So wie den schmetterling – ihm seine natur
aund die bravur – vor feuer keine furcht zu kennen
aso habt ihr mich gemacht – sanfte kreatur:
aihr bleibt stur – selbst wenn meine flügel brennen
aMut faßt sich mein herz in eurer nähe nur
ader glut ihr purpur – will es sein spielzeug nennen
awie ein kind das noch nie schmerz erfuhr:
ades lebens rezeptur? – weiter ins verderben rennen!
So ist das herz daß es nie hat wonach es sich verzehrt:
aes stirbt versehrt von dieser sachten flamme
adie das leben schenkt wie sie es wieder nimmt
aDie natur der liebe ist es daß sie’s für sich begehrt:
adenn was ihm schönheit lehrt ist die flamme
adie das leben schenkt wie sie es wieder nimmt.
Giacomo da Lentino
Dichtung. Von Opitz’ Buch von der deutschen Poeterey über Herders Stimmen der Völker in Liedern bis zu Enzensbergers Museum der modernen Poesie, Hartungs Luftfracht oder zuletzt Sartorius’ Atlas der modernen Poesie – es gibt keine europäische Literatur, die je so viel akribische Recherche über die Weltliteratur aufgebracht hätte wie die deutsche. Der Grund dafür ist, wenn auch polemisch verkürzt, einfach: eine eigene Poetik von internationalem Einfluß hat sie kaum je herausgebildet, und wenn doch, kam der Anstoß dazu immer aus fremden Traditionen. Der Minnesang baute auf den Formen und Inhalten der Trobadors und Trouveres auf, Barock, Klassik, Romantik und Symbolismus waren ebenfalls aus dem romanischen Raum übernommen. Die Nachkriegsliteratur schließlich hatte mehr als zwanzig Jahre damit zu tun, wieder Anschluß an die Moderne zu finden; sie war mit einem Brückenschlag beschäftigt, an dem sich auch die jüngste Generation immer noch abarbeitet.
Die Ursachen dafür mögen sich in der Geschichte widerspiegeln. Vielleicht lassen sie sich auch auf einen grundsätzlich vorhandenen Dogmatismus zurückführen, wie ihn beispielsweise die protestantische Ethik in ihrem Beharren auf einer sola scriptura, sola gratia und sola fide verkörpert. Sie hat die Lyrik immer schon auf ihr Maß zurechtgestutzt – als wäre die Aporie einer weißen Seite wichtiger als das Spiel der Buchstaben auf ihr. Wo in anderen Literaturen das Handwerk und das Mundwerk im Vordergrund stehen, wurde die Dichtung im deutschen Sprachraum stets mit der falsch verstandenen Ableitung des Verdichtens in Zusammenhang gebracht – so trieb man ihr das Lustbetonte und Offene im Umgang mit der Sprache aus und zwang sie aufs Blatt. Tatsache jedoch ist, daß man über die Epochen hinweg der deutschen Literatur eine Bürde aufhalste, eine philosophische, ethische, politische oder didaktische, die in all ihren Ontologien zu tragen nie ihr Ziel war. Als Gattung konnten Prosa und Drama damit fertigwerden, die Poesie jedoch ging davor buchstäblich in die Knie, und die deutschen Dichter meist mit ihr. Sogar die Ausnahmen davon, mit denen sie europäische Eigenständigkeit bewiesen – Expressionismus und Hölderlin als Erben des Idealismus −, sind für diese Regel bezeichnend.
Das merkt man heute noch einer Gegenwartslyrik an, die sich entweder in sentimentalen Anekdoten oder in postmoderner Sprachklitterung erschöpft, ihre Mitte aber längst verloren hat. Ein weiterer Grund dafür ist wohl auch die Ignoranz, die man der Geschichte der Poesie entgegenbringt. Man versteht sie, wenn, dann nur akademisch; das beweisen nicht zuletzt die erhältlichen Ausgaben der Klassiker und ihre Übersetzungen, die nicht von Dichtern, sondern von Philologen stammen – sie wurden nie aktualisiert und einer Gegenwart zugedacht, sondern nur immer weiter als Karteikarte geführt. Dementsprechend stammt auch das Deutsch dieser Pfründe aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts, ihr Bild von der Antike noch immer von Winckelmann und die ehrfürchtige Haltung von einer scheinbaren Erhabenheit, der man nur mit einem gespreizten Stil gerecht zu werden glaubt. Und dabei ist, von den Griechen und Römern abgesehen, ein Großteil der sogenannten abendländischen Dichtung und ihres Umfeldes nach wie vor unbekannt geblieben.
Der vorliegende Band kann deshalb auch nicht viel mehr sein als ein erster Anstoß, ein möglicher Zugang zu Ihren wichtigsten Stationen. In diesem Überblick jedoch zeigt sich die Poesie als eine jahrtausendealte Maschine, die zwar manchmal den Eindruck macht, als hätte ein Tinguely sie gebaut; ihre einzelnen Zahnräder und Teile Unterscheiden sich indes kaum von den Uhrwerken moderner Gedichte. Daß das, was unter dem Ziffernblatt steckt, unsichtbar bleibt, darin mag ihre Perfektion bestehen; was man schließlich aber an ihm abliest, ist dennoch immer nur die Zeit – auch wenn die Triebfedern die gleichen bleiben. Diese jedoch näher zu bestimmen, das vermag nur die Dichtung selbst.
Der Titel dieses Buches kann deshalb auch nichts anderes als eine Tautologie sein, die doppelte Bezeichnung ein und desselben Sinns, um den die Begriffe sich im Kreis drehen: Poesie und Erfindung. Sie beide bedeuten nichts anderes, als das Verfertigen und Hervorbringen von bisher noch nicht Vorhandenem – und ihre Überschneidung zeigt sich bereits in dem, was man früher einmal, mit einem sinnlichen Begriff, die Empfindung nannte. Doch nicht so schnell. Was diese zwei Worte zunächst weniger verstecken denn verraten, ist eine Art von Unentschiedenheit über ihre grammatikalische Kategorie, die nicht nur um einzelne Modalitäten, sondern auch um das Genus ihrer Verben kreist.
Das Finden, heißt es, leitet sich vom Gehen entlang eines Weges ab, bei dem man auf etwas tritt, stößt oder trifft; unklar ist dabei jedoch vorab die Rolle, die so gegensätzliche Dinge wie Zufall und Suche dabei spielen. Einer Entdeckung haftet der Aspekt des Willkürlichen im selben Maß an, wie man sie oft auch als unwillkürlich begreift; man schreibt ihr einen aktiven Part ebenso zu, wie man ihr andererseits wieder das Prädikat des Passiven verleiht. Diese sprachliche Unschärfe jedoch ist es gerade, die dem tautologischen Kreisen um Begriffe eine Richtung und auch einen Anfang einschreibt: die Chronologie der Dichtung setzt mit dem intuitiven Akt der Inspiration ein, bis sie sich von ihrem rezeptiven, ursprünglich religiösen Rahmen ablöst, um schließlich ihre eigenen Bilder zu entwerfen. Das Finden, im Sinne einer unbewußten Eingebung, weicht dem Erfinden von eigenständigen Aussagen im Bewußtsein ihrer formalen Möglichkeiten.
Die Wandlungen der Poesie sind dabei die Geschichte ihrer Wendungen – und auch diese Tropen lassen sich auf ein und denselben Mittelpunkt zurückverfolgen. Das okzitanische Wort für Dichtung, trobar, geht auf das tropare im mittelalterlichen Latein zurück, das ,finden‘ synonym neben ,dichten‘ stellte, womit in dieser Epoche die ausschmückende Erweiterung liturgischer Texte in den gregorianischen Chorälen gemeint war. Die Wurzel beider Begriffe ist jedoch das griechische tropos, das nur in der Nebenbedeutung auf Redefiguren, musikalische Tonarten und den Takt verweist, daneben für ,Art, Weise, Neigung und Wunsch‘ sowie ,Charakter und sittliches Verhalten‘ stehen kann, in der Hauptsache jedoch ,Wendung und Richtung‘ bezeichnet.
Der gemeinsame Nenner dieser unterschiedlichen Sinnebenen besteht in der Vorstellung von Zyklen, die – ob als Jahreszeiten, Geschichtsschreibung oder subjektives Erleben – die Auffassung der griechischen Welt prägten. Der Tanz, als ritueller Reigen mit Musik und Dichtung verbunden, bildete diesen Kreislauf der Dinge ab; in seinem Takt sah sich das eigene Wesen ebenso wie das einer Gemeinschaft oder des Kosmos verkörpert. Das Symbol für diese Dichtung – die noch eine orale ist – war deshalb der Kreis, das Drehen in ihm, der ekstatische Zustand einer Trance in dieser Bewegung, mit der man den Göttern zum Ausdruck verhalf; Reste davon sind noch in der Rhetorik der Poesie vorhanden, in den ursprünglichen Bedeutungen von Vers, Strophe, Volta, Tornada, Ballade oder der Redewendung. Am Anfang jedoch steht eine Lyrik, deren Legitimation eine andere war als heute.
Die Skalden und Skops, der keltische fili, der arabische sa’ir oder der griechische aoidos sind nur verschiedene archaische Namen für die zentrale Rolle, die der Dichter in einem Kulturkreis hatte, der auf oralen Traditionen aufbaute. Als Poet und Sänger verstand man ihn nur insofern, als er Prophet und Seher, zugleich aber auch Richter, Geschichtsschreiber oder Heilkundiger war. Seine Funktion war sozial an den Stamm und den Fürsten und sakral an den Glauben gebunden; was er übermittelte, waren Arbeitslieder, Sprichwörter und Zaubersprüche; Genealogien, Annalen, Legenden, Gesetze und Lob- und Spottgesänge, und in einem religiösen Kontext Mythen, Invokationen, Inkantationen und Divinationen. Der aoidos tradierte diese Formen nicht nur, er personifizierte und deutete sie auch, weil ihm Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit ihren zyklischen Mustern über die Götter zugänglich erschienen. Zum Ausdruck fanden sie in der musike – dem Ereignis der Musen, einem Ritus, in dem Musik, Worte und Tanz verschmolzen. Die Namen, die man ursprünglich den Musen gab, stehen dabei ganz im Einklang mit den Techniken mündlicher Überlieferung: Mneme, Aoide und Melete – das Gedächtnis, der Gesang, der die Erinnerungen mitteilte, und die Übung, um das auswendig Gelernte nicht zu vergessen. Sie waren die ,gleich und zugleich Seienden‘, die ,Musen‘, die, der Wortbedeutung nach, mit Wissen und Sinnen ebenso verwandt sind wie mit dem Aufbegehren, dem Wahnsinn, der Raserei und dem Orakel.
Die Dichtung als eigene Gattung entstand, als sie sich von der Religion und den sie begleitenden Ausdrucksformen emanzipierte; erst vom Tanz und dann von der Musik. Dabei nahm sie jedoch deren Charakteristiken in ihre Sprache auf; der Rhythmus und die das Singen betonende Vortragsweise stammen daher. Homer war nur mehr ein Kitharode, der sich selbst auf einem Saiteninstrument begleitete; was er sang, läßt sich noch nicht als eindeutig episch oder lyrisch klassifizieren. Und Hesiod im 8. Jahrhundert v.Chr. nannte man einen Rhapsoden, nach dem Stab, den er bei der Rezitation – wie der arabische rawi – in der Hand hielt, um im Takt zu bleiben; Pausanias beharrte darauf, daß es bei ihm ein Lorbeerzweig war, weil ihn dieser als mit dem Orakel der Musen verbunden auswies.
Dreihundert Jahre später, bedingt durch grundlegende gesellschaftliche Umwälzungen, hatte der Musenkult in Griechenland schon viel von seinem sakralen Nimbus verloren: das Umfeld der Dichtung war bereits verweltlicht. Es ist Demokrit, der den Dichter erstmals poietes nennt, einen ,Macher, Verfertiger und Erfinder‘, der ,einen schönen Bau von Versen aller Art zimmert‘ – in Analogie zu den Handwerkern seiner Zeit. Sie schöpfen zwar noch immer aus der Quelle des göttlichen Enthusiasmus und der Inspiration, der Akzent aber hat sich erstmals auf das profane Geschäft des Verseschmiedens verlagert. Und dies in einem Ausmaß, daß schon Platon diese Poeten aufs härteste kritisierte: sie wären der Musen und ihrer Gesetze unkundig, gäben sich mehr, als sie sollten, dem bakchischen Taumel und der Lust hin, und die Trennung der Worte von Tanz und Musik, sagte er, habe etwas vollkommen Unmusisches und Gaukelhaftes an sich.
Die Bezeichnung lyrikos schließlich, mit ihrem zunächst diminutiven Beigeschmack von Liedermachern, die mit der Leier zur allgemeinen Unterhaltung beitragen, stammt aus dem 3. Jahrhundert v.Chr., als alexandrinische Literaturwissenschaftler die frühgriechischen Dichter erstmals aufzuzeichnen begannen. Sie ist damit aber auch ein Beleg dafür, daß sich die Lyrik endgültig von Epos und Drama abgesetzt und als eigenes Genre etabliert hatte.
Dieser nur im groben skizzierten Entstehung der Poesie folgt Schritt für Schritt das vorliegende Buch. Die Hymnen und Lieder der sumerischen Dichter stehen noch stellvertretend für viele frühe Formen der Dichtung, die eng an ihren kultischen und gesellschaftlichen Rahmen gebunden ist. Sie sind die ersten, aber nicht die einzigen greifbaren Beispiele – die frühe ägyptische Dichtung wäre ein zweites, die Poesie der Basken, Bretonen, Korsen, aber auch die afrikanischen, ozeanischen und australischen Traditionen nur weitere von vielen anderen, die noch bis knapp an die Gegenwart reichen.
In allen übrigen Kapiteln steht die Poesie im eigentlichen Sinn im Vordergrund – insofern als in der größer werdenden Distanz zu ihrem sakralen Ursprung der Übergang von einem kollektiv definierten zu einem individuellen Ich erkennbar wird. Die jeweiligen Rahmenbedingungen, unter denen dies geschieht, sind dabei relativ ähnlich: die Entstehung der Demokratie bei den Griechen, der Republik bei den Römern, einer Art Oligarchie unter den arabischen Stämmen oder das mittelalterliche Lehnswesen, immer verbunden mit dem Luxus der Muße. Sie alle schaffen Freiräume, in denen sich – wenn auch überwiegend in einer Oberschicht – Identitäten und Individualitäten erst entfalten können. Mit hinein spielen nicht nur Ökonomische und politische Gegebenheiten; geltend macht sich auch schon ein manchmal greifbares Unbehagen an der Kultur. Der sehr konkrete Realismus der vorliegenden poetischen Anfänge mag mit diesem Pessimismus zu tun haben: abgelöst von allen jenseitigen Verheißungen, konzentriert sich die Poesie ganz auf ihre Gegenwart.
Darstellen lassen sich diese Veränderungen an den einzelnen, hier vorgestellten Dichtern. Und obwohl es illusorisch wäre, für diese Entwicklung einen genauen Zeitpunkt festzulegen und bestimmte Personen für sie haftbar zu machen, verdankt sie sich andererseits doch zweifellos denen, die man zwar plakativ, aber falsch Wegbereiter und Bahnbrecher nennt. Denn die Erfindung der Poesie läßt sich nur begrenzt auf Vorstellungen von Originalität oder gar Genialität reduzieren; statt von Innovation sollte man daher lieber von Instigation reden – vom Anregen und Anstiften.
Die meisten dieser Protagonisten sind noch einer mündlichen Tradition der Dichtung verhaftet, nur wenige haben ihre Gedichte auch selber aufgeschrieben. Dennoch ist es die beginnende Verwendung der Schrift und das mit ihr aufkommende Bewußtsein der Sprache als eigenes Medium, die als Konstanten dieser Anthologie zum Vorschein kommen. Gleichzeitig zeigt sich bei den Dichtern von Sappho bis Dafydd ap Gwilym, wie bestimmend nicht nur die Kenntnis der eigenen überlieferten Poetik ist, sondern auch die Auseinandersetzung und der Austausch mit einem angrenzenden Kulturkreis; Catull entdeckt die Griechen für sich, Guihelm die Araber und Giacomo da Lentino die Trobadors. Doch es ist nicht ihre philologische Akribie, vielmehr ihr unbekümmerter Umgang mit den einzelnen Poetiken, ihre offene Vereinnahmung verschiedenster Formen, die diese Dichter – als jeweils erste ihrer Literatur – zu noch heute herausragenden Figuren der Literaturgeschichte macht.
