aaaaaaaaaafür Sanguineti
aaaaaadurch Dantes Hölle gefilterte Chinesen
aaaaaaaaaadie herabfallen Staub oder Sporen
aaaaaadas keimt im Schimmel in der
Höhle im Champignon im Bauch
aaaaweiß augenlos atomar
aaaaaaaaaaanalphabetisch ein
aaaaaaaaaaaaaAbendmahl
aaaaaaaaaaain weißen Kitteln
„Mich freuen solche Bitterkeiten und Härten“
– Die Beziehung zu Paul Celan. –
Paul Celans Gedicht „Assisi“ erscheint im zweiten Akzente-Heft 1954, im April. Noch bevor Celan dies erfährt, überkreuzen sich zwei Briefe: Höllerer sagt Celan am 8. März den schnellen Abdruck zu und bietet an, sich bei Celans baldigem Deutschland-Aufenthalt auch in Frankfurt um Lesungen zu kümmern. Celan schreibt währenddessen am 9. März:
Eigentlich wollte ich Ihnen noch vor Wochen, nein Monaten schreiben und danken, danken und schreiben, aber dann ließen die Worte mich im Stich, wie so oft schon. An Gedanken hat es aber wirklich nicht gefehlt, glauben Sie’s mir! Nun soll ich nach Deutschland fahren, in etwa zwei Wochen, nach Stuttgart und München, ich komme bestimmt aber auch nach Frankfurt – und darf Sie doch besuchen?
Als Nachsatz, nach der Unterschrift, folgt unten auf der Seite:
Hat Ihnen mein Gedicht überhaupt gefallen? Ich bin jetzt, da ich es wiederlese, nicht eben begeistert – besonders nicht von den letzten Zeilen…
Die letzten Zeilen von „Assisi“ lauten:
Glanz, der nicht trösten will, Glanz.
Die Toten – sie betteln noch, Franz.
Franz von Assisi, der christliche Heilige, und die Toten – die bei Celan immer auch die Toten des Völkermords an den Juden durch die Nationalsozialisten sind: Celan hat dieses Gedicht trotz aller Bedenken, die wohl auch den Paarreim betrafen, unverändert in seinen Gedichtband Von Schwelle zu Schwelle 1955 aufgenommen.
Es kommt im Folgenden zu einer Begegnung in Frankfurt, und schöne Zeugnisse für die Atmosphäre dieser Begegnung sind eine Karte, die Celan dann im Juni aus Paris schickte, und die Antwort Höllerers. Auf Celans Karte sind antike griechische Figuren aus dem Louvre abgebildet, und sie ist zusammen mit einem japanischen Professor geschrieben worden:
Lieber Dr. Höllerer, haben Sie herzlichen Dank für die Begegnung mit Dr. Tezuka! Eigentlich schäme ich mich, nicht Japanisch zu können – hoffentlich sprechen Gedichte immer auch ein wenig Japanisch! Ihr Paul Celan.
Darunter steht:
Sehr geehrter Herr Doktor! Ich habe mit Herrn Celan im Quartier Latin eine Stunde sprechen können – zum ersten Mal im Deutschen in Paris – eine interessante Situation. Mit herzlichen Grüßen. Ihr T. Tezuka.
Die Antwort Höllerers vom 2. Juli 1954 schlägt einen weiten Bogen; sie führt in nuce den überschwänglichen, grenzüberschreitenden Höllerer dieser Tage vor Augen und zeigt seine zukunftsweisenden Vorstellungen von Dichtung und Kommunikation:
Lieber Herr Celan,
ich habe mit großer Freude Ihre Karte gelesen, die Sie mir zusammen mit Herrn Tezuka geschrieben haben. Diese Kombination von Griechenland – Paris – Japan hat etwas Faszinierendes. Ich glaube, daß sich darin die Dichtung ankündigt, wie sie einmal sein wird. – Wie geht es Ihnen? Ich denke gerne an die Tage zurück, die Sie bei uns in Frankfurt verbracht haben.
