ROLF HAUFS
Drei Strophen
Mein Leben ist in Stücke ich will
aaaaaaaaaaauch keine Ruh
aaaaaaaaaaihr könnt zu Ende stechen
aaaaaaaaaaich werde mich nicht rächen
aaaaaaaaaawas immer ich jetzt tu
Die Taten sind begangen ich will
aaaaaaaaaaauch keinen Trost
aaaaaaaaaaschreibt sie an alle Wände
aaaaaaaaaaund richtet eure Hände
aaaaaaaaaaauf mich den traf das Los
Die Fäden sind gerissen ich will
aaaaaaaaaadaß immerhin
aaaaaaaaaanoch einmal jemand käme
aaaaaaaaaaund mich verändert nähme
aaaaaaaaaadaß du es wärst gäb Sinn
1984
aus: Rolf Haufs: Juniabschied, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1984
Hier ist etwas zu Bruch gegangen, in Scherben zersplittert: nicht nur das Leben des Ich, das Abschied nimmt und sich auf das Ende vorbereitet, sondern auch die Existenz der Gattung, der hier der Garaus gemacht wird. Keiner spielt das „heilige Spiel Melancholie“ in der deutschsprachigen Gegenwartslyrik so ausdauernd und so virtuos wie der 1935 geborene Rolf Haufs. In den Gedichten dieses schwarzen Idyllikers riecht die Welt nach Sterben, die Erde ist „ausgehoben für größere Untergänge“.
In Haufs’ phänomenalem Gedichtband Juniabschied von 1984 wirft ein einsames Ich letzte Blicke auf das Dasein. Am Ende des Trostlosigkeits-Befundes in den „Drei Strophen“ haben kundige Leser den Hinweis auf ein Hoffnungszeichen entdeckt: Denn die Ankunft eines „Du“ wird ja erwartet – und dieses „Du“ erinnert an Zeilen des alten Kirchenliedes „O Haupt voll Blut und Wunden“: „Da will ich glaubensvoll / Dich fest an mein Herz drücken. / Wer so stirbt, der stirbt wohl.“
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006
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