Die Auswahl kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Die Fehlenden sind Legion: Alkaios, Alkman, Anakreon und Kallimachos, Horaz und Ovid, Hafiz, Saadi, Rumi, Mutanabbi und Omar Khayyam, Arnaut Daniel und Rutebeuf, Friedrich II., Guido Cavalcanti und Cecco Angiolieri, Taliesin, Egill Skallagrímsson und die Edda, der Archipoeta, die angelsächsische Dichtung des Exeter-Buches und Beowulfs und die klerikale lateinische Literatur des Mittelalters von Petronius Arbiter bis zur Carmina Burana, um nur die wichtigsten zu nennen. Und auch die Geschichte der Dichterinnen wäre weiterzuerzählen: Corinna und Erinna, Sulpicia, Al-Khansa, Liadan, Marie de France, die Comtessa de Dia und Christine de Pisan. Und all dies nur im engen Kontext der europäischen Poesie. Was dennoch in diesen wenigen Ausschnitten ablesbar wird, sind Positionen, die insgesamt die Entstehung der modernen Dichtung begreiflich machen, die mit Villon und Shakespeare beginnt.
Die Chronologie der einzelnen Stationen verleiht der europäischen Poesie relativ deutliche Konturen. Zum einen ist ihre Entwicklung an die Ausbreitung der Schrift gekoppelt, wie sie vom sumerischen Raum ausgeht und sich dann in zwei Stränge teilt, die sich erst im Mittelalter wieder treffen. Die eine Linie läßt sich über die Phönizier und Ägypter nach Griechenland und weiter nach Rom ziehen, wo sie sich durch die Ausbreitung des Christentums ihren Einfluß sichert, die zweite von Arabien über Spanien und Sizilien in unseren Raum: Ihre Schnittstellen bilden die höfische Lyrik der Okzitanen und die Dichtung der irischen Mönche.
Die Geschichte der Strophe und des Reims verläuft parallel dazu. Daß sich einer der Schwerpunkte des Gedichts vorn Rhythmus zum Reim verlagert, stellt zwar eine falsche Etymologie dar (von der das ,h‘ im englischen ,rhyme‘ stammt), historisch gesehen ist es jedoch durchaus zutreffend. Der Reim, ein dominantes linguistisches Signal in der arabischen Sprache, taucht erstmals um 200 n.Chr. in einigen wenigen lateinischen Hymnen und Chorälen der nordafrikanischen Kirche auf, bei Augustinus beispielsweise. Bis zum 5. Jahrhundert nahm seine Verbreitung in den sakralen Gedichten der Liturgie als stilistisches Prinzip zu. Vorherrschend wurde er erstmals in der Dichtung der irischen Mönche des 9. Jahrhunderts, bei den Sizilianern und den Trobadors – was sich auch linguistisch zeigen läßt: rim ist sowohl ein altirisches wie ein okzitanisches Wort, das von dort aus in unseren Raum gelangte.
Argumente, die auf Etymologien beruhen, gehen wie die Poesie selbst von der Annahme aus, daß sich über Wortbedeutungen ein Wissen um das wahre Wesen der sie bezeichnenden Sache gewinnen ließe. Sie zwangsläufig als Logik zu begreifen, wird den Umständen nicht ganz gerecht – so auch, was den Reim betrifft. Rudimentär taucht er bereits bei Catull, Ovid (beim Echo des Narziß) oder bei Apuleius auf; in China, im sogenannten Buch der Gedichte wurde er schon vor 500 v.Chr. als strukturierendes Mittel verwendet. Die Dichtung stößt – gleich wann sie ansetzt und von welcher Perspektive sie ausgeht immer wieder auf Strukturen und Formen, die ihrer Sprache stets schon als Möglichkeiten inhärent waren. Die eigentliche Erfindung besteht im Grunde darin, welchen dieser rhetorischen Mittel sie den Vorrang gibt, um von ihnen aus auch die restlichen Stilfiguren zu entdecken.
Vorbedingung für diese Entwicklung ist jedoch, daß die Poesie vom Dogma der Religion, in der sie eingebunden war, unabhängig wurde, um den nötigen Spielraum für ein eigenes Bewußtsein und seine fiktionalen Konstrukte zu gewinnen. Die Ilias kennt noch keine Worte dafür; Psyche bedeutet nur Blut oder Atem, thymos ist mit instinktiven, körperlichen Regungen gleichzusetzen und noos steht – wie bei den irischen filidh – für das Sehen, ohne die Reflexion darauf miteinzubeziehen. Selbst die Umschreibung für das Denken, mermerizein, heißt nur, ,im Zweifel über zwei verschiedene Handlungen zu sein‘, ein Zwiespalt, den allein die Stimmen der Götter aufzulösen imstande sind. Erst in der Odyssee und dann bei den ersten Dichtern gewinnen diese Begriffe auch eine subjektive und introspektive Dimension; sie werden zu Trägern einer flexiblen Intelligenz, die zu eigenständigen Entscheidungen und zur sprichwörtlichen List in dem Maß fähig ist, wie auch die Götter selbst in den Hintergrund treten und menschlichere Züge annehmen. Bei Archilochos und Sappho sind sie bereits sehr fern, und ihre Willkür spiegelt nur noch die Suche nach der eigenen Identität in einer unberechenbar gewordenen Welt wider.
Bewußtsein, als Fähigkeit zur Abstraktion und Reflexion, wird durch räumliches Denken ebenso charakterisiert wie durch die Wahrnehmung einzelner, signifikanter Details, die Vorstellung eines hypothetischen Ichs und die Einbettung dieser Kategorien auf einer narrativen Ebene, die Kausalitäten zwischen den einzelnen Eindrücken herstellen kann. Ihre sprachliche Entsprechung finden diese psychischen Mechanismen vor allem in der Metapher. Sie ist es, die durch die Koppelung zweier Begriffe ein fiktives tertium comparationis bildet, das anders so nicht vorstellbar oder ausdrückbar wäre, und die durch die Analogie von Detailwahrnehmungen einen Denkraum schafft, der einen Sprecher ebenso impliziert wie eine fiktive Welt, die ihrem Bild einen Rahmen bietet. Und im ständigen Oszillieren zwischen der figurativen und der wörtlichen Auslegung ihrer Begriffe zeigt sich wiederum nichts anderes als die Denkbewegung der Reflexion.
Die Herausbildung einer eigenen Metaphorik ist darum ein wesentliches Kriterium, mit dem sich die Poesie von den rhetorischen Formeln der archaischen Dichtung unterscheiden läßt. Die Similes und Images der vorgestellten Dichter heben sich in ihrer Autonomie, Konzisheit und Präzision von den Werken ihrer Vorgänger ab. Sie sind Beleg für ein Denken in subjektiv konnotierten Bildern, das zunehmend eigene Wertigkeiten entwickelt, eine Tropik, die über die Jahrhunderte hinweg den Katalog poetischer Wort- und Satzfiguren ausgearbeitet und jedesmal wieder neu aktualisiert hat.
Damit aber nicht genug. Es sind nicht nur Sprachformen, die sich herauskristallisieren, sondern vielmehr Figuren des Denkens, die ihre eigene Dynamik entwickeln, abstrakte Modi, in die sich die Worte einfügen lassen wie Zahlen in eine Matrix. Der Vergleich kommt nicht von ungefähr. Der Reim beispielsweise symbolisiert durch seine musikalische wie seine metaphorische Komponente nicht nur die beiden Koordinatenachsen der Lyrik überhaupt, sondern auch ihren Mittelpunkt. Seine ursprüngliche Bedeutung ist die der Zahl, der Reihe und der Reihenfolge – er ordnet das Gedicht in seinen Sequenzen an und legt es dadurch abstrakt und formal fest. Ungleich mehr als vor ihm der Rhythmus bringt er in die Verszeile ein in hohem Maße determinierendes Element ein, sodaß man zu Recht die Verwendung des Reims das erste moderne textgenerative Verfahren nennen kann. Das Gedicht entsteht – fast – von selbst.
Und damit wird die Lyrik auch zur hohen Kunst des Paradoxons. Ein Gedicht hat nichts mit der linearen Verknappung von Prosa zu tun, und es bedient sich auch nicht der Sprache, um das Denken rational abzuhandeln. Es nützt ihre Widersprüche nur, um sie zu überspringen, um in seinen Metaphern Begriffe zu ,übertragen‘ – auf eine Ebene, die mit dem Intellekt allein nicht mehr überblickbar ist. Die Stil- und Klangfiguren, ihre scheinbare Geometrie der Worte täuschen über die Grammatik des Denkens hinweg, wie auch die präzisen Gesten eines Illusionisten das Taschenspielerstück erst glaubhaft machen, und der Gleichklang der Silben auf dieser Bühne suggeriert einen Dialog der Dinge, wie er anders nicht wahr wäre. Dem Reim fällt dabei das Stichwort zu, er verteilt die Rollen, staffiert sie aus und sorgt für die Überraschung, wenn auch manchmal wie der Regisseur irgendeines Provinztheaters: ein bißchen zu deutlich, gewollt und auf den Effekt aus, aber er bringt den Auftritt über die Bühne und hält das Ensemble zusammen.
Die Erfindung der Poesie hat mit dem Bau dieser Konstrukte samt ihren vorgegebenen Grundrissen zu tun. Dafydd ap Gwilyms Gedichte zählen ebenso dazu wie die strengen Formen des sizilianischen Sonetts, diesem poetischen Syllogismus, der unerbittlich auf seine epigrammatische Schlußform zuläuft und damit der Logik so nahe ist, wie es die Lyrik nur sein kann – ihm ist deshalb auch ein ausführlicher Essay in diesem Band gewidmet.
Fast zur selben Zeit wie das Sonett entstand aber auch sein Gegenstück, die von Arnaut Daniel – dem miglior fabbro del parlar moderno – erfundene Sestine, die sich zu ihm wie das Theater des Absurden zum Jesuitendrama verhält. Sie geht von einer sechszeiligen Strophe aus, welche die unterschiedlichen Schlußworte am Ende jeder Zeile in der jeweils nächsten Strophe nach einer fixen Formel wiederholt: eine ineinanderverschränkte Rückläufigkeit von 6-1-5-2-4-3, die nach sechs Strophen wieder beim Anfang landet. In ihrem kontrapunktischen Krebsgang ist die Sestine das Perpetuum mobile der Dichtung, ein endlos in sich geschwungenes Band wie die Möbius-Schlaufe, eine stets wieder scheiternde Versuchsanordnung der Gedanken.
Das, was ein Gedicht sagt, hat Ceronetti in einem Essay über Catull formuliert, kommt von innen, scheint aber von außen zu kommen; vielleicht kommt es auch von dort, wahrscheinlicher aber doch von innen – aber es ist wichtig, daß man glaubt, es komme von außen (eher als von innen), weil man ja nicht weiß, ob ganz innen nicht nur die Einsamkeit jedes einzelnen steckt. Dieses Außen ist alles, was die Poesie zu ihren Objekten gemacht hat: Götter, Könige und das Publikum, Wein, Weib und Gesang, Leben, Tod und Natur, und immer wieder von neuem die Frauen. Kein gelungenes Gedicht spricht von sich oder seinem Ich. Das tut es nur im Gegenüber mit diesen Dingen, indem es diesen Zwiespalt überwindet. Es lebt von einer Fähigkeit zur Evokation und zur Inkantation dieser Art von Einheit, ob sie nun fiktiv sein mag oder nicht.
Was sich verändert, sind die Allegorien, nicht aber die Art und Weise der Allegorisierung: ob es die Anrufung eines Gottes oder statt dessen dann die Liebeslyrik für Shu-Suen, Neobule und Anaktoria, Lesbia und Cynthia, ‘Unayzah, La Dangerosa, Morfudd und die unzähligen anderen Namen ist. Anders gesagt: die Poesie kann ihre Tradition nie ganz abschütteln. Sie wird weder die Gnomik und das Moralisieren von Sprichwörtern los, noch das Engagement ihrer Panegyrik, weder die obskure Metonymie des Rätsels noch die Spuren der Religion. Jedes Gedicht hat fast zwangsläufig etwas Pantheistisches oder Gnostisches an sich, schon allein weil man einer Metapher gegenüber gar nicht anders kann, als ihre Analogien letztlich metaphysisch zu verstehen.
Vielleicht liegt ein Grund darin, daß die Poesie mit archaischen Formen der Erkenntnis arbeitet. Wissen, Weisheit und Witz, Vision, Historie und Idee – sie alle leiten sich von einer Wurzel ab, die im engeren Sinn nur ,sehen‘ bedeutet. Andererseits aber gehen Inspiration, Rezitation und viele andere Begriffe aus dem Instrumentarium der Poesie auf das Hören zurück. Es handelt sich um zwei Arten von Sinneswahrnehmungen, die tiefere und weitere Bereiche in unserem Gehirn umfassen als die Sprache – uralte Gemeinplätze, die jetzt selbst die Neurologie bestätigt.
Keine andere Gattung kann ein Maximum von Ideen mit einem derartigen Minimum an Mitteln ausdrücken – darin liegt ihre Schwierigkeit und ihre Schönheit. Ästhetik ist nichts anderes als diese Art von Ökonomie, in der die Sprache zum kleinsten gemeinsamen Nenner des Denkens verdichtet wird; die Poesie bündelt das größte gemeinsame Vielfache der Gedanken und ihre Zweideutigkeiten und bezieht die Sprache zurück auf primäre Wahrnehmungen. Dadurch wird sie zum menschlichsten Zeugnis der Existenz, einer wenigstens für den kurzen Moment des Gedichts gültigen Wahrheit, einem Augenblick humaner Totalität. Über sie machen wir uns im wahrsten Sinne des Wortes erst einen Reim auf die Dinge.
Dichtung ist nur ein anderes Wort für Diktion. Sie bringt die latent in der Sprache vorhandene Musik zum Ausdruck. Was ein Gedicht aber erst zur Aussage macht, sind die Bilder, die – wie Pound es definierte – einen intellektuellen und emotionalen Komplex innerhalb eines Augenblicks darstellen: unter dem Imperativ der Perzeption, einer Vorstellung, die man in Sprache verwandelt. Die kürzest mögliche Paraphrase eines Gedichts wäre deshalb so etwas wie eine Hieroglyphe, ein Ikon oder ein Kräfteparallelogramm von Worten.
Das Bild selbst mag in seiner Perspektive subjektiv sein; was zählt, ist das Ausmaß, in dem es den Gegenstand des Blickes in seinem konkreten Gehalt darstellt. Damit ist eine Konkretheit gemeint, die über das antike Bildgedicht des technopaegnion, das barocke Emblem, die konkrete und visuelle Poesie oder das Haiku hinausgeht. Als Möglichkeiten der Dichtung sind diese Formen ein Ende in sich: Silben einer Sprache, die aneinandergereiht noch keine Sätze ergeben. Das Gelingen eines Gedichts ermißt sich jedoch daran, wie genau seine Bilder zu Ende gedacht werden, wie sich seine Logik aus ihnen und mit ihnen zwangsläufig über die Zeilen hinweg entfaltet.
Übersetzen dagegen heißt, diese Bilder zu sehen, bevor sie geschrieben werden, und sie dann, weil sie sich nie nur kopieren lassen, mit den Utensilien der eigenen Sprache freihändig nachzuzeichnen und neu zu skizzieren: so nahe wie möglich und so frei wie notwendig. Man kann ihnen dabei nur die eigene Sprache leihen, auch wenn man den Tonfall ihrer Stimmen zu imitieren sucht. Wer sie überträgt, setzt nur fort, was die alten Dichter immer schon getan haben: er macht sich die Tradition der Poesie zu eigen und sucht sie zu verkörpern.
Die hier skizzierte Entwicklungsgeschichte der Lyrik legt offen, wie die ursprüngliche Dominanz des musikaIischen Rhythmus abgelöst wird von deutlicher in den Vordergrund tretenden poetischen Bildern, bis sich nach der melopoeia und der phanopoeia langsam bei Giacomo da Lentino und Dafydd ap Gwilym auch eine logopoeia mit ihren Wortspielen herauskristallisiert. Das macht die Arbeit des Übertragens etwas leichter – aber es erklärt noch nicht gewisse Eigenheiten der vorliegenden Fassungen.
