Pablo Neruda: Poésie Impure

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Pablo Neruda: Poésie Impure

Neruda-Poésie Impure

ES GIBT KEIN VERGESSEN

Wenn ihr mich fragt, wo ich gewesen bin,
dann muß ich sagen: Dies alles geschieht.
Dann muß ich vom Erdboden sprechen, den die
aaaaaSteine verfinstern,
von dem Fluß, der dauernd in sich selber versickert:
ich weiß nur von dem, was die Vögel verlieren,
vom zurückgelassenen Meer, oder meiner weinenden
aaaaaSchwester.
Wozu diese ganzen Länder? Wozu legt sich ein Tag
auf den andern Tag? Wozu wächst eine schwarze Nacht
in meinem Mund? Wozu gibt es Tote?

Wenn ihr mich fragt, woher ich komme, so muß ich mich mit alten Dingen beraten,
mit übermäßig verbittertem Werkzeug,
mit vielmals verwesten großen Tieren,
und mit meinem bekümmerten Herzen.

Was da vorübergegangen ist, daß sind nicht Erinnerungen,
das ist keine gelbe Taube, die im Vergessen schläft,
sondern Gesichter voll Tränen sinds,
Finger in einer Gurgel,
und das, was da aus den Blättern sinkt:
die Dunkelheit eines vorübergerollten Tages,
eines Tages, der satt ist von unserem traurigen Blut.

Hier gibt es zwar Veilchen und Schwalben,
all das, was uns gefällt, und was erscheint
in den süßen Briefchen, weitschweifig geschweift,
durch die das Verweilen spaziert und die Süßigkeit.
Aber über jene Zähne hinaus führt uns kein Weg,
die Rinden, die das Schweigen ansetzt, zerbeißen wir nicht,
denn was weiß ich, was soll ich euch sagen:
es gibt soviel Tote,
und soviel Deiche, zerfetzt von der roten Sonne,
und soviel Köpfe, die gegen die Schiffe schlagen,
und soviel Hände, die Küsse gefangen haben,
und soviel Dinge, die ich vergessen will.

 

 

 

Über eine poésie impure

Es ist gut, sich zu gewissen Stunden des Tages oder der Nacht in den Anblick der unbewegten Dinge zu versenken: der Räder, die große Lasten von Früchten oder Gestein über weite, staubige Strecken befördert haben, der Säcke in den Kohlenhandlungen, der Fässer, der Körbe, der Hefte und Griffe am Werkzeug des Zimmermanns. Sie können dem gefolterten Dichter zur Lehre dienen. Die Erde und die Hand des Menschen haben auf ihnen ihre Spur hinterlassen, er braucht sie nur abzulesen. Die abgenutzten, abgegriffenen Oberflächen solcher Gegenstände sind mit einer Aura umgeben, die oft etwas Tragisches hat und immer das Herz ergreift. Wer sie nicht geringschätzt, wer sich ihrem Schwerefeld ergibt, nähert sich der Wirklichkeit dieser Welt.
Das unreine, das vermischte Wesen des Menschengeschlechts ist ihnen anzumerken, die Ansammlung der Stoffe, ihr Gebrauch und ihr Brachliegen, die Fährten von Fuß und Fingern, der beständige Geruch menschlicher Gegenwart, der sie von innen heraus und von außen her sättigt und tränkt.
So soll die Dichtung aussehen, die wir suchen: verwüstet von der Mühe der Hände wie von einer Säure, vom Schweiß und vom Rauch durchdrungen, eine Dichtung, die nach Urin und nach weißen Lilien riecht, eine Dichtung, in der eine jede Verrichtung des Menschen, erlaubt oder verboten, ihre Spuren hinterlassen hat.
Eine Dichtung, unrein wie ein Anzug, wie ein Körper, von Speisen befleckt, eine Dichtung, die Handlungen der Scham und der Schande kennt, Träume, Beobachtungen, Runzeln, schlaflose Nächte, Ahnungen; Ausbrüche des Hasses und der Liebe; Tiere, Idyllen, Erschütterungen; Verneinungen, Ideologien, Behauptungen, Zweifel, Steuerbescheide.
Die geheiligte Vorschrift des Madrigals; die Gesetze des Tastens, Riechens, Schmeckens, Sehens und Hörens; das Verlangen nach Gerechtigkeit; das sexuelle Verlangen; das Geräusch des Meeres; ohne die Absicht, irgend etwas auszuschließen, ohne die Absicht, irgend etwas gutzuheißen; der Eintritt in die Tiefe der Dinge in einem Akt jäher Liebe, und das dichterische Produkt: von Tauben, von Fingerabdrücken besudelt, mit den Spuren von Zähnen und Eis übersät, möglicherweise angenagt von Schweiß und Gewohnheit, bis es die zarte Glätte eines rastlos geführten Werkzeugs, die überaus harte Sanftmut von abgenutztem Holz, von hochmütigem Eisen erreicht hat. Auch die Blume, den Weizen und das Wasser zeichnet diese Tastbarkeit, diese einzigartige Konsistenz aus.
Und vergessen wir niemals die Melancholie, die verschlissene Sentimentalität, Früchte wunderbarer, vergessener Kräfte des Menschen, unrein, vollkommen, weggeworfen vom Wahn der Literaten: das Licht des Mondes, der Schwan in der Dämmerung, „Herz, mein Herz“: das ist ohne Zweifel elementare und unausweichliche Poesie. Wer sich vor dem Geschmacklosen fürchtet, den holt der Frost. 

Pablo Neruda, Vorwort

Nachbemerkung

Die mächtigste Stimme der lateinamerikanischen Poesie gehört seit dem Tod César Vallejos dem Chilenen Pablo Neruda.
Es ist eine Stimme, ebenso leidenschaftlich wie monoton, ebenso gleichgültig wie ergriffen, ebenso einsam wie umfassend. Eine elementare Stimme; sie gleicht dem Meer. Ihre Brandung, ihr Atem ist lang und unaufhaltsam, ihre Resignation ist vollgesogen mit Zorn, Zärtlichkeit und Aufruhr, und sie trägt auf dem Kamm ihrer Verse das Strandgut unserer Existenz einem unerreichbaren Ufer, dem zukünftigen Gedicht, zu: 

Ich gehe und trage meine Gelassenheit, meine Augen, meine Schuhe,
meine Wut, mein Vergessen
quer durch Kanzleien und orthopädische Läden,
quer durch Hinterhöfe, wo Wäsche an einem Draht hängt:
Handtücher, Unterhosen und Hemden weinen dort
ihre langsamen schmutzigen Tränen.

So vieles gibt es, was nicht vergessen werden kann und was diese Stimme uns gleichmütig hinzählt, viel Mühsal, viele Stempel, Schirme und Küsse, Münzen und Tränen, Gitarren und Schlüssel… Bis in das Herz der Stoffe und bis ans Gesicht des Todes dringt sie vor, flutet zurück und wirft uns zu „eine tote, bezifferte Taube“ und „einen Planeten aus durchbohrten Rosen“.
Diesen Gedichten ist die starre Plastik des Sonetts durchaus fremd; von jenem statischen Formideal, das in Deutschland seit eh und je für „romanisch“ gehalten wurde, ist ihnen nichts anzumerken. Sie sind Poesie in statu nascendi, will sagen: der Vorgang seiner Entstehung bildet sich fortwährend im dichterischen Produkt ab, als ein ständiges Suchen, ein Pochen, ein Wühlen in der versteinerten und ertaubten Sprache.
In ihrer eigenen syntaktischen und logischen Bewegung teilen diese Verse dem Leser die Unruhe mit, von der sie sprechen, und die Unerreichbarkeit des Zieles, nach dem sie tasten; das Dunkel, in dem sie scheitern und untergehen, ist die Poesie selber. Also keine abstrakte Finsternis, auch nicht das Unerkennbare: vielmehr das Dunkel der Erde, das Alltäglichste und Vertrauteste, das jedem begegnet und dessen doch nur der Dichter kundig ist „und sonst niemand“.
Immer wieder spricht das frühe Werk Nerudas vom Schmutz, von verrotteten, verbrauchten, abgenutzten, zerbrochenen Dingen. El roto – das ist die zentrale Metapher dieser Poesie. Das Wort ist zunächst einfach das Partizip des Verbs romper, zerbrechen; doch hat es mit ihm eine besondere Bewandtnis. Das Wörterbuch führt folgende Bedeutungen an: entzwei, kaputt, zerlumpt, liederlich; in Chile bedeutet es, als Substantiv, soviel wie Proletarier; diese Bedeutung wird in Argentinien und Peru zu einem Schimpfnamen für die Einwohner Chiles insgesamt verallgemeinert. Charakteristisch für Neruda, daß in seiner zentralen Metapher der provinzielle Aspekt mit dem universellen in eins fällt. Denn das Schmutzige und Kaputte sucht diese Dichtung nicht als Hautgoût, als jenen ästhetischen Reiz auf, den Baudelaire für die Moderne entdeckt hat. Es gilt ihr als das sichtbarste Zeichen der menschlichen Verfassung überhaupt, nicht nur der gesellschaftlichen. Die Zeit, der Schmerz und der Tod sind nur Modifikationen, allgemeine Erscheinungsformen der Verunreinigung und des Verschleißes, von dem alles Existierende heimgesucht wird, ja das vielleicht die Substanz der Welt selber ist.
Ästhetisch läuft eine solche Haltung auf die entschiedene Negation aller poésie pure hinaus; und in der Tat leitet Neruda in einer seiner wenigen programmatischen Schriften, der Vorrede zu der Madrider Zeitschrift Caballo verde (1935), daraus, durchaus konsequent, eine Reihe von Forderungen an die Dichtkunst ab, deren Wurzel eben der Begriff der Unreinheit ist.
Das ist ein Programm, so fern wie nur möglich allem Kalkül und allen Schablonen – auch den Schablonen einer abgelebten Avantgarde; ein Programm der Vielfalt. Nicht nur darin, daß Nerudas Poesie alles, was sie auf der Welt vorfindet, mit einer elementaren Kraft mitschwemmt; Vielfalt auch in der formalen Beschaffenheit des Verses. Neruda verschmäht die Technik des Mosaiks; er hat sich nie auf das Puzzlespiel der Montage, nach dem Vorgang Ezra Pounds, eingelassen. Das Disparate wird nicht, Ausschnitt gegen Ausschnitt, zur Collage vereinigt, sondern mit einer Gelassenheit aufgezählt, die indianisch anmutet. Nerudas Gedichte wenden sich immer an das Ohr eines Zuhörers, nie an das Auge eines Lesers. Eine uralte poetische Kategorie, die von der klassischen Ästhetik seit jeher ignoriert worden ist, kommt darin zu ihrem Recht; die des Tonfalls. Kein metrisches Gesetz, sondern der Tonfall bestimmt den Rhythmus dieser Texte. Er wechselt fortwährend, auch innerhalb des Gedichtes; Feststellung, Vorschlag, Parenthese, Bericht, Beschwörung, Frage, Anrufung, Litanei, zweifelnde und meditierende, brütende und bohrende, klagende, fordernde, suchende Stimme: ein und dieselbe in fortwährender Verwandlung. Zuweilen ist ihr Tonfall fast getragen, sublim, feierlich wie in den Gesängen des Saint-John Perse; aber unbestechlich, unbeirrbar hebt sie in der folgenden Strophe, mit derselben Kraft, die Banalität auf, den Schnürsenkel, den Besen, das Buntpapier. Ein wilder Humor, weit entfernt von den Berechnungen des Witzes, sitzt in den Figuren der Gedichte, wo der Tonfall umschlägt. So heißt es mitten in den herzzerreißenden Klagestrophen des Gedichtes „Walking around“:

