MaroVerlag

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Mashup von Juliane Duda zu der Beitragsserie „Im Delta der Lyrikverlage“

Im Delta der Lyrikverlage

Das Gedicht ist der einsame Favorit auf der
Zielgeraden. Daran führt nichts vorbei.
Er wird das Rennen machen.

CHARLES BUKOWSKI

1974 machte Benno Käsmayr („Ich betrachte das Verlegen von Gedichten noch nicht als Eintrittskarte zur Nervenheilanstalt“) mit der ersten deutschen Veröffentlichung der von Carl Weissner ins Deutsche übertragenen Gedichte von Charles Bukowski Schlagzeilen. 2000 gingen die Gedichte, die einer schrieb, bevor er im 8. Stockwerk aus dem Fenster sprang in die fünfte Auflage. Ebenfalls 2000 ging Irgendwo in Texas, das 1997 als deutsche Erstausgabe erschien, in die zweite Auflage. Der unverwüstliche Charles Bukowski ist auch nach 2000 in seiner Art unübertroffen. Wie viele Nachahmer arbeiten sich immer noch und immer wieder an Bukowskis Sound ab? Erreicht hat ihn bislang keiner. Weitere Poeten aus Übersee (z.B. der großartige Al Masarik) folgten. Es mag etwas ruhiger um den MaroVerlag geworden sein, die lyrische Richtung sich geändert haben; wer jedoch annimmt, Maro sei nur noch Druckerei, der irrt. Nein, von der Publikation von Büchern kann Käsmayr nicht lassen: Zum lyrischen Personal gehören Uli Becker zum Beispiel mit Dr. Dolittles Dolcefarniente. In achtzig Haiku aus der Welt von 2000 („Muß i denn, muß i / pfeifend unter Pinien / mein Leben ändern?“), Uve Schmidt mit Deutsche Mädels (1987) oder der unwiderstehliche Christoph Derschau (1938–1995) mit den 1999 bei Maro neu herausgegebenen gesammelten Gedichten So hin und wieder die eigene Haut ritzen. Mit Susanne Neuffer gibt Käsmayr einer forsch-frechen lyrischen Stimme in Männer in Sils-Maria (1999) eine Chance: „mein gedicht ist / ein kondom das / mich glänzend umschließt / transparent aber hermetisch / so dass ich niemanden mit meinen ansprüchen / unzulässig schwängern kann“ oder: „wo der dichter nicht schreiben kann / kann der himmel nicht sein“, während in den kurzen (vorzüglichen!) Gedichten von Philip Luidl der lakonische Ton vorherrscht. Gedichte heißt Luidls 2000 erschienener 64seitiger Band, von dem Michael Krüger meint: „Genauere Exerzitien des Auges gibt es in der deutschen Poesie dieser Zeit nicht.“ In seinem Band Weitere Gedichte (2001) stellt Philipp Luidl seine poetische Klasse erneut unter Beweis. Schließlich ist im Herbst 2005 die Trilogie vollständig. Andere Gedichte sind aber gar keine anderen Gedichte, sondern von der Luidlschen Art, wie Michael Krüger und ich sie lieben: „MEIN schuh der / erste abdruck im schnee // Der tod will / seine grösse wissen / wenn er die wege räumt // Verse schaufelt er frei / und nichts ängstigt ihn mehr / als ein gedicht“.

DER STEIN

Nicht schneckenhaus
auf dem rücken des abends

Nicht knospe
vom rosenfinger des lichts berührt

Sein wunsch
in der heiligen schrift des bodens
buchstabe sein

Lieferbar ist auch wieder Jörg Fausers – von ihm selbst als „abgefuckt“ etikettierter – Gedichtband Die Harry Gelb Story (2001), ein Klassiker, dessen rauhe Tonart ich ein wenig in der Lyrik nach 2000 vermisse. Es dürfte ruhig mal wieder die Post abgehen. So richtig, meine ich.

Erschienen in: Theo Breuer – Aus dem Hinterland, Edition YE, 2005

 

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