Da ist zum einen die Frage nach der Nachbildung von Rhythmen und Metren der Originale. Auf sie wurde verzichtet, mit dem Argument, daß beide von den Eigenheiten des Wortmaterials in einer spezifischen Sprache abhängig sind. Eine Übersetzung gleicht in dieser Hinsicht einer musikalischen Transposition von einem Instrument auf das andere, jedoch mit der Absicht, dem Ton der Vorlage mit der jeweiligen Klangfarbe des Deutschen gerecht zu werden. Großschreibung und Interpunktion wurden, außer in rudimentärem Ausmaß, ebenfalls unterlassen, aus zwei Überlegungen. Geschichtlich gesehen existieren sie bei den Originalen nicht, und unter einem ästhetischen Gesichtspunkt lebt die Dichtung von ihrer semantischen und syntaktischen Mehrdeutigkeit. Die historischen Gründe für die Großschreibung, als weltweites Unikum, sind obskur; Tatsache jedenfalls ist, daß sie mit ihrer Emphase auf dem Substantivischen zwar logischen oder exegetischen Kategorien zuträglich sein mag, nicht aber poetischen. Die Überschriften wiederum wurden in den überlieferten Handschriften den Originalen nachträglich von fremder Hand beigefügt; in der Auswahl hier wurden sie nur im ersten Kapitel, im letzten und bei den Iren vorangestellt, weil sie für ein besseres Verständnis erforderlich erschienen.
Die Übersetzungen sind so nahe wie möglich und so frei wie notwendig. Bei den meisten Kapiteln halten sie sich eng an den Wortlaut des Originals; Freiheiten nehmen sie sich gelegentlich heraus, wo entweder der Reim als textbestimmende Komponente beim Original im Vordergrund steht (also bei Guihelm, da Lentino und Dafydd ap Gwilym), die Bilder einer klaren, modernen Konturierung bedürfen (wie stellenweise bei den irischen Mönchen und den sizilianischen Dichtern) oder dort, wo das Original meist (wie bei Sappho) Konjektur ist. Das philologische Gewissen kam dabei aber akademischen Skrupeln nicht aus. Wo eigene Sprachkenntnisse nicht ausreichten, gab es ein kompetentes Lektorat, ein Übersetzungsvergleich und die Heranziehung wissenschaftlicher Ausgaben, die auch die Basis der Einleitungen darstellen, waren obligat; statt einem Apparat von Zitaten wird am Ende des Bandes mit den Glossen auch eine grundlegende Bibliographie mitgeliefert. Der Rest ist Pedanterie, nicht Poesie.
Raoul Schrott, Vorwort, April 1997
Daß die Poesie eine alte Erfindung ist, ahnen wir; aber die wenigsten von uns wären imstande, die Spur der europäischen Dichtung bis an ihre Ursprünge zurückzuverfolgen. Sie führt weit, bis ins Zweistromland, bis zu den Arabern, den Kelten und Sizilianern. Wer wüßte schon, daß der älteste überlieferte Dichtername einer Frau gehört? Sie hieß Enheduanna, war eine sumerische Priesterin und lebte im vierundzwanzigsten Jahrhundert vor Christus. Und wer, außer ein paar Aussyriologen, hat sie gelesen? Wer kennt noch die wilden Lieder des Archilochos, den die Griechen die Skorpionszunge nannten? Und so weiter – über Sappho und die römischen Elegiker Catull und Properz bis zu den Iren des achten, den Hebräern des elften, den Troubadours des zwölften und den Walisern des vierzehnten Jahrhundert.
Make it new: das war die Losung, mit der einst, in den Zeiten der heroischen Moderne, Ezra Pound angetreten ist. Damals galt das Neue nicht als eine Domäne von Trendsettern und Trampeln; damals wußten die Dichter noch, daß das Neueste nur aus einem langen Gedächtnis kommen kann. Die Klügeren unter den Heutigen sind der Idiotie der Gleichzeitigkeit müde geworden. Rauol Schrott ist einer von ihnen. Auf eigene Faust hat er eine Entdeckungsreise ersten Ranges unternommen. Viele Dichter werden hier zum ersten Mal auf deutsch vorgestellt. Andere werden aus dem akademischen Brutkasten befreit. Jedes Kapitel bietet außerdem einen einleitenden Essay, eine Probe in den Originalsprachen, ein Glossar und einen Quellenhinweis. Die tausendjährigen Gedichte erscheinen in Schrotts Versionen frisch wie am ersten Tag. Der Staub ist weg. Es ist Zeit für überraschende Entdeckungen.
Eichborn Verlag, Klappentext, 1997
− Raoul Schrotts wundersame Bücher. −
Die Ovationen waren laut genug, um die Buhrufe der Philologen zu übertönen. Raoul Schrotts Buch Die Erfindung der Poesie ist ein lyrisches Spektakel, das sich mit anderen Anthologien kaum vergleichen lässt. Viertausend Jahre Dichtung auf fünfhundert Seiten, ein „Elchtext“ (Die Zeit), der wankt, aber nicht kippt. Die Poesie beginnt mit den Frauen des vierundzwanzigsten vorchristlichen Jahrhunderts. Enheduanna und Illummiya ritzen ihre Verse im sumerischen Ur in Tontafeln, Jahrhunderte bevor Archilochos auf einer griechischen Insel die Musen erscheinen. Später stimmt Imru’l-Qays, der Sohn eines zentralarabischen Königs, seine Preisgesänge an, und anderswo fällt den irischen Mönchen der Blick aus dem Fenster, und sie schreiben zarte Naturgedichte an den Rand der theologischen Texte.
Raoul Schrotts Kompendium der zeitlosen Poesie ist ein Wagnis, das gelingt, weil es sich eng an seine eigentümlichen Prämissen hält. In der Poesie will Schrott das „menschlichste Zeugnis der Existenz“ erkennen, einen „Augenblick humaner Totalität“, der im Buch als Leuchten aus fernen Welten erscheint und letztlich doch nur hausgemacht ist. Es ist, um bei der Wahrheit zu bleiben, die zeitenüberspannende Totalität von Schrotts Welt, in der Sappho in den Döschen ihrer „Creme Royale“ rührt, Catull kaum an sich halten kann vor lauter „Wichsern“, „Arschfickern“, „Pomadenhengsten“ und Abu Nuwas (8. Jahrhundert) der Versuchung des Satans etwas Kolloquiales verleiht: „Willst du ’n Mädchen mit jungen Brüsten?“
Die Frühromantiker waren von der Idee ergriffen, es gebe eine verlorene paradiesische Ur- und Weltsprache. Raoul Schrott glaubt diese Sprache in der Poesie wiedergefunden zu haben. Das ist der Reiz seines Unternehmens, die naive Täuschung, die uns mit trickreicher Eleganz darüber beruhigt, dass es dann doch nicht so ist.
Pantheismus der Poesie
An der Gegenwartslyrik fällt dem Dichter nur noch „postmoderne Sprachklitterung“ auf und ein „Verlust der Mitte“. Den Pantheismus der Poesie hat seit längerem niemand mehr so nachdrücklich behauptet wie Raoul Schrott. Unter diesen Umständen verhallen auch die Einwände der Philologen in den Weiten der Jahrtausende. Schrotts Verwechslung des Philosophen Platon mit seinem älteren Dichterkollegen wirkt auf einmal ebenso lässlich wie Rafik Schamis Vorwurf banal, Schrott könne im Arabischen ein Pferd nicht von einem Kamel unterscheiden.
Im Uralt-Streit der Übersetzer hat sich Raoul Schrott dafür entschieden, die Gedichte eher zu übertragen als zu übersetzen. Auf Metrum und Reim des Originals lässt er sich kaum jemals ein. Wo er es tut, scheitern die Gedichte:
Hör auf schimpfen – sagt sie zu mir
eine tänzerin bin ich und kein fakir
mein metier ist nur das leichte pläsier
Überall sonst sind sie vielleicht besser als das Original:
Die melismen des regens
und der bass der böen im
kontrapunkt des windes
über dem dach des waldes.
So ungeniert dichten nur die irischen Mönche des 9. Jahrhunderts über den Kontrapunkt.
Raoul Schrotts Buch Die Erfindung der Poesie ist kein philologisches Unternehmen, sondern es ist eine stets zur Prahlerei aufgelegte Erzählung über die Philologie. Die Einführungen zu den Autoren nützen die schlechte Quellenlage, um Legenden fortzuweben. Sie zeigen Sappho inmitten einer antiken Jeunesse dorée, Catull als ewigen Stenz und Guihelm IX. als „Schürzenjäger“: so heutig können die fernen Jahrhunderte sein, wenn man nur will. Schrotts nimmermüdes Wissen bringt den Leser dabei noch in die prekäre Lage der Demut. Man erfährt, dass Abu Nuwas etwas affektiert das r gelispelt haben soll, dass die irischen Mönche den katalexischen trochäischen Tetrameter in die Literatur eingebracht haben und dass Dafydd ap Gwylim, der „Pfau von Dyfed“, mit Madog Benfras, Gruffudd ab Adda und Gruffudd Gryg befreundet war.
Soviel Bildung war nie. Und Raoul Schrott wäre ein Philosoph geblieben, hätte er sich nicht auch noch auf theoretische Grundlegungen eingelassen: „Die Poesie bündelt das grösste gemeinsame Vielfache der Gedanken und ihre Zweideutigkeiten und bezieht die Sprache zurück auf primäre Wahrnehmungen“, schreibt Schrott, dessen laufende Produktion identische Sätze gleich in mehreren Büchern unterbringt. Derselbe schräge Satz findet sich auch in seinen Grazer Poetikvorlesungen, die mit ihrem Titel Fragmente einer Sprache der Dichtung auch noch für den Untertitel von Schrotts drittem Buch sorgen. Die Musen ist ebenfalls letzten Herbst erschienen.
Auf verlorenem Posten
Schrott eröffnet seine Poetikvorlesungen mit einem „Pamphlet wider die modische Dichtung“ und wirkt dabei wie ein Prediger auf verlorenem Posten. „Entweder leuchtet ein Gedicht schlagartig ein, oder seine Sache ist nichtig. Die Schönheit überrascht, oder sie ist keine“, behauptet Raoul Schrott. Wahr oder gelogen? Wer weiss. Seine Gefühlsmetaphysik jedenfalls ist mit der physikalischen Lyrik des grossen Kontrahenten Durs Grünbein kaum vereinbar. Als „Kopffüssler im Brackwasser“ dümpelt der nicht namentlich genannte Büchner-Preisträger durch Schrotts Polemik. „Hirn, Hirn und nochmals Hirn“, seufzt Schrott, bevor er sich jenen Dingen widmet, die ihn womöglich mit Grünbein verbinden. Es wird über Quantenmechanik extemporiert, über Schrödingers Katze und „Über die primären Prozesse der Poesie und die Musik“. Die Physik kennt die metaphorischen Redeweisen aus der Poesie, sie ist für Schrott nur das säkulare Instrument der Dichtung. Von der Prosa ganz zu schweigen:
Mit der Logik der Prosa, ihrer simplen kausalen und metonymischen Syntax, wären wir immer noch vor der Erfindung des Rades.
Den Poetikvorlesungen fügt Raoul Schrott einen biographischen Abriss bei, der den Leser darüber aufklärt, wie der Österreicher geworden ist, was er ist. Schrotts Initiation heisst Inter-Rail. Mit sechzehn reist der Dichter durch Europa, spricht und denkt in fremden Sprachen und setzt fortan einen Ortsnamen unter jeden seiner Texte. Egal ob Cape Clear oder Innsbruck, Antananarivo oder Pontrhydfendigaid, Raoul Schrott war dort, um an einem seiner Texte zu schreiben. Das adelt den Ort und den Dichter gleich dazu. Dass Raoul Schrott ein wahrhaftiger Dichter ist, hat er mit der Erfindung der Poesie einmal mehr bewiesen. Als solcher kennt er sich in der Poesie ebenso aus wie in der Pose. Seit seiner Geburt – 1964, irgendwo zwischen Tunis und Tirol – ist Raoul Schrott auf grosser Fahrt. Er tingelt durch Zeiten und Kontinente, er landet mit dem grossen Roman Finis Terrae am Ende der Welt, nur um wieder zurückzukehren zum eigenen Ich: „Das Ich ist ein offenes Feld, wie es vor einem und hinter einem liegt. Nur die Literatur verleiht ihm eine Fassung.“ – Gekauft.
ich kann nicht ganz nachvollziehen, was an Schrott bedeutsam sein soll; von Poesie und Strahlkraft ist nicht viel zu bemerken; und die vielgerühmte Gelehrsamkeit scheint mir eher ein altes verstaubtes Provinzmodell von Gelehrtem aus dem Typus 19. Jahrhundert. Was legt Schrott vor: man gehe in alte Literaturgeschichten, mittlerweile auch schon online und nehme teilweise ausgefallene und unbekannte Autorenprodukte zur hand und übersetze sie bzw. eher schon übersetze sie, indem man schon vorhandene ÜS abwandelt. Dann braucht es nurmehr einen Verleger, der nicht viel weiß und es auflegt und ein paar geschickte Kontaktierungen bei Zeitungen. Und ein bißchen Glück plus eigenes großes Gehabe gemischt mit understatement zum richtigen Zeitpunkt. Sappho ja Sarah nein, warum ? Pedejuina (China) nein, Plato nein, ist das nicht auch Poesie mindestens? Treibt man die Marken „Lyrik“ „Poesie“ „Philosophie“ „Roman“ innerhalb deren eigener Logik an ihr stringentes Ende, dann disseminieren diese, d.h. diese Etiketten verlieren dann den Status der „Begrifflichkeit“ und sind nichts als bloße „Namen“ (vgl. Derrida); der Autor Schrott verliert dann seine Status als „Autor“ und wird zum bloßen „Verfasser“, also so was wie ein „Sammler“ ohne „eigenes“ „Selbst“, ein simpler „Kommentator“ (vgl. Derrida, Concic); das Feuilleton inhaftiert selber genügend Kommentatoren, die fast alle gerne einmal Autor geworden wären und sich einen verdienten „Namen“ gemacht hätten. So suchen sie halt immer wieder einmal einen unter den ihren und hofieren ihn eine Weile; aus reiner Eigensucht nach Größe, was immer das ist; eine Art Selbstüberschreitungsversuch vermutlich; Schrott ist in all seinen Texten für mich kein Autor, bloß ein Kompilator und öder Kommentierer plus pubertärer sogenannter Gedichte (Spielerei mit Wüste und einsamer Cowboy sucht Liebe, findet nur Sex und Fernliebe in der Poesie, eine Art Hemingway spielt Klavier-Trip).
− Ein Spracharchäologe in seinem vielstimmigen Element. −
Er|fin|dung, die; -, -en:
1.
a) <o. Pl.> das Erfinden (1)
b) etwas Erfundenes, neu Hervorgebrachtes
2. etwas, was ausgedacht ist, nicht auf Wahrheit oder Realität beruht
Po|e|sie, die; -, -n [frz. poésie < lat. poesis < griech. poíesis = das Dichten; Dichtkunst, eigtl. = das Verfertigen […])n = dichten, eigentlich verfertigen] (bildungsspr.):
1. <o. Pl.> Dichtung als Kunstgattung; Dichtkunst
2. Dichtung als sprachliches Kunstwerk
3. <o. Pl.> poetischer Stimmungsgehalt, Zauber
Raoul Schrott hat sich folgender Schwerpunkte angenommen: Enheduanna, Ilummiya und die sumerische Literatur (24. Jahrhundert v.Chr.), Archilochos (7. Jahrhundert v.Chr.),Sappho (7./6. Jahrhundert v.Chr.), Gaius Valerius Catullus (Anfang des 1. Jahrhunderts v.Chr.), Sextus Propertius und die Elegie (Ende des 1. Jahrhunderts v.Chr.), die Mo’allaqat – Imru’l-Qays / Tarafah / ‛Antarah / ‛Amr ibn Kultum / Labid (6./7. Jahrhundert), Abu Nuwas (8. Jahrhundert), Die Marginalien der irischen Mönche (9. Jahrhundert), Samuel Ha-Nagid ibn Nagrilla und die hebräische Poesie (11. Jahrhundert), Die arabischen Dichter Siziliens – Mohammed ibn alQuatta’ / Ibn at-Tubi / Abu ‛Ali al-Husayn / Abu l-Qasim ‛Abd ar-Rahman / ‛Abd al-Aziz al-Ballanubi / ‛Ali al Ballanubi (11. Jahrhundert), Guihelm IX., Graf von Poitiers und Herzog von Aquitanien (11./12. Jahrhundert), Giacomo da Lentino oder von der Erfindung des Sonetts (13. Jahrhundert), Dafydd ap Gwilym und die walisische Poesie (14. Jahrhundert).
