Michael Horowitz: H.C. Artmann

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Michael Horowitz: H.C. Artmann

Horowitz-H.C. Artmann

DER KÖNIG IST TOT!

− Euphorie & Einsamkeit, Tatendrang & Traurigkeit. −

Dieses Buch ist keine Biografie. Es ist eine Annäherung an H.C. Artmann.
Ich hatte das Glück, ihn zu kennen. Wir arbeiteten gemeinsam an dem Buch Menschenbilder. Ich besuchte ihn immer wieder in seinem Haus in Salzburg, in der Wohnung in Wien, wir unternahmen gemeinsame Reisen. Manchmal auch nur spontane Ausflüge in schattige Wirtshausgärten. Oder auch Expeditionen in kleine Bars. Wir fuhren nach Deutschland und Polen. Und wo immer wir hinkamen, stellte H.C. mich als „mein Freund“ vor. Als ich ihn einmal fragte, ob er zur Qualtinger-Buchpräsentation nach Hamburg mitkomme, fragte er nur: „Wann müss’ ma in Schwechat sein?“ – „Die Maschine geht morgen früh, um 7 Uhr 20“, antwortete ich zögernd. „Ich steh um 6 vor der Haustür, bis morgen, ich freu’ mich schon…“ Und er war da.
H.C. Artmann war ein kompromissloser, verlässlicher Freund. Einer, der die Frage eines Magazins, was Glück für ihn bedeute, mit dem Satz beantwortete:

… wenn ich um einen Freund Angst gehabt habe und ich dann die Nachricht bekommen habe, dass alles wieder in Ordnung ist.

Für dieses Buch hat sich Artmann immer wieder Zeit genommen, um mir aus seinem Leben zu erzählen. Es war zwischen uns vereinbart, dass ich „gegen Mittag, am besten um zwölf“ anrufe. Er würde mir dann sagen, ob wir uns sehen können. Wenn H.C. einen „guten Tag“ hatte, arbeitete er bis zu seinem Ende mit seiner Frau Rosa, die seit 29 Jahren verlässlich an seiner Seite war. In den letzten Monaten diktierte er ihr aus dem Gedächtnis. Völlig frei, ohne irgendwelche Notizen. So entstanden noch vier Goldoni-Übersetzungen und ein Opernlibretto im Auftrag des Herbert-von-Karajan-Zentrums.
Seine Frau Rosa Pock kommt aus der Südsteiermark. Sie ermöglichte Artmann viele gelebte Wünsche. Es freute ihn, dass Rosa in den letzten Jahren zu schreiben begann. Und schöne Gedichte veröffentlichte:

KARTEN

was willst du mehr / als diese karten / mischen /
geben / austeilen / mit denen du spielst / mariage /
doppelkopf / solo / sechsundsechzig / oder tod und
leben / woraus du ersehen kannst / welches spiel
gespielt wird / deine dir gegebenen karten / deine
bedingung / und der verlauf erst absehbar am ende.