Mit herzlichen Grüßen Ihr
Walter Höllerer
Höllerer schreibt nichts von der deutschen Sprache, er schreibt „Paris“. Das ist, zumal für einen Vertreter aus dem Kreis der Gruppe 47, eine für Celan ungewohnte Sensibilität – für den deutschsprachigen Juden aus der Bukowina, der im deutschsprachigen Raum nicht mehr leben konnte. Es gibt in den nächsten Jahren persönliche Begegnungen, vor allem in Paris, und gemeinsame Projekte für die Akzente. Am 21. Oktober 1957 zum Beispiel treffen sich die beiden im Deux Magots in St. Germain des Prés; Celan weiß von Höllerers Aufenthalt und schickt ihm eine Notiz ins Hotel: „Rufen Sie mich bitte an: TRO 36-49, am besten zwischen 12 und 2 Uhr“. Am nächsten Tag schreibt Celan, der gerade von einer für ihn bedeutsamen Tagung über Literaturkritik in Wuppertal zurückgekehrt ist (er hat dort Ingeborg Bachmann wiedergetroffen):
Lieber Dr. Walter Höllerer,
herzlichen Dank – ich komme gerne am Montag ins Deux Magots.
Nein, Lenzens habe ich nicht gesehen, ich war ja gar nicht in Stuttgart, sondern in Wuppertal, wo’s „getagt“ hat. Es waren recht viele nette Menschen da: Böll, Walter Jens, Enzensberger, Ingeborg Bachmann. Auch Hans Mayer (Leipzig) und Peter Huchel.
Huchel ist ein reizender Mensch, ich glaube, wir alle müssen etwas für ihn tun, etwas Brüderliches – ich freue mich, mit Ihnen auch darüber sprechen zu können.
Herzlichst
Ihr
Paul Celan
Also Montag, „fünfzehn“ Uhr,
Deux Magots.
Nochmals am 22. Oktober schreibt Celan:
Lieber Dr. Walter Höllerer, herzlichen Dank für Ihren Brief – ich komme nun mit dem meinen zu spät, „um eine Brieflänge“ – was immerhin, bei meiner Ihnen leider so gut bekannten Säumigkeit, einen kleinen Fortschritt bedeutet. Es war schön gestern Nachmittag, es war ja ein Gespräch, ich bin Ihnen dankbar. (…)
Die beiden haben, wie aus dem Weiteren hervorgeht, bei ihrem Treffen offensichtlich auch über neue Aktivitäten gesprochen. Celan schickt Höllerer seine Übersetzung eines Gedichts von Gérard de Nerval und hat Höllerer gebeten, seinerseits Gedichte für die Zeitschrift Botteghe Oscure in Rom zu schicken, die von der Prinzessin Caetani herausgegeben wird und für die Celan wie Ingeborg Bachmann deutschsprachige Texte besorgen.
Am 31. Dezember desselben Jahres, 1957, schreibt Celan:
Lieber Walter Höllerer,
heute Vormittag kamen Ihre Gedichte: herzlichsten Dank.
Wie soll ich’s sagen? So vielleicht: mich freuen solche Bitterkeiten und Härten. Oder so: Das Wort-um-Wort, mit gepreßter Stimme artikuliert, so daß es manchmal in den Silben und Gelenken knirscht und sich lockert, weil – auch hier! – das Wirkliche hindurchwill, hindurchsoll, hindurchmuß.
Alles Gute!
Ihr
Paul Celan
* Ist das nicht merkwürdig: Mit der Ich-Verlagerung gewinnt auch das „Psychologische“ an Bedeutsamkeit.
In einem Brief vom 15.7.1958 notiert Celan angesichts der Pariser Aufmärsche im Zuge der Algerien-Krise:
Gestern gabs Stiefel und Märsche – we should speak English for a while.
Und am 20.7.1959 meldet er sich aus einem „Zigeuner-Sommer“ in Sils-Maria – es war der Aufenthalt, während dessen er mit Adorno zusammentreffen sollte; aus dieser versäumten Begegnung entstand der Prosatext „Gespräch im Gebirg“. Der Brief endet mit dem Satz:
Alles Gute für die nächsten Augenblicke und Jahrhunderte!