Man weiß also mit einiger Sicherheit, wer wann wo Poesie verfasst hat, wobei die in diesem Band Versammelten selbstverständlich lediglich eine Auswahl aus der Fülle der Verseschmiede darstellt. Aber wie kam der Mensch zur Poesie?
In seinem bei aller Kürze hochinteressanten Vorwort zieht Raoul Schrott sozusagen eine Bilanz der Poesie, vermittelt seine Beweggründe, ebendiese Anthologie in ebendieser Form unter ebendiesem Titel zu Papier gebracht zu haben und bezieht Stellung innerhalb des dichterischen Bestandes und Vermächtnisses, auch längst versunkener Kulturen, wobei er gleichfalls die über die Jahrhunderte im Wandel begriffene Bedeutung des Genres „Dichtung“ und der „Erfinder“ erläutert. Ebenso, wie es darum ging, die unter dem Sand der Zeit und dem Staub gespreizter Übersetzungen aus früheren Jahrhunderten verschütteten Texte ans Tageslicht zu bringen, war auch von Bedeutung, diese in neuem Glanz erstrahlen zu lassen, sie also in eine nach gegenwärtigem Ermessen verständliche Sprache zu bringen. Das Spannungsfeld wird im selben Moment sichtbar: Die bisweilen aus dem verantwortungsvollen Prozedere resultierende und von manchen Lesern hier und da wohl nicht völlig zu Unrecht kritisierte Unschärfe, was die akademisch geforderte „Exaktheit“ der Übersetzungen anbelangt, trägt umgekehrt zur Urkraft, ungetrübten Frische und unmittelbaren Zugänglichkeit der eingedeutschten Poesie bei. Nicht zufällig, aber doch auch willkürlich hat Raoul Schrott eine diesen inhaltlichen Bestrebungen entsprechende Auswahl getroffen; es blieben weiße Flecken innerhalb dieser „ersten viertausend Jahre“ erhalten.
Übersetzungen sind nun einmal bis zu einem gewissen Grad Kompromisse, maßgeblich gefärbt durch den Übersetzer. Zumal dieser im gegenständlichen Fall Raoul Schrott heißt, also der Zugang zur Sprache bei aller gebotenen Ernsthaftigkeit bewusst kein ausschließlich zwangsweise akademisch-blutleerer, sondern ein lustvoller, kreativer war und ist, befanden sich die bejahrten Augenblickskonserven in denkbar guten Händen. So blieb beispielsweise Deftiges hautnah-konkret, Unzweideutiges behielt die beabsichtigte Schräglage, Mehrdeutigkeiten wurden nicht eingeebnet, nichts wurde in schmeichlerischer Absicht verfälscht oder gar sprachweichgespült. Funktionstüchtigkeit anstelle starrer Rekonstruktion, Inhalt vor Form. Die Eichung des Augenblicks. Schrott beschließt, auf die Problematik der textgerechten Übertragung eingehend, das Vorwort mit dem entschlossenen Satz: „Der Rest ist Pedanterie, nicht Poesie.“
Sodann findet man sich – literarisch – weit zurück, nämlich in das 24. Jahrhundert v.Chr., versetzt. Die Entstehung unterschiedlicher Zeichensysteme (z.B. Hieroglyphen, Keilschrift) wird kurz nichtsdestoweniger konzentriert umrissen, die Merkmale der überlieferten Texte werden kommentiert, ihre „Erfinder“ in kreativ-ausgeschmückter (wandelt Raoul Schrott als „Erfinder“ gar in Münchhausens Fußstapfen?) Art und Weise vorgestellt und in einem lebendig beschriebenen kulturhistorischen Umfeld verortet. „Die Erhöhung der Inanna“ ist somit der erste Text, der sich dem Leser auf Grundlage der von Raoul Schrott vorangestellten Informationen erschließt. Die weiteren Abschnitte folgen diesem Schema. Es würde freilich den Rahmen dieser Rezension sprengen, Details des Bandes zu enthüllen – die Ausführungen Raoul Schrotts sind im Original einfach am besten. Warum auch immer, er hat am Ende eines jeden Abschnitts akribisch vermerkt, wann und wo dieser entstanden ist. Ein Zeit-Weg-Diagramm der besonderen Art könnte so entstehen.
Doch genug des Beschreibens, lassen wir einige Poeten in der Sprache Raoul Schrotts zu Wort kommen; den Reigen der Kostproben eröffnet
Archilochos: „Mit dir zu kämpfen dazu habe ich lust / wie man wasser schluckt gegen den durst“
Sappho: „Und wieder Eros der mich bittersüß / beugt und biegt dass ich mich winde / wie eine schlange die man nicht fängt“
Catull: „Ich wird’s euch zwei besorgen von vorne und von hinten / Aurelius du schwanzlutscher und deinen arschficker Furius / wenn ihr nach meinen gedichten meint ich wär wie ihr – / so verweichlicht und vielleicht auch noch so unverschämt / Was die pietät betrifft geht sie nur einen poeten selber an (…)“ „Ich hasse und ich liebe“ · warum fragst du vielleicht / ich weiß es nicht ich fühl’s · es kreuzigt mich“
Imru’l-Qays: „(…) Ihre hände sind weich sie wissen wie man gibt und wie man nimmt / und streichen über die haut die finger flink wie käfer / im sand unter den zweigen der tamarisken und den reisern des ishil (…)“
‛Antarah: „(…) Nachdem die glut des mittags sich legte trank ich meinen wein / alten wein aus einem schön verzierten krug / den ich durch ein tuch in ein kostbar verziertes glas seihen ließ – / das trinken kostet mich mein ganzes geld / aber so behalte ich wenigstens meinen guten ruf und namen (…)“
Labid: „(…) Wir leben nicht nur in den tag und denken dabei nicht nur an uns / wir handeln sehr besonnen und halten maß / Beneid uns nicht sondern gib dich damit zufrieden was der Herr / dir verlieh – er weiß genau was er wem und warum gibt (…)‟
Abu Nuwas: „Ich ziehe die knaben den jungen mädchen vor / und alten wein dem klaren kalten wasser – / weit ab vom rechten weg wählte ich die sünde / ohne umstände und genauso unumwunden / hab ich meinem pferd die zügel abgenommen / die zwei steigbügel und das zaumzeug / und mich verliebt in einen jungen Perser, der das arabische nur so massakriert – / ich nenn ihn mein kokettes kälbchen mein reh / sein spiegel hell wie mondenschein (…)‟
Samuel Ha-Nagid: „Der krieg ist zuerst ein schönes mädchen / mit ihr will jeder gern ins bett steigen / zuletzt aber eine hässliche alte / um die nur krankheit und tod mehr freien‟
Dafydd ap Gwilym: „(…) Der katzbucklerische kuttenbrunzer stottert / jedes wort mühsam ausm steifen maul: / schimpft sich dichter der damische hanswurst / der schmalzige schmierfink und pimperlpoet (…)‟
Ein Buch, das wohldosiert genossen sein will.
− Schimpfen, loben und lieben: Gedichte aus 4000 Jahren in einer erstaunlichen Anthologie. −
Ort: eine Schankwirtschaft in Mesopotamien. Zeit: 24. Jahrhundert vor Christus. Der Gast schwärmt die Kellnerin an: „Wie voll und rund, wie rund bist du – Mutters Honigkuchen!“ Nach einem weiteren Becher Bier wird er feuriger: „Dein Kuß wie süß, wie süß wär er mir. Schnell doch – sag ja!“ Die Schankkellnerin findet den Gast „hübsch“. Er muß ihr „schwören, daß du nicht hier in der Stadt lebst“, ihren Ruf also nicht ruinieren wird. „Dann laß ich es, laß ich es fallen, mein dünnes und zartes Kleid.“
Aufgeschrieben hat diese amourösen Zeilen einer der ersten namentlich bekannten Poeten der Geschichte: Ilummiya, eine sumerische Hofdichterin, von deren Lebensumständen sonst nur überliefert ist, daß sie von relativ niederer Herkunft war und sich in den Vorstadtkneipen von Ur – im heutigen Irak – gut auskannte. Sie war nicht ganz so vornehm wie ihre Kollegin Enheduanna, eine Königstochter und Priesterin, deren Hymnen die irdischen und himmlischen Mächte feiern.
Aus den Grabkammern der Keilschriftspezialisten in die Welt der Poesie gehoben hat diese Schätze der österreichische Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Raoul Schrott – in dem erstaunlichen Buch Die Erfindung der Poesie. Es ist mehr als eine Anthologie: eine abenteuerliche Irrfahrt durch die entlegensten Poesie-Landschaften der Erde.
Anders als sein Vorbild, Hans Magnus Enzensberger in dem unübertroffenen Museum der modernen Poesie (1960), läßt Schrott, 33, die Lyrikdiamanten nicht im freien Raum funkeln und munkeln; er rahmt sie sorgfältig mit historischen und poetologischen Essays. Dabei spannt er den Bogen vom Sumerischen bis hin zu den arabischen Dichtern Siziliens (11. Jahrhundert) und dem walisischen Berserker Dafydd ap Gwilym (14. Jahrhundert) – einem Meister der Kollegenschelte: „Du Troubadour für Trampeln und für Trutschen … Hundsfott von einem Lottersack und Falotten, du verhatschter Hennengreifer und Hurenigel.“
Kollegenneid und Erotomanie sind, neben obligatem Herrscherlob, in all diesen Versen, die Schrott neu (und überwiegend sehr gut) übersetzt hat, so gegenwärtig wie die alten Götter und Mythen. Schrott hat bei der – programmatisch lückenhaften – Auswahl darauf geachtet, daß der sagenhafte, hofzeremonielle oder religiöse Kontext vieler Gedichte deren handfeste Alltäglichkeit nicht allzu störend überlagert. Auch deshalb wirkt hier noch das Allerälteste taufrisch.
Um dieser Wirkung willen überträgt der polyglotte Herausgeber manchmal reichlich salopp. So läßt er die Griechin Sappho einen zudringlichen Kollegen mit den Worten anknurren: „Alles was gut und recht ist mein Lieber, wenn du was anderes als bumsen im Kopf hättest…“ Im Original ist von „bumsen“ nur äußerst indirekt die Rede: „Kakón“ heißt eigentlich „Schlechtes, Böses“, selten auch „Lasterhaftes“.
Trotz alledem: Schrott hat ein famoses Pionierwerk vorgelegt. Es ist auch eine Ohrfeige für jene Berufsjugendlichen, die bei Büchern wie diesem gern von „toten Dichtern“ reden – der Herausgeber des Herausgebers, Enzensberger, ordnet das einer verbreiteten „Idiotie der Gleichzeitigkeit“ zu; sie unterschätze, wieviel Neues „nur aus einem langen Gedächtnis kommen kann“.
Die Hand, die das Buch hält, ist das wahre Maß der Literatur. Von diesem goldenen Satz der Buchkunst ausgehend, hat vor einigen Jahren Hans Magnus Enzensberger die Andere Bibliothek gegründet. Und daß jetzt zum größten Kapitel der Literaturgeschichte gerade Raoul Schrott die Poesie übernommen hat, adelt natürlich das ganze Tiroler Land.
Raoul Schrott, Fachmann für kleine Ritzen und Ränder, nimmt sich jener Poesie an, die in keinem Lesebuch vorkommt. Einerseits spielt die Zeit keine Rolle, denn ein viertausend Jahre altes Gedicht kann oft aktueller sein als ein Kleingedicht in der morgigen Zwergenzeitung, andererseits ist auch die Geographie belanglos, denn Steine und Länder mögen verwittern, das Wort wird bleiben.
So schlägt natürlich bei jedem Umblättern das Leserherz in einer anderen Frequenz, einmal breitet sich die walisische Lyrik aus, dann liegen wieder mesopotamische Wortfresken im Sand, einmal sind es Marginalien irischer Mönche, die uns in ihrer Zeitlosigkeit klein erscheinen lassen, dann gibt es wieder ein Kapitel zur Erfindung des Sonetts. Sorgfältige Erklärungen und jeweils eine kleine Bibliographie sind Handreichungen, so daß sich niemand vor den Texten fürchten muß. Und die Texte sind so selbstsprechend, daß sie sich fast wie von selbst lesen.
Wer aus der Zeit für eine Weile aussteigen will, soll in dieses Buch einsteigen.
Helmuth Schönauer, aus Helmuth Schönauer: Tagebuch eines Bibliothekars, Bd. I, 1982–1998, Sisyphus, 2015
− Die einen haben Fackeln in der Hand, die andern Pfeile: Der österreichische Schriftsteller Raoul Schrott erfindet sich und die Maschine der Poesie. −
Selten sah man einen solchen Überflieger. Auf einem Schiff zwischen Südamerika und Europa geboren, die Kindheit im Maghreb verbracht wie Albert Camus, die Jugend in Zürich, wo Elias Canetti und James Joyce starben – so beginnt ein literarischer Gesamtlebenslauf im Expreßverfahren.
Der junge Mann beginnt zu lesen, zunächst nur Asterix und Obelix, aber das gleich auf französisch. „Mit elf oder zwölf stieß ich auf die Surrealisten und auf Camus.“ Drei Jahre später entstehen die ersten Gedichte, für die Paul Celan die Vorbilder liefert. Und so geht das weiter: Erst wird der Nachwuchswettbewerb für Amateurmusiker in der Tiroler Provinz gewonnen, dann wird in Norwich, Berlin und Paris studiert.
Es folgen die Wanderjahre als Sekretär bei Philippe Soupault, damals dem letzten lebenden Surrealisten (das Vorbild könnte Rainer Maria Rilke als Sekretär bei Auguste Rodin gewesen sein oder Samuel Beckett bei James Joyce), als Buchhändler bei Shakespeare & Company in Paris und als Lektor am Istituto Orientale in Neapel. Dann habilitiert sich der Dichter, und am Ende heißt es: „Wenn er nicht auf Reisen ist, lebt er in Südfrankreich.“ Raoul Schrott ist heute dreiunddreißig, und daß sein Name wie der „nom de guerre“ eines Dadaisten klingt, hat er selbst bemerkt.
Ein solcher Lebenslauf muß zu einem großen Buch führen. Bereits 1995, als der Roman Finis Terrae erschien, ließ sich ahnen, daß hier ein Talent am Werk war, das Bedeutendes vorhatte. Die Erfindung der Poesie heißt der Band, den Raoul Schrott jetzt in der Anderen Bibliothek herausgegeben hat. „Ein solches Buch hat es noch nicht gegeben“, behauptet der Verlag. Es enthält alte und älteste Gedichte, Gedichte aus dem Sumerischen, dem Griechischen, Lateinischen, Arabischen, Keltischen, Hebräischen, Aquitanischen, Okzitanischen und Walisischen, alle gesammelt, übertragen und kommentiert von Raoul Schrott.
Daß ein junger Dichter so viele tote Sprachen beherrscht, fast so viele wie der romantische Poet und Übersetzer Friedrich Rückert in seinen reifen Jahren, ist nur die eine Verblüffung, auf die das Buch angelegt ist. Die andere besteht in der Unwahrscheinlichkeit, daß diese Gedichte so vertraut wirken. Raoul Schrott will keine historischen Rekonstruktionen präsentieren, sondern unerhörte Ausgrabungen vorstellen, uralte Fundstücke, die aber wirken sollen wie am ersten Tag.
„Varus du kennst ja diesen Suffenus ebenfalls ganz gut“, dichtet bei ihm der Römer Catull fast hundert Jahre vor Christi Geburt, „ein intelligenter mensch sehr urban und eloquent.“ Das klingt erst einmal, als habe jemand unter den Trümmern des Forum Romanum eine Espressomaschine hervorgezogen. Doch es ist keine Torheit und hat eine eigene Tradition, wenn jemand alte Texte so zeitgemäß vorträgt: Den schnoddrigen Ton hat Ezra Pound den antiken Dichtern Euripides oder Properz schon vor fünfzig oder sechzig Jahren verliehen.
Raoul Schrott will mit einer Anthologie ein Weltbild verändern, und in seiner Idee ist mehr Vernunft, als man zunächst glauben möchte. In den vergangenen Jahrzehnten hat es viele Versuche gegeben, das Universum der Dichtung in Anthologien neu auszumessen: Walter Höllerer, Hans Magnus Enzensberger und Harald Hartung haben zu diesem Zweck ganze „Museen“ und andere Sammlungen veröffentlicht. Zuletzt folgte Joachim Sartorius mit seinem 1995 erschienenen Atlas der neuen Poesie. Dieser hatte sich zudem noch eine pädagogische Aufgabe gesetzt: die Vision einer postkolonialen Welt, eines Globus, auf dem jedes Land seine Dichter hat, weil es eine Poesie gib, die alle verbindet. Aber die Verhältnisse haben sich geändert. Heute gibt es zwar eine Weltliteratur, sie scheint jedoch wenig bedeutsam zu sein. Man kann vielleicht in einer Sprache sprechen, doch ist es nie die eigene eines anderen. Alles ist zugänglich, jeder ist für sich allein.