Freilich wäre es köstlich,
mit gezückter Lilie einen Notar zu erschrecken
oder mit einem Schlag meines Ohrs eine Nonne zu töten.
Es wäre herrlich,
mit einem grünen Messer durch die Straßen zu laufen
und bis zum Erfrieren die Luft mit Schreien zu füllen.

Vieles ist der Vielfalt dieser Poesie zugute gekommen. Whitmans Atem, der gewaltige Blasebalg einer neuen Poetik ohne metrisches Asthma, durchweht das ganze Werk. Majakowski wäre zu nennen, der explosivste unter den modernen Russen; Lautréamonts Traumgelatine und ihre Entwicklung durch die Surrealisten. Die Spanier des goldenen Jahrhunderts, Quevedo und Góngora, sind untergründig am Werk. Die Unaufhörlichkeit der Romanceros der Alten und der Neuen Welt tönt durch Nerudas Gedicht, die Lieder der Hirten und der Kesselschmiede, der Zigeuner und der Banditen sind hier transponiert, fern von romantischer Folklore. Der Schatten der Liturgie, der das Blut der spanischen Sprache gefärbt hat, fällt über Nerudas Werk, und endlich wirkt, im Verborgenen, das mächtige Residuum des indianischen Erbes mit.
Und warum diese Gedichte, so ließe sich fragen, und nicht ebensoviel andere aus einem enormen, weitverzweigten, kontradiktorischen Corpus von mehr als dreißig Gedichtbänden, das Neruda schon zu seinen Lebzeiten zum Klassiker gemacht hat?
Die Antwort auf diese Frage könnte ich mir leichtmachen und sagen: Es sind gerade die hier vorgelegten Texte aus den beiden Bänden der Residencia en la Tierra, an denen ich selber am meisten gelernt und gewonnen habe: kein geringfügiges Motiv für einen, der Gedichte schreibt, und die aufrichtigste Art, einem Autor zu danken, ohne den man sich die eigene Arbeit nicht denken könnte. Aber doch ein Grund, der andere Leser gleichgültig lassen muß, und ein Grund, für den seinerseits Gründe zu finden wären.
Neruda, dies ist ein solcher Grund, ist kein Singular. Eine ganze Schar von Dichtern, so könnte es scheinen, hat unter diesem Namen geschrieben: ein prunksüchtiger junger Romantiker und Rhetor; ein glühender Patriot des lateinamerikanischen Kontinents; ein erbitterter Stalinist; ein menschenscheuer Inselbewohner; ein kosmopolitischer Repräsentant der sozialistischen Kultur; ein birdwatcher; ein landflüchtiger Politiker; ein gewandter Diplomat; ein „im Garten der Liebe herumirrender Cavalier“; und mit alledem wären seine Verwandlungen bei weitem nicht beschrieben. Die Anklagen, die Lobreden, die Polemiken und Auseinandersetzungen um Neruda sind endlos. Früher als einer der rabiatesten Verfechter kommunistischer Parteipolitik verschrieen, hat er sich in jüngster Zeit schärfste Kritik von links zugezogen, weil er zu einer Zeit, da in Vietnam Kugelbomben auf eine wehrlose Bevölkerung fielen, eine amerikanische Ehrung entgegennahm und mit Vertretern der peruanischen Oligarchie speiste, während in den Bergen Guerillas fielen. Hier ist nicht der Ort, Nerudas politischen Kurs zu erörtern. Alle Widersprüche dieser Existenz sind in das Werk eingegangen, an dem Neruda heute wie vor fünfundvierzig Jahren schreibt. Aber in keinem einzigen seiner Bücher, scheint mir, sind sie allesamt angekündigt und aufgehoben wie in der Residencia. Keines ist deshalb reicher und unerschöpflicher, auch schwieriger und dunkler, weniger auflösbar durch Interpretation und ideologische Analyse. Es ist ein Buch voller Widerstände und unausgesprochener Möglichkeiten. Deshalb, so scheint mir, lohnt es auch heute noch die Lektüre. An seiner Trauer, seiner Ironie und seiner verzweifelten Hoffnung ist nichts aktuell, aber alles frisch. 

H. M. E., Nachwort

Die vorliegenden Gedichte sind eine Auswahl aus den folgenden Bänden: Las furias y las penas y otros poemas; Residencia en la Tierra I; Residencia en la Tierra II – erschienen in der Colección Residencia en la Tierra, Cruz del Sur, Prensas de la Universidad de Chile, Santiago 1947.

 

Ein Päckchen mit Neruda

Der erste Brief, den Enzensberger an den Suhrkamp Verlag schrieb, datiert vom 31. Oktober 1956 und war Teil eines Päckchens an den Lektor Walter Maria Guggenheimer.1 Enzensberger kannte Guggenheimer bereits persönlich. Wann er ihn zum ersten Mal getroffen hatte, vermag er rückblickend nicht zu sagen, doch schon in seinem Elternhaus war er mit den Frankfurter Heften in Berührung gekommen.2 Möglich ist, dass er ihn auf einem Treffen der Gruppe 47 erstmals kennenlernte.3 Gleich zu Beginn seines Briefes bedauert er, den Lektor bei der letzten Tagung in Niederpöcking nicht angetroffen zu haben. Nun musste schriftlich mittgeteilt werden, was mündlich gesagt, als Päckchen geschickt, was persönlich überreicht werden sollte.
Der erste Brief, den Enzensberger an den Suhrkamp Verlag schrieb, hätte also gar nicht geschrieben werden sollen. Vielleicht war es bloß eine Grippe, die Guggenheimer nicht nach Niederpöcking fahren ließ, ein Zufall, der dazu führte, dass für den Literaturhistoriker nun ein Päckchen am Anfang der Archiverzählung von Enzensbergers Zusammenarbeit mit dem Suhrkamp Verlag steht. Auf diese erste Sendung folgten, über Jahrzehnte hinweg, Tausende von Briefen, unzählige Telefonate und persönliche Begegnungen zwischen Enzensberger, seinen Verlegern, Lektoren und Autorenkollegen. Was davon dokumentiert und -erhalten ist, bildet nur die Spitze eines Eisbergs:

Das Archiv entscheidet, in welcher Form Geschichte verfügbar ist und was unter Verschluss bleibt.4

Die Geschichte von Enzensbergers Kooperation mit Suhrkamp ließe sich von verschiedenen Anfängen her erzählen. Ihre Dramaturgie ist brüchig, läuft in Sackgassen und setzt immer wieder von vorn an. Das Verlagsarchiv bildet die Prozessualität der literarischen Produktion ab, wozu nicht nur die Erfolgsgeschichten gehören, die sich im Rückblick schlüssig erzählen lassen, sondern auch die Zufälligkeiten, Widersprüche, verschickte, nicht verschickte oder verlorene Post. Dass es sich bei Enzensbergers Sendung um ein Päckchen handelte, das neben dem Brief einige Beilagen enthielt, erfährt der Leser, weil diese im Brief erwähnt werden. In seiner ursprünglichen Materialität ist es nicht erhalten. Guggenheimer antwortete neun Tage später, dass ihn die Sendung „privat, statt im Suhrkamp-Verlag“, und dazu während eines Umzugs, erreicht habe.5 Nur das Typoskript des Briefes fand seinen Weg in einen Leitz-Ordner und damit in den Speicher des Verlagsarchivs. Aber auch dieser Ordner ist nicht mehr erhalten, seitdem das Verlagsarchiv aus den Kellern der Frankfurter Lindenstraße in die Magazine der Marbacher Schillerhöhe umzog. Dort wurden rostende Büroklammern entfernt, Briefe aus Ordnern entnommen und in säurefreien Mappen abgelegt. Arbeitsmaterialien verwandelten sich in historische Dokumente.
Hätte der Suhrkamp Verlag – analog zu den Fällen Johnson, Adorno, Koeppen, Weiss, Bernhard oder Handke – die Korrespondenz von Enzensberger mit seinen Verlegern veröffentlicht, würde die Erzählung seiner Verlagskooperation vielleicht nicht mit einem Päckchen an den Lektor Guggenheimer beginnen, sondern mit dem ersten Schreiben, das Siegfried Unseld an Enzensberger richtete. Am 26. März 1957 bestätigte Unseld, der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht alleiniger Verleger war,6 dem Autor knapp den Eingang seines ersten Lyrik-Manuskripts:

Lieber Herr Enzensberger,
ich möchte Ihnen heute nur kurz mitteilen, daß Ihr Gedicht-Manuskript nun bei uns eingetroffen ist. Wir werden uns sogleich mit ihm beschäftigen.
Herzliche Grüße
SUHRKAMP VERLAG7

Das könnte der Auftakt zu einer Erfolgsgeschichte sein, die den Lyriker Enzensberger ins Zentrum rückt: Im Alter von 28 Jahren veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband und erschrieb sich in den nächsten Jahrzehnten den internationalen Ruf eines der wichtigsten deutschen Lyriker.
Die folgenden Ausführungen setzen anders an. Sie gehen nicht von der fertigen Autorfigur aus, sondern fragen nach den Prozessen, die zu ihrer Ausbildung führten. Eine solche Perspektive nimmt nicht zuerst die großen Verlegernamen, sondern die Ränder in den Blick. Nicht der erste Brief des Verlegers an einen Dichter rückt ins Zentrum der Aufmerksamkeit, sondern ein kleines Päckchen mit einem Buch und einer Zeitschrift an einen heute vergessenen Lektor.
An der Sendung lassen sich wichtige literaturbetriebliche Rollen erkennen, die Enzensberger schon damals verkörperte. Zunächst weist der Ort des Absenders (Stuttgart) auf seine damalige Anstellung als Rundfunkassistent von Alfred Andersch und damit auf einen wichtigen Knoten in seinem Netzwerk hin. Die frühe Übersetzertätigkeit zeigt sich in einer der Beilagen, einem „kleinen Band aus dem Verlag Volk und Welt mit Gedichten von Pablo Neruda in Stephan Hermlins deutscher Übertragung und ein Heft von Texte und Zeichen mit Gedichten desselben Autors, übersetzt von mir. Das Heft enthält ferner einen Aufsatz über Neruda von meiner Hand.“8
In seinem Brief schlägt Enzensberger dem Suhrkamp Verlag einen Band mit Pablo Nerudas Lyrik für die Reihe Bibliothek Suhrkamp vor und erläutert die rechtlich komplizierten Umstände seiner Übersetzungsarbeit. Über ein Jahr habe er bereits an den Übersetzungen gearbeitet, bevor sich „ein gewisser Herr Erich Arendt aus Ostberlin meldete“ und ihm seine Arbeit untersagte, weil dieser „der allein autorisierte Übersetzer“ sei. Arendt hatte bereits im Jahr 1950 erste Nerudaübersetzungen in der Zeitschrift Sinn und Form publiziert und in den Jahren darauf mehrere Neruda-Bände vorgelegt.9 Ihm vorangegangen war 1949 Stephan Hermlin mit dem Band Beleidigtes Land.10
Zwischen 1950 und 1960 erschienen in der DDR sechs Gedichtbände des chilenischen Dichters Neruda (eigentlich: Neftalí Ricardo Reyes Basoalto, 1904–1973). Neruda wählte sein Pseudonym in Anlehnung an den sozialkritischen tschechischen Dichter Jan Neruda und gewann schon als fünfzehnjähriger Lyriker einen Literaturpreis. Ab 1920 erschienen Gedichte von ihm in Literaturzeitschriften und Anthologien, 1923 folgte der erste Gedichtband Crepuscurlario (dt. Dämmerung). Neruda begann 1927 eine zweite Karriere als Diplomat, verließ Chile und beheimatete sich nach verschiedenen weltweiten Stationen in Spanien. Unter direkter Einwirkung des Spanischen Bürgerkrieges, den Neruda als chilenischer Konsul in Barcelona und Madrid miterlebte, politisierte sich seine Dichtung zunehmend, sie radikalisierte sich im Ton, wurde tagespolitischer und griff die Faschisten und ihren Führer Franco direkt an. Als Folge dieser Publikationen floh Neruda nach Frankreich, wo er ein weitreichendes antifaschistisches Netzwerk, bestehend aus Künstlern und Intellektuellen, aufbaute, um Spanienkämpfer zu unterstützen. 1938 nach Chile zurückgekehrt, arbeitete er dort als antifaschistischer Publizist. In diese Zeit fällt auch seine Annäherung an die orthodoxe Spielart des Kommunismus: Er verehrte Stalin, schrieb panegyrische Gedichte auf den Führer der Sowjetunion und machte aus dieser problematischen Geschichte auch nach dem Jahr 1956, genauer: dem Parteitag der KPDSU und der berühmten Rede Chruschtschows, nie ein Geheimnis. „Mit Borges wird man das politische Engagement in Nerudas Dichtung, besonders im ,Canto general‘, der ein grosses gesamtamerikanisches Versepos zu sein beansprucht, als Teil des poetischen Materials betrachten, das Neruda mit gewaltiger Gefrässigkeit verarbeitete“,11 so etwas polemisch Leopold Federmair in der Neuen Zürcher Zeitung. Nach Stalin suchte sich Neruda weitere politische Führer als Objekte seiner dichterischen Bewunderung und wurde zunächst in Fidel Castro und dann in Salvador Allende fündig. Bereits 1945 ließ sich Neruda selbst im Wahlkampf als kommunistisches Parteimitglied für den Senat aufstellen und hatte 1969 sogar Ambitionen, chilenischer Präsident zu werden.
Neruda avancierte in der DDR schnell zu einem lateinamerikanischen Klassiker. Fritz Rudolf Fries, späterer Übersetzer und Herausgeber Nerudas in der DDR, führt aus, warum es sehr rasch nach der Gründung der DDR zu einer ersten Ausgabe seiner Gedichte (in Hermlins Übertragung) kam:

In der Zeit, als Neruda populär wurde, fehlte in der sozialistischen Welt ein Dichter wie Majakowski. Majakowski war in den zwanziger Jahren der große Barde gewesen, und für ihn gab es keinen Ersatz. Die deutschen Lyriker der Emigration, die nach dem Krieg in die spätere DDR zurückkamen, die hatten nicht dieses Format. […] Es fehlte eine Integrationsfigur, die die richtige politische Botschaft massenwirksam unters Volk brachte. Dafür hat sich Neruda gut geeignet. Was ihn zum Volksdichter machte, war das Hymnische. Wenn Sie sich eine Aufnahme von ihm anhören – er trug seine Gedichte fast wie ein Priester vor, der das Brot der Dichtung an die Massen verteilt. […] Zuerst standen Nerudas Texte seit dem Spanien-Krieg im Vordergrund, das heißt, das große antifaschistische und proletarische Element, das Neruda im Dienste der sowjetischen Politik weltweit vertreten hat. Es ist folgerichtig, dass die ersten übersetzten Bücher Der Große Gesang, die Elementaren Oden und Die Trauben und der Wind waren.12

Neruda galt in der DDR als kulturpolitischer Vorzeigekommunist, der in poetischer Sprache die ,richtige‘ Sache im ,richtigen‘ Ton vertrat. Aber erst die Übersetzungen des Exilanten, Kommunisten, Nationalpreisträgers und Lyrikers Erich Arendt verschafften seinem Werk auf Deutsch eine breite Rezeption. Arendt verfolgte ein ambitioniertes poetisches Programm. Wie Claus Telge im Anschluss an Karlheinz Barck konstatiert, sei Arendt an Hölderlins Pindar-Übertragungen geschult gewesen und habe versucht, deren Charakteristika in seine Neruda-Übersetzungen zu transformieren. Dazu gehören insbesondere Inversionen wie: „Die Vokale versinken, als Blüten niederfällt das Weinen“.13 Arendts komplexe Übersetzungspoetik im Rückgriff auf Hölderlin/Pindar „adelt“, wie Vejmelka bemerkt, „den Dichter Neruda als dessen Übersetzer […] im deutschen Feld, der international gefeierte Dichter Neruda wiederum adelt Arendt als ,seinen‘ Übersetzer im internationalen Feld“.14
In der Bundesrepublik lag bis dahin kein Band von Neruda vor, und die Rezeptionsgeschichte erwies sich in den folgenden Jahren als verwickelt. Yolanda Broyles stellte noch 1981 fest, „daß sich kein westdeutscher Verlag, trotz Nerudas Popularität, in der Lage sah, irgendein wichtiges Werk – außer den Liebesgedichten – in auch nur annähernder Vollständigkeit zu veröffentlichen. […] Dies steht im Gegensatz z.B. zu den vollständigen Neruda-Veröffentlichungen in der DDR“.15
Tatsächlich versuchte Enzensberger bereits 1955, eine breite Neruda-Rezeption im Westen anzustoßen. Mit seinen Veröffentlichungen in Texte und Zeichen hatte er erstmals Übersetzungen in einem bundesdeutschen Verlag publiziert und seine Sicht auf den „Fall Pablo Neruda“ dargelegt.16 Er verehrte Neruda als ästhetisch-modernistischen Dichter in seinem Verständnis:

Nerudas Dichtung kennt keine Gags und keine Schablonen, auch nicht die einer abgelebten Avantgarde. Sie ist wesentlich eine poésie impure.17

Den Politiker Neruda lehnte Enzensberger jedoch ab, womit er sich auch gegen die Stilisierung des Dichters in der DDR wandte, ohne zu darauf einzugehen, dass Arendt ja gerade ein avanciertes, nicht nur der sozialistischen Doktrin verpflichtetes Programm vertrat.
Enzensberger stieß mit seinem Vorhaben allerdings bald auf rechtliche Hindernisse. An Guggenheimer schrieb er, dass er bislang lediglich einen „kleinen Ausschnitt in Alfred Anderschs Zeitschrift“ publizieren konnte und beklagte „die leidige Monopolisierung von Dichtern durch ihre Übersetzer“. Nun habe Arendt ihm allerdings überraschend eine Publikationsmöglichkeit unter folgenden Bedingungen angeboten:

1. Vertreten sind in der Auswahl Hermlin, Arendt und Enzensberger als Übersetzer. 2. Herausgeber ist Enzensberger, er ist für die Auswahl verantwortlich, auch das Vorwort wird er schreiben. 3. Enzensberger ist ferner ermächtigt, mit Verlegern über das Vorhaben zu verhandeln.
Damit ist eine politische Verzerrung der Publikation ausgeschlossen.18