Wenn H.C. einen „guten Tag“ hatte, kam er selbst ans Telefon, erzählte mir, was er erlebt hatte. Nicht mehr allzu viel. Mit der schon dünnen, leisen Stimme sprach er von „seinem einzigen Fenster zur Welt“, dem Fernsehen.
Er sei ein „Zapper“, könne zwischen mehr als 30 Programmen auswählen. Weil er nicht einschlafen könne, sehe er viel fern. Die Nachrichten. Immer. Am liebsten sei ihm Danielle Spera, „weil’s auch fesch ist“. Außerdem kenne er sie noch aus Paris. Und er liebe gute Fußball-Matches. Und deutsche Krimis. „Siska mag ich, Tatort nicht, die reden immer so gespreizt.“ Und auch bei „Taxi Orange“ schaue er manchmal zu. Weil das die einzige Sendung sei, in der die Menschen nicht unnatürlich, sondern einfach normal österreichisch sprechen.
Und jetzt hätte er „großen Gusto auf Gefrorenes oder eine Salami, am besten eine Mailänder…“ Ich solle halt in den nächsten Tagen wieder anrufen – „gegen Mittag, am besten um zwölf…“ Manchmal besuchte ich ihn dann in seiner Josefstädter Wohnung. Sie ist nicht sehr groß, wenige Möbel, hell und sonnig, Parkettböden und Flügeltüren, fast großbürgerlich mit Blick durch die hohen Fenster auf die Josefstädter Straße. Ich stellte ihm Fragen, aber vor allem hörte ich einfach zu bei dem, was ihm gerade einfiel. Und dann hat er mir aus seinem Leben erzählt.
Ich werde von den Gesprächen, die wir bis knapp vor seinem Ableben geführt haben, berichten. Und werde versuchen, einige Ausschnitte seines Lebens zu beschreiben, wobei ich betonen möchte, dass ich mich hauptsächlich auf sein Leben in Wien konzentriert habe. Ein Leben, das H.C. Artmann voller Würde gelebt hat. Was sicher nicht immer leicht war, denn – wie Alois Brandstätter meint – „Schriftsteller in Österreich zu sein, das ist gerade so wie Strohhuterzeuger in Lappland“.
Markante Lebensabschnitte, von der Kindheit und Jugend in Breitensee über das Wien der Nachkriegszeit – zwischen Schleichhandel und „poetischen demonstrationen“ – bis zu den frühen Experimenten als literarischer Avantgardist und der Gründung der Wiener Gruppe. Seinen großen, unerwarteten Erfolg mit Dialektgedichten, den vielen Reisen quer durch Europa und die späte Anerkennung.
Zuletzt durfte ich H.C. Artmann am 1. November 2000, ein paar Wochen vor seinem Tod, besuchen. Er hatte wieder einen „guten Tag“, saß erstklassig rasiert und aufrecht im olivgrünen Pullover und der grauen Flanellhose äußerst elegant in seinem Lederfauteuil. Emily, seine Tochter, und seine Nichte Katharina drehten gerade einen Film über ihn.
Mehrere Stunden erzählte er mir später aus seinem Leben. Manchmal von heftigen Hustenanfällen kurzfristig gebremst – zu viele Jahre hat er „pro zeile eine zigarette“ geraucht. Aber der fast 80-jährige, körperlich Schwache, ist weiterhin der kritische, unbekümmerte Enthusiast, als der er auch immer wesentlich Jüngere mitgerissen hat. Ein Verführer, der immer die Nähe der Jugend suchte und dabei oft jünger als die Jungen war.
Lebhaft erzählt er von all den schrulligen Figuren aus Breitensee. All die Persönlichkeiten der Peripherie, die auch in seinen Erzählungen immer wieder auftauchen. Und er meint, dass er bei den Frauen ein „Spätstarter war und mit der ersten im zarten Alter von 26 Jahren geschlafen hatte“. Und gleich ein Kind gezeugt hat. Sein erstes. Sohn Patrick. Später sollten noch vier Kinder folgen: Patricia, Manja, Carl Johan Casimir und Emily Griseldis.

Eigentlich bin ich ein verhältnismäßig treuer Mensch, wenn ich einmal wo gelandet bin, bleib ich picken. Frauen lernt man nur langsam kennen. Richtig versteht man sie erst, wenn man schon wieder auseinander ist. Wenn’s aus ist, glaubt man, das halt ich nicht aus – später lacht man darüber…