Dagegen setzt Raoul Schrott seine poetische Archäologie. Seine Karten unterscheiden sich sehr vom Weltatlas der zeitgemäßen Dichtung. Es sind historische und melancholische Karten, denn auf ihnen sind nur versunkene Länder eingetragen. Dabei stört es den Kartographen nicht, daß die meisten dieser weißen Flecken von den Philologen bis auf den letzten Zentimeter aufgenommen worden sind, hat doch in seinen Augen der akademische Betrieb den alten Gedichten die Poesie ausgetrieben. „Verschüttet“ heißt eines seiner Lieblingswörter, und er meint damit den Staub der Philologen, der sich auf die Wahrhaftigkeit des Wortes gelegt hat. Bei Raoul Schrott ähneln die Gelehrten noch immer den Ärzten bei Molière. Das ist gewiß eine Übertreibung, aber man nimmt sie hin: „Wozu eine Polemik punktgenau ausfeilen, wenn schon ein erster Rundumschlag die Hälfte trifft?“
Vom Dunkel der Gelehrsamkeit befreit, torkelt Catull nun als unglücklicher, ironischer Liebhaber durch die Gassen und stößt dort auf eine Schlägerbande. Es sind Götter:
die einen hatten fackeln in der hand die anderen pfeile und
ein paar von ihnen ketten wie um mich zu fesseln
Aber alle waren nackt – da sagte einer von den wilderen:
Nehmt ihn euch vor – ihr kennt ihn doch genau…
Das klingt fast wie New York, spielt im alten Rom und ist eine Traumszene von Urlust und Schmerz.
Diese Gedichte können fünfhundert Jahre alt sein oder dreitausend, es ist im Grunde gleichgültig. Ihre Stelle in der Zeit spielt keine Rolle – nur: daß sie nicht in eine Tradition gehören und daß sie sich nicht dem modernen, nachromantischen Kunstverständnis fügen. Raoul Schrott hat nach Gedichten gesucht, die sich immer auch unmittelbar verstehen lassen, nach Werken, bei denen man nicht auf den Gedanken kommen muß, hier solle man nach poetischem Tiefsinn graben. Deshalb besteht er auch so auf dem Rhythmus, dem Klang und dem Reim, dem Gegentakt zum Lauf der Zeit. Er will etwas sehr Entferntes nahe heranrücken. Die Literatur kommt ihm dabei zu Hilfe. Denn noch immer spricht sie vom Krug und von der Waffe, vom Kuß und vom Bett, von der Natur, dem Kampf und der Liebe – man denke nur an Seamus Heaney. Einem fast dreitausend Jahre alten Gedicht, das so einfach redet, kann man im übrigen nicht vorwerfen, daß es kitschig sei. Darin liegt ein Nutzen dieser Fundstücke:
Und untergegangen ist der Mond mit
den pleiaden, versunken mitten im
dunkeln, aus der schale der nacht rinnt
die zeit und nur ich, ich schlafe allein.
Das ist nicht Ingeborg Bachmann, sondern Sappho, und es klingt auf eine verwirrende Weise modern.
Diese Nähe ist vielleicht eine Illusion. Aber wenn man darauf vertrauen kann, daß die älteren Zeiten nicht die dümmeren gewesen sein müssen, mag ja einiges für diese unverhoffte Nachbarschaft sprechen: Der moderne Klang der Übertragungen von Raoul Schrott entsteht aus einer Ironie, die wir für eine Errungenschaft der neuesten Zeiten halten, die bei ihm aber von vornherein den Ton der Dichtung bildet. Da tritt zwar stets jemand auf, der „ich“ sagt und Bilder für seinen Zustand sucht, der hadert und liebt und haßt und zweifelt. Aber dieses „ich“ schwärmt nicht, es versucht nicht, sich einzunisten in Befindlichkeiten und Selbstvergewisserungen. Es ist eine vage, sehr brüchige Angelegenheit – stets setzt sich jemand einer Welt entgegen, die ihm bereits unmißverständlich klargemacht hat, daß er ihr herzlich gleichgültig ist: Von einem „Haus“ dichten die irischen Mönche im neunten Jahrhundert:
ein haus in das kein regen rinnt
wo eine lanze nur ins leere fällt
und jeder tag an licht gewinnt
weil das dunkel keine wände hält.
Dieses „ich“ ist bloß ein Bild, eine fixe Idee, die sofort zerfällt, wenn die Welt ihr widerspricht. Die Vorstellung, daß Dichten ein persönliches Verdienst sein könnte, ist ihm völlig fremd. Das ist vielleicht die größte Überraschung in diesem Rückblick auf die angeblichen Anfänge der Dichtung: daß es sich stets schon um reflektierte Dichtung gehandelt haben kann, daß das Naive vielleicht immer schon das Sentimentalische war. Bei dieser scheinbaren lyrischen Frühe handelt es sich offenbar schon um späte Zeiten, denn alles Raffinierte kommt spät.
Raoul Schrott, der jetzt alles neu machen will, hat sich die Kenntnisnahme der Literaturgeschichte nicht erspart, wie man an den Kommentaren zu den einzelnen Dichtern leicht erkennt. Und doch findet man Ungenauigkeiten in seinen Übersetzungen, Fehler sogar und sehr viele Übertreibungen. Guilhem IX, der Herzog von Aquitanien und erste Trobador, spricht in seinem zehnten Lied gewiß nicht davon, daß es sein „Schicksal“ sei, nur vergeblich lieben zu können. Nur geht es ihm dauernd so, daß er, weil er nicht lieben kann, immer heftiger begehren muß. Sein Lied ist also noch mehr im Sinne des Übersetzers, als dieser es selbst glaubt. Aber es ist müßig, nach solchen Mängeln zu suchen – selbstverständlich muß Raoul Schrott hin und wieder den Preis für einen Anachronismus zahlen, und gegenüber den „Pomadenhengsten“, die er bei Catull auftreten läßt, ist das Wort „Schnösel“ wohl eher angebracht als bei Properz, wo er es unterbringt. Man könnte darüber staunen, wie selten ihm so schiefe Töne unterlaufen.
Und so entstehen aus alten Texten Gedichte, die gar keiner Zeit mehr angehören sollen. Raoul Schrott poetisiert, um zu aktualisieren, und dabei greift er auf, was man verstehen kann und was sich einem modernen Interesse fügt. Es bleiben Lücken, und man nimmt sie hin: Archilochos, der Dichter und Söldner aus dem siebten Jahrhundert vor Christus, macht immer wieder den Eindruck, hier spreche ein früher Rimbaud:
Die götter haben das letzte wort
sie heben dich in die höhe wenn
du auf der dunklen erde liegst
sie werfen dich auf den rücken
hast du erst einmal fuß gefaßt…
Die Lieder von Abu Nuwas – tausend Jahre alt ist dieser Mann und angeblich ein hübscher, wenn auch etwas dicker Kerl – erinnern sehr an den Stürmer und Dränger Carl Michael Bellmann:
Ganz dunkel ist er in seinem krug
der sonne ihr tiefroter atemzug
als sie vor mir ihr auge aufschlug
ein wein wie aus dem paradies.
Und die Geschichte von Guilhem IX, dem Trobador aus dem frühen zwölften Jahrhundert, klingt schon fast nach Robin Hood. Ob das alles so richtig ist, weiß man nicht, aber es spricht auch wenig dagegen, daß Raoul Schrott die Lebendigkeit des Ausdrucks der Genauigkeit der Übertragung vorzieht. Wo ein Philologe den Rhythmus und den Reim dem Wortsinn opfert, wird es hier umgekehrt gemacht.
Raoul Schrott hat irgendwann das Singen zur Gitarre aufgegeben, obwohl er jenen „sehr lokalen Bandwettbewerb gewonnen“ hatte. Ihm fehlte, so sagt er, die Stimme, die er für seine „chromatischen Akkorde“ gebraucht hätte. So mag es sich zugetragen haben, auch wenn es keine solchen Akkorde gibt, weil sie wie eine Faust auf den Tasten klingen würden. Aber die Geschichte enthält auch ein Zitat: Als Friedrich Nietzsche den Lyriker definierte, erklärte er ihn zu einem Menschen, der „immer ,ich‘ sagt und die ganze chromatische Tonleiter seiner Leidenschaften und Begehrungen vor uns absingt“.
Man findet diese Definition genau dort, wo Nietzsche in der Geburt der Tragödie Homer mit Archilochos vergleicht, den greisen Träumer mit dem „leidenschaftlichen Kopf des wild durchs Dasein getriebenen kriegerischen Musendieners“. Auf wessen Seite Nietzsches Sympathien liegen, ist dabei ganz ohne Zweifel: beim Lyriker, dessen Ich „aus dem Abgrunde des Seins tönt“ und „Bilderfunken“ sprüht. Nur „subjektiv“ – das sei der wahre Dichter nicht, dazu gehe es doch zu sehr um existentielle Fragen. Nietzsche erklärt hier das lyrische Ich für bedeutungslos, für unzuständig, um es mit dem Leben aufzunehmen. Diese Passage in der Geburt der Tragödie ist ein Manifest, und offenbar hat sich Raoul Schrott in die Idee hineingebohrt – mit großer Beharrlichkeit: Bereits der Roman Finis Terrae erzählt von einer Welt, in der es keine weißen Flecken und dunklen Stellen mehr gibt, und davon, wie es einem Archäologen gelingt, dennoch in einer Wüste zu verschwinden.
Man stößt bei Raoul Schrott auf viele verborgene Zitate aus dem Werk Friedrich Nietzsches. Dafür gibt es einen weiteren Grund: Auch Raoul Schrott ist ein entlaufener Philologe, einer, der einer fröhlichen Wissenschaft huldigen möchte. Manchmal blufft der Dichter wie ein Dandy im Salon, zum Beispiel, wenn er sich für seine abenteuerlichen Ahnenreihen darauf verläßt, daß niemand das alles gelesen haben kann: die Minnesänger zum Beispiel, die „wie der Archipoeta, Villon, Cecco Angiolieri, Hofmannswaldau, Carl Michael Bellmann, um nur einige zu nennen, eine verschüttete Literaturtradition verkörpern, die zuallererst das Leben betonen und dabei aus einem vollen Faß schöpfen“. Die entlaufenen Philologen kennen sich an den Rändern besser aus als in der Mitte, dramatisieren gerne ihre Kenntnisse, und oft werden sie Hochstapler.
So hat Raoul Schrott den einzelnen Dichtern enzyklopädische Lebensbeschreibungen vorangestellt, obwohl er weiß, daß er poetische Aussagen nicht als Auskünfte über Dichter nehmen kann: Er hat seine Gestalten aus Gedichten herausgelöst und lebensähnlich gemacht, also weitgehend erfunden. Der Autor liebt die Übertreibung: „Der Graf von Poitiers war einer der nobelsten Edelleute und einer der größten Verführer.“ Die Geschichte der Lyrik wird hier zu einem Epos, für das die einzelnen Gedichte kaum mehr als Anhaltspunkte geben. Auch das ist die Erfindung der Poesie nach Raoul Schrott: In seiner poetischen Archäologie wird die Poesie in der Manier Erich von Dänikens als große webende Unbekannte suggeriert.
Woher kommt diese Leidenschaft für das Dunkle, Abgelegene, weit Entfernte? Wieso soll sich das Vorzeitliche und Periphere so weit über bekannte Traditionen und zentrale Überlieferungen erheben? Weil es im Unterschied zur Mitte noch frisch ist, weil es neu klingt, weil es einen gewaltigen Unterschied macht zur Geschichte der großen Werke, über die sich Deutung über Deutung schichtet. Raoul Schrott inszeniert eine Tiefe der Zeit und eine Weite des Raums, und dadurch wird das Universum sehr groß und sehr klein zugleich. In dieser fremden Welt kehrt der lyrische Dichter als Held zurück. Er ist vielleicht ein Schlawiner, und doch steht hier wieder einer für sich selbst. Und das geht so weit, daß Raoul Schrott mit seinen eigenen Figuren Mimikry treibt. Das sieht man am Lebenslauf des Überfliegers und auch an der seltsamen Eitelkeit, unter jeden biographischen Text den Namen des Ortes zu setzen, wo er geschrieben wurde – und wieder ist da die geheimnisvolle Geschichte von der Erfindung der Poesie: Lissabon, Innsbruck, Stuttgart, Cape Clear, Berlin, Camoglie, Neapel, Santiago do Cacém… Ich war da, ich war in der freien Luft, ich war überall, sagt der Lyriker, der die Jahrtausende auf einen Punkt bringen will.
Der Atlas der alten Poesie zeigt hauptsächlich Wüsten. Zwischen einer Grabung und der nächsten liegen zuweilen Jahrhunderte und Tausende von Kilometern, und nur eine dünn gestrichelte Linie führt von einem Ort zum andern. Natürlich könnte man einwenden, man vermisse die mittelalterliche Mystik – aber was könnte man hier nicht alles noch vermissen? Daß Homer, Ovid und Vergil, Petrarca und Dante fehlen, daß die arabische Lyrik gegen die griechisch-römische Tradition aufgewertet wird, ist Programm: Es richtet sich gegen die Epik und nimmt Partei für das krude Leben. Es lehnt die Metropole ab und will die Provinz. Deswegen fehlt auch Horaz: Er war den Gärten Roms schon viel zu nahe gewesen, von der Stadt erscheinen nur die Hinterhöfe und dunklen Gassen, und dort sucht man das Eigentliche am ehesten. „Darin besteht für mich dichterisches Vermögen“, erklärt Raoul Schrott und zitiert Niccolò Machiavelli, ohne ihn zu nennen:
der Göttin der Gelegenheit in die Haare zu greifen, in einem Moment – einem Blick, hier und jetzt, warum nicht – das Signifikante zu erkennen und daraus ein Gedicht werden zu lassen, den Augenblick festzuhalten, ohne ihn zu verändern.
Natürlich ist das Willkür. Aber sie weiß, wo sie steht.
Friedrich Nietzsche ist der eine Geistesverwandte Raoul Schrotts. Der andere ist Johann Gottfried Herder, der Ethnologe der Dichtung, aber mit ihm verträgt sich der Erfinder der Poesie wesentlich schlechter – einer formalen Ähnlichkeit zum Trotz. Auch die Stimmen der Völker in Liedern, Herders berühmtestes Buch, sind eine Anthologie. Dort steht das spanische Lied von „Zaidas trauriger Hochzeit“ neben dem litauischen „Abschied eines Mädchens“, der morlackische Gesang neben dem skaldischen „Hagelwetter“. Poesie, behauptet Herder, lebe „im Ohr des Volkes, auf den Lippen und Harfen lebendiger Sänger: sie singt Geschichte, Begebenheit, Geheimnis, Wunder und Zeichen“. Das hätte Raoul Schrott, freilich weniger pathetisch, auch sagen können. Aber er ist, obwohl die Sammlung einen solchen Eindruck machen kann, kein Ethnologe der Lyrik. Er begibt sich nicht auf die Suche nach Völkergedanken, er will keine Ursprachen erraten. Nicht umsonst ist Herders Impuls, der seinerzeit das Verständnis von Poesie so erschütterte wie Winckelmanns Umdeutung der Antike, eingefangen worden von Philologen und nationalen Hütern der Tradition. Poesie wurde als säkulare Offenbarung an die Wiege der Nationen gelegt. Raoul Schrott würde sagen, das habe sie um ihr lyrisches Potential gebracht. Sein globales Vagabundieren aber kommt im Augenblick der Erosion von Nationalliteraturen. Er hält sich an die Oberfläche, er paktiert mit der Verwirrung, und am Anfang war allenfalls Dada. Alles ist ihm gleich nahe zur Gegenwart, seine Trobadors sprechen unsere Sprache. Der Vagabund sucht die Gesellschaft seiner dionysischen Vorfahren. Denn er weiß ja nicht, wohin die Reise geht.