Es ist aufschlussreich, dass der Kontakt zwischen Höllerer und Celan anlässlich der „Goll-Affäre“ nicht abreißt – Celan sieht sich, vor allem in den Jahren 1958 bis 1961, Plagiats-Verleumdungen der Witwe Yvan Golls ausgesetzt und fühlt sich dabei von fast allen allein gelassen – auch von denjenigen, die versuchen, ihn zu unterstützen. Er bricht in dieser Zeit fast alle freundschaftlichen Kontakte ab. In der Folge wird bei Celan eine psychische Erkrankung erkennbar, es kommt zu langen Aufenthalten in psychiatrischen Kliniken. In Celans Nachlass gibt es einige Notizen, in denen Höllerers Anthologie Transit als Beispiel für die Kampagne gegen ihn auftaucht – Höllerer hatte, nichts ahnend, dem Transit-Konzept gemäß, manchmal auch Gedichte Celans und Yvan Golls hintereinander abgedruckt.
Ebenfalls im Nachlass findet sich ein Brief an Höllerer vom 9. Februar 1961, der allerdings nicht abgeschickt wurde:
Lieber Walter Höllerer,
wir kennen uns seit mehreren Jahren. Es hat zwischen uns dies und das gegeben – dies, aber auch das. In Darmstadt, es war, aus Gläsern, etwas Wein in uns geflossen, hatten Sie – Sie selbst –, ein Wort, ein wirkliches, die Literatur lag unterm Tisch (wo sie ja zuweilen hingehört, wie Sie und ich), ein Wort, das ich jetzt nicht genau zu zitieren wüsste – wahrscheinlich wars gerade deshalb eins –, Sie sagten da etwas von sich, es stimmte (d.h. von Ihrer Stimme hatte es seinen Sinn), ich habe es, Sie werden sich daran erinnern, so ernst genommen, wie es war, ich habe dann, später, auch einiges zu Ihnen gehen lassen, Geschriebenes – Sie wissen, was mitschreibt, wenn geschrieben wird, con moto, bewegterweise.
Ich sage mir jetzt, dass es nicht ganz sinnlos ist, diese Zeilen an Sie zu richten. Nebenher; In Sulzbach ist, auf Veranlassung Ihres Herzogs, anno 1669 die Sohar-Ausgabe des Mose Bloch erschienen. Ich sage mir also, dass es einen Sinn hat, dem Walter Höllerer zu schreiben. Ihm zu schreiben und ihn – unterm Tisch – darauf aufmerksam zu machen, dass es ihm nur zur Ehre gereichen kann, wenn er dazu beiträgt, Fälschung und Verleumdung zu entlarven. Denn das gegen mich Angezettelte ist eine ernste Sache. Ich stehe hier nur stellvertretend für etwas. Guess for what.
Es gibt nur eine Wahrheit. Und – es gibt sie.
Mach Dir Gedanken, Walter Höllerer, – Du kannst das. Die Elephanten sehen sowas ganz gerne. (DLA Marbach)
Höllerer bemüht sich immer wieder, Celan zu einer Lesung nach Berlin einzuladen. Und es ist bemerkenswert, dass Celan sich grundsätzlich bereit zeigt, solch eine Einladung anzunehmen. Celan sollte sogar, auf dem Höhepunkt der Goll-Affäre, die später legendär gewordene Lesereihe Literatur im technischen Zeitalter in der Kongresshalle eröffnen – das war von Höllerer offenbar ganz bewusst als Solidaritätsaktion gedacht:
Berlin-Charlottenburg, den 9.10.1961
Lieber Paul Celan,
ich habe mich sehr gefreut, Sie heute am Telefon zu hören. Ich möchte meine Einladung für eine Lesung in Berlin schriftlich wiederholen. Es wäre sehr schön, wenn Sie am Montag, dem 13. November, um 18 Uhr in der Kongresshalle lesen könnten. Dieser Abend stellt den Beginn einer Internationalen Lesereihe dar, zu der im Laufe des Winters u.a. Dos Passos, Henry Miller, Butor, Robbe-Grillet, Goyen, Gombrowicz, Sarraute, Ionesco, Adamov nach Berlin kommen werden. Die Lesereihe wird vom Ausseninstitut der Technischen Universität veranstaltet. Für die Lesung am 13. November kann ich Ihnen ein Honorar von DM 1.200 (weil diese Sendung als live-Aufnahme im Fernsehen übertragen wird) bieten; ferner die Kosten des Fluges von Paris und zurück und die Hotel-Übernachtungskosten für drei Tage.
