Unbekannter Autor Gedicht „Ei Ei, wie scheint der Mond so hell,…“

UNBEKANNTER DICHTER

Ei Ei, wie scheint der Mond so hell,
Wie scheint er in der Nacht.
Hab ich am frühen Morgen
Meim Schatz ein Lied gemacht.

Ei Ei, wie scheint der Mond so hell,
Ei Ei, wo scheint er hin.
Mein Schatz hat alle Morgen
Ein andern Schatz im Sinn.

Ei Ei, wie scheint der Mond so hell,
Ei Ei, wie scheint er hier.
Er scheint ja alle Morgen
Der Liebsten vor der Tür.

Ei Ei, wie scheint der Mond so hell,
Ei Jungfer, wann ists Tag?
Es geht ihr alle Morgen
Ein andrer Freier nach.

18. Jahrhundert

aus: Des Knaben Wunderhorn

 

Konnotation

Eins der häufigsten Requisiten im Repertoire der romantischen Dichtung spielt auch in diesem, in die Sammlung Des Knaben Wunderhorn (1806–1808) aufgenommenen Lied eine tonangebende Rolle. Es singt ein verschmähter oder betrogener Liebhaber im Zeichen des Mondes. Das Gestirn scheint geradezu Komplize aller Beteiligten zu sein: Der so hell scheinende Mond, „er scheint ja alle morgen der Liebsten vor der Tür“, gleich wer der Freier ist, der am Morgen das Haus verlassen wird.
Auch mit diesem, unter anderem von Carl Maria von Weber (1786–1826) vertonten Gedicht beweist das Motiv des Mondes seine Überlebensfähigkeit. Tatsächlich zählt er nicht nur in romantischen Volksliedern und zeitgenössischer Volksmusik zu den großen Motivgebern, er lässt sich ebenso in Rock & Roll Songs wiederfinden, wie in der neueren Musik.

Norbert Lange (Gedichtkommentar) Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010

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