ROR WOLF
vier herren
vier herren stehen im kreise herum
der erste ist groß der zweite ist krumm
der dritte ist dick der vierte ist klein
vier herren stehen im lampenschein
der erste ist stumm der zweite ist still
der dritte sagt nichts der vierte nicht viel
sie stehen im kreise und haben sich jetzt
die hüte auf ihren kopf gesetzt
nach 1960
aus: Ror Wolf: hans waldmanns abenteuer, Haffmanns Verlag, Zürich 1985
Das Tragikomische und Grotesk-Bizarre gehört zu den literarischen Grundfiguren des 1932 geborenen Erzählers, Collagisten und Dichters Ror Wolf. In seinen extrem ereignisreichen Kurzgeschichten ist das Chaos meist kaum zu bändigen. In seinen Gedichten und Moritaten präsentiert sich Wolf als ein Meister des bodenlosen Sprachspiels und des höheren Blödsinns. Seine namenlosen Helden machen buchstäblich eine komische Figur.
Das gemeinsame Charakteristikum der vier namenlosen Herren ist ihre vollkommene Austauschbarkeit. Stumm treffen sie im Gedicht aufeinander und betrachten sich in ihrer Eigenschaftslosigkeit, an der auch das Aufsetzen der Hüte nichts ändert. Im Umfeld seines rasanten Moritaten-Zyklus „hans waldmanns abenteuer“, an dem der Autor ein Vierteljahrhundert gearbeitet hat, sind auch die Zeilen über die „vier herren“ entstanden. Geschrieben wurde dieses hochkomische Gruppenbild vier seltsamer Hutträger zwischen 1960 und 1962.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006
…und das ganze jetzt auf “weibisch”…mit vier FRAUEN…..