(…)
Wir alle würden uns sehr freuen, wenn Sie die Reihe eröffnen könnten.
Besonders die Studenten und die Berliner Schriftsteller werden Sie herzlich begrüssen. (…) (DLA Marbach)
Am 31.10.1961 schreibt Celan dann:
Lieber Walter Höllerer,
nochmals herzlichsten Dank für Ihren Brief und Ihre Einladung nach Berlin. Gern wäre ich gekommen, zumal in diesen – Berliner! – Tagen, aber Schul- und andere Sorgen halten mich zurück, ich muß mich mit der Hoffnung begnügen, daß es in nicht allzu ferner Zeit, im Frühjahr vielleicht, wieder eine (ähnliche) Gelegenheit gibt.
Herzlich beglückwünsche ich Sie zu Ihrer Zeitschrift: Sie haben, wie vor Jahren mit den Akzenten, einen Schritt getan, auf den es ankommt – ich sage das aus (nicht ganz mühelos gewonnener) Überzeugung.
Grüßen Sie Günter Graß, grüßen Sie Berlin und die Berliner Schriftsteller
Herzlich
Ihr
Paul Celan (DLA Marbach)
In den nächsten Jahren muss sich Celan mitunter für längere Zeit in psychiatrischen Kliniken behandeln lassen. Höllerer lädt ihn immer wieder nach Berlin ein – und hat schließlich Erfolg. Die Lesung Celans in der Akademie der Künste am 18. Dezember 1967 ist ein literaturgeschichtlich bedeutsames Ereignis, nicht nur, weil Peter Szondi den Berlin-Aufenthalt Celans zum Anlass für einige wichtige Anmerkungen zu Celan-Gedichten genommen hat, die dort entstanden sind. Die Berliner Tage Celans sind fast schon mythisch geworden. Umso verwickelter war die Vorgeschichte.
Am 27. September 1966 bedauert Celan, Höllerer und seine Frau in Paris „verpaßt zu haben“, und fährt fort:
Endlich einmal muß ich ja nach Berlin kommen – ich täte es gerne, und das Flugzeug ist durchaus kein Hindernis. Aber wann? An Ostern wohl im Frühjahr, kurz vor oder kurz nach Ostern.
Am 27. Oktober desselben Jahres wird es konkreter, und der Brief ist auch wegen Celans Vorstellungen von den Rahmenbedingungen einer Lesung erhellend:
Lieber Walter Höllerer,
gut, im Mai also. Aber das genaue Datum müssen wir offen lassen, da ich erst in den nächsten Wochen genauer sehen werde, wie es mit den diversen Schulterminen steht. Wenn es aber für Sie wegen der Programmierung eilt, so schlagen Sie mir, bitte, in Ihrem nächsten Brief einen Termin vor; bis zu einem gewissen Grade kann ich mich nach Ihnen richten.
Eines nur, selbst hier; auf eine Beteiligung des Fernsehens, dem ich mich nicht recht gewachsen fühle, bitte ich zu verzichten. Und noch eines: ich lese gern ohne Mikrophon. Deshalb möchte ich Sie fragen, ob wir nicht zwei an verschiedenen Tagen anzusetzende Lesungen machen sollen, in einem kleineren Saal als der Kongreßhalle. Aber dies ist nur eine Frage bzw. eine Anregung.
