UNBEKANNTER VERFASSER
Auf der schwäbschen Eisebahne
Auf der schwäbschen Eisebahne
Kommt der Chruschtschow angefahre
Mit zwei Bomben unterm Arm
Das bedeutet Kriegsalarm
Alle rennen in den Keller
Adenauer noch viel schneller
Und der kleine Willy Brandt
Kommt durch ganz Berlin gerannt
nach 1960
In eine künftige Sozialgeschichte der Literatur des 20. Jahrhunderts sollte auch ein Kapitel über den politisch inspirierten Kinderreim integriert werden. Gerade der immer neu aktualisierte Kinderreim beobachtet gerne die Veränderungen auf der politischen Bühne, meist aus der Froschperspektive. Der politische Kinderreim neigt dabei zur Majestätsbeleidigung und Wehrkraftzersetzung, zur Hosen-, Bett- und Nest-Beschmutzung.
So hat ein unbekannter Verfasser Mitte der 1960er Jahre ein altes schwäbisches Volkslied von 1853 politisch umgedeutet: Die Akteure des Kalten Krieges werden zu Gegenständen des Spotts. Solche überraschenden Exempel volkspoetischer Aufmüpfigkeit hat Peter Rühmkorf in seiner sagenhaften Anthologie Über das Volksvermögen (1967) gesammelt.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006
Die Version, die ich Anfang der 60er gelernt habe, scheint mir mit der augenzwinkernden „Lösung“ immer noch nicht komplett aber logisch:
Auf der schwäbschen Eisebahne
Kommt der Chruschtschow angefahre
Mit zwei Bomben unterm Arm:
Achtung, Achtung Kriegsalarm!
Und der Brandt flitzt in den Keller
Und der Kennedy noch schneller.
Da kommt Deutschlands oberschlauer
Bundeskanzler Adenauer.
Was solls? sagt soch heute Scholz….
So haben wir es Ende der 50er gelernt:
Auf der Schwäbsche Eisebahne
kommt der Chrustschow angefahre,
mit zwei Bomben unterm Arm,
das bedeutet Großalarm.
Alles rennt mit Tassen und die Teller
in den Luftschutzkeller.
Dann kommt unser schlauer
Bundeskanzler Adenauer.
Zuerst nimmt er das Gewehr,
dch das ist leider leer.
Dann nimmt er den Colt:
Bumm! Fortsetzung folgt!