So klar Enzensberger diese Bedingungen wiedergab, als so kompliziert erwiesen sich in der Folge die Umstände. Im Januar 1957 schickte er „alles, was ich selbst von Neruda übersetzt habe“19 an den Verlag, erhielt aber einige Wochen später eine Absage.
Der Verlag wollte das Projekt zum einen aus rechtlichen Gründen mit Arendt alleine fortführen. Grund für die Ablehnung war aber auch der Umstand, dass Peter Suhrkamp von Enzensbergers Übersetzungen und seinem Essay in Texte und Zeichen nicht überzeugt war.20 Enzensberger bot seine Übersetzungen nach der Ablehnung durch Suhrkamp dem Insel Verlag in Wiesbaden an. Zwar war Insel an seiner Übersetzung interessiert, doch auch diese Publikation kam nicht zustande. Gegenüber dem Merkur-Herausgeber Moras machte Enzensberger deutlich, „daß der ostdeutsche übersetzer nerudas, herr erich arendt, stärkstes mißvergnügen angesichts meiner übersetzertätigkeit empfindet und sie am liebsten verhindern möchte“.21 Enzensberger hatte fälschlicherweise angenommen, das Recht zur Übersetzung von Neruda erhalten zu haben. Sein Irrtum resultierte offenbar daraus, dass er inzwischen von Norwegen aus mit Neruda korrespondierte und Neruda deshalb davon ausging, dass Enzensberger die Texte ins Norwegische übersetzen würde. Die Texte, die im Insel Verlag erscheinen sollten, genehmigte Neruda – nach einer Intervention von Erich Arendt und Stephan Hermlin – nicht.22
Das Scheitern mit diesem Projekt, das sein erstes Buch hätte werden können, fasste Enzensberger gegenüber Moras und Paeschke so zusammen:

in zukunft werde ich jedenfalls klüger sein, da es doch offenbar mehr auf die gerissenheit als aufs talent ankommt: so büßt man mit der zeit seine literarische unschuld ein!23

Nicht Enzensberger, sondern Arendt gelang es, zum bekanntesten Vermittler Nerudas in der Bundesrepublik zu werden. Im Jahr 1960 veröffentlichte der Hamburger Claassen Verlag den Gedichtband Aufenthalt auf Erden.24 Auch in die von ihm selbst herausgegebene Anthologie Museum der modernen Poesie, die im selben Jahr erschien, nahm Enzensberger – wohl aus rechtlichen Gründen – Arendts Übersetzungen auf. Bei Suhrkamp folgte 1963 ein weiterer Neruda-Band in der Reihe Bibliothek Surrkamp25 – ebenfalls in Arendts Übertragung. Von der Kritik wurde die Publikation als Pioniertat gewürdigt. So war im Spiegel zu lesen, dass der Verlag den Band veröffentlicht habe, „um endlich den zu lange ignorierten Poeten ,in allen seinen Entwicklungsstufen, allen seinen verschiedenen Formen und Inhalten‘ vorzustellen“.26 Gleichzeitig macht der Rezensent darauf aufmerksam, dass nicht alles im Band enthalten sei, etwa die „weniger Dichte“ verratenden Zeilen über West-Berlin:

West-Berlin, du bist die Pestbeule auf dem
alten Antlitz von Europa
.
27

Enzensberger hielt dennoch über Jahre an seinem Neruda-Plan fest. So korrespondierte er im November 1961 nochmals mit dem Insel-Verlagsleiter Fritz Arnold und betonte dabei, dass weder Erich Arendt noch die Hamburger Verlegerin Hildegard Claassen den Eindruck erhalten dürften, dass die Initiative von ihm ausginge.28 Schließlich kam es 1968, in einer Hochphase der Agitprop-Literatur, doch noch zu einer Publikation seiner Übersetzungen – jedoch weder bei Insel noch bei Suhrkamp, sondern bei Hoffmann und Campe.29 Christel Buschmann bemerkte in der Zeit, dass die Übertragungen „erhebliche interessante Abweichungen in der Interpretation“ zeigten, nachdem sich eine zuvor bei Luchterhand erschienene Ausgabe durch „kundige[s] Aussparen provokativ sozialistischer Verse“ ausgezeichnet habe. Enzensbergers Ausgabe sei zweisprachig und damit „kontrollierbar“.30 Der Übersetzer Enzensberger erscheint damit, in zeittypischer Manier, geradezu als Aufklärer, der einen neuen Blick auf Neruda eröffnet – ein Motiv, das sich in seiner weiteren Übersetzer- und Herausgebertätigkeit immer wieder findet.
Erst dreißig Jahre nach seinem Päckchen an Guggenheimer, 1986, erschienen Enzensbergers Übertragungen schließlich auch in der Bibliothek Suhrkamp – eine Publikation, die dann nicht mehr provozieren konnte, sondern Neruda und Enzensberger als moderne Klassiker zeigte.31

Tobias Amslinger: Verlagsautorschaft – Enzensberger und Suhrkamp, Wallstein Verlag, 2018

 

Weiterer Beitrag zu diesem Buch:

Christel Buschmann: Kritik in Kürze
Die Zeit, 15.8.1969

 

Einiges über Neruda 

Es ist gut, sich zu gewissen Stunden des Tages oder der Nacht in den Anblick der unbewegten Dinge zu versenken: der Räder, die große Lasten von Früchten oder Gestein über weite, staubige Strecken befördert haben, der Säcke in den Kohlenhandlungen, der Fässer, der Körbe, der Hefte und Griffe am Werkzeug des Zimmermanns. Sie können dem gefolterten Dichter zur Lehre dienen. Die Erde und die Hand des Menschen haben auf ihnen ihre Spur hinterlassen, er braucht sie nur abzulesen. Die abgenutzten, abgegriffenen Oberflächen solcher Gegenstände sind mit einer Aura umgeben, die oft etwas Tragisches hat und immer das Herz ergreift. Wer sie nicht geringschätzt, wer sich ihrem Schwerefeld ergibt, nähert sich der Wirklichkeit dieser Welt.

Diese programmatischen Sätze stammen von Néftali Reyes Basualto, der sich nach einem halbvergessenen tschechischen Autor Neruda nennt. Sie sind sicher kein Generalschlüssel für ein Werk, das über dreißig Gedichtbände umfaßt. Aber man kann sich mit ihrer Hilfe Aufschluß verschaffen über jene schöpferische Epoche, die sich allmählich als Nerudas bedeutendste herausstellt: die Jahre zwischen 1925 und 1935. Damals entstanden die beiden Bände der Residencia en la tierra. In sechsundfünfzig Gedichten verwirklichte Pablo Neruda seine Vorstellungen von einer Poesie, die er in seinen Forderungen als Poesie „ohne Reinheit“ bezeichnet hatte. Er entdeckt die Relevanz bis dahin als unbrauchbar für Gedichte verschrieener Dinge und überzeugt uns von ihrer Tauglichkeit. Es sind die alltäglichen, durch Benutzung verschlissenen, eben prosaischen Dinge. Die Marmelade, das Gebiß, der Schlafanzug, der Schnürsenkel, die Sellerie, die Beine eines Dichters – oder einfach die Substanzen: Holz, Fett, Asche, Wein, Sauerstoff. Ihre Gravitation wirkt so stark, daß der Sprache keine andere Wahl bleibt, als ihr Trabant zu werden, sie muß sie umkreisen.
Das Geheimnis der Dinge – ein alter Hut, gewiß. Aber für Neruda ist gerade ein alter Hut etwas höchst Bewundernswertes. Wenn wir uns getäuscht haben, wenn die toten Dinge gar nicht tot sind, könnte es dann nicht sein, daß wir das Wort Tod überhaupt falsch anwenden? Wie Klarheit schaffen? Neruda scheint der Ansicht, man müsse jede Faser der Materie untersuchen, in ihr Innerstes eindringen, ruchlos, furchtlos:

Poren, Masern, Kreislauf der süßen Säfte,
Schwere, schweigende Temperatur,
Pfeile in deiner gefällten Seele,
Schläfer in deines Mundes Dickicht,
Staub von süßem verzehrtem Mark,
Asche voll erloschener Seelen,
kommt zu mir, in meinen maßlosen Schlaf,
laßt euch fallen in meine Nische,
in die die Nacht fällt und fällt
unaufhörlich wie verschüttetes Wasser,
und ergreift mich mit euerem Leben und Tod,
mit euern unterworfenen Stoffen,
mit euern toten Niemandstauben,
und laßt uns Feuer machen, und schweigen,
und Schall, und brennen, und Glocken. 

Dies erfährt der Dichter, wenn er sich in das „Herz des Holzes“ Eingang verschafft. Fiel nicht eben das Wort „maßlos“? Ein Stichwort für denjenigen, der die Gedichte erklären will. Maßlos ist Nerudas Kraft, in Worten zu wühlen, Worte aneinanderzuketten, sie zu Sätzen, Bedeutungsfiguren, Feuerglocken der Wahrheit zu verschweißen, maßlos seine Solidarität, sein Ingrimm, maßlos seine Suche nach etwas, das uns stillt. Kein Wunder, daß diese Dichtung monoton sein kann, aber monoton wie Ozeane, wie die Zeit. Der europäische Begriff für Neruda wäre: barock. Gehören zum Beispiel seine feierlichen oder wütenden Aufzählungen nicht zu den Kunstgriffen der Barockpoesie? Ist seine Unersättlichkeit nicht ebenso typisch? Fällt uns nicht Góngora ein, wenn wir Neruda lesen? Aber die Maße unseres Kontinents taugen wenig für die Arbeit des Mannes aus Chile. Seine Natur geht über unsere Begriffe. Seine Wortgewalt hat etwas Indianisches: 

Wohin ist das neugeborene Veilchen?
Wohin der Schlips und der rote unschuldige Zephir?
über die Ortschaften fährt
eine modrige Zunge hin,
zerscheuert Ringe, nagt an der Tünche,
reizt die schwarzen Stühle zu stummem Geheul,
deckt die Stuckblumen zu, die Balustraden

aus zerfreßnem Metall,
die Wolle, die Gärtnereien, die Vergrößerungen brennender Fotos,
verletzt vom Regen, die durstigen Liebesnester, und die großen
Kinoplakate, auf denen der Donner
mit der Raubkatze ringt,
die Lanzen der Geranien, die Speisekammern voll verdorbenem Honig,
den Husten, die Kleider aus schimmerndem Stoff,
alles bedeckt ein Todesgeruch,
der schmeckt nach Zurück, nach Verwundung und Nässe.
 

Die Dinge, deren Leben auszurufen Neruda nicht müde wird, müssen bei ihm ununterbrochen um ihr Leben kämpfen. Diese von täglicher Benutzung unreinen Objekte drohen kaputtzugehen, sich aufzulösen, zu verflüchtigen. Der Dichter ist ein Augenzeuge ihres Widerstands. Gerade durch ihre Fadenscheinigkeit bekommen sie in seinen Augen Schönheit. Es ist nicht die phosphoreszierende Schönheit der Fäulnis, die Baudelaire in seinem Nachtasyl Paris aufstöbert. Auch nicht die von Brecht gepriesene Patina altgewordener Gebrauchsgegenstände. Bei Neruda sind die Dinge schön, weil sie mit ihrem Untergang den unsrigen aufzuhalten versuchen.
Obgleich seine Gedichte mit dem Stoff der Welt schwer beladen sind, haben wir es keineswegs mit sogenannten Dinggedichten zu tun. Primär kommen die menschlichen Leidenschaften zur Sprache: Empörung, Mitleid, Sehnsucht, Zeugungslust. Aber auch die Reaktionen auf unsere Sterblichkeit: Unruhe, Haß, Gelächter, Melancholie. Elementarpoesie also, dichterische Rede von dem Unbezähmbaren der menschlichen Natur. Wenn die Vorstellungen der Texttüftler, die sich heute als Vorhut bezeichnen, zu Recht bestünden, müßte eine solche Poesie hoffnungslos abgeschlagen hinter einer Staubwolke verschwinden. Doch Neruda belehrt uns eines Besseren. An der Vitalität seiner Gedichte gemessen, erscheint das zur Zeit Quickste lahm. Vor einer so urkräftigen Beschaffenheit verblaßt alles Modische. Wer diese Brocken kaut, verliert den Geschmack an synthetischen Bonbons.
Wieder einmal erweist es sich, daß das Originäre keine Sprachverrenkungen nötig hat, sondern auf der Frische der Phantasie beruht, der Einmaligkeit der Vision. Sicher, Neruda ist bei den Surrealisten in die Schule gegangen, hat die Vorläufer der modernen Lyrik durchaus studiert, zum Beispiel den genialen Whitman, dessen Bedeutung heute weitgehend unterschätzt wird – aber sie alle dienten ihm eigentlich nur dazu, sich die eigenen Fähigkeiten noch bewußter zu machen, die eigenen Mittel noch sicherer anzuwenden. Seine Assoziationstechnik ist unnachahmlich. In einem Atemzug ruft er die entferntesten Gegenstände herauf: Tauben, Radiergebrösel, Wochen, Löschblätter, Aas – vereinigt Unvereinbares: Füße, Taschenuhren, eine Lokomotive aus sterbender Seife, einen sauren Himmel aus nassem Metall, einen gelben Fluß aus verschüttetem Lächeln. Ja, er liebt das Seltsame, doch nicht um des manieristischen Effektes willen, sondern weil es etwas von der Überraschung provoziert, die uns sonst nur überfällt, wenn es uns gelingt, die Welt einmal außerhalb der Konventionen des Sehens blitzartig zu erfassen.
Sämtliche Gedichte der Residencia sind in freien Versen geschrieben. Ein grandioser Rhythmus hält sie in Fluß. Die Zeilen vibrieren. Trotz der Speicherung von Substantiven, die den Wortlaut an allen Punkten eindeutig beherrschen, hat Nerudas Lyrik kaum etwas Statisches. Mit einer Handvoll leidenschaftlicher Verben bringt der Dichter das Kunststück fertig, die schwerflüssige Lava seiner Sprache nirgends erstarren und erkalten zu lassen. Auch sein wilder Humor duldet keine Windstille in sich ruhender, sich selbst genießender Schönheit. So heißt es einmal in „Walking around“: 

Freilich wäre es köstlich,
mit gezückter Lilie einen Notar zu erschrecken
oder mit einem Schlag meines Ohres eine Nonne zu töten.
Es wäre herrlich,
mit einem grünen Messer durch die Straßen zu laufen
und bis zum Erfrieren die Luft mit Schreien zu füllen. 

Selten sind Nerudas Verse so offenherzig. Meist herrscht in ihnen ein Helldunkel wie zur Zeit der Morgendämmerung. Wer sie übersetzen will, kann sich mitunter nur blind vorwärts tasten, ist einzig auf seinen poetischen Spürsinn angewiesen. Hans Magnus Enzensberger hat unter dem Titel Poésie impure ungefähr die Hälfte der Residencia-Gedichte übertragen. Wenn auch die glänzende „Liturgie meiner Beine“ oder das „Statut des Weins“ fehlt, so läßt sich doch sagen, daß Enzensbergers Auswahl das Wesentlichste enthält. Neben den Arbeiten Erich Arendts, unseres „offiziellen“ Neruda-Übersetzers, können sich die Enzensbergerschen sehr wohl sehen lassen. Ja, sie sind manchmal sogar genauer, rhythmisch sicherer, syntaktisch geschmeidiger, das heißt, sie sind die besseren deutschen Gedichte. „Walking around“ beginnt bei Arendt folgendermaßen: 

Es kommt vor, daß ich müde bin, Mensch zu sein.
Es kommt vor, daß ich in die Schneiderstuben, in die Kinos gehe,
schlapp und undurchdringlich wie ein Schwan aus Filz,
der in einem Gewässer aus Ursprung und Asche schwimmt. 

In Enzensbergers Version klingt es so: 

Mit einemmal bin ich es müde, ein Mensch zu sein.
Mit einemmal trete ich in die Schneidereien und Kinos,
undurchdringlich und welk wie ein Schwan aus Filz,
der hintreibt auf einem Wasser von Ursprung und Asche. 

Beispiele dieser Art ließen sich häufen. Ebensogut freilich könnte ich auch auf Textstellen verweisen, an denen das Glück des Findens oder Erfindens unbedingt auf Erich Arendts Seite steht. Arendt hat nicht diesen Hang zum Erlesenen, sagt wörtlich „die jungen Homosexuellen“, wo wir bei Enzensberger „die jungen Päderasten“ lesen. Bei ihm heißt es einfach „Fohlen“, bei Enzensberger „Füllen“. „Weibliche Brüste, die wie Augen glänzen“ ziehe ich der Formulierung „Frauenbrüste glänzen wie Augen“ vor. Arendts Version „Du wogst, wenn ich dich anrühre, wie ein Strom“ ist richtiger und auch prägnanter als „Und wenn ich dich anrühre, wirfst du Wellen, als wärst du ein Fluß“. Ebenso geht es mir mit der Arendtschen Fassung „Ein Geräusch von gestreichelten Seidenstrümpfen“, die bei Enzensberger gefühlig lautet: „… knistern Seidenstrümpfe unter zarter Berührung.“ Wie gesagt, im ganzen ist Arendt manchmal unbeholfen, aber dieser sprödere, ungeglättete Wortlaut hat gerade bei Neruda auch wieder sein Gutes, wirkt streckenweise beinahe „moderner“, zumal er nicht soviel deutsche Sprachtradition anklingen läßt. Verständlich auch, daß der formale Ehrgeiz bei einer Begabung vom Schlage Enzensbergers größer ist. Schon bei den Gedichtüberschriften geht es an: Aus dem schlichten Titel „Gesang“ macht Enzensberger „Zone des Feuers“. Was bei Erich Arendt „Zugang zum Holz“ heißt, klingt bei Enzensberger leicht geschmäcklerisch „Reise in das Herz des Holzes“. Man sieht, für derartige Unterscheidungen braucht man nicht immer die Goldwaage, aber es muß Silbenstecherei betrieben werden.
Gegen Ende seines Nachworts – einem Auszug aus dem großen Neruda-Essay des Bandes Einzelheiten – meint Enzensberger, er sei bei seiner Auswahl vor allem von jenen Gedichten des Chilenen ausgegangen, an denen er selber am meisten gelernt und gewonnen habe; „kein geringfügiges Motiv für einen, der Gedichte schreibt, und die aufrichtigste Art, einem Autor zu danken, ohne den man sich die eigene Arbeit nicht denken könnte.“ Ein später Dank. Er gilt dem neben Rafael Alberti bedeutendsten Dichter unter denen, die heute Spanisch schreiben. 