(…)
Höllerer beginnt zu organisieren:
wir können Ihnen Hin- & Rückflug Paris-Berlin, die Übernachtungskosten in einem Hotel der Innenstadt (z.B. Hotel Steinplatz, das bequem liegt) sowie DM 500.- für einen Leseabend im Saal der Akademie bezahlen. Auf Ihren Wunsch habe ich das Fernsehen nicht daran beteiligt. – Wir sind etwas abhängig von den Abenden, an denen uns der Saal zur Verfügung steht. Das wären: 13. Mai oder 14. oder 15. Mai, aber das ist ausgerechnet Pfingsten, & damit ungünstig (Studenten sind in den Ferien). Dann ist da noch 18. Mai. Das wäre schon besser. Oder dann 5. Juni, das hat den Vorteil, daß es nicht so nahe an Pfingsten liegt. Im Juni wären ferner noch die Abende 12., 13., 14., 15., 16. frei, sowie 21. Juni. Das erfuhr ich soeben durch Anruf bei der Akademie, & ich beeile mich, Ihnen diese Daten zu schreiben, damit nicht noch mehr Daten besetzt werden. Auf alle Fälle sollten Sie mindestens eine Woche, besser noch länger hier bleiben. Die 2. Mai-Hälfte & der Juni sind klimatisch die besten Monate für Berlin. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie zusagen könnten! Falls Ihre Frau mitfahren kann, ist sie freundlichst mit eingeladen. Viele Grüße an sie!
Alles Gute, & herzliche Grüße,
Ihr
Walter Höllerer (DLA Marbach)
Auf dem Durchschlag für seine Korrespondenzmappe hat Höllerer oben groß auf dem Blatt notiert: „Celan 14.5.67“. Doch es kam anders. Celan schreibt am 11. Mai 1967:
Lieber Walter Höllerer,
was hier als Nachricht kommt, als Antwort auf Ihren Brief vom 17. März, ist ja nun leider nichts Überraschendes: ich kann nicht kommen.
Sie wissen, vielleicht, daß es mir gesundheitlich nicht allzu gut ging und daß ich meine Lehrtätigkeit an der École unterbrechen mußte. Nun, ich nehme sie demnächst wieder auf, aber eine Reise nach Berlin, und wär’s nur eine Stippvisite, läßt sich nicht gut schon gleich jetzt, kurz nach der langen Unterbrechung, arrangieren.
Ich hatte gehofft, Ihnen für den 21. Juni eine Zusage geben zu können, aber leider läßt sich auch das nicht einrichten.
Bleibt der Herbst. Wäre Oktober ein günstiger Zeitpunkt? Sie wissen: ich komme gerne nach Berlin, nicht nur um zu lesen, sondern auch um zu sehen und zu hören.
(…)
Celan ist in ärztlicher Behandlung, und er nimmt seine Lehrverpflichtung an der École Normale Supérieure sehr ernst. Doch gleichzeitig kämpft er gegen die Umstände an; eine Reise nach Berlin wäre für ihn sehr wichtig. Im September 1967 kommt es zu einer Begegnung zwischen Celan und dem Ehepaar Höllerer im Tessin: Celan hält sich bei Freunden in der Nachbarschaft auf und besucht an einem Abend auch Renate und Walter Höllerer in ihrem Haus. Er widmet ihnen seinen soeben erschienenen Gedichtband Atemwende mit den Worten: „In der Freude des Wiedersehens“.
Der nächste Brief Celans, der sich in Höllerers Korrespondenz befindet, trägt das Datum vom 1. Dezember 1967:
Lieber Walter Höllerer,
der achtzehnte rückt näher, und – diesmal komme ich bestimmt.
Ich werde am sechzehnten eine Maschine der Air-France besteigen und, so hoffe ich, bald darauf in Berlin sein.
Sie waren so liebenswürdig, mich zu einem mehrtägigen Aufenthalt in Berlin einzuladen, und ich gestehe, daß ich nur allzu gern über Weihnachten, vielleicht sogar über Neujahr hinaus bliebe. Bitte sagen Sie mir, ob ich Ihre Einladung richtig verstanden habe.
