NACHRICHTEN AUS DER UMLAUFBAHN
In der leitzentrale der flipperautomat, polierte
Geräte, vorm panoramafenster der tätige müllofen:
Unsre erde feuchtkalt umweht.
Wir in unseren schlafkojen auf der orbitalstation –
SKYLAB oder SALUT – hassen uns hinter den
aaaaathermo-
Glaswänden voll inbrunst und hecken gelegentlich
Harmlose bosheiten aus.
Manchmal halluziniert der bordfunk leise musik und
Wir erinnern uns was wir lasen von rockfestivals
Oder vom einweihungskonzert im neuen gewandhaus
Leipzig, europa.
Rauchwölkchen steigen wie fesselballons überm fest-
Land farbig sprudelt das wasser der weltmeere hoch.
Und wir sind heiter gesammelt wie beachtliche buddhas.
Andere sehen wir nun runde um runde verschlafen, ge-
Schaukelt von grünen matten und weiße laborratten
Sind die verspielten gefährten.
Zuweilen besinnt sich einer auf irre befehle zum
Aufbruch ins nichts und hektische kabel die keiner
Entschlüsselt auf wächsern lächelnde fernsehan-
Sagerinnen mit wrighley’s spearmintgebissen auf
Die sandkästen mit bunten fähnchen.
Auf ablösung sei nun nicht mehr zu hoffen, wir schlucken
Die vitaminpräparate. Gestern spielten wir halma mit
Dem herzschlagdetektor heute menschärgerdichnicht
Nachmittag gibt es fußball vom videoband.
– Zweiter Lyrik-Band von Thomas Böhme. –
Als Thomas Böhme Mit der Sanduhr am Gürtel (1983) die Zeit maß, sparten vor allem jugendliche Leser nicht mit Zuspruch. „Diese Uhr läuft jetzt ab“, läßt uns nun der Dreißigjährige wissen, der mit seinen lockeren poetischen Reden Leben in die lyrische Landschaft brachte. Willig und wohlwollend als Gedichte einer Disko-Generation gesehen und gehört, hat Böhme doch mehr zu bieten als nur monotone Disko-Dichtung. Der Lyriker sorgt sich! Zum Beispiel um Die schamlose Vergeudung des Dunkels, wie sein zweiter Gedichtband im Aufbau-Verlag heißt.
Die Lyrik von Thomas Böhme ist weniger experimentell, als das zunächst den Anschein hatte. Er schwirrt und irrt also nicht wie ein Gefangener in der Schneise, die einst der vielseitige Kurt Schwitters schlug. Er jagt auch nicht der ganzen Garde der Lautmaler von Heißenbüttel bis Jandl hinterher. Beziehungen zu dem unorthodoxen Dichter und Denker Hans Henny Jahnn werden unverhohlen bekundet.
Leipzig, das Leben in Leipzig, die Leipziger Leute sind bevorzugter Gegenstand der lyrischen Gespräche. Daß der ortskundige Lyriker sich und anderen sein Leipzig nicht nur lobt, muß niemand wundern. Die Stadt ist zum Symbol für das Städtische an sich geworden.
Lust ist eine häufig wiederkehrende Vokabel in den Versen. Nicht jeder Ansatz ist gelungen, Mancher ist ausgetrocknet, bitter, säuerlich geworden. Wenn abermals ein Neugeborenes zum Synonym für „Wiedergeburt“ werden muß („Wiedergefundene Lust am Schreiben“), dann bleibt der alte Hut ein alter Hut. Ohne Schaden zu nehmen, sind die expressiven Explosionen zu ertragen: „o meine stirn brennt“, „o wollust“, „o haut“, „o köstliches spiel“. Erträglich wird’s, weil die Erregung des lyrischen Autobiographen Thomas Böhme aus genauer Wahrnehmung und ehrlicher Mitteilung gemacht ist.
Das ist das Programm eines Poeten, der schreibt, um sich selbst zu begreifen. Der Lyriker modelliert seinen Philosophien keine Methaphern. In den Metaphern glimmen oder leuchten seine prosaischen Philosophien. Die Verse von Thomas Böhme vermitteln die Haltung „treu sein mit meiner geballten Hoffnung“.
