poesie dreht die
kulissen der gewohnheit
hundertachtzig grad
lauten die Wörter in einem holzschnittartigen Bildgedicht von Claus Bremer (1924–1996), [Claus Bremer gilt mit Eugen Gomringer als Begründer der konkreten Poesie.] das ich in seinem posthum erschienenen Buch wir sind andere (orte-Verlag, CH Zelg-Wolfhalden 1997) zu sehen bekam. Bremer faßt eines der Hauptanliegen der Lyrik zusammen und führt es uns im Bildgedicht direkt vor Augen: An diesem Kriterium muß Lyrik sich messen lassen. Klaus Rudolf Schell drückt sich in Wasser in der hohlen Hand (1998) beispielsweise so aus:
HERBEIGETROMMELT
ein einfaches Wort so
sagen, daß es da ist.
Langes, eher schlenderndes
Herannahen.
Hier wird wieder der nicht alltägliche Gebrauch des lyrischen Worts deutlich, das Anwesenheit (im ursprünglichen und komplexen Sinn) für sich beansprucht. Ob das Fritz Deppert, Jutta Dornheim, Inge Krupp, Georg Milzner, Cordula Steinkamp und Monika Petsos, weiteren Dichtern aus dem Programm der Autoren-Edition, in ihren Gedichten gelingt? Die meist 96seitigen preiswerten Bändchen laden Sie regelrecht dazu ein, sich ein Bild zu machen.
Ich habe jedenfalls eine Reihe glänzender Gedichte gefunden (etwa die feinen Verse von Monika Petsos oder Inge Krupp), aber auch – um im Bild zu bleiben – matte Texte, die mich eher gelangweilt haben (Walter Barnhausen und Benjamin Bonn).
Erschienen in: Theo Breuer – Aus dem Hinterland, Edition YE, 2005
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