Seien Sie und Ihre Frau sehr herzlich gegrüßt
von Ihrem
Paul Celan
Und am 8. Dezember folgt:
Lieber Walter Höllerer, vielen Dank für Ihren guten Brief. Ich steige hier am Samstag, dem 16. um 12 Uhr 35 in eine Maschine der Air France und bin um 15 Uhr 25 in Tegel. (…)
Peter Szondis Interpretation des Gedichts „DU LIEGST im großen Gelausche“, das während des Berliner Aufenthalts in der Nacht vom 21. auf den 22. Dezember entstand, ist deswegen von großer Bedeutung, weil Szondi Celans Chiffren, die in der Germanistik als jenseits von Zeit und Raum begriffen wurden, auf konkrete Daten, Tatsachen zurückführt. In seinen „Celan-Studien“ beschreibt er die Umstände von Celans Aufenthalt:
Celan traf am 16. Dezember 1967 in Berlin ein. Es war, sieht man von seiner Durchreise auf dem Weg nach Frankreich im Jahr 1938 ab, sein erster und einziger Aufenthalt in der Stadt. Unmittelbarer Anlaß war eine von Walter Höllerer initiierte Lesung im Studio der Akademie der Künste. Am Tag danach las Celan vor einem kleinen Kreis von Studenten und Hochschullehrern im Seminar für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Freien Universität Berlin Gedichte aus dem kurz zuvor erschienenen Band Atemwende. Außer einer von Ernst Schnabel geleiteten Fernsehaufnahme (am 27. [28.] 12.) gab es für die Tage seines Berlinaufenthalts keine anderen Verpflichtungen. (Peter Szondi: Celan-Studien)
Die Atmosphäre der Lesung in der Akademie der Künste beschreibt Joachim Günther im Berliner Tagesspiegel am 20. Dezember 1967 so:
Schon einfach als Ereignis hat das, was die Akademie der Künste zusammen mit dem Literarischen Colloquium letzten Montagabend in ihrem großen Vortragssaal veranstaltete: eine Gedichtlesung Paul Celans – Seltenheits-, ja nahezu Einmaligkeitswert gehabt. Celan ist heute wohl heimlicher König des deutschsprachigen Gedichts, die reinste, sublimste und geheimnisvollste Gestalt auf diesem zerklüfteten Gelände. (…)
Dabei ein Auditorium wie nur zu den besten und aufregendsten Veranstaltungen des literarischen oder kulturellen Lebens der Stadt; ihr Individualitätenschatz für eineinhalb Stunden zusammengetrommelt, von den Kreuzberger Pulloverliteraten bis zu Professoren, Publizisten und der geistigen Damenaristokratie. Die größere Seite des Akademiesaales ziemlich bis auf den letzten Platz gefüllt, obwohl doch nur eine Einmann-Darbietung geboten und dazu kaum Sensationen, zumal nicht solche politischer oder gesellschaftskritischer Natur, zu erwarten standen.