Bernd Heimberger, Berliner Zeitung, 14.3.1986
Der zweite Band des Lyrikers folgte dem ersten rasch auf dem Fuße: Sanduhr am Gürtel (1983) enthielt von 1978 bis 1981 geschriebene Texte, im vorliegenden Band ist eine Auswahl aus den Jahren 1982 bis 1984 getroffen worden. Der Autor verzichtet nun auf die etwas treuherzige Ausschilderung „Gedichte & Gebilde“; unter angedeutetem EKG und der von Johannes Jansen auf dem Schutzumschlag ausgelegten Fußangel steht schwarz auf metallic zu lesen, was versprochen wird: Gedichte. Trefflich gesetzt ist die verlockende Bandüberschrift. Die schamlose Vergeudung des Dunkels findet nicht nur im so benannten Gedicht statt, der Tropus berührt in etlichen Texten tatsächlich Charakteristika, in entäußerte m Lebensgefühl, ausgestelltem Gestus und unverschwiegenem Begehr des Sprechers. Im Titelgedicht, das die letzte der vier Abteilungen („Zuweisung“, „Fantombilder“, „Traumtäter“, „Strandgut“) eröffnet, klagt das Ich:
Wieder trägt deine lust nur den namen erstarrung
Fingerfertig eines gezinkten blattes bedienst
Du dich und betrügst dich um alles
Da ist doch die schützende milde der nacht
Die dich aushält in deiner maskierten verlorenheit…
Schamlose Entblößung? Mich berührt, so sie nicht stilisiert wird, die Ehrlichkeit in den Selbstkundgaben. Das Licht, in dem das Ich sich sieht, ist ein Zwielicht, und seine Aufrichtigkeit befördert fast durchweg „unreine“ Gefühle, ambivalent verarbeitete Erfahrungen ins Gedicht. Der Eindruck eines reflexionsbetonten Psychogramms, den die zitierten Zeilen nahelegen könnten, würde freilich über die eigentlichen Angelpunkte Böhmescher Poetik hinwegtäuschen: Die poetische Aussage konzentriert sich weniger auf den inneren Bewußtseinsraum des Subjekts denn auf die dissoziierende Fügung von Wahrnehmungsmomenten, Erinnerungsbildern, Traum- und Wunschphantasien. Die relativ große Abhängigkeit von Objektreizen (Vergleiche, zum Beispiel das poetologische Gedicht „Leben mit Bildern“) wird bewußt ausgestellt. Darin bleibt sich Böhme treu. Nachdrücklicher jedoch thematisiert er selbst in den scheinbar bloß reihenden Momentaufnahmen („Geräusche“, „Gefilterte Tage“ und andere) untergründig jene Unruhe, die den fast Dreißigjährigen in der Aufrechnung gehabten und vorgehabten Lebens ergreift, wenn es sich nicht zu einer Allerweltsbiographie verdünnen soll. Und vielleicht hat auch der allmähliche „Vormarsch der weißen Haare“ damit zu tun, daß Fragen nach den Bedingtheiten eingegangener sozialer Beziehungen und ausgeprägten Verhaltens mehr in den Mittelpunkt rücken.
