ICH
Wir schießen es ab
Auf die Umlaufbahn
Der Kondensstreifen beweist den Flug
Das All im anderen
Eine Benutzeroberfläche mit kühlem Licht
Unhörbar die Anschläge
Wir verschwinden mit der Escape-Taste
Um aufzutauchen auf Robinsons Insel
Die auf Strandgut setzt
2.0 Du
Die auffindbare Zelle die es geben muss
Allgegenwärtig
bestimmt die Metaphorik der Gedichte von Matthias Buth. Auch die Sprachexegese des Juristen – er ist Justiziar im Bundeskanzleramt bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien – und die Genauigkeit, mit der er Emotion, Gedanke, Musikalität im Vers erfasst, machen seine Gedichte zu geschliffenen Inszenierungen der Gegenwart.
Diese neue Sammlung ist komponiert wie eine Symphonie von Gustav Mahler, viersätzig, mit langem Atem, voller Einfälle, Themen und Variationen: eine Wortmusik. Sprachzeichnungen entlang bitterer Befunde von heute und gestern. Rheinland, Deutschland, Rumänien, Orient und Afrika webt Buth zusammen. Welthaltig sind seine Verse, die Fassungslosigkeiten umgrenzen, um dem Ich Halt zu geben. Ein melodischer wie melancholischer Grundton durchzieht diese Gedichte, die ihren Verfasser als Meister der Reduktion und bildgenauen Dichter von Rang ausweisen.
Verlag Ralf Liebe, Klappentext, 2015
Biografisches und Eindrücke auf Reisen, Historisches und Politisches, musikalisches Empfinden und Gedanken mit religiösem Bezug: Das ist der Stoff, aus dem Matthias Buth seine Gedichte macht. Auch sein neuer Lyrikband Gnus werden auf der Flucht geboren bewegt sich in diesen Gefilden. Mit schlichten Worten gelingen ihm prägnante Bilder, immer wieder begegnet der Leser überraschenden sprachlichen Einfällen. Diese Originalität im Denken und Ausdrücken, die von sich aber kein Aufhebens macht, ist der besondere Reiz von Buths Lyrik. „Auch er lässt sich nicht vertreiben“, schreibt er über den Rhein und seine immergleiche Bahn. Und die Atmosphäre eines Sonnenbads fängt er mit den Worten ein:
Die Müdigkeit hatte den Liegestuhl schon festgenommen
Ein andermal sind Plätze „winterleer“, und den Cappuccino charakterisiert Buth als „eine Insel aus weißem Schaum“. Einfach, treffend – kunstvoll.
Von der eigenen Kindheit gelangt der in Hoffnungsthal lebende Autor zu seinem Enkel, auch atomare Brennstäbe und Fliegerbomben sind ein Thema in seinen Gedichten. Viel Raum widmet er Eindrücken, die er in Afrika gesammelt hat, insbesondere in Tansania. Von dort stammen die Gnus, die dem Buch seinen Titel gaben. In den Bann zieht ihn auch eine Gepardin: Aus seiner Sicht gilt ihre Jagd den Versen, die sie dem Dichter bringt.
Nicht fehlen dürfen Gedanken zu Siebenbürgen und zu Spuren der deutschen Kultur in Osteuropa, die Buth immer wieder beschäftigt. Noch viel größeren Raum in der Welt seiner Gedichte nimmt Musikalisches ein: Seine Sprache erschafft Töne und Stimmungen im Kopf des Lesers. Nicht zuletzt setzt sich Buth auch mit dem eigenen Schreiben auseinander, im selbst formulierten Gedicht findet er die „eigenen vier Wände“. Der Text ist für ihn der Weg zum Begreifen. Immer wieder hat er sein besonderes Verhältnis zur Sprache thematisiert: Die Genauigkeit im Umgang mit den Worten, die er als Jurist pflegt, setzt sich in seiner Arbeit als Lyriker und Essayist fort. Das war zuletzt in Buths 2011 erschienenem Gedichtband Weltummundung zu beobachten. Wer diesen genossen hat, kann seine Leselust mit den neuen Gedichten des Autors fortsetzen.
Thomas Rausch, Kölner Stadt-Anzeiger, 14.12.2015
Potsdam und Rhein, Rumänien, Burma, Grönland Tansania und, und, und…
Gedichte über Deutschland und die Welt. Über Lust und Schmerz, Über Gott, die Menschen und die Tiere. Übers Lackieren, Musizieren und Schreiben.
Ein sehr interessanter Gedichtsband ist mir da in die Hände gefallen: neue Gedichte von Matthias Buth.
Und man könnte meinen, dass ein zen-buddhistischer Meister des Haiku all diese Gedichte verfasst hätte. Aber kein Aufbau von Gedichten in drei Zeilen mit 17 Silben. Doch die Reduktion bleibt: wenig Worte in sehr melodischer und rhythmischer Weise … und viel zwischen den Zeilen, was man nicht sehen, aber erahnen kann.
Was man benötigt, ist Zeit für diese Gedichte. Was man dafür bekommt, ist viel Inhalt, den man selbst noch weiter füllen kann – in Gedanken.
Lesenswert, nachdenkenswert, kaufenswert.
Jürgen Brôcan: Zwischen Moment und Ewigkeit
fixpoetry.com, 4.2.2015
Interview mit dem Lyriker und Justitiar Matthias Buth auf WDR3 am 11.6.2015
Schreibe einen Kommentar