WANDERLIEDER
No. 1
Wälder stammeln
vor den Stämmen
ein Entschluss
fast dicht am
Bach verlaubte
Auenau und
voll der Schneeball
platzen das Herz
die Mundherzfrau im
Winter in einer Bahn
vor diesem Ball
der Hintergrund
No. 2
viereckig der Lichtschalter
das Kippen der Versöhnung
ein Lichtschacht jemand
hat ein Schild angebracht
gespürte Eselstouren durch
diese Fettberge hier trällern
No. 3
Tentakeln und Luft
26 Grad auf dem
Heimweg Test was
für ein Material um
benennen in 3. August
(21.09.04)
wenn wir Poesie sagen? Und wo findet das statt, wozwischen, woran? Mathias Traxler nennt die Abteilungen seines Debütbandes „Essay“, „Stillleben“, „Garderobenmarken“, „Gedichte“, „Arbeitsausschnitte“ oder einfach „Anwendungen“. Ihre Sprechweisen sind brüchig, hybrid. Sie unterlaufen, was wir uns unter Gedichten vorstellen, von ihnen erwarten. Wir stolpern. Über unkonventionelle Grammatik, verrenkte Bilder oder eine Interpunktion, die keiner Norm folgt, vielmehr eine mögliche Lesebewegung strukturiert. Und beim Stolpern geraten wir in Bewegung, werden als Leser zu Akteuren. Denn so sorgfältig die Texte komponiert sind, verstehen sie Poesie doch als etwas, das sich außerhalb von Texten ereignet, auch wenn es sich an ihnen entzündet. Mathias Traxlers Texte laden ein, sich gründlich umzusehen, umherzuschlendern, zu tollen, sich dabei ruhig mal das Knie anzustoßen, an den Möbeln zu rücken und das eine oder andere Stück mitgehen zu lassen. You’re welcome.
kookbooks, Klappentext, 2011
Jan Kuhlbrodt: Abbrüche, Freiheiten und andere Wagnisse
fixpoetry.de, 8.10.2011
MZ: Von Sprache besessen
Neue Zürcher Zeitung, 3.7.2012
Tom Bresemann liest „contre-jour“ aus Mathias Traxlers Gedichtband You’re welcome.
„Haut Parleurs“ (2017) Mathias Traxler & Harald Muenz performing @Lettrétage Berlin 22-24.2.2017.
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