Artmann erzählt von der abenteuerlichen Flucht aus der Kriegsgefangenschaft, dem allerersten Gedicht, das er für ein Bauernmädl aus Hollabrunn geschrieben hat. Oder die Erinnerung an das Nachkriegs-Wien, Existenzen zwischen Bangen und Hoffen, Euphorie und Enttäuschung. Er schlägt sich ganz gut durch, arbeitet als Statist im „Etablissement Ronacher“ und Übersetzer bei den Amerikanern. Jede Nacht gibt es „Kaffeehaus-, Keller- und Kneipen-Exerzitien“.
Und H.C. Artmann erinnert sich an das Exil in Berlin, Mitte der 60er-Jahre. An das Untermietzimmer im dritten Stock in der Kleiststraße 35. Mit dem Türtaferl „hans carl laertes artmann – 7x läuten“. Immer waren Freunde auf Besuch da. 24 Stunden open house. Relikte der vielen Partys sind die Bier- und Whisky-Flaschen, überall am Boden verstreut. Und durchaus stolz erzählte er davon, dass er in der Diskothek des Berliner Nachtlokal-Königs Rolf Eden in der Damaschkestraße einen Twist-Tanz-Wettbewerb gewann. Und Günter Grass nur Zweiter wurde.
Immer wieder kehrte er in seinen Erinnerungen in die Wiener Vorstadt zurück. Seit einem knappen Jahr wollten wir noch einmal rausfahren. Nach Breitensee.
Nachschauen, was noch existiert: die Tee- und Likörstube der Franciska Marous, den Sparverein D’Ameisbachler, die Gaststätte Hapler, die Pawlatschen, wo früher das Ringelspiel, der Watschenmann, das Kasperltheater gestanden sind. Oder das kleine Tschocherl und die Greißlerei hinter der Kirche. Oder ob vom Chinesenviertel in der Kuefsteingasse noch irgendetwas zu erkennen ist.
Und H.C. wollte mir das Breitenseer Lichtspieltheater zeigen, in dem er zu Beginn der 30er-Jahre die großen Revue- und Operettenfilme der Ufa gesehen hat. Wie Die Drei von der Tankstelle mit dem hübschen Schlager Ein Freund, ein guter Freund. Hauptdarstellerin des „schwungvollen-frohsinnigen“ Films, der von der politischen Ohnmacht jener Zeit ablenken sollte, war Lilian Harvey. H.C. erinnert sich, dass man damals in den „illustrierten Blättern“ lesen konnte, dass die aus den Londoner Slums stammende Schauspielerin „ihre in Armut lebenden Angehörigen von der Tür ihrer palastartigen Villa vertreiben ließ, wo sie jeden Tag in deutschem Sekt badete und ihre Fingernägel mit geschmolzenen Perlen überziehen ließ“.
Einmal wartete H.C. am frühen Nachmittag schon unten vor der Haustüre auf mich, Ecke Josefstädter Straße-Schönborngasse. Elegant, im erbsengrünen Corduroy-Twill-Trenchcoat. Der unvermeidbare Tschik – trotz „ewiger Bronchitis“ – zwischen den Fingern. „Soll ich vielleicht mit 79 noch zum Rauchen aufhören?“ Doch nach der knappen, herzlichen Begrüßung fuhr er mit dem Aufzug wieder in die Wohnung hinauf.
Er war schon zu schwach für unseren Ausflug nach Breitensee. Vor drei Jahren rutschte er in der Gardasee-Villa von André Heller am spiegelglatten Parkettboden aus und brach sich das Becken. Seit damals schmerzt jeder Schritt.
H.C. Artmann ist müde geworden. Müde von einem Leben aus Euphorie und Einsamkeit, Tatendrang und Traurigkeit. Ein halbes Jahr vor seinem 80. Geburtstag hat er sich verabschiedet.
In „Grammatik der Rosen“ schreibt er:

ich lege ein wenig ermüdet mein binokel auf die holzbraune fläche meines fensterbrettes und sage euch als freund adieu, wer weiß, ob ihr mich verstehen könnt, aber es wäre schön, ihr tätet es… adieu!

