PEILUNGEN
XXXIV
Yeats sagte: Dem, welcher Geister sieht, erscheint
Menschenhaut lang danach entsetzlich grob.
Meine Vision, an die nichts mehr heranreicht,
Kommt einen Mittelgang entlang: Ich teil den Bus
Von San Francisco Flughafen nach Berkeley
Mit einem einzigen anderen – er steigt
Am Treasure-Island-Militärstützpunkt aus,
Halbwegs durch die Bucht. Mit Ziel Vietnam,
Hätt er aus frischem Grab zurück sein können,
Unüberraschbar, aber doch enttäuscht,
Wieder sein Bauernjungen-Selbst tragen zu müssen,
Seine Rasur-Blessuren, seine bleiche Stirn.
IN DIE LUFT
in memoriam Seamus Heaney
Ich werde wohl die gemeinsam gefeierte Messe
an deinem Sarg vergessen, wie jene Priester
dich beanspruchten als ihren eigenen hellen Stern,
den hohen Chorgesang, dir zum Geleit
durch die mit Diamanten besetzten Tore
des Himmels, um dort Bücher für Gott zu signieren.
Auch vergesse ich wohl diese Krähe von Bischof,
der das letzte Wort haben mußte, indem er irgendeine
verfluchte lateinische Hymne krähte (obwohl dir
Latein ja lag), direkt nachdem dein Dudelsackspieler
mit einer überirdisch getragenen Weise deinen
Sarg bis hin zum Loch begleitet hatte dort in
Bellaghy, deinem trauten Grund, wo man zwei
Nächte später die Harfenistin fand, die im Dunkeln
für dich spielte, als habest du sie eingeladen,
um alles richtigzustellen. Daran will ich denken,
und an den Dudelsack, an deine Derry-Stimme,
dein Lachen und, ja, an ein Gedicht oder zwei.
Matthew Sweeney
Übersetzung Jan Wagner
Tobias Döring: Hier regiert die Zunge
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.4.2009
Volker Sielaff: Nachrichten aus dem irischen Ägypten
poetenladen.de, 13.4.2009
Seamus Heaneys Rede zu seinem 70. Geburtstag.
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