BERLIN 1991
Damals drang ich direkt in die Freiheit ein
und bis heute, später dann in Berlin
bin ich stets zur rechten Zeit
an Orten, die neonlichte Einsamkeit
mit dem Grau der Angst vereinen.
Von Dahlem nach Pankow,
auf dem Ku’damm und Unter den Linden
geh ich direkt durch mich selbst.
Geduldig, fast mit Liebe nähe ich
mein geteiltes Leben zusammen, tröste
die Wunden, pflanze in Mauerruinen
Worte, Blumen, Gedächtnis.
Die eine Seite der Paadoxie ist der bulgarische Alltag: die Welt der politisch-gesellschaftlichen Entwicklung, ein allgemeines Chaos, dem sich niemand entziehen kann. Den anderen Pol bildet eine existentielle Dimension des Erlebens, das Wissen um die Gegenwart des Todes, die Grenzüberschreitung in der Vision, dem Traum und dem Akt des Benennens.
Es sind die großen Themen europäischer Literatur, von Mirela Ivanova freilich immer begleitet von einer gesunden Selbstironie, einem Augenzwinkern:
ich will lächeln ich will dich fragen
waren wir ein und derselbe Mensch
bist du ein und derselbe Mensch
aber mit vollem Mund spricht man nicht.
In ihrem poetologischen Essay deutet Mirela Ivanova verschiedene Ereignisse aus ihrer Biografie als Lektionen der Dichtkunst und Stationen auf dem Weg zur Poesie als Existenzform.
Verlag Das Wunderhorn, Ankündigung
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