenschaftler Peer Schröder (geb. 1956) ist einer der nimmermüden Aktivisten der deutschen Fraktion der „Beat Generation“, ein Autor, der das Erbe der großen amerikanischen Idole Allen Ginsberg (1926–1997), Ted Berrigan (1934–1983) oder Charles Olson (1910–1970) nicht etwa ehrfürchtig-kleinmeisterlich zitiert, sondern deren Dynamismus mit neuem Leben erfüllt. In kleinen Zeitschriften und mit Publikationen in unabhängigen Verlagen hat Schröder seine Vorstellungen einer revitalisierten „Beat Poetry“ formuliert.
Der Ausgangspunkt des Gedichts ist ein für die Beat-Poeten typischer alltäglicher „snap-shot“. Das Herannahen des Bäckerautos wird in eine staccato-hafte rhythmische Bewegung übersetzt und in Reflexionen auf die Sprache eingebunden. Diese atemlose Technik der Aufladung des Einzelwortes erinnert auch an die Substantiv-Kaskaden des Expressionisten und Syntax-Zerstörers August Stramm (1874–1915). Am Ende folgt eine überraschende Wendung ins Offene, verweist das Gedicht auf Eremiten in einer undomestizierten Landschaft in Nordhessen, dem „Habichtswald“.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2010, Verlag Das Wunderhorn, 2009
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