PETER RÜHMKORF
dreisprung 3x vertreten
Alles, was was ist,
schmeiß ich auf den Mist.
Alles, was was war
spül ich ins Pissoir.
Nur was gar nichts werden kann,
fang ich gleich noch heute an.
nach 1995
aus: Peter Rühmkorf: wenn – aber dann, Rowohlt Verlag, Reinbek 1999
Der in allen lyrischen Genres beschlagene „Elbromantiker“ und Reimkünstler Peter Rühmkorf, Jahrgang 1929, bevorzugt in seinen Gedichten eine meist auf Heiterkeit gestimmte Tonlage: ein melodiöses Ineinander von Feierlichkeit und Ironie, die Gleichzeitigkeit von Pathos und Frivolität, Romantik und vulgärem Zwischenruf. An letzterer Kategorie orientiert sich seine Mitte der 1990er Jahre entstandene Miniatur „dreisprung“.
Der Dichter in seiner Selbstentzückungskraft scheint eine paradoxe Poetik zu favorisieren: das Vollkommene landet „auf dem Mist“, die vergangenen Werke werden schnurstracks entsorgt, nur das Unvollendete hat für den poetischen Schöpfer seinen Reiz. Für den großen Koketteriebedarf steht eben immer ein Kalauer bereit.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006
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