Die Gedichte Thomas Böhmes leisten ziemlich genau eine sinnlich-direkte Vorstellung jener Spannungsfelder, in denen das Ich nach Orientierung sucht: Zwischen Lust und Vanitas (zum Beispiel „Johannes im Zimmer“), hungrigem, aber auch „angry young man“ und Familienvater („Vom Leben in der Erdgeschoßwohnung“, „Im Sog“, „Die Wiedergefundene Lust am Schreiben“ und andere), Verletzlichkeit und Aggressivität („Selbstporträt mit obduzierter Kamera“), der „stolze(n), lahme(n) verbindliche(n) Wut“ und lässigem understatement („Meine Stimme im Radio“), Alltagsbanalität und dem Sog des exot(er)isch Fremden, welches verheißungsvolle Entgrenzungen aus der Normalität suggeriert. Die Aufzählung ließe sich fortführen; indes wird evident, daß selbst hinter gelegentlich narzißtisch anmutender Beschreibungswut („Spiegelfechten“, „Fahndungsfotos“) auch so etwas wie Festlegungsängste, andererseits Entscheidungshilflosigkeiten vermutbar sind, die nicht nur auf eine individuelle Problematik verweisen. Hier sind Muster von Erfahrungen und Haltungen angedeutet, die denen vieler Generationsgefährten so unähnlich nicht sein dürften. Bereits aufgewachsen in einer in Grundstrukturen befestigten Sozietät, erschienen schon a priori, nicht a posteriori die gangbaren Lebenswege in prosaischer Nüchternheit vorgezeichnet und so mit Sicherungen und Regelungen versehen, daß mitunter überhaupt den Fähigkeiten zu größeren Selbstentscheidungen mißtraut werden kann. In praxi unerlöst bleibende Sehnsüchte nach ausgelebter Sinnlichkeit, nach Umwandlung von „Widerspruchsenergie“ (Hans-Eckardt Wenzel) in individualitätsheischende Aktionsimpulse lassen die Aufmerksamkeit schärfen für alles, was das normale Leben übersteigt. Deshalb bei Böhme das Interesse für so seltsame Gestalten wie den „Voyeur im Park“, den „Karate-Mann“ oder den blinden(!) Fotografen („Ein blinder Fotograf verirrt sich nach P.“), halb realen, halb phantastischen Inszenierungen also, deshalb, wie er im Interview bekennt, „die Verbundenheit mit den Unfertigen, Aufbegehrenden, Besessenen und Ekstatikern“. Im Unterschied zu anderen dichtenden Altersgenossen, deren poetischem Konzept ebenfalls ein romantiknaher Ansatz zugrunde liegt, denunziert Böhme Alltagsdasein nicht schlechthin. Im besessenen Hereinnehmen von Realien in das Gedicht ist die angestrebte Versöhnungsgeste unüberlesbar, auch wenn sie manchmal ein wenig flau wirkt. Wolfgang Heise hat einmal davon gesprochen, daß „die alltäglichen Lebenserfahrungen und Leistungsanforderungen, Tempo, Rhythmus, Reizfülle und Informationsfluß unseres Lebens“ einen insgesamt „enthistorisierenden Effekt“ haben. Böhme rechnet mit ihm – in wirkungsästhetischer Hinsicht baut er zunächst auf einfachen Nachvollzug und auf Wiedererkennen – und will ihm doch nicht aufsitzen. Wie im ersten Band bedient sich der Autor dabei bevorzugt der Methode synchroner Überblendungen, die es ihm ermöglicht, zeitlich-räumlich und ideell weit Auseinanderliegendes zu vernetzen, Ich und Welt in spannungsvolle Beziehungen zu bringen. Die Haut auf der Milch für die Tochter, die Haut des Planeten Erde. Zeitzeichen im Radio und „Zeichen der Zeit“:
Die schwarze wolke stieg über leipzig, ich stand
Henriette im arm am fenster und das kind zappelte
Mit den beinen wie beim anblick von weihnachtskerzen…
Mehr noch in „Die Verhüttung“ gelingt es, mit einer litaneihaften, eisig unterkühlten Sprechgebärde jene Schockwirkung zu provozieren, die frösteln läßt und gerade dadurch den Rückzug in die Verdrängung oder in die Gleichgültigkeit gegenüber der wichtigsten Frage unserer Zeit erschwert. Sosehr sich der Sprecher als Betroffener des Weltgeschehens ausweist, sosehr weiß er auch um die Vermitteltheit dieses Beteiligtseins, etwa, wenn das sommerliche Frühstücksidyll durch Schreckensbilder aus dem Libanon kontrastiert wird. „Das unbild des zerfetzten kindes zum morgenkaffee auf / der terrasse akkurat in rasterpunkte zerlegt“ („Gegen-Ode“). In jüngerer Zeit sind von einigen Lyrikern der DDR (Richard Pietraß, Steffen Mensching, Uwe Kolbe, Heinz Czechowski) Gedichte vorgelegt worden, die Beunruhigung über die Gewöhnbarkeit an die per Television ins Haus gelieferten Bilder von den Kriegs- und Hungerschauplätzen dieser Welt signalisieren. Die unmittelbare Überkreuzung von eigenem Befinden und von Welt-Betroffenheit hingegen, wie sie zum Beispiel Gedichte Volker Brauns aus den sechziger Jahren („Elendsquartier“ und andere) vorführten, und die Heinz Czechowski 1972 als „positive Synchronität“ umschrieben hatte, erscheint ihnen im direkten Zugriff schwer möglich.