Heinz Piontek, aus Heinz Piontek: Männer die Gedichte machen, Hoffmann und Campe Verlag, 1970

Lyrik

Das Werk des Lyrikers Pablo Neruda – Hans Magnus Enzensberger nennt den Chilenen die mächtigste Stimme der lateinamerikanischen Poesie seit dem Tode von César Vallejo – wird auch in Deutschland in den letzten Jahren zunehmend bekannt. Nach verschiedenen Einzelpublikationen, die in der Mehrzahl in der DDR erschienen waren, hatte Nerudas Uebersetzer Erich Arendt im vergangenen Herbst zwei umfangreiche, prachtvolle Bände mit einer repräsentativen Auswahl aus den zwischen 1919 und 1965 veröffentlichten Dichtungen Nerudas vorgelegt. Und in diesem Herbst folgt eine – allerdings weitaus schmalere, dafür aber zweisprachige – Auswahl, die Hans Magnus Enzensberger für die Reihe Cabinet der Lyrik im Verlag Hoffmann und Campe (Hamburg) ediert und übertragen hat.
Die von Enzensberger präsentierten Texte stammen aus Nerudas Frühwerk, sie gehören zu der zwischen 1925 und 1931 geschriebenen Sammlung Residencia en la Terra (Aufenthalt auf Erden). Diese Auswahl aus einem riesigen, mehr als dreissig Versbände umfassenden Lebenswerk erklärt der Herausgeber zunächst mit einem privaten Motiv: dies seien eben jene Gedichte, von denen er als Lyriker am meisten gelernt habe. Zudem aber meint Enzensberger – der übrigens vor Jahren in seinem Essay „Der Fall Pablo Neruda“ dem Vorgang der politischen „Selbstverstümmelung“ dieses Dichters nachgegangen ist –, in den beiden Bänden der Residencia en la Tierra seien schon all jene Widersprüche angelegt und aufgehoben, die für das spätere Œuvre Nerudas so kennzeichnend sind.
Enzensberger hat seiner Auswahl den treffenden Titel Poésie impure gegeben (spanisch: poesia sin pureza). Poésie impure – das ist doch nicht (wie im späteren Werk Nerudas) die Hinwendung zur politischen poésie engagée, aber doch schon eine deutliche Absage an die poésie pure, an die „reine Dichtung“ im übertragenen wie im wortwörtlichen Sinne. Enzensberger macht darauf aufmerksam, wie häufig in Nerudas Frühwerk von „el roto“, vom Schmutz die Rede ist. Doch er erklärt:

… das Schmutzige und Kaputte sucht diese Dichtung nicht als Hauptgoût, als jenen ästhetischen Reiz auf, den Baudelaire für die Moderne entdeckt hat. Es gilt ihr als das sichtbarste Zeichen der menschlichen Verfassung überhaupt, nicht nur der gesellschaftlichen. Die Zeit, der Schmerz und der Tod sind nur Modifikationen und allgemeine Erscheinungsformen der Verunreinigung und des Verschleisses, von dem alles Existierende heimgesucht wird, ja das vielleicht die Substanz der Welt selber ist.

Nerudas Dichtung ist, das wird auch noch in diesen Uebertragungen spürbar, eine gewaltige, elementare Poesie, eine Lyrik mit heissem Atem, leidenschaftlich bewegt. Da ist nichts zu spüren von klassizistischer Ausgewogenheit, nichts von romanischer Formstrenge; weitausgreifend umspannen diese Verse das gesamte Universum menschlicher Existenz, vom Höchsten bis zum Banalen, Alltäglichen. Diese Poesie ist in ständiger Unruhe, sie ergiesst sich wie ein feuriger Lavastrom, glühend von Zorn und Liebe, Leidenschaft und unbändigem Hass. Diese Dichtung die sich mehr an den direkt aufnehmenden Hörer als an den distanzierten Leser wendet – strahlt die Schönheit des Lebendigen aus. Es ist, mit Nerudas Worten, eine „elementare und unausweichliche Poesie. Wer sich vor dem Geschmacklosen fürchtet, den holt der Frost.“

Am besten lässt sich solche Dichtung mit den Worten charakterisieren, die Pablo Neruda 1935 geschrieben hat:

So soll die Dichtung aussehen, die wir suchen: verwüstet von der Mühe der Hände wie von einer Säure, vom Schweiss und vom Rauch durchdrungen, eine Dichtung, die nach Urin und nach weissen Lilien riecht, eine Dichtung, in der eine jede Verrichtung des Menschen, erlaubt oder verboten, ihre Spuren hinterlassen hat. Eine Dichtung, unrein wie ein Anzug, wie ein Körper, von Speisen befleckt, eine Dichtung, die Handlungen der Scham und der Schande kennt, Träume, Beobachtungen, Runzeln, schlaflose Nächte, Ahnungen; Ausbrüche des Hasses und der Liebe; Tiere,  Idyllen, Erschütterungen; Verneinungen, Ideologien, Behauptungen, Zweifel, Steuerbescheide.

J. P. Wallmann, Die Tat, 23.11.1968

Andere Musen, andere Gegenden 

Der glorreiche Autor der Zwanzig Liebesgedichte verlässt Chile, um die Welt zu erobern. Das Außenministerium schickt ihn als Konsul in eine entlegene asiatische Stadt, wo der Dichter offenkundig nichts weiter zu tun haben wird, als die Sonne morgens auf- und abends untergehen zu sehen. Es ist nicht die fieberhafte Zeit der Freihandelsabkommen, wie dem mit Korea, das Chile 2004 unterzeichnet hat, und auch nicht das Land des sozialistischen Präsidenten Salvador Allende, der Neruda zum Botschafter ernennen wird, allerdings in Paris.
Von Nerudas Liebesbeziehungen während dieser Zeit weiß man aus drei Quellen: einigen brillanten Gedichten des jungen Mannes aus dem Süden, seinen autobiografischen Werken Ich bekenne, ich habe gelebt und Um geboren zu werden. Sie entfesselten Fantasien in Hunderten von emsigen Biografen, die aus unbelegbaren Affären schließlich ganze Romane spannen.
Es gibt eine Frau, mit der Neruda jahrelang zusammenlebte, die in seiner Lyrik oder seinen Lebenserinnerungen jedoch kaum Erwähnung findet. So groß ist die Distanz, die er zu ihr wahrt, dass wir nur durch eine andere Schriftstellerin, die kürzlich verstorbene Margarita Aguirre, von ihr erfahren haben. Es handelte sich um eine Dame holländischer Herkunft, Maria Antonieta Hagenaar, die er im Dezember 1930 im damaligen Batavia heiratete und mit der er 1932 nach Chile zurückkehrte. Das lapidare Urteil der Schriftstellerkollegin:

Sie kann kein Spanisch und fängt an, es zu lernen. Aber offenbar ist die Sprache nicht das Einzige, was sie nicht lernt.

Neruda seinerseits bezieht sich nur in einer einzigen Verszeile auf sie, nicht weniger rüde: Warum nur habe ich in Batavia geheiratet?
Mit ihr hatte er seine einzige Tochter, die schon im Kindesalter an einer angeborenen Missbildung starb. 2004, zu Don Pablos hundertstem Geburtstag, hat man begonnen, einige dieser geheimnisvollen Aspekte seines Lebens aufzuarbeiten. Fünf chilenische Dramatiker schreiben Theaterstücke, darunter Flavia Radrigán, die einer Pressemitteilung zufolge die Beziehung zu dieser Ehefrau und der Tochter kritisch hinterfragen will.
Viel lässt sich nicht sagen über diese Verbindung, die bisher nachsichtig vom Mantel des Schweigens bedeckt blieb. Aber es gibt ein anderes Liebesabenteuer aus der Zeit in Asien, an dem sich die Fantasie entzündete und Neruda-Kenner und -Leser sehr wohl ihre Zunge wetzten. Nutznießer oder Opfer, wie immer man es sehen mag, widmete Neruda der fraglichen Dame ein großartiges Gedicht von derart wahrhaftiger Gefühlsintensität, dass es vielen das liebste ist. Die erotische Heldin hieß Josie Bliss und das Werk „Tango des Witwers“.
Diese sinnliche, mysteriöse Geliebte bedrängte den Lyriker mit solcher Eifersucht, dass sie messerschwingend um das Bett herumschlich, in dem der Dichter zu schlafen versuchte, und ihn umbringen wollte.
Neruda musste sich entscheiden zwischen dem sexuellen Rausch, der ihn an sie fesselte, und dem nackten Leben. Und als es ihn dank seiner Diplomatentätigkeit eines schönen Tages an einen anderen Ort verschlug, verschwand er, ohne auch nur die Koffer zu packen. Diese glückliche Fügung rettete ihm zwar die Haut, steigerte jedoch seine Sehnsucht nach ihr, die er im „Tango des Witwers“ in leidenschaftlichen Bildern beschwor, wie sie bei keinem anderen Dichter seiner Zeit zu finden sind: 

Ich gäbe gern das Wehen dieses gewaltigen Meeres her
für deinen hastigen Atem,
in langen Nächten vernommen, frei von Vergessen,
der sich der Luft verhaftet wie die Peitsche dem Fell des Pferdes.
Und um dich harnen zu hören in der Dunkelheit hinten im Haus,
als würde ein dünner zitternder hartschlägiger silberner Honig verschüttet,
wie viel Mal würde ich diesen Schattenchor hergeben, der mir angehört.

Die beharrliche Muse, die der Chilene als eine Art „birmanische Raubkatze“ bezeichnete, spukt seither durch die Köpfe von Cineasten und Malern, die in dieser exotischen Beziehung eine Variante von Marguerite Duras’ Der Liebhaber witterten.
Doch die Flucht hat ein Nachspiel. Neruda lässt sich als Konsul in Colombo, Ceylon, nieder. Eine Zeit lang wähnt er sich in Sicherheit, bis ins Haus gegenüber mit einem Mal Josie Bliss einzieht. Trotz der ungeheuren Entfernung zu ihrem Heimatland hat sie nicht gezögert, ein Schiff zu besteigen, um bei ihrem Geliebten zu sein. Ihr Kampfgeist hat sich nicht gelegt. Eines Abends attackiert sie mit ihrem berühmten Messer ein Mädchen, das den Dichter besuchen will, sie beschimpft und beleidigt alle, die das Konsulat betreten oder sich auch nur in seiner Nähe aufhalten, und droht, Neruda das Haus über dem Kopf anzuzünden.
Neruda sagt resigniert:

Sie war eine zärtliche Terroristin.

Mit großer Mühe kann er sie schließlich zur Rückkehr nach Birma bewegen.
Nerudas Diplomatenlaufbahn führt ihn von Asien nach Barcelona und Madrid. Vermutlich 1933, noch während seiner Ehe mit María Antonieta, lernt er bei Rafael Alberti eines Abends Delia del Carril kennen.
Delia stammte aus einer steinreichen Familie argentinischer Großgrundbesitzer, verfügte über jahrelange Erfahrung auf dem internationalen Parkett, besaß einen feinen politischen Spürsinn und kannte Das kommunistische Manifest fast auswendig. Wie sie ihrem Biografen Fernando Sáez erzählte, begegnete sie Neruda zum ersten Mal in der Cervecería Correos, einem Madrider Bierlokal.

Er legte mir den Arm uni die Schultern, und so blieben wir sitzen.

Sie kannte eine Menge Leute, war schön und intelligent, während er in kleinen illustren Kreisen zwar viel Anklang fand, sein Werk jedoch nicht den Erfolg hatte, der ihm zustand.
Alle in der wortgewaltigen Freundesclique, zu der insbesondere auch Federico García Lorca zählte, glaubten, zwischen den beiden bestehe nur eine wunderschöne Freundschaft. Bis einer treuen Neruda-Freundin auffiel, dass das Paar nach durchzechten Nächten immer gemeinsam frühstückte.
Aufgrund eines bedeutsamen Details könnte in der munteren Gruppe allerdings frühzeitig der Verdacht aufgekommen sein, dass die neue Liebe früher oder später zum Scheitern verurteilt sein würde: Die Malerin Delia del Carril war exakt zwanzig Jahre älter als Pablo. In den politisch entscheidenden Momenten war sie jedoch die ideale Gefährtin für ihn: Sie unterstützte den Schriftsteller bei der Rettung spanischer Republikaner, denen er zur Ausreise nach Chile verhalf, sie führte ihn ein in ihre Welt der Beziehungen, und später, in Chile, verband sie ihre künstlerische Tätigkeit (insbesondere das Malen von Pferdebildern) mit der politischen Arbeit ihres mittlerweile Ehemannes.
Neruda bringt es bis in den Senat der Republik. Aus dieser Position heraus beschimpft er den Präsidenten, den er einen Verräter nennt, und muss sich mit einer abenteuerlichen Flucht auf einem Maultier über die Berge ins Exil retten.
Diese Verfolgungsjagd wird einschneidende Folgen für das Liebesleben des Dichters haben. Schon vorher hat er sehr intensive Kontakte zu einer Rothaarigen namens Matilde Urrutia gepflegt, die in Delias und Pablos Haus in der Calle Lynch in Santiago sogar als Krankenschwester tätig war, als Neruda nach einem Autounfall das Bett hüten musste.
Das Schicksal führt den Dichter nun nach Capri, wo er seine Exilzeit verbringt und mit Matilde eine heimliche heiße Liebesbeziehung lebt. Dieser Umstand kam mir sehr zustatten, da er der Kinoversion meines Buches Mit brennender Geduld, dem Film Der Postmann, einen höchst realistischen Anstrich verleiht. Der Roman spielt in Chile, zwischen 1969 und 1973, und endet mit dem Tod Nerudas und dem Untergang der chilenischen Demokratie. Doch sowohl der Schauspieler Massimo Troisi als auch der englische Regisseur Michael Radford wollten die Geschichte nach Italien verlegen. Dafür gab es triftige Gründe: vor allem die vertraute Umgebung, das Angebot des großen Produzenten Cecchi Gori, in das Projekt einzusteigen, und die absolute Notwendigkeit, dass Massimo mit seinem neapolitanischen Charme in der Rolle des Briefträgers überzeugte.
Troisi war damals bereits ein berühmter Schauspieler und in Italien als niveauvoller Komiker hoch verehrt. Er und Roberto Benigni, mit dem er viel zusammenarbeitete, waren unfehlbare Kassenmagneten. Dennoch hatte Troisi die Komödien satt. Er hoffte auf eine poetische Rolle mit mehr Substanz, die ihn international bekannt machen würde. Benigni hatte sich schon erfolgreich in den Vereinigten Staaten versucht, unter anderem mit dem Regisseur Jim Jarmusch, und Troisi hätte gern den gleichen Weg eingeschlagen. Doch sein prekärer Gesundheitszustand und das Ausbleiben der richtigen Rolle hielten ihn als „das neapolitanische Phänomen“ in seiner Heimat fest.
Leser und Zuschauer in vielen Ländern haben mich immer wieder voller Neugierde gefragt, wie aus meiner durch und durch chilenischen Geschichte ein italienischer Film werden konnte, der weltweit als solcher empfunden wird.
Es ist mir etwas peinlich, denn dazu gibt es gar nichts Spektakuläres zu sagen, und die Wahrheit ist ganz schlicht (so einfach, dass es mir heute wie eine Verschwörung der Engel vorkommt):
Der Verlag Garzanti bringt mein Buch in italienischer Übersetzung heraus. Der Schauspieler Troisi betritt eine Buchhandlung und greift es aufs Geratewohl aus dem Regal. Er blättert es durch. Er liest die erste Seite, die zweite und die dritte. Dann kauft er das Buch.
Am selben Nachmittag hat er es ausgelesen. Abends ruft er den Produzenten an und bittet ihn, fleht ihn an, sofort die Filmrechte zu kaufen. Kurz darauf klingelt das Telefon der literarischen Agentur Carmen Balcells, und der Rest ist Geschichte. Troisi spielt den Briefträger großartig und sollte die erträumte internationale Aufmerksamkeit und Anerkennung erreichen, doch die Ironie des Schicksals will, dass ihm sein tapferes krankes Herz den Dienst versagt und Troisi an seinem letzten Drehtag stirbt.
Als Regisseur Radford bemerkte, wie schwach sich Troisi fühlte, schlug er vor, eine Drehpause einzulegen, und beschwor ihn:

Kein Film ist ein Leben wert.

Der Komiker winkte fröhlich ab:

Wir machen einen Film, damit unsere Kinder stolz auf uns sind, oder etwa nicht?

Für das Drehbuch zu einer Geschichte, die sich im Grunde um die Macht der Poesie über Freundschaft und Liebe dreht, ist die leidenschaftliche Romanze Nerudas mit Matilde auf Capri wie geschaffen. Dieser ganze Italienaufenthalt ist von Liebe durchflutet. Matilde ist die Muse, von der „Die Verse des Kapitäns“ inspiriert sind. Mit freudigen Hyperbeln feiert Neruda ihre wilde rote Mähne:

Andere Liebhaber leben für ein bestimmtes Paar Augen, ich will nur dein Friseur sein.

Aber Vorsicht, es gibt da noch eine Kleinigkeit: Der Barde ist nach wie vor mit Delia del Carril verheiratet, die in Chile auf ihn wartet. Für sie wäre das in Italien verfasste überschwängliche Werk ein Schlag ins Gesicht. Und so besaß er die Galanterie, das Buch nicht unter seinem Namen, sondern unter einem ebenso einfältigen wie unwirksamen „Pseudonym“ zu veröffentlichen: Anonym.
Zwei Monate später besprach die hispanoamerikanische Presse lobend das neueste Werk von… Pablo Neruda. Sein Versuch, Delia nicht zu verletzen, war fehlgeschlagen. Wenngleich das gesamte Buch die Energie der in Capri gereiften Liebesbeziehung besingt, beweist doch erst die Coda, dass es daraus kein Zurück mehr gibt. Voll Eitelkeit, obschon nicht ganz zu Unrecht, mutmaßt der Verliebte in Briefe von unterwegs:

Vielleicht kommt irgendwann der Tag, an dem ein Mann und eine Frau,
genau wie wir, diese Liebe berühren und sie noch immer die Kraft hat,
die Hände zu verbrennen, die sie berühren.

Es war also vorauszusehen, dass es beim Wiedersehen aller Akteure dieses Dramas in Chile zum Eklat kommen würde. Delia hatte viele Jahre zuvor für Pablo die Keimzelle seines heute weltbekannten Hauses in Isla Negra gekauft, wo ein Teil der Trophäen des Dichters aufbewahrt wird, unter anderem auch der Nobelpreis. Nun ließ Neruda am Fuß des Hügels San Cristobal mitten in Santiago in der Nähe des Zoologischen Gartens für Matilde ein Haus bauen. Der Dichter tauft das neue Haus auf den Namen La Chascona. Er versucht nicht einmal, das Offensichtliche zu verschleiern, denn chasca ist ein in Chile sehr gängiger Begriff aus dem Quechua und bedeutet „Wuschelkopf“. Neruda verrät sich nicht durch ein Haar in der Suppe, sondern gleich durch einen ganzen Schopf.
Die Trennung von Delia wird schwierig und, als das ganze Lügengeflecht schließlich auffliegt, sehr bitter. Neruda respektiert und würdigt die mit der Argentinierin verlebte Zeit, doch seine Leidenschaft für die Rothaarige ist übermächtig. Fortan und bis zu seinem Tod im September 1973 ist Matilde Nerudas Geliebte und Ehefrau, die die Ekstase des Ruhms mit ihm teilt und mit anklagendem Stoizismus die Trümmer ihres Hauses zusammenkehrt, als es von den Banden Pinochets nach dem Militärputsch zerstört wird.
Don Pablos enormes Prestige und das tragische Geschehen am Ende seines Lebens machen den Dichter zu einem Symbol für das untergegangene Chile. Matilde scheut die Herausforderung nicht, sondern beweist, dass Neruda ihr als seiner einzigen, vielfältigen, tatkräftigen Muse die Loblieder der Hundert Liebessonette zu Recht singt.
Die Witwe bleibt politisch aktiv und gründet zudem die Stiftung Pablo Neruda, die heute ihren Sitz in dem wunderschönen Haus La Chascona hat. Mit der Rückkehr Chiles zur Demokratie wird Neruda endlich aus seinem anonymen Grab auf dem Hauptfriedhof von Santiago geholt, wo er unter der strengen Bewachung der Putschistengewehre bestattet worden war, und sein Sarg zum Haus an der Küste, nach Isla Negra, überführt.
Dort am Pazifischen Ozean liegt Matilde neben Pablo begraben. Süchtige nach Poesie und Liebe pilgern tagtäglich zu Hunderten zu diesem Ort, um ihrem Einverständnis mit Leben und Werk des vielleicht populärsten Dichters des 20. Jahrhunderts aus tiefstem Herzen Ausdruck zu verleihen.

Antonio Skármeta, aus Antonio Skármeta: Mein Freund Neruda, Piper Verlag, 2011

Hans Magnus Enzensberger: Überlebenskünstler Pablo Neruda

Ugné Karvelis: Ein Tag auf der Isla Negra, Sinn und Form, Heft 5, 1974

 

PABLO NERUDA

Kennt ihr Pablo Neruda
den Freund

Kennt ihr Pablo Neruda den
Dichter der Wunder
Jedes Ding jeder Mensch
ein Wunder

Man sagt er starb
glaubt es nicht

Kennt ihr den unsterblichen Dichter
Pablo Neruda

Rose Ausländer

 

 

Zum 60. Geburtstag des Herausgebers:

Eckhard Ullrich: Von unserem Umgang mit Andersdenkenden
Neue Zeit, 11.11.1989

Zum 70. Geburtstag des Herausgebers:

Frank Schirrmacher: Eine Legende, ihr Neidhammel!
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.11.1999

Hans-Ulrich Treichel: Startigel und Zieligel
Frankfurter Rundschau, 6.11.1999

Peter von Becker: Der Blick der Katze
Der Tagesspiegel, 11.11.1999

Ralph Dutli: Bestimmt nicht in der Badehose
Die Weltwoche, 11.11.1999

Joachim Kaiser: Übermut und Überschuss
Süddeutsche Zeitung, 11.11.1999

Jörg Lau: Windhund mit Orden
Die Zeit, 11.11.1999

Thomas E. Schmidt: Mehrdeutig aus Lust und Überzeugung
Die Welt, 11.11.1999

Fritz Göttler: homo faber der Sprache
Süddeutsche Zeitung, 12.11.1999

Erhard Schütz: Meine Weisheit ist eine Binse
der Freitag, 12.11.1999

Sebastian Kiefer: 70 Jahre Hans Magnus Enzensberger. Eine Nachlese
Deutsche Bücher, Heft 1, 2000

Zum 75. Geburtstag des Herausgebers:

Hans-Jürgen Heise: HME, ein Profi des Scharfsinns
die horen, Heft 216, 4. Quartal 2004

Werner Bartens: Der ständige Versuch der Alphabetisierung
Badische Zeitung, 11.11.2004

Frank Dietschreit: Deutscher Diderot und Parade-Intellektueller
Mannheimer Morgen, 11.11.2004

Hans Joachim Müller: Ein intellektueller Wolf
Basler Zeitung, 11.11.2004

Cornelia Niedermeier: Der Kopf ist eine Bibliothek des Anderen
Der Standard, 11.11.2004

Gudrun Norbisrath: Der Verteidiger des Denkens
Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 11.11.2004

Peter Rühmkorf: Lieber Hans Magnus
Frankfurter Rundschau, 11.11.2004

Stephan Schlak: Das Leben – ein Schaum
Der Tagesspiegel, 11.11.2004

Hans-Dieter Schütt: Welt ohne Weltgeist
Neues Deutschland, 11.11.2004

Zum 80. Geburtstag des Herausgebers:

Matthias Matussek: Dichtung und Klarheit
Der Spiegel, 9.11.2009

Michael Braun: Fliegender Robert der Ironie
Basler Zeitung, 11.11.2009

Harald Jähner: Fliegender Seitenwechsel
Berliner Zeitung, 11.11.2009

Joachim Kaiser: Ein poetisches Naturereignis
Süddeutsche Zeitung, 11.11.2009

Wiebke Porombka: Für immer jung
die tageszeitung, 11.11.2009

Hans-Dieter Schütt: „Ich bin keiner von uns“
Neues Deutschland, 11.11.2009

Markus Schwering: Auf ihn sollte man eher nicht bauen
Kölner Stadt-Anzeiger, 11.11.2009

Rolf Spinnler: Liebhaber der lyrischen Pastorale
Stuttgarter Zeitung, 11.11.2009

Thomas Steinfeld: Schwabinger Verführung
Süddeutsche Zeitung, 11.11.2009

Armin Thurnher: Ein fröhlicher Provokateur wird frische 80
Falter, 11.11.2009

Arno Widmann: Irrlichternd heiter voran
Frankfurter Rundschau, 11.11.2009

Martin Zingg: Die Wasserzeichen der Poesie
Neue Zürcher Zeitung, 11.11.2009

Michael Braun: Rastloser Denknomade
Rheinischer Merkur, 12.11.2009

Ulla Unseld-Berkéwicz: Das Lächeln der Cellistin
Literarische Welt, 14.11.2009

Hanjo Kesting: Meister der Lüfte
Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, Heft 11, 2009

Zum 85. Geburtstag des Herausgebers:

Arno Widmann: Der begeisterte Animateur
Frankfurter Rundschau, 10.11.2014

Heike Mund: Unruhestand: Enzensberger wird 85
Deutsche Welle, 10.11.2014

Scharfzüngiger Spätaufsteher
Bayerischer Rundfunk, 11.11.2014

Gabi Rüth: Ein heiterer Provokateur
WDR 5, 11.11.2014

Jochen Schimmang: Von Hans Magnus Enzensberger lernen
boell.de, 11.11.2014

 

Zum 90. Geburtstag des Herausgebers:

Andreas Platthaus: Eine Enzyklopädie namens Enzensberger
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.11.2019

Andreas Platthaus: Der andere Bibliothekar
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.11.2019

Peter von Becker: Kein Talent fürs Unglücklichsein
Der Tagesspiegel, 10.11.2019

Lothar Müller: Zeigen, wo’s langgeht
Süddeutsche Zeitung, 11.11.2019

Florian Illies: Im Zickzack zum 90. Geburtstag
Die Zeit, 6.11.2019

Jörg Später: Hans Magnus Enzensberger wird 90
Badische Zeitung, 8.11.2019

Anna Mertens und Christian Wölfel: Hans Dampf in allen Gassen
domradio.de, 11.11.2019

Ulrike Irrgang: Hans Magnus Enzensberger: ein „katholischer Agnostiker“ wird 90!
feinschwarz.net, 11.11.2019

Richard Kämmerlings: Der universell Inselbegabte
Die Welt, 9.11.2019

Bernd Leukert: Igel und Hasen
faustkultur.de, 7.11.2019

Heike Mund und Verena Greb: Im Unruhestand: Hans Magnus Enzensberger wird 90
dw.com, 10.11.2019

Konrad Hummler: Hans Magnus Enzensberger wird 90: Ein Lob auf den grossen Skeptiker (und lächelnden Tänzer)
Neue Zürcher Zeitung, 11.11.2019

Björn Hayer: Hans Magnus Enzensberger: Lest endlich Fahrpläne!
Wiener Zeitung, 11.11.2019

Wolfgang Hirsch: Enzensberger: „Ich bin keiner von uns“
Thüringer Allgemeine, 11.11.2019

Rudolf Walther: Artistischer Argumentator
taz, 11.11.2019

Kai Köhler: Der Blick von oben
junge Welt, 11.11.2019

Ulf Heise: Geblieben ist der Glaube an die Vernunft
Freie Presse, 10.11.2019

Frank Dietschreit: 90. Geburtstag von Hans Magnus Enzensberger
RBB, 11.11.2019

Anton Thuswaldner: Der Zeitgeist-Jäger und seine Passionen
Die Furche, 13.11.2019

Alexander Kluge und Hans Magnus Enzensberger: „Maulwurf und Storch“
Volltext, Heft 3, 2019

 

 

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Bild von Juliane Duda mit den Texten von Fritz Schönborn aus seiner Deutschen Dichterflora. Hier „Höhenenzensberger“.

 

Bild von Juliane Duda mit den Zeichnungen von Klaus Ensikat und den Texten von Fritz J. Raddatz aus seinem Bestiarium der deutschen Literatur. Hier „Enzensberger, der“.

 

 

Hans Magnus Enzensberger – Trailer zu Ich bin keiner von uns – Filme, Porträts, Interviews.

 

Hans Magnus Enzensberger Der diskrete Charme des Hans Magnus Enzensberger. Dokumentarfilm aus dem Jahre 1999.

 

Hans Magnus Enzensberger liest auf dem IX. International Poetry Festival von Medellín 1999.

 

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Nachrufe auf Pablo Neruda: Neues Deutschland ✝ Berliner Zeitung ✝
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Zum 1. Todestag des Autors:

Jürgen P. Wallmann: „Ich werde niemanden exkommunizieren“
Die Tat, 21.9.1974

Zum 75. Geburtstag des Autors:

Uwe Berger: Seine Poesie ist Stimme des Volkes
Neues Deutschland, 12.7.1979

H. U.: Einheit von Poesie und Politik
Neue Zeit, 11.7.1979

Zum 80. Geburtstag des Autors:

Hans-Otto Dill: Seine Dichtung – leidenschaftlicher Hymnus auf den Kampf der Völker
Neues Deutschland, 12.7.1984

Volodia Teitelboim: Ein Dichter, der auf Erden wohnt
Sinn und Form, Heft 6, November/Dezember 1984

Zum 100. Geburtstag des Autors:

Margit Klingler-Clavijo: Ich bekenne, ich habe gelebt
Deutschlandfunk, 12.7.2004

Josef Oehrlein: Die drei Archen des Dichters
Cicero

Karin Ceballos Betancur: Das Kind und der Dichter
Die Zeit, 8.7.2004

Holmar Attila Mück: Krieger mit der Lyra
Deutschlandradio Berlin, 12.7.2004

Claudia Schülke: „Militanter Stalinist und kolossaler Dichter“: Pablo Neruda
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.7.2004

Leopold Federmeier: Der trunkene Durst des begeisterten Schleuderers
Neue Zürcher Zeitung, 12.7.2004

Zum 5. Todestag des Autors:

Sergio Villegas: Beerdigung unter Bewachung
Sinn und Form, Heft 6, November/Dezember 1978

Zum 10. Todestag des Autors:

Karl Bongardt: Seinen Atem durchwob die singende Liebe
Neue Zeit, 24.9.1983

Zum 50. Todestag des Autors:

Holger Teschke: Sänger des Regens und der Klassenkämpfe
junge Welt, 23.9.2023

Manfred Orlick: „Ich bekenne, ich habe gelebt!“
literaturkritik.de, 23.9.2023

Gerhard Dilger: Dichterfürst im Zwielicht
taz, 23.9.2023

Benjamin Loy: Schwieriges Schweigen
ORFSound, 20.9.2023

 

 

Pablo NerudaFragmente zu einem Portrait. Ein Film von Hans Emmerling, 1974

 

Pablo Neruda – Lesung und Interview des Literaturnobelpreisträgers 1971.

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