Michael Horowitz, Vorwort

Rede für HC

Verehrte Trauergemeinde, liebe Freunde,

ich spreche hier und heute nicht als Dichter, ich spreche als Freund – und stellvertretend für die vielen Freunde, die der HC gehabt hat. – HC war wie geschaffen für Freundschaft, für den Freundschaftsbund. – In meinem Fall dreißig Jahre. Es gab Zeiten, da haben wir einander täglich gesehen.

Gestritten haben wir oft – meist über Politik. Eine der typischen Gesten von HC: Wenn ich alle meine Argumente monumental vor ihm aufgebaut hatte, er sie nicht länger abweisen konnte, wandte er sich in gespieltem Groll ab und sagte: „Hast eh Recht!“ – Ja der HC war ein eigenes Land, ein eigener Kontinent. Er hat gern und großzügig exportiert, aber er hat auch gern in die Ländereien der anderen hinübergeschaut, sich wohl auch da und dort eine Pflanze ausgegraben und sie liebevoll verpflanzt.

In Hamburg, ich bewohne eine ebenerdige Wohnung, nachts, auf dem Fernseher lief gerade ein Film von Kurosawa, da klopft es draußen am Fenster, und als ich aufmache, steht draußen HC, mit dem Koffer.
Ich frage ihn einmal, wie es ihm geht, und er sagt: „Ich fühl mich wie eine Flieg’n auf der Fensterscheiben!“ – und er macht die dazupassende Handbewegung dazu.
In Salzburg hat er vor dem Haus am Schwarzgrabenweg ein bisschen gegärtnert, und er steht ganz versonnen, auf seiner Schaufel gestützt, da, die Emily steht, als kleines Mädchen, hinten beim Haus, und er sagt, sich selber ein bisschen belächelnd: „Man kommt direkt ins Schrebergarteln hinein.“
Ich soll einen Orden bekommen – will ihn aber nicht annehmen. Ich erzähle HC davon. Er darauf: „Den musst du nehmen! Damit schaust aus wie ein Erzherzog, Peter!“
In den USA, ich glaube, es war in St. Louis, bei einem Interview für ein College-Radio, sagt HC auf die erste Frage, ganz unschuldig und frei heraus: „I am an anarchist…“ – worauf die Sendefrequenz gleich abgeschaltet wird.
Marcel Duchamp hat sich selber – auf Anfrage – gern als „respirateur“ bezeichnet, schlicht als einen „Atmer“. So hat der HC auch gelebt; aber meistens doch ein bisschen intensiver.

HC schrieb, wenn er unterwegs war, gern Postkarten, und so trudelten auch immer wieder solche Karten bei uns ein, meist mit Texten wie: „Meine Butter heißt ,petit celte‘, ich streiche sie mir eben aufs gute Brot. / Eine liebe Landwirtschaft, herrliches, billigstes Essen! Gut bretonisch halt!“ oder „It’s partytime in Varazdin!“ oder „So weit, so weit / die Tropen schlagen heftigst zu. / Denkt an Kipling und vergeßt meiner nicht!“ oder „Hellenic greetings from hell“ aus Athen; sehr gentleman-like aus Kairo mit Rosa: „Hier gibt es im Ramses Hilton im 31sten Stock einen phantastischen Barpianisten und schottisches Bier (McEwans) sehr edel!“ oder einfach, herzlich und herzhaft: „Bleibt mir gewogen, ihr Lieben!“
Über Rollenspiele vom HC ist viel geschrieben und gesagt worden. Was aber alle diese Rollen verbunden hat, war Anhänglichkeit und Treue zu sich selber, eine unbändige Lebendigkeit und der Wunsch, frei zu sein und also sich zu freuen und ja zu sagen zum Leben, was immer es auch gerade bringt, Freiheit heilt das meiste.

