– Zu Klaus Merz’ Gedicht „Bild im Bild“ aus Klaus Merz: firma. –
KLAUS MERZ
Bild im Bild
I
Was bleibt, sind
nicht Haare, nicht
Knochen, die Asche
verstreut im Wind.
Es ist die Zuversicht
der Dinge, Krug, Sitz-
bank, das Bild im Bild:
Die dunkle Transparenz
der Farben, die lichte,
die der Vergänglichkeit
ruhig entgegensteht.
Zu „La Brocca Nera“ von Antje Hutter
die einen schwarzen Krug und einen Totenkopf zeigt, die sich als unversöhnliche Kontrahenten gegenüberstehen, als Zeichen für einen erbitterten Kampf zwischen Leben und Tod. Der Totenkopf scheint dabei in ein Buch oder ein Journal hineinzubeißen, als würde er alle Aufzeichnungen gelebten Lebens vernichten wollen. Das Gedicht des Schweizer Lyrikers Klaus Merz vergegenwärtigt dagegen ein 1972/73 entstandenes Bild der Solothurner Künstlerin Antje Hutter, das in den dunklen, satten Farben des Stilllebens einen schwarzen Krug ins Zentrum rückt, „la brocca nera“. Eine minimalistische Komposition, die von der opaken Strahlkraft der braunen und schwarzen Farben lebt, in denen hier eine Sitzbank und der Krug gemalt sind. Auf der Sitzbank, hinter dem Krug, ist auf Hutters Stillleben noch die zwischen hellgrau und weiß und Flecken von hellem Blau changierende Leinwand eines Gemäldes appliziert, das „Bild im Bild“, das in seiner Helligkeit das Dunkel von Sitzbank und Krug kontrastiert. Im lyrischen Werk von Klaus Merz sind es immer wieder solche Bildkunstwerke, die seine poetische Fantasie animieren und zu Reflexionen über sein Lieblingsthema veranlassen, den Widerstreit zwischen der Vergänglichkeit alles Lebendigen und der Unvergänglichkeit der (künstlerisch festgehaltenen) Dinge. Die menschliche Existenz zerfällt zu Staub, aber Merz glaubt an die „Zuversicht der Dinge“, die im überwältigend intensiven Kontrast zwischen dunklen und lichten Elementen des Gemäldes von Antje Hutter hervortritt.
Michael Braun, Volltext, Heft 1, 2019
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