Es gibt eine Archäologie des Luftbilds. Denn manchmal erkennt man erst in einigem Abstand von der Erde die Mauern, die vor Jahrhunderten gezogen worden und heute von Schutt und Erde überdeckt sind. Der Überflieger ist ein solcher Archäologe. Er hat unter dem Müll der Zivilisationen etwas gesehen: eine „uralte Maschine, die zwar manchmal den Eindruck macht, als hätte ein Tinguely sie gebaut; ihre einzelnen Zahnräder und Teile unterscheiden sich indes kaum von modernen Uhrwerken“. Es ist die Maschine der Poesie. Man weiß nicht, ob man das, was man von oben gesehen hat, in der Nahsicht wiedererkennt. Aber eines wird das, was man am Ende ausgräbt, nicht sein: ein lyrisches Ich.
Thomas Steinfeld, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.10.1997
Raoul Schrott eröffnet mit seiner Anthologie Die Erfindung der Poesie einen länder- wie zeitumspannenden Zugang zur Dichtung an ausgewählten Beispielen ihrer kritischen – weil Traditionen verändernden – Augenblicke. Die Dichter, die er kommentiert und übersetzt, haben oft die poetischen Errungenschaften früherer Dichter in den Kulturkreis und die Sprache des Späteren eingepaßt und verändert, ohne der Philologie oder den soziokulturellen Umständen der Quellen allzu große Bedeutung beizumessen (z.B. seien die Sizilianische Schule um Giacomo da Lentino und die okzitanischen Trobadors von der spanisch-hebräischen Dichtung des Samuel Ha-Nagid beeinflußt). Dichterische Vereinnahmung will und leistet auch Schrott in dem synoptischen Kraftakt seiner Poesie-Fibel. In eine Sprache, die er für die angemessene unserer Zeit hält, holt er die ersten viertausend Jahre der Dichtung herüber: von ihren Anfängen, die er mit der Hohepriesterin Enheduanna im 24. Jh. v.Chr. festlegt, bis zur walisischen Poesie eines Dafydd ap Gwilym aus dem 14. Jh. n.Chr.
Seine Auswahl und Übersetzung folgen einem – von ihm sich nur spärlich eingestandenen – Realismus, der sich diffus ausdifferenziert: Weil die von ihm gewählten Dichter ein greifbares Unbehagen an ihrer Kultur gehegt hätten, seien ihre Gedichte sehr konkret realistisch und bezögen sich auf konkrete Gegebenheiten, z.B. auf religiöse, soziale, politische oder – wie es in Schrotts Sammlung den „ganzen Kerlen der Poesie“ zusteht – geschlechtliche Gegenstände. Diese sehr konkreten Gegenstände aber seien in den jeweiligen (Original-)Gedichten in Bildern konkret verkörpert, so daß sie den gesamten intellektuellen und emotionellen Komplex in einem Augenblick bündeln. Diese Bilder – noch bevor sie geschrieben wurden, jedoch schon mit dem konkreten Gehalt des Gegenstandes, den sie verkörpern – diese Bilder der Originalgedichte also will Schrott mit den ihm adäquat erscheinenden Mitteln gegenwärtiger deutscher Dichtersprache verkörpern. Dabei scheint er das Funktionale und das Ideale einer universalen Poesie gleichzeitig für seine Übersetzungen zu beanspruchen: sie sollen deutlich machen, was das Gedicht für die Zeit seiner Entstehung bedeutete, vielleicht bewirkte, und was es der Poesie an sich hinzugefügt hat. Auf diesem Parcours zwischen Funktionalem und Idealem schlittert Schrott in ein Dilemma: Übersetzt er vordringlich die Gegenstände (z.B. Homosexualität; oder: die Rolle der „Popularität“ des Dichters), so nivelliert er den Unterschied, der diese Gegenstände im sozio-kulturellen Kontext ihrer Zeit (etwa im Rom Catulls und heute) voneinander trennt. Dies ist die Crux, an der auch andere gegenwärtige Adaptionen des Mythos zu tragen haben. Auf lexikalischer Ebene – für die erwähnten Beispiele – bedeutet dies: Schrott übersetzt Catulls „pedicare“ und „irrumare“ (Gedicht Nr. 16) mit „besorgen von vorne und von hinten“, „pathicus“ und „cinaedus“ mit „schwanzlutscher“ und „arschficker“, ungeachtet der Bedeutung und der funktionalen Rolle, die diese Wörter und das durch sie Bezeichnete im gesellschaftlichen und literarischen System der jeweiligen Zeit haben. Ebenso vordringlich gegenständlich verfährt er mit dem „Spatz“ eines Mädchens in dem Catull-Gedicht Nr. 2. Obwohl es zumindest philologischer Common sense ist, daß Catull, wo er am einfachsten wirkt, durch Anspielungspoesie am kompliziertesten ist, setzt Schrott diesen Spatz triumphierend mit Catulls Schwanz gleich.
Übersetzt Schrott aber „in poetischen Konjekturen, die die Bilder und den Tonfall nachzuzeichnen versuchen“, so hält er zumeist ein heutiges Modell, eine heutige literarische Konvention des Idealen der Dichtung an die Vorlage. Das kann begeistern (begeistert auch sehr oft, wie in Dafydd ap Gwilyms „Satire auf Rhys Meigen“, die fast das ganze bayrische Schimpfwörterbuch aufbraucht), das kann angezweifelt werden (wie der Sappho nachgedichtete, an Bachmann erinnernde Vers „aus der schale der nacht rinnt die zeit“).
So gelungen Schrotts Tour de force durch die ersten viertausend Jahre der Poesie eine weiterreichende Lektüre anregt, so wenig ist es geraten, die aus seinen Kommentaren ragenden Fäden kritisch zu ziehen. Denn da kommt einem gelegentlich das Gerümpel der Ungenauigkeit, schlicht der Falschheit entgegen.
Wohlige Schauer überliefen die Menschen in jenen frühen sechziger Jahren, ein Dichter war geboren aus Nebel und Feuer, ein Dichter so fern und märchenhaft vertraut zugleich: Ossian. Der Barde Ossian hatte noch vor der letzten Jahrtausendwende Mannestugend und Kriegerglück besungen, er verging vor Schmerz und Trauer und Wehklagen, und alles so weit weg im Westen, am Ende fast der denkbaren Welt (finis terrae), daß es schon deshalb wahr sein mußte.
Das dekadente London jauchzte über die Entdeckung, die der schottische Schulmeister James Macpherson da gemacht hatte, und in Deutschland wetteiferten die jungen Dichter, dem alten ihren Dank abzustatten. Auch Herder berief sich auf den Gälen und „die ganze wundertätige Kraft, die diese Lieder haben, die Entzückung, die Triebfeder, der ewige Erb- und Lustgesang des Volks zu sein“.
Bloß blöd, daß etwas herzenskältere Leute wie Dr. Johnson den toten Dichter merkwürdig neumodisch, richtig très chic fanden. Der große Pedant behielt recht: Macpherson selber mußte sich als Autor bekennen. Der Lehrer hatte sparsame gälische Fragmente aus dem frühen Mittelalter munter fortgedichtet, Ton in Ton und doch gut genug, daß halb Europa in die Knie brach vor lauter Andacht.
Europa noch nicht, aber bald das ganze deutsche Rezensententum liegt in diesen ossianisch-trüben Tagen und Wochen auf dem Bauch und bestaunt Raoul Schrott, den „Archäologen der Poesie“, wie eine Erscheinung aus dem Morgenland. Schrott, von Beruf ebenfalls Lehrer, kann auch Gälisch. Außerdem natürlich (Moment…:) Sumerisch, Arabisch, Griechisch, Latein, Hebräisch, Walisisch, Okzitanisch und dergleichen mehr. Mit diesem Wissen begnügt er sich aber nicht, ihm schwebt Größeres, Erhabenes vor, etwas richtig Tolles: Ein dickes Buch von der Erfindung der Poesie muß es sein.
Dieses Projekt ist bald „so alt wie die Welt“ (der poeta doctus Bernd Clüver), und jeder Dichter glaubt, er könnte das auch, aber Raoul Schrott bildet sie nur ab, die Erfindung: sammelt in seinem Florilegium der schönsten Lieder aus den „ersten viertausend Jahren“ sumerische, arabische etc. Gedichte und bietet dem Leser so moderne Versionen wie diesen rhythmus- und klangfreien Catull:
… es ist ja gut und schön
daß deine arbeit für ihn nicht ganz umsonst war
Sakra! was für ein machwerk!
So weit würden wir dann doch nicht gehen. Wo unsereins sich schon schwertut mit dem niederdeutschen Idiolekt und beim Bäcker bloß Unverständnis erntet, wenn er Semmeln möchte, wie beneidet er da Schrott um sein Zungenreden! Aber kann er das überhaupt? Beherrscht ein Mensch von 33 Jahren so gut das alte Arabisch wie Hammer-Purgstall und Rückert nicht in siebzig Jahren? Sumerisch? Und besitzt dazu noch eine gewisse Geläufigkeit in den paar europäischen Mundarten? Kann er nicht, sagen jetzt die ersten pedantischen Dr. Johnsons. Der in Syrien geborene Schriftsteller Rafik Schami vermutet statt vielsprachiger Kompetenz Raubzüge bei englischen und französischen Orientalisten des 19. Jahrhunderts. Erwischt, Herr Lehrer, und auch noch beim Abschreiben! Tough luck, wie eine knapp viertausend Jahre alte Indianerweisheit tröstet. Oder: „Wir drucken nur Bücher, die wir selber lesen möchten“, wie das Motto der Anderen Bibliothek verspricht. Vielleicht kommt man bei Eichborn ja an den stillen Tagen nach Weihnachten endlich dazu. Hier ein vorweihnachtliches Friedensangebot: Nie wird der Schaden ganz zu ermessen sein, den der französische Poststrukturalismus bei jungen, empfindsamen Gemütern angerichtet hat. Ein Text ist seither bestenfalls ein „Text“ oder subtext oder sur-texte. Wenn Schrott also seine vielsprachige Poesie nicht mehr als Übersetzung, sondern tatsächlich als seine eigene Erfindung ausgäbe, seinen „Text“ – er wäre gerettet vor der eigenen Hochstapelei und eine mythische Gestalt wie der Barde Ossian.
Der Lehrer Macpherson wurde nach seiner Demütigung übrigens befördert, ward Diplomat und schließlich begraben in der Westminster Abbey.
– Raoul Schrott streitet für wahre Poesie. –
Die Erfindung der Poesie ist ein großer Wurf. Wer wollte es Schrott verübeln, daß der Ball ein- oder zweimal aufsetzt, bevor er ausrollt? Seine Übersetzungen sind frei, es ist sein gutes Recht, es so zu halten, er legt die Karten im Vorwort auf den Tisch. Sein Rückgriff auf die Übertragungen anderer ist kein Verbrechen, sondern Brauch.
Albert Ehrenstein z.B. ist, im Falle seiner Übersetzungen aus dem Chinesischen, nicht anders verfahren. Nur war Ehrenstein so klug, auf seine Quellen hinzuweisen. Schrott beging den Fehler, dies zu unterlassen. Er möchte ein Meister sein, und Die Erfindung der Poesie ist nicht zuletzt eine Selbstinszenierung, vor allem aber ein Teil seiner Suche nach dem Wesen des Gedichts oder der Mitte der Lyrik, deren Künder er ist. In dieser Hinsicht ist das vorliegende Werk eine Selbstvergewisserung, weshalb es nicht sehr sinnvoll ist, sich mit literaturwissenschaftlich geschärften Zähnen an den Mängeln einer Anthologie festzubeißen, deren Wirkung abzuwarten bleibt. Von gut fünfhundert schön gestalteten, edel gebundenen Druckseiten sollte man sich nicht ins Bockshorn jagen lassen. Es ist ein herrliches Buch, doch es hat schon spannendere Anthologien gegeben. Immerhin wird darin Schrotts Blickrichtung deutlich: über die Schulter, nach hinten. Fast hat es den Anschein, als sei ein Cézanne der Lyrik am Werk, ein „fortschrittlicher Konservativer“, der den festen Kern des Gedichts unter den Schuttbergen experimenteller und pubertärer Lyrik ausfindig machen will.
Die „Mitte“ ist ein unglückliches Wort, belastet von allerlei Schutt: der politischen Mitte, dem goldenen Mittelweg und nicht zuletzt von Sedlmayrs „Verlust der Mitte“, jenem latent antimodernen Buch über die bildende Kunst. Ungewollt oder gewollt stellt sich Schrott in diese Nachbarschaft. Worin aber besteht seine Mitte? Einerseits definiert er sie negativ, als Leerstelle zwischen experimenteller Lyrik und frühreifen Ergüssen, begleitet von einer Polemik gegen junge Dichter, die zu unbelesen seien, um sich fundiert über Seamus Heaney oder Ezra Pound unterhalten zu können. Wissen um die Dichrungstradition, im Sinne T.S. Eliots, fordert Schrott und läßt die Muskeln spielen, und stellvertretend für seine Generation versucht er, diese Lücke durch Die Erfindung der Poesie zu schließen.
Andererseits zeigt sich in seinem Gespräch mit Urs Engeler („Die Mitte zurückgewinnen“, in: Zwischen den Zeilen, Heft 7/8 1996, S. 146–157), daß Schrott die englische Lyrik als Vorbild empfiehlt. Hier sei die Mitte noch vorhanden, augenfällig werde dies am größeren Angebot von Lyrik in den Buchläden sowie der größeren Leserschaft. Das trifft zu. Was aber sagt es über die Mitte: Leichtere Verständlichkeit? Realitätstreue? Schon Michael Hamburger unterschied in seinem Buch The Truth of Poetry (1969) zwischen „phänotypischer“ englischer und „archetypischer“ kontinentaler, vor allem französischer und deutscher Lyrik. Richtig ist, wie Schrott bemerkt, daß die Britischen Inseln von den Ismen des Kontinents nur gestreift worden sind. Gerade die englische (anders die walisische oder schottische) Lyrik ist überwiegend „down to earth“. Philip Larkins Nüchternheit und Alltagsgebundenheit sind bezeichnend hierfür; ein Dichter wie Ted Hughes, naturverbunden und metaphernstark, gilt Edward Lucie-Smith bereits als Expressionist. Wenn Schrott sich auf die englische Lyrik fixiert, verkennt er einerseits die Unterschiede in der Tradition. Andererseits steht ein Großteil der westdeutschen Lyrik seit den fünfziger Jahren unter dem ebenfalls nüchternen Einfluß der amerikanischen Poesie. „Deutsche Innerlichkeit“ und expressionistisches Neuer-Mensch-Getöne sind heute Anlaß zu Spott und Distanzierung; Abgeklärtheit hat noch immer hohen Marktwert, an existentielle Themen scheinen sich nur ostdeutsche Dichter zu wagen – und diese tun es mit Fug und Recht. Wo aber liegt die Mitte?
Im „Pamphlet wider die modische Dichtung“ (in: Sabine Küchler, Denis Scheck [Hg.]: Vom schwierigen Vergnügen der Poesie, Straelen 1997, S. 63–75) wird Schrott konkreter und hebt zwei das Gedicht konstituierende Elemente hervor: die „Musik“, also Rhythmus und Klang, sowie Bild und Metapher. Der Akzent auf dem ersteren ist nicht neu. Schon seit den späten achtziger Jahren ist erkennbar, daß Form und Klang in der deutschsprachigen Lyrik größere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Diese Tendenz treibt inzwischen wieder die Blüte des Endreims, stellvertretend seien Rosenlöcher, Jacobs und von Petersdorff genannt. Bild und Metapher aber gewinnen bei Schrott ein neues (altes) Gewicht, sie dienen der Erkenntnisgewinnung:
Die Wahrheit: war nie etwas anderes als ein bewegliches Heer von Metaphern, Metonymien und Anthropomorphismen, Illusionen, von denen man vergessen hat, daß sie welche sind. Ihre Keimzelle jedoch ist die Poesie, nichts anderes.
Die Mitte, so scheint es, ist die platonische Idee vom Schönen, Wahren, Guten. Kunst und Wissenschaft, Schrott nennt als Beispiel die Physik, schaffen Metaphern, die die Wahrheit zum Ausdruck zu bringen versuchen. Dies scheint, Schrotts Ansicht nach, der Stamm zu sein, von dem die schwachen Äste des gegenwärtigen Gedichts abzweigen. Also: Wider die Beliebigkeit und zurück zum Stamm, zu Sinnstiftung und Konstituierung der Welt durch das Gedicht, zu Klangfülle und Rhythmus. Diesen Idealismus teilt er mit Durs Grünbein, auch wenn er ihn zwischen den Zeilen seines Pamphlets schmäht, nur setzt Grünbein den Hebel anderswo an, skeptischer und zweifelnder. Doch es sind gerade die Hemdsärmeligkeit und Selbstsicherheit Schrotts, mit der er sich ins Geschehen stürzt, die Widerspruch wecken. Hier ist jemand, der versucht, eine Richtung zu weisen, der provoziert und Pamphlete verfaßt. Das war lange nicht da, und es ist erfrischend, entschuldigt gewisse Selbstgefälligkeiten. Den gebrochenen Glauben an das Gedicht zu erneuern – was will man mehr.