Ich erzähle dem HC etwas, das mich empört, das mich erschüttert oder mit Abscheu erfüllt; er darauf, sardonisch lächelnd: „Na, g’fallt dir das nicht?!“ – Und wir lachen dann darüber, erst hämisch – und dann wirklich.
Wir reden über den Tod, das Sterben, und er wendet sich, nach einigem Hin und Her, ab und sagt, halb ernst, halb ironisch: „Du hast es leicht, Peter. Du bist ein Philosoph.“ Oder in größerer Runde, grantelnd: „Hörts mir auf damit!“ – Er hat dann, in den letzten Wochen, seine große Angst vor dem Tod, scheint mir, verloren – oder überwunden. Jedenfalls haben wir uns nie mehr darüber unterhalten, nachdem wir uns jahrelang darüber unterhalten hatten.
Wir gehen durch Berlin, München oder Paris und suchen ein gutes Lokal, zum Essen, zum Trinken. Wir sind unterwegs.
Obwohl wir auch viel auswärts unterwegs waren, auf Landpartien oder seinen geliebten Autoausflügen, fallen mir zu HC zuerst immer urbane Szenen ein, der Asphalt, auf dem Lampenschein glänzt, S-Bahnzüge, die Banlieu, Vororte. – Er ist immer ein Mann der Vororte und des Volkes geblieben, ein volkstümlicher Mann. In den Zentren hat er nur gastiert. Das allerdings, wie ich gern einräume, nicht ungern.
Wir brausen im Auto über die Autobahn, irgendwo hinter Mondsee, ein Sonnentag, und ich zeige aus dem Fenster und sage: „Schau, wie schön es heut ist!“ – HC darauf, in sich versunken, im Anzug, noch nicht ganz wach: „Ach was!“

Für ihn war alles in den Worten, in der Sprache aufgehoben und dort auch besiegelt. – Wenn ich an ihn denke, sehe ich ihn irgendein Wort aussprechen, und er fragt sich, den Kopf ein wenig schief gelegt, was es bedeutet. Dem Traum folgen und immer dem Traum, für ihn hat dieses schöne Wort gegolten. Und dieser Traum war, wie mir scheint, ein doppelter: zutiefst sein eigener und zugleich ein kollektiver, den alle Menschen träumen.

Über Literatur und Kunst reden – das schon. Lange Gespräche über Wort und Sinn, über Grammatik. Über die eigenen Sachen reden, über das Schreiben, gehört weniger zum guten Ton. Gern: Gedichte vorlesen. Oder Idiomatisches erörtern. Ungern Theorie. – Manieren, Form, Brauch: Alles sehr wichtig!
Manchmal, in trüben Stunden, hat er sich selber vorgehalten, die Zeit nicht genutzt zu haben, ein Verschwender gewesen zu sein: „Was hätte ich da alles machen können!“ – Ich darauf: „Du hast doch so viel gemacht! Sei froh!“ – Er sagt nichts darauf. Plötzliche Aufbrüche waren Spezialität. Dass 2 mal 2 = 5 sich auch nicht übel ausnimmt, wie Dostojewski es formuliert hat, das passt perfekt auf HC. Er hat dem Zufall nicht blind vertraut; aber doch. Mit offenen Augen.

Als wir, seinerzeit, unsere ausgiebigen Mopedfahrten über Land unternahmen, es ist viele Jahre her, war es eine unserer liebsten und oft beschworenen Vorstellungen, „den Lenker einfach auszulassen und in die untergehende Sonne hineinzurauschen“.
Ich glaube, das – oder so etwas Ähnliches, Verwandtes – ist dem HC immer wieder geglückt. – Und also auch vielleicht für jetzt.

Leb wohl, compañero!

Peter Rosei, Rede zur Trauerfeier im Dezember 2000

 

Am 12. Juni 1921

kam Hans Carl Artmann in Wien zur Welt. Als Mitbegründer der legendären Wiener Gruppe schrieb er sich in die Literaturgeschichte ein. 1958 legte er mit seinen Wiener Dialektgedichten med ana schwoazzn dintn ein Werk vor, das durch seine ungewöhnliche Verbindung von Avantgarde und Volkstümlichkeit literarische Maßstäbe setzte. Als ständiger Grenzgänger zwischen Realität und Phantasie schuf er im Laufe seines weiteren Lebens ein beeindruckendes Werk voll Witz und Poesie: sinnliche Explosionen seiner Gedanken. H.C. Artmann verstarb am 4. Dezember 2000 in Wien.