Die umbaggerte Heimatstadt treibt das lyrische Ich in die Welt, wie sie es zugleich fesselt, im Doppelsinn des Wortes. Es ist mehr als Leipziger Allerlei, was da angerührt wird. Selbst „wenn die zirkulation zwischen den luftschichten über der kohlestadt wie ein überlastetes telefonnetz zusammenbricht“, „die grünen lungen von metastasen durchzogen sind“, bleibt es doch die haßgeliebte „mordstolle stadt liebevoller gefährten“ („Leipzig mit Löchern“). Aber auch die sind älter geworden: „Laut ihre trauer wegsteckend / Tanzen die stone-alten nah an der bühne den blues“, während „die neuen freunde mit den glatten gesichtern“ den Dichter auch mal „auf den eitlen arsch“ fallen lassen. Hier ist Böhme ein ganz guter Beobachter:
… hart schlagen die
Augen der kurzhaarigen jede zärtlichkeit aus und
Die bärtigen alten rücken enger zusammen im saal.
O wir werden nie alt: war unser heiliger slogan
Forever young mit bobby dylans falsett, o wir
Hatten die jugend gepachtet für unsere parklücke
Zwischen den kulten: diese uhr läuft jetzt ab.
Fürwahr. Und natürlich weiß er auch um die längst verlorene Unschuld des Anarcho-Hedonismus jugend- und subkultureller Hoch-Zeit in den späten Sechzigern. Aber was nützt der Hinweis darauf, daß man in westlichen Konzernetagen vielleicht längst Charles Bukowski schmökert, oder daß die Jugendverkultung längst zu monopolterroristischem Kostümzwang depraviert worden ist. Unter dem arg angekratzten Lack ist vieles lebendig noch, und wenn es die währenden, eigentlich uralten Sehnsüchte nach schöpferischer Gemeinschaftlichkeit, nach Individualitätsentfaltung in lebendiger Union von Gefühl, Verstand und Körper sind. Schließlich sollte nicht außer acht gelassen werden, daß die trauerrandigen Reminiszenzen in nicht wenigen Texten des Bandes an eine Jugendzeit erinnern, in der das Verdikt des Unerwünschten zwar schon nicht mehr die Beatles traf, Jim Morrison zu hören oder Salinger zu lesen aber immer noch mit dem Flair des ganz Besonderen behaftet war…
Die Eigenart, dieser Poetik, noch ureigene Wünsche oder Träume in Sprachsegmente von äußerlicher Erfahrung (und sei es ersehene) einzuschließen, schafft eine Eingängigkeit, die dem raschen Lesen wenig Widerstand bietet. Dieser Eindruck rührt nicht zuletzt daher, daß Thomas Böhme sehr oft (zu oft?) bereits vorgefertigte Ver- beziehungsweise Ersatzstücke aus Kunst und Künstlichkeit als Projektionsfläche benutzt. Keineswegs wird verheimlicht, wie sehr die Rede durchsetzt ist von Angelesenem, Angehörtem, Angesehenem. – und das sind nicht allein Pasolini oder Faßbinder, auch auf Trivialmythisches aus Hollywood wird in eigenartiger Mischung von Faszination, augenzwinkernder Ironie und Abwehr zurückgegriffen. Die Ausbruchsversuche des Ich verlaufen sich fast folgerichtig in der prosaischen Ernüchterung, mit der man nach Traumkino ins Freie zu stolpern pflegt. Hinzu kommt, daß einige Stücke – insbesondere des ersten Abschnittes – absichtsvoll die Grenze zur Prosa („Wochenpost“, „Die wiedergefundene Lust am Schreiben“ und andere) streifen. Daß bei gewollter Minimierung der Differenz zwischen Umgangssprache und Sprache im Gedicht die spezifisch lyrische Spannung bis zur Geheimnislosigkeit abgebaut werden kann, wenn nicht Signale für einen „Untertext“ erkennbar sind, ist keine neue Erkenntnis. Allzu schnelle Anleihen bei Jargonismen Jugendlicher („Welches totale tropische monster kachelt die erdachse“: „Aber erstmal hast du’n / Irres brennen“) sind wohl doch nicht mehr unter der „neuen Flotzigkeit“ (Peter Rühmkorf) zu verbuchen, sondern eher unangemessen.
Und doch gibt es neben den bekannten Anklängen an Ginsberg und Rolf Dieter Brinkmann auch solche Töne, die eher an Fernando Pessoa oder den jungen Nezval denken lassen. Mit am interessantesten erscheinen mir Gedichte, in denen Grundeinfälle von einiger – oft schwarz humoriger – Originalität diszipliniert ausgeführt werden („Fossiler Alp“, „Ein blinder Fotograf verirrt sich nach P.“) oder wo hinter lapidarer Geste das Gedicht im Gedicht ins Schwingen gerät („Johannes im Zimmer“ und andere). In Traumsequenzen spielt die lyrische Gestalt sonst verweigerte Rollen durch oder entwirft schaurig-groteske Szenerien, in denen verborgene Ängste aufgeschwemmt werden, Eros und Thanatos in irrealen Endzeitbildern („Der letzte Mann“) einander bespiegeln. Der Lyriker versucht sich in einem „Rondo“ „im stil des fin de siècle“; freilich wäre hier zu fragen, ob nicht durch den Permutationszwang von Rondoform und proteusähnlicher Versgestalt, durch die partielle Anempfindung müden fin-de-siècle-Ästhetizismus die thematisch angemessene Wachinstanz der arbeitenden Subjektivität zu sehr entwertet wird.
Einige Sonette ließen mich aufmerken durch ihre für den Autor ungewohnt dichte Bildsprache („Was soll nun, werden“). Unübersehbar werden hier neue Akzente gesetzt. Vielleicht erklärt sich daraus auch, daß vorerst noch einige seltsame Brüche die Stimmigkeit einzelner Gedichte empfindlich beeinträchtigen. So, wenn es in den Schlußversen von „Nachsommer“ allzu direkt traklt:
Auf dem grunde des schilfsees schlingert
Des mondsüchtigen knaben
Filigranes skelett.
So, wenn einem ob seiner bekenntnishaften Offenheit überzeugenden Gedicht („Im Sog“) überflüssigerweise ein Schluß angesetzt wird, dem eine aufdringliche wie abgetakelte Symbolik eignet:
Ich muß hart gegensteuern. mein boot trudelt im strudel und kapituliert.
Segel setzen und kurs nehmen auf zerklüftete küsten.
Eine winzige stundengunst nur und ich rette es auf ein
riff.
Fragwürdig auch der travestierende Rundumschlag, der in Gedichten, die mythische Figurationen aufgreifen, geübt wird; die Vielschichtigkeit der Mythologeme reduziert sich in „Jokaste“ aufs Eingängig-Aktualistische.
Ich denke, dies ist ein Band des Übergangs, und man wird um so gespannter den nächsten erwarten dürfen, und in ihm mehr Gedichte, die Haut (die eigene, des Planeten, und die dazwischen liegen) beschreiben und doch unter die Haut gehen. Wie schreibt doch Böhme:
Wie ich sie liebe,
Die oberfläche
Des kleinen planeten
Die zersäbelte die geschundene!
Was klage ich um ihr beflecktes
Schneeweiß um ihren türkis-
Spiegel unterm ölfilm
Um das erloschene üppige grün.
Wie bei der alten hetäre
Sind ihre schründe verkleistert
Mit grellen farben…
Peter Geist, neue deutsche literatur, Heft 405, September 1986
Viktor Kalinke mit Thomas Böhme im Gespräch.
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