Das „mehr“, das man will, ist der Versuch einer Umschreibung dessen, was Dichtung fruchtbar werden läßt und ihre Qualität ausmacht. Schrotts Suche nach der Mitte ist ein Versuch der Ortsbestimmung, ist, wie Die Erfindung der Poesie zeigt, eine Suche nach Ursprüngen, die wieder Maßstäbe schaffen soll. Das ist ein wichtiges Anliegen, zielt aber in die falsche Richtung, denn es ist nicht die Dichtung selbst, die hier Antwort gibt – es sind die Dichter.
„Rembrandt und Shakespeare“, schreibt die amerikanische Schriftstellerin Annie Dillard, „Tolstoi und Gauguin besaßen, denke ich, große Herzen, keinen starken Willen.“ Eine solche Großherzigkeit zeichnet als Bodensatz, Rückgrat oder kaum wahrnehmbarer Hintergrund gute Literatur aus. Mit etwas Wagemut könnte man sie – der geneigte Leser möge den Hut abnehmen – als Liebe bezeichnen. Das ist ein altmodisches Wort, ein großes Wort, ein ebenso mißbrauchtes Wort wie die „Mitte“, doch eines, das Biß hat. „O Gott, und ich habe die Liebe nicht!…“, läßt Fernando Pessoa seinen Álvaro de Campos bei der Lektüre von Paulus’ „Erstem Brief an die Korinther“ klagen, ein jammervoller, in seinem Pathos fast ironischer Vers.
Dahinter aber verbirgt sich die Einsicht, daß gute Dichtung ohne ein Quentchen Liebe zur Welt (zur Sprache ohnehin) nicht zu haben ist. Um dies auch cooleren Gemütern schmackhaft zu machen, könnte man, im Falle des Schreibens, von Offenheit sprechen. Man kann sich der Welt verschließen, um nicht von ihr aufgerieben zu werden, doch das Schreiben verlangt das ständige Bemühen um ein Sich-Öffnen, ein Einfließen-Lassen, ein Aufsaugen, ein kurzes Eins-Sein mit jenen Aspekten der Wirklichkeit, denen man ausgesetzt ist, die man aussiebt und reflektiert. Dies ist der „mystische Lebenssaft“ (John Cowper Powys), verstanden als sinnliche und intellektuelle Offenheit der Welt und dem gegenüber, was sich hinter ihr verbirgt, von dem Dichtung zehrt, der sie mit Inhalt füllen, ihr Gewicht verleihen und ihr wieder Leser bescheren kann.
Und hier liegt die Mitte, die Schrott sucht, vielmehr: hier pulsiert sie. Eine derartige Offenheit und Großherzigkeit, selbst das Bemühen darum, bringen im besten Fall ein Fingerspitzengefühl für Ethik und Ästhetik mit sich. Zugleich gibt es keinerlei Maßgaben, Inhalt und Form betreffend. Der Standort des Schreibenden mag goldrichtig sein oder voll daneben liegen. Er mag reimen oder dekonstruieren. Die Substanz, von der Dichtung zehrt, ist eine Haltung Leben und Welt gegenüber, ein innerer Rhythmus, der die Verse tanzen läßt.
Schrott, so scheint es, versucht den Dichtern eine Unschuld zurückzugeben, die ihnen abhanden gekommen ist. Hierunter ist keine Blauäugigkeit zu verstehen, sondern eine kluge und tiefe Naivität, die sich, ohne sich vom „Faltenwurf der Mode“ oder irgendeinem „Entwurf der Moderne“ (F.J. Raddatz) blenden zu lassen, an das Wesentliche wagt, das darin besteht, nach einer Möglichkeit von Sinn zu suchen. In einer Gesellschaft, die in vielen Fällen falsche Ziele vorgibt und Sinn vorgaukelt, um den Kreislauf von Produktion und Konsum am Laufen zu halten, ist dies notwendig. In seinem Roman Die Stadt hinter dem Strom (1947) schildert Hermann Kasack ein solches Totenreich, dessen Schattenbevölkerung die Ziegel zum Wiederaufbau ihrer Stadt in einer Fabrik produziert und dann in einer anderen zermahlt, um aus dem Staub wieder Ziegel herzustellen und diese wieder zu zermahlen – ohne von der Absurdität des Kreislaufes zu wissen.
Den Ausdruck von Begeisterung und Hoffnung, fälschlicherweise als Pathos abgetan, braucht die Dichtung nicht zu scheuen. Noch weniger das Poetische.
Korrigiert werden muß das Mißverständnis, Aufgabe der Dichtung sei einzig und allein, die Welt kritisch abzuschildern und eine verheerende Gegenwart durch zerschlagene Syntax oder umgangssprachliche Orthographie wiederzugeben. Daß wir in einer Wirklichkeit leben, die in vieler Hinsicht unbefriedigend und zerstörerisch ist, bleibt unbestritten. Doch eine Mimikry, praktiziert von „coolen Dolmetschern der Wirklichkeit“ (Thomas Kling), führt zur selbstverschuldeten Bruchlandung des Gedichts, führt es immer tiefer in die Wirkungslosigkeit. Ein Dolmetschen, d.h. ein Übersetzen von Welt in Wort, reicht, selbst als Verfremdung verstanden, ebensowenig aus wie bloße Kritik oder der Ausdruck eines Unbehagens.
„Die Gültigkeit eines Dichters als Wesen von Einfluß und Ansehen, zu dem er berechtigt ist“, schrieb der amerikanische Lyriker Wallace Stevens, „besteht einzig und allein darin, daß er dem Leben etwas hinzufügt, ohne das es nicht gelebt werden kann, nicht lebenswert ist, keine Würze besitzt, ohne das es in jedem Fall anders ist als jetzt.“ Einer neuen Naivität, die, in diesem Sinne verstanden, fähig wäre, das Gedicht zu bereichern, ist Erfolg zu wünschen.
Liefre ich euch alle meine teufel aus
verlassen mich mit ihnen meine engel
schreibt Jan Skácel, und dies bleibt gültig. Ein Mehr an Schönheit und ein Funken Hoffnung aber könnten die Lyrik wieder fruchtbar machen für Leser und so sie aus der Sackgasse führen, in der sie steckt.
Henning Ahrens, neue deutsche literatur, Heft 519, Mai/Juni 1998
Poesis incognita von Jan Westerhoff
Irmgard Schmidmaier spricht mit Raoul Schrott: Zurück zur Verständlichkeit
Die Furche, 20.4.2000
Klaus Taschwer: Doz. Dr. Dichter
Falter, Nr. 41, 1997
Ralph Dutli: Lauter von leichter Hand aufgestossene Schatzkammern
Die Weltwoche, 9.10.1997
Michael Braun: Die Erfindung der Poesie
Die Woche, 10.10.1997
Luc Deitz: Die Geschichte der Poesie ist noch nicht annähernd begriffen
Berliner Zeitung, 18./19.10.1997
Alexander von Bormann: Verfallende Gegenwart
Der Tagesspiegel, 26.10.1997
Jama Tuschickl: Das Licht von Sidi Bou Said. Raoul Schrott und der Griff nach den Sternen
Frankfurter Rundschau, 8.11.1997
Andreas Kilb: Dreh dich nicht um, Catull
Die Zeit, 14.11.1997
Andreas Isenschmidt: Eine gottverdammte Zumutung
Tages-Anzeiger, 18.11.1997
Rafik Schami: Wie ein edles Pferd zum Kamel wird
WochenZeitung, 4.12.1997
Michael Braun: Pounds Enkel, Urenkel Catulls
Frankfurter Rundschau, 9.12.1997
Heinz Schafroth: Verrat am Original?
Die Weltwoche, 15.1.1998
Leopold Federmayer: Der große Poesie-Schwindel. Über Raoul Schrotts Erfindungen
Merkur, Heft 55, 2001
Michael Rutschky: Welcher Dichter ich gern wäre. Eine Wanderung durch neue Lyrik
Merkur, Heft 600, März 1999
– Über Raoul Schrott. –
Als das Geld noch vermögend war und sich, anders als der Rest der faulen Gesellschaft, ohne gängelnde Aufsicht herzhaft vermehrte, wurde der Joseph-Breitbach-Preis stets an drei Schriftsteller verliehen, die, so war es der Brauch, in verschiedenen Metiers Bemerkenswertes geleistet haben sollten. Da nun sogar das Geld kürzer treten muß oder sich dünne gemacht hat, galt es einen Autor zu finden, der alle drei Genres – die Prosa, das Gedicht und die Übersetzung – würdig und anspruchsvoll in sich vereinigt, also kein Kalb mit drei Köpfen und kein pathologischer Fall, kein Alleskönner und schon gar kein Generalist, der den inneren Drang verspürt, in jeder Runde ein Wörtlein mitzureden. Nichts ist ja heute abschreckender als der innere Drang, obwohl er doch einmal als die dichteste Inspirationsquelle gegolten hat. Aber wo früher ein Gott oder das Göttliche sich den Resonanzraum der Seele gesucht und durch seine raumnehmende Anwesenheit die Notwendigkeit erzeugt hat, das Wort zu verkünden, entsteht der heutige Drang meistens aus einem lästigen Mitteilungsbedürfnis, um die klebrige Masse aus windigen Informationen, angelesenen Banalitäten und psychischen Unverdaulichkeiten der ohnehin verstörten Menschheit vor Füße, Augen und Ohren zu kippen. Bei Schriftstellern, die einen inneren Drang verspüren und dies auch noch öffentlich kundtun, ist Vorsicht geboten, und ganz besonders dann, wenn dieser Drang nicht anders als dunkel zu beschreiben ist. Warum und seit wann wir den Dichter mit einem unglücklichen Bewußtsein dem anderen vorziehen, der sein Glück jenseits der elenden Verfassung der Welt aus der Freude zieht, etwas Vorgestelltes so genau wie möglich in Sprache zu realisieren, darüber streitet sich die moderne Philologie, wenn sie überhaupt noch Lust am Streit hat. Wahr ist aber, daß die Konzeption des Dichters als katastrophischem Individuum mehr Anhänger findet als jede andere. Der Zerstörer oder der Überbringer der Nachricht von katastrophalen Zerstörungen genießt ein höheres Ansehen als der Bewahrer, dessen Programm die Rettung der Dinge ist, die noch im Zuge ihres Verfalls die Aura des Schönen bewahren. Wahrscheinlich wirkt an dieser Legendenbildung um den Katastrophiker die ungute Fixierung auf das angeblich ungeordnete wilde Leben der Dichter mit, obwohl keiner empirisch belegen kann, daß Dichter tatsächlich andere, schlimmere soziale Auffälligkeiten zeigen als der Rest der Menschheit. Im Gegenteil – Dichter sind für soziale Kälte und exorbitante Gier, für leichtfertigen Zynismus und asoziale Ellenbogenmentalität, wie sie heute das gängige Muster des Miteinander bis hinauf in die besseren Kreise prägen, nicht haftbar zu machen. Und da sie in aller Regel keine institutionelle Macht haben, kommen sie nicht einmal in die Nähe der Versuchung, sich wie die sogenannte Elite unserer Gelddemokratie aufzuführen. Man sieht sie nicht auf der Anklagebank, wenn es um Bestechungen und millionenschwere Abfindungen geht, sie stehen nicht in der Zeitung, weil sie Dreifachpensionen abkassieren, und nicht einmal die Scheidungsrate ist höher als bei ordentlichen Staatsbeamten. Richtig ist, daß sie nur wenig verdienen, was „dem ekstatischen weltbildenden Wesen des Menschen“ (Sloterdijk) offenbar zuwiderläuft, aber dieser heute an sich skandalöse Umstand ist nicht einmal für die oft melancholische Grundierung ihrer Persönlichkeitsstruktur verantwortlich, auch wenn das die Ehepartner der Dichter und Dichterinnen vielleicht anders sehen. Nein, kein dunkler Drang zeichnet den wahren Dichter aus, wohl aber ein schweres Leiden. Ein Leiden daran, daß die stabil geglaubte Kette, die uns, unsere marode Zivilisation, mit den Ursprüngen verbinden sollte, gerissen ist: Jetzt baumeln die losen Enden der Kette, die das bislang offenbar einmalige Experiment des Menschen auf diesem Planeten zusammengehalten hat, lose herunter, und kein Großer Zusammenflicker, der sie aufnehmen und wieder verknüpfen könnte. Dieses Leiden des Dichters, das medizinisch nur unvollkommen auszudrücken ist und folglich im Pschyrembel nicht vorkommt, versucht ein Dichter dadurch zu kurieren, daß er dichtet, also etwas tut, was gesellschaftlich zwar eigentlich notwendig und unverzichtbar wäre, aber in der heutigen Bedeutungshierarchie trotzdem kaum von Belang ist. Er arbeitet an kleinen Werkstücken, mit denen er die fehlenden Glieder der Kette zu ersetzen versucht, obwohl er sich nur selten der Illusion hingeben wird, diesen Riß je zu heilen. Überläßt er sich aber dieser Illusion, wird er entweder größenwahnsinnig – ein Sachverhalt, der in der Literaturgeschichte bis in die Gegenwart oft zu beobachten ist – oder aber melancholisch. Beide psychischen Dispositionen liegen so dicht beieinander, daß sie oft kaum zu unterscheiden sind, und sie sind beide dafür verantwortlich, daß der Dichter, von außen besehen, zwischen all den Betriebswirtschaftlern dieser Welt einen so unsicheren, schiefen Eindruck macht. Er stellt etwas her, was kaum einer zu brauchen meint, weil sich die Vorstellung durchgesetzt hat, daß unser gelebter Gesellschaftsvertrag auf jedwede Erinnerungen an die Ursprünge verzichten kann. Wir sind, lautet die Präambel dieses Gesellschaftsvertrages, jetzt da und arbeiten bestenfalls für morgen und, wenn es hoch kommt, für ein besseres Morgen, haben aber vergessen oder verdrängt, daß wir in der Hauptsache aus Gestern bestehen. Unser gemeinsames Gestern hat uns die Begriffe und Vorstellungen des Heute geliefert. Warum ist es, trotz dieser erstaunlichen Karriere, so in Verruf geraten? Wir reden gerne und viel über Tarifrunden und Medienwirksamkeit, aber man soll uns bitteschön mit der Unterscheidung von apollonisch und dionysisch vom Leibe bleiben. Unsere Ansprüche an die Gesellschaft, „die Assoziation von Individuen, die einen Teil ihrer Macht zugunsten des Allgemeinen abgeben“, sind seit dem 18. Jahrhundert enorm gewachsen, aber nicht mitgewachsen ist das Bedürfnis, über die grundlegenden Muster unserer Existenz aufgeklärt zu werden. An diesem heillosen, heiligen Projekt arbeiten die Dichter, insofern sind sie, auch wenn es oft anders scheint, im Grunde ihres leidempfindlichen Herzens konservativ: Sie sind, wie immer man ihre Anstrengungen und ihre Ergebnisse beurteilen mag, Experten für das Ganze.
Wenn heute Raoul Schrott mit dem Breitbach-Preis ausgezeichnet wird, dann ehrt die Jury einen Dichter, der mit seiner Arbeit auf ganz unmittelbare Weise an die Ursprünge der Menschheit im Spiegel und Spiel ihrer Dichtung erinnert hat. Eigentlich ehrt sie, wie sie es vor dem unerwarteten Rückzug des Geldes auch geplant hatte, drei Schriftsteller: den Verfasser von Romanen und Gedichten; den Übersetzer und Interpreten der ältesten Dichtungen überhaupt; und einen gelehrten und mutigen Essayisten, der mit Kenntnis und Zuneigung wie kein anderer seiner Generation die Gattung der poetischen Rede erklärt und verteidigt hat, die, wie es bei ihm heißt, ein „Maximum von Ideen mit einem Minimum an Mitteln“ ausdrücken kann. Und da ein so emphatisches Talent wie Raoul Schrott die kleinkarierten und in aller Regel minderbegabten Neider geradezu herausfordert, hat die Jury nicht nur den Richtigen benannt, sondern auch Mut bewiesen.