Ueberreuter Verlag, Klappentext, 2001

 

H.C. Artmann

war nicht nur einer der größten Poeten dieses Jahrhunderts, sondern auch ein Mensch mit tausend Phasetten. Michael Horowitz geht in diesem Buch verschiedenen Spuren im Leben des Dichters und Sprachvirtuosen Artmann nach.
In seiner Breitenseer Kindheit lernt der Schustersohn Hans Carl bereits andere Sprachen kennen: Tschechen, Slowaken, Ungarn und Chinesen bevölkern die veramte Vorstadt in Penzing. Am Wochenende geht es zum Großvater im Waldviertel, wo zu der Dialektfärbung des Waldviertels noch eine Portion Mystik hinzukommt. Im 2. Weltkrieg wird er als Soldat eingezogen und an der Front schwer verwundet. Er durchlebt Gefangenschaft und schafft es schlussendlich zu desertieren. Im Nachkriegswien beginnt seine eigentliche Schriftstellerlaufbahn. Er schreibt Gedichte und arbeitet als Übersetzer für die Amerikaner. Die Treffpunkte in Breitenseer Gaststätten oder im Café Hawelka zeugen von der Stimmung in Wien der frühen 50er Jahre.
Michael Horowitz war es als langjähriger Freund H.C. Artmanns gegönnt, viele kleine Anekdoten mitzubekommen, die hier liebevoll aufbereitet sind. Sei es die Wiener Gruppe oder der Büchner-Preis, der Autor bereitet Bekanntes und einiges Unbekanntes mit Feingefühl und Achtung auf.
Eine Vielzahl erstklassiger Fotos bereichert diesen Band, der den Dichter und Menschen H.C. Artmann so zeigt, wie er war.
Nicht zu vergessen sind die bösen Anfeindungen Jörg Haiders, der H.C. Artmann in einer „Rede an die Nation“ folgendermaßen attackierte, dass „Steuerzahler Schriftstellern und Staatskünstlern, die zu Steuerschuldnern werden, aus der Bredouille helfen, weil sie – wie Artmann – alles beim Branntweiner gelassen haben“. Diese Hetzkampagne wird in Österreich von zahlreichen Künstlern und Politikern scharf zurückgewiesen. J. Haider änderte später seine Meinung und forderte eine Professur für H.C. Artmann. Das Buch endet mit der Trauerrede Peter Roseis und einem umfassenden Werkverzeichnis.

Rudolf Kraus, Buchkritik.at, 9.5.2005

Weitere Beiträge zu diesem Buch:

Klaus Sieblewski: in Frankfurter Rundschau, 6.8.2002

Christiane Zintzen: in Neue Zürcher Zeitung, 23.3.2002

 

Fakten und Vermutungen zum Autor + Kalliope

 

 

„Spielt Artmann! Spielt Lyrik!“ (Teil 1)

„Spielt Artmann! Spielt Lyrik!“ (Teil 2)

 

Fakten und Vermutungen zu H.C. Artmann + Reportage +
Gesellschaft + FacebookArchiv + Sammlung Knupfer +
Internet Archive 1 & 2 + Kalliope + IMDbKLG + ÖM +
Bibliographie + Interview 12 + Georg-Büchner-Preis 1 & 2
Porträtgalerie: Autorenarchiv Isolde Ohlbaum + Keystone-SDA +
Autorenarchiv Susanne SchleyerBrigitte Friedrich Autorenfotos +
deutsche FOTOTHEK
shi 詩 yan 言 kou 口
Nachrufe auf H.C. Artmann: FAZ ✝︎ Standart ✝︎ KSA
70. Geburtstag10. Todestag

