WILHELM BUSCH
Als ich ein kleiner Bube war
Als ich ein kleiner Bube war,
war ich ein kleiner Lump:
Zigarren raucht’ ich heimlich schon,
Trank auch schon Bier auf Pump.
Zur Hose hing das Hemd heraus,
Die Stiefel lief ich krumm,
Und statt zur Schule hinzugehn,
Strich ich im Wald herum.
Wie hab’ ich’s doch seit jener Zeit
So herrlich weit gebracht! –
Die Zeit hat aus dem kleinen Lump
nen großen Lump gemacht.
1864
Den Maler, Zeichner und Dichter Wilhelm Busch (1832–1908) hat das deutsche Bürgertum als heiteren Hausgeist und als Prophet der Behaglichkeit adoptieren wollen. Aber wer Busch genau liest, entdeckt einen allzeit renitenten Provokateur, der hinter vordergründig freundlichen Worten für das Bürgerdasein einen grimmigen Zynismus versteckt.
Wenn Busch sein lyrisches Ich in eingängigen Volksliedstrophen zu einem Lebensrückblick ausholen lässt, dann ist nicht mit eitlem Selbstlob zu rechnen, sondern mit bösen Seitenhieben auf die klassische bürgerliche Sozialisation. So auch in diesem ersten Stück der „Lieder eines Lumpen“. Diese Lieder stehen in dem Band Fliegende Blätter und Münchner Bilderbogen, der Buschs verstreute Gedichte und Texte aus den Jahren 1859–1864 versammelte. Jeglichem Idyll wird bei Busch konsequent der Garaus gemacht.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006
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