Wer das Glück hat, Raoul Schrott etwas näher kennenzulernen, darf sich auf unerwartete Post mit seltenen Briefmarken aus entlegenen Weltgegenden freuen. Wer ihm schreiben will, hat dagegen Probleme mit der Adresse. Man kann die Briefe nach Tirol oder nach Irland schicken, in die Berge oder zu einem Haus über den Klippen, auf jeden Fall in katholisches, mönchisch geprägtes Territorium. Aber wann und wie Raoul Schrott sie empfängt, hat mehr mit den immer unerwarteter und aggressiver reagierenden Elementen zu tun als mit dem relativ stabilen Ordnungssystem der Postverwaltung. Denn Raoul Schrott ist ein begnadeter Reisender, und zwar einer von denen, die kaum auf die reichhaltigen Angebote von TUI und Neckermann anspringen. Er fährt immer woanders hin, und vorzugsweise an solche Orte, wo er die beiden Säulen unserer Zivilisation, die Schönheit und das Elend, unmittelbar anschauen, erleben kann. Ihm ist, um es salopp auszudrücken, Alaska vertrauter als Sylt, und statt nach Mallorca zieht es ihn in die weiten pathetischen Wüsten Afrikas, die er in der Begleitung von Archäologen auf der Suche nach seltenen Wegmarken durchquert hat. Auf solchen Reisen entsteht das Erzählen, die Erzählung, das große Band aus Sprache, das die Menschen jenseits ihrer individuellen Bedürfnisse zusammenhält. „Abend für Abend“, berichtet Raoul Schrott in seinem Essay „Die Namen der Wüste“, „hatten wir so vors Feuer gekauert verbracht, das wir mit den abgefallenen Ästen einer Akazie aus dem Wadi Hamra angezündet hatten, eine Glut, die kaum mehr als nur symbolisch in dieser gottverlassenen Einöde war; aber an dieser Feuerstelle führte das Erzählen alles wieder zusammen und ließ einen Ort daraus werden, in dieser immer zu großen Nacht. An einem Morgen dann aber habe ich auch den Namen gesehen, den die Ägypter für ihre Wüste hatten, einen Schatten, der über die Hammoda strich; der Falke selbst zu hoch, um ihn auszumachen. Er war einer der vielen Verkörperungen des Gottes Seth, den die Niltal-Bewohner fürchteten und die Nomaden als Königsgott verehrten; ein Wildesel war er für die, ein Sandfuchs, der aus dem Süden wehende Khamsin, die Sonne.“
Das Erzählen, so hieß es, führte alles wieder zusammen und ließ einen Ort daraus werden: Dieses Urvertrauen in das Erzählen ist einer der Elementargedanken im großen Kosmos des Raoul Schrott. Und wenn wir seit einigen Wochen bei der Nennung des Begriffs Kosmos an Alexander von Humboldt denken, dann soll es nur recht sein: denn wenn einer heute als naturwissenschaftlich und literarisch begabter Sekretär in die Dienste von Humboldt treten dürfte, dann unser Preisträger! Das Erzählen, wie Raoul Schrott es versteht, schafft Orte, Heimat, es schreibt die Landkarten um. Nur wer an der unmittelbaren Erzählung teilnimmt, am Palaver, am Geschwätz, der Rede, am verbindenden „Sätzeaustauschabkommen“ (Sloterdijk), wird die Idee, den heißen Kern aller zivilisatorischen Anstrengungen verstehen können. Am Anfang war die Erzählung. Was danach kommt, die Organisation, die Regeln, der Vertrag und der Vertragsbruch, macht sich bald selbständig und wird zu der großen gesellschaftlichen Bedürfnis-Maschine, die das Erzählen abtötet. Am Ende steht der Tourismus als das Todesurteil des Erzählens in seiner elementaren Form. Statt Hopi dann TUI. „Es war schön, die Sonne schien, wir sind von oben bis unten braun“, lautet der letzte Satz vor dem Verstummen.
Man kann der deutschen Literatur nicht gerade vorwerfen, besonders welthaltig zu sein. Andere Literaturen haben es, nicht zuletzt wegen ihrer kolonialistischen Vergangenheit, leichter, das Fremde im Eigenen darzustellen; das Fremde dem Eigenen gegenüberzustellen. Was wäre aus der französischen Literatur geworden, wenn nicht mit den heißen Winden Nordafrikas auch die Literatur des Maghreb nach Frankreich gekommen wäre; wenn nicht die Kinder des Kolonialismus – die Kinder der Kolonisten wie der Kolonisierten – ins sogenannte Mutterland gefunden hätten, in die Republik mit ihrem revolutionären Poem von „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, das schon bei seiner ersten Bewährungsprobe, der Überfahrt nach Afrika, über Bord gegangen war. Von Camus bis Derrida, von Jabès bis Tahar ben Jalloun – die französische Literatur, das französische Denken wäre ohne diesen afrikanischen Einfluß zu einem hochformalen bürokratischen Regelwerk geworden. Der afrikanische Sand hat es verhindert. Auch die englische Literatur der Gegenwart hat vom Kolonialismus profitiert, der ihren gesitteten Austausch von Höflichkeiten jäh unterbrochen hat. Es waren die indischen, pakistanischen und karibischen Stimmen, die mit rauhen Kehllauten die gedämpfte Unterhaltung am Kamin verstummen ließen.
Die deutsche Literatur der Gegenwart dagegen ist meistens zu Hause geblieben und wurde deshalb auch hauptsächlich nur von der lokalen Politik gestört. Das soll man ihr nicht vorwerfen, man muß es aber feststellen. Gelegentlich fuhr sie nach New York oder Paris, auf die Balearen oder nach Rhodos und hat von dort schöne, interessante Postkarten nach Hause geschickt. Aber die Forsters und von Chamissos haben keine wirklichen Nachfahren gefunden. Vielleicht ist das der Grund, warum so viele Leser den nach Gewicht und Inhalt ja keineswegs leichten und schon gar nicht leicht zu lesenden oder gar zu verschlingenden Roman Tristan da Cunha so dankbar und fasziniert aufgenommen haben. Dieses Buch muß man wegen seines Reichtums an Beobachtungen und Beschreibungen, wegen seiner an alte Knüpftechniken erinnernden Form rühmen und lieben; man darf es getrost als einen in vielen Lichtern und Farben schimmernden Solitär bewundern, der sich auf dem kargsten und unzulänglichsten Eiland, das sich denken läßt, aufwächst und entfaltet, ein Ideen- und Abenteuerroman, der seine Kraft und wuchtige Größe aus einer nicht mehr erhofften Sprachgenauigkeit zieht, die bis ins winzigste Detail die Schattierungen der Seelen und der Sachen ausmalt und vergegenwärtigt, ohne je dem falschen Glanz eines modern gewandeten Historismus oder Exotismus zu verfallen. Dieses Buch ist ganz und gar gegenwärtig. Es ist in jeder Hinsicht ein Meisterwerk, eines dieser großen, dicken, unvergeßlichen Bücher, das auf einer winzigen Insel spielt, die für eine entscheidende Weltsekunde aus dem Meer der Gleichgültigkeit auftaucht und sich nun in der Literaturgeschichte wiederfindet. Aber viele Leser werden nicht nur aus Dankbarkeit für dieses unverhoffte Geschenk das Buch in Erinnerung behalten, sondern weil sie spüren, daß hier eine Schwelle, eine Grenze übertreten wurde in eine Landschaft, in ein Reich, das aus irgendwelchen Gründen einmal zu uns gehört hat, das wir aber im Verlauf unserer Menschheitsgeschichte verloren haben. Verloren für immer. Eine Natur, die zu uns gehörte, die uns aber genommen wurde, die wir uns abtrainiert haben. Die in unseren moderaten Breiten nicht mehr relevant ist, nicht mehr zählt, weil unsere Aufmerksamkeit sich ganz und gar auf uns selber und die Klimatisierung unseres winzigen Weltausschnitts konzentriert hat. „Im Sturm“, heißt es in diesem Buch, „in der ersten Dämmerung dann, härteten die Wolken an ihrer Unterseite aus; sie leuchteten erst bronzen, dann kupferfarben und schließlich matter als Messing. Je mehr es aufklarte und der Wind nachließ, desto mehr zeigten sich die Narben und Risse, die der Sturm an einem von Luppen durchzogenen Firmament hinterlassen hatte, Schlacken in einem flüssig geschmolzenen Eisen, das in der Sonne langsam heller wurde und auskühlte. Die Grundseen aber liefen weiter, sie schienen am Himmel anzubranden und seine metallene Glut abzuschrecken, daß zischend der Dampf aufstieg, Schwaden, die schwer über den Wassern schwebten und aufs neue die Insel einhüllten.“
Ich könnte seitenlang zitieren, will aber Ihrer Lektüre nicht vorgreifen. Ich will aber darauf hinweisen, daß mit diesem Buch nicht schon wieder ein, wie es heute heißt, sprachmächtiger Erzähler auftritt, sondern daß im Falle von Tristan da Cunha die Dinge selbst die Sprache herausfordern. Sie provozieren diese Sprache. Und daß vor dem Hintergrund dieser gewaltigen Spiele der Natur die Spiele des Gefühls der Personen nicht zu kurz kommen, dafür sorgt ein Autor, der eben nicht sprachmächtig, sondern in besonderem Maße sprachaufmerksam ist. Der Autor ist sowohl das Medium, in dem die Natur der Dinge zur Sprache kommt, wie der Demiurg, der diese Dinge zuallererst erschafft.
Ich möchte noch auf ein anderes Wunderwerk aus Raoul Schrotts Werkstatt hinweisen, seine Übersetzung und Neu-Erzählung des Gilgamesch-Epos. In stärker zivilisierten Gemeinschaften hätte er für diese einmalige Arbeit eine Handvoll Ehrendoktorhüte aufgesetzt bekommen, weil kein Dichter vor ihm, trotz Rilkes lebenslanger Schwärmerei, den Mut hatte, diesem frühen Gesang über die Todesfurcht eine zeitgemäße Sprache zu geben. „Ich habe“, schreibt Rilke, „an diesen wahrhaft gigantischen Bruchstücken Maße und Gestalten erlebt, die zu den Größten gehören, was das zaubernde Wort zu irgendeiner Zeit gegeben hat.“ Und er fügt in seinem Brief an Helene von Nostitz hinzu:
Am liebsten würde ich’s Ihnen erzählen. In den Fragmenten ist ein wirklich wuchtiges Geschehen und Dastehen und Fürchten, und selbst die weiten Text-Lücken wirken irgendwie konstruktiv, indem sie die herrlich-massiven Bruchstellen auseinanderhalten.
Am liebsten hätte Rilke das Gilgamesch-Epos erzählt – aber es mußten mehr als achtzig Jahre vergehen, bis eine Fassung vorlag, die man auch erzählen konnte:
Keiner sieht jemals den Tod,
keiner erblickt jemals das gesicht des Todes,
keiner vernimmt jemals die stimme des Todes,
den grausamen Tod, den schnitter der menschheit.
Und trotzdem gründen wir weiter einen hausstand,
und trotzdem gehen wir weiter unsere verpflichtungen ein,
und trotzdem teilen brüder weiter ihr erbe auf,
und trotzdem entstehen weiter zwistigkeiten im land.
Hier, in diesem Epos, das lange vor den griechischen Gesängen entstand, die wir dem Homer andichten, wird die entscheidende Frage gestellt, die, ohne je beantwortet werden zu können, allen menschlichen Irrsinnigkeiten zugrunde liegt: Die großen Götter erlegten uns das Leben und den Tod auf, doch den Tag des Todes, den enthüllen sie keinem. Raoul Schrott hat für uns die sakralen Räume dieser Poesie geöffnet, um unseren von der Gegenwart müden, aufgeklärten Augen den Reichtum der ursprünglichen, mythischen und religiösen Welt zu zeigen, deren Erbe wir nicht angenommen haben, obwohl es uns ohne geistige Erbschaftssteuer zufallen würde. In seiner berühmt gewordenen Anthologie Die Erfindung der Poesie, einer Sammlung von von ihm selbst übersetzten Gedichten aus den ersten viertausend Jahren, schreibt Raoul Schrott:
Ästhetik ist nichts anderes als diese Art von Ökonomie – ein Maximum von Ideen mit einem Minimum von Mitteln auszudrücken –, in der die Sprache zum kleinsten gemeinsamen Nenner des Denkens verdichtet wird; die Poesie bündelt das größte gemeinsame Vielfache der Gedanken und ihre Zweideutigkeiten und bezieht die Sprache zurück auf primäre Wahrnehmungen. Dadurch wird sie zum menschlichsten Zeugnis der Existenz, einer wenigstens für die Dauer des Gedichts gültigen Wahrheit, einen Augenblick humaner Totalität.
Es bleibt ein Rätsel unserer an ihrer eigenen Plattheit und rhetorischen Stümperhaftigkeit erstickenden modernen Selbstbeobachtungsgesellschaft, daß sie sich bei ihren Lebensspielen nicht mehr auf die Poesie bezieht und lieber jede noch so dürftige Prosa bevorzugt. Dieses Rätsel können und wollen wir heute bei dieser Dichterfeier nicht diskutieren; zu lösen wird es ohnehin nicht sein, auch nicht durch den Aufbau von Elite-Universitäten, in denen humane Totalität ohnedies nicht auf dem Lehrplan stehen wird. Der Weg aus dem globalisierten Universum der zugerichteten Prosa in die Landschaften der Poesie ist nur noch über die Bücher zu finden. Und gottlob gibt es historisch und praktisch gut ausgerüstete Führer wie Raoul Schrott, die die längst überwachsenen Pfade kennen.
Ich möchte, zum Schluß, noch einen Dank loswerden. Ich bin nicht nur dankbar dafür, daß ich hier dabei sein darf, wenn mein Freund Raoul Schrott ausgezeichnet wird und einen grundsoliden Scheck erhält, der ihm die sorgenfreie Weiterarbeit an seiner schönen und lebensnotwendigen Aufgabe sichert. Ich bin auch dankbar dafür, daß diese Ehrung im Namen Joseph Breitbachs geschieht; daß sie mit einem Namen verbunden ist, der in meinem Leben eine beträchtliche Rolle gespielt hat. Mein Vater ist hier in Koblenz auf dem Ehrenbreitstein mit Joseph Breitbach in die Schule gegangen, eine kurze Zeitspanne hat Breitbach sogar in der Wohnung meiner Großeltern gewohnt. Nicht nur zu deren Freude übrigens, weil er, was sie offenbar nicht verhindern konnten, französischen Damenbesuch erhalten durfte, der sich, in der bewundernden, vielleicht auch etwas neidischen Sprache meines Vaters, „laut aufführte“. Und von Joseph Breitbach erhielt ich, damals in Berlin in den Nachkriegsjahren, meine erste Schokolade, eine unvergeßliche Stange Toblerone, die mir zu jener Zeit, ich gestehe es gerne, süßer schmeckte als jedes Gedicht. Die Generosität, die diesen Schriftsteller auszeichnete und von der ich später, in seiner Münchner Zeit, wieder so manches süße Stück abbekam, hat nun die Gestalt des Preises angenommen, der an ihn erinnern soll. Ich wäre glücklich, wenn man sich auch seiner Bücher erinnerte.
Lieber Raoul – ich hoffe, daß du dir, trotz deiner anstrengenden Arbeit, die Heiterkeit bewahrst, die das Gegenteil von der Lustigkeit ist, die dem Tiroler merkwürdigerweise nachgesagt wird. Die Heiterkeit, die notwendig ist, um das Schwere auch der Poesie leicht zu machen: in vielen geglückten Gedichten.
Herzlichen Glückwunsch.
Michael Krüger, Laudatio Breitbach-Preis, 26.9.2004 in Koblenz, Erstveröffentlichung: Joseph-Breitbach-Preis 2004, Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, Stiftung Joseph Breitbach
Raoul Schrott im ORF Interview bei Treffpunkt Kultur am 24.10.1997, Teil 1/2.
Raoul Schrott im ORF Interview bei Treffpunkt Kultur am 24.10.1997, Teil 2/2.
Ich wurde durch einen Gedichtvortrag in NDR Kultur Lauter Lyrik auf diesen tollen Dichter aufmerksam. Mir gefällt, wie er schreibt. Ist es möglich, dass ich das Gedicht Lokale Wirkung noch einmal nachlesen kann?
Liebe Grüße
Barbara Schulze
Sehr geehrte Frau Schulze,
leider können wir ihnen keinen Hinweis geben, wo sie das Gedicht nachlesen können. Im Netz haben wir es nicht gefunden und auch keinen Hinweis, in welchem Buch es zu finden ist. Sorry.