Zum 100. Geburtstag von H.C. Artmann:

Michael Horowitz: H.C. Artmann: Bürgerschreck aus Breitensee
Kurier, 31.5.2021

Christian Thanhäuser: Mein Freund H.C. Artmann
OÖNachrichten, 2.6.2021

Christian Schacherreiter: Der Grenzüberschreiter
OÖNachrichten, 12.6.2021

Wolfgang Paterno: Lyriker H. C. Artmann: Nua ka Schmoez
Profil, 5.6.2021

Hedwig Kainberger / Sepp Dreissinger: „H.C. Artmann ist unterschätzt“
Salzburger Nachrichten, 6.6.2021

Peter Pisa: H.C. Artmann, 100: „kauf dir ein tintenfass“
Kurier, 6.6.2021

Michael Stavarič: „Immer verneige ich mich, Herr Artmann“
Die Furche, 9.6.2021

Edwin Baumgartner: Die Reisen des H.C. Artmann
Wiener Zeitung, 9.6.2021

Edwin Baumgartner: H.C. Artmann: Tänzer auf allen Maskenfesten
Wiener Zeitung, 12.6.2021

Cathrin Kahlweit: Ein Hauch von Party
Süddeutsche Zeitung, 10.6.2021

Elmar Locher: H.C. Artmann. Dichter (1921–2000)
Tageszeitung, 12.6.2021

Bernd Melichar: H.C. Artmann: Ein Herr mit Grandezza, ein Sprachspieler, ein Abenteurer
Kleine Zeitung, 12.6.2021

Peter Rosei: H.C. Artmann: Ich pfeife auf eure Regeln
Die Presse, 12.6.2021

Fabio Staubli: H.C. Artmann wäre heute 100 Jahre alt geworden
Nau, 12.6.2021

Ulf Heise: Hans Carl Artmann: Proteus der Weltliteratur
Freie Presse, 12.6.2021

Thomas Schmid: Zuhause keine drei Bücher, trotzdem Dichter geworden
Die Welt, 12.6.2021

Joachim Leitner: Zum 100. Geburtstag von H. C. Artmann: „nua ka schmoezz ned“
Tiroler Tageszeitung, 11.6.2021

Linda Stift: Pst, der H.C. war da!
Die Presse, 11.6.2021

Florian Baranyi: H.C. Artmanns Lyrik für die Stiefel
ORF, 12.6.2021

Ronald Pohl: Dichter H. C. Artmann: Sprachgenie, Druide und Ethiker
Der Standart, 12.6.2021

Maximilian Mengeringhaus: „a gesagt, b gemacht, c gedacht, d geworden“
Der Tagesspiegel, 14.6.2021

„Recht herzliche Grüße vom Ende der Welt“
wienbibliothek im rathaus, 10.6.2021–10.12.2021

 

 

Ausstellungseröffnung „Recht herzliche Grüße vom Ende der Welt!“ in der Wienbibliothek am Rathaus

 

Lovecraft, save the world! 100 Jahre H. C. Artmann. Ann Cotten, Erwin Einzinger, Monika Rinck, Ferdinand Schmatz und  Gerhild Steinbuch Lesungen und Gespräch in der alten schmiede wien am 28.10.2021

 

Sprachspiele nach H. C. Artmann. Live aus der Alten Schmiede am 29.10.2022. Oskar Aichinger Klavier, Stimme Susanna Heilmayr Barockoboe, Viola, Stimme Burkhard Stangl E-Gitarre, Stimme

 

Bild von Juliane Duda mit den Texten von Fritz Schönborn aus seiner Deutschen Dichterflora. Hier „Uferartmann“.

 

Ausschnitte aus dem Dokumentarfilm Die Jagd nach H.C. Artmann von Bernhard Koch, gedreht 1995.

 

H.C. Artmann 1980 in dem berühmten HUMANIC Werbespot „Papierene Stiefel“.

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