WALTRAUDS LEICHEN:
zwischen uns ist nichts
nicht mal die
gleise auf die du dich werfen kannst
kein notizbuch kein tisch
die in unserm namen regierten
lebten nicht gleichzeitig, tote
mit denen wir
die weltbilder tauschen, lebende
die wie leergeschossne hülsen
hinter den tätern zu boden gehen,
ich höre nicht was du sagtst
ich schreibe nicht was ich höre
ich lege mein notizbuch auf den tisch
ich war es nicht
Sascha Anderson
ICH FÜHLE MICH IN GRENZEN WOHL
komm hoch wenn ich wenns hoch kommt
wenns mir hochkommt unten bin
und angeschnallt mein schleudersitz
ist angespannt wie aufmerksam
ich lehn mich an gesichert und entspannt
ich fühle mich in grenzen wohl
begehre nichts was ich nicht lieber hätte
noch was ich lieber täte tatwerkzeug
ist allenfalls ein räderwerk der uhr
das ende aller fallen jeden falls
kommt mit der zeit verdächtig vor
dies ticken hier zersetzt den standpunkt
der im gedrängten raum noch bleibt
und immer mehr verdichtet wird die zeit
Stefan Döring
LA DOLCE MORTE
lustvoll steck ich einige linke finger
ain meinen feuchten slip, auf die frage
aa„wie hast du dich da bloß runtergeholt“
aaakann ich, wenn überhaupt, nur antworten
aaaasedativa reingedreht, bier getrunken
aaaaaich war der größten biertilger einer
aaaaaaaus & ferngesehen, so-als-ob, alles
aaaaaaanur mögliche dementiert, eiter gerührt
aaaaaaaagott! bin ich müde & frei wie’n pirat
aaaaaaaaatagsüber schlafend nachts auf der hut
aaaaaaaaaalustlos steck ich irgendeinen mittel-
aaaaaaaaaaafinger in die schreibmaschine, papier-
aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaatiger! bin ich böse & schön wie’n ästhet
aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaknüppel & kloben krachen mir die knochen
Bert Papenfuß
das war eine neue Adresse für Literatur in der DDR. Die koreanische Malerin Ouhi Cha fand dort ihre Partner für die Zusammenarbeit an einem Buchprojekt zu den spröden Sonetten der drei Autoren vom Prenzlauer Berg schuf sie expressive Lithografien, die ebenso vom Schwung der traditionellen Pinselzeichnung wie vom expressionistischen genius loci Berlins besitzen.
Edition Mariannenpresse, Programmheft, 1985
Hier auf Tape Attack kann man weitere Informationen über die Kassette „Ich fühle Mich In Grenzen Wohl“ (einer Beilage zur originalgrafischen Zeitschrift schaden Heft 11a von 1986) mit den von Sascha Anderson, Stefan Döring, Jan Faktor und Bert Papenfuß-Gorek gesprochenen Texten nebst der musikalischen Umrahmung von Rosa Extra, Hard Pop, Aufruhr zur Liebe, Ornament & Verbrechen sowie Fabrik downloaden.
Sascha Anderson antwortet auf die Standartfragen von faustkultur.
Bert Papenfuß liest bei OST meets WEST – Festival der freien Künste, 6.11.2009.
Bert Papenfuß, einer der damals dabei war und immer noch ein Teil der „Prenzlauer Berg-Connection“ ist, spricht 2009 über die literarische Subkultur der ’80er Jahre in Ostberlin.
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