(…)
Walter Höllerer, der auch dieses Mal den Einleiter zu machen hatte, löste seine Aufgabe am geschicktesten damit, daß er selber so gut wie gar nichts zur Vorstellung oder Interpretation des Dichters beitrug, sich vielmehr auf eine kleine Collage von Celanzitaten aus dessen Rede bei Verleihung des Büchner-Preises beschränkte. Der Autor (als Zuhörer neben seinem Lesepult stehend) dabei, fast ein wenig in Delinquentenhaltung. Auch als er sich schließlich zu seinem eigenen Vortrag setzte, bekam die übrige Zuhörerschaft buchstäblich kein einziges kommentierendes oder gar dekorierendes Füllwort von ihm zu hören, sondern allein eine Kollektion von etwa fünfundzwanzig Gedichten je einmal vorgesprochen aus seinen sechs seit 1948 erschienenen Gedichtbänden. (…)
Helmut Böttiger, aus Helmut Böttiger: Walter Höllerer und die Erfindung des Literaturbetriebs. Literaturhaus Berlin, 2005
Seinen ersten modernen Autor entdeckte Höllerer inmitten des Krieges. In einer Athener Buchhandlung war er zufällig auf eine schöne Insel-Ausgabe von Arno Holz’ Phantasus gestoßen, die er verbotenerweise gegen Brot eintauschte. Fasziniert war er allein schon vom Satzspiegel, von den „Versen, die auf Mittelachse geschrieben sind.“1 Die im Zeichen des Phantasus, einem Sohn des Schlafes in der griechischen Mythologie, geschriebenen hundert Gedichte waren einerseits durch die genaue Beschreibung mit Holz’ „Sekundenstil“ des Naturalismus verbunden, der allerdings kein einfaches ,Mitschreiben‘ der Realität, sondern eine modernistische Schreibtechnik der Wirklichkeitsdarstellung war. Andererseits verwiesen Holz’ Phantasus-Gedichte thematisch schon auf die Neuromantik mit ihrer Sehnsucht nach einem fernen Land der Kindheit, der Liebe, nach einem idyllischen Naturreich und einem mythisch-magischen Raum außerhalb der Zeit. Tatsächlich handelte es sich aber um die ,Träumereien‘ eines Dichters unterm Dach einer Mietskaserne in der nur ausschnitthaft vorkommenden Großstadt Berlin. Bei Holz verbanden sich also Biedermeier und der Vorschein einer Großstadtlyrik. Es war die räumliche Anordnung der Zeilen, zentriert nach der Mittelachse, die Höllerer den Rhythmus bildlich vor Augen führte – das Gestaltungsprinzip einer Großstadtlyrik, das er vor allem in seinen Systeme-Gedichten aufgegriffen hat.
Nach dem Erscheinen des ersten Gedichtbandes Der andere Gast zählte auch Karl Krolow Höllerer – neben Paul Celan und Ingeborg Bachmann – zu den wichtigsten Stimmen der modernen deutschsprachigen Nachkriegslyrik.2 Dies brachte ihn in ein ambivalentes, von Freundschaft und Wertschätzung, aber auch von unterschiedlichen literarischen Positionen geprägtes Verhältnis zu Paul Celan. Er traf ihn erstmals auf einem deutsch-französischen Schriftstellertreffen 1953. Seitdem entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis: So kam Celan auf Einladung Höllerers im März 1954 nach Frankfurt zu einer Lesung im Umfeld der Akzente-Gründung. In Höllerers und Benders Zeitschrift konnte Celan nicht nur mehrere eigene Gedichte veröffentlichen, sondern er erhoffte sich auch einige seiner Lyrik-Übersetzungen hier unterbringen zu können.3 Mit seiner Übertragung von Gérard de Nervals Gedicht „El Dedichado“ im 2. Heft von 1958 erschien überhaupt zum ersten Mal eine Übersetzung in den Akzenten. Höllerer, der bald eine Wohnung in der französischen Hauptstadt angemietet hatte, verabredete sich mehrfach mit Celan, so zum Beispiel im berühmten Café Les deux Margots im Oktober 1957. Celan kam von einer Tagung in Wuppertal, wo er nach langer Zeit unverhofft Ingeborg Bachmann begegnet war. Das aus dieser Begegnung entstandene Gedicht „Köln, Am Hof“ überließ er dann Höllerer für den Vorabdruck in den Akzenten. Umgekehrt schickte Höllerer ihm eigene Gedichte für den Halbjahresband der internationalen Literaturzeitschrift Botteghe Oscure, für den Celan und Bachmann die Auswahl der deutschen Texte vornahmen. über die von Höllerer zugeschickten, bislang unveröffentlichten Gedichte („Vogel Roc“, „Bein und Eisen“, „Eiben“, „Für eine flüchtige Freundin“, „Antlitz, geflochten“ und „Gläsern“) schrieb Celan, dass ihn „solche Bitterkeiten und Härten“ freuten:
Das Wort-um-Wort, mit gepreßter Stimme artikuliert, so daß es manchmal in den Silben und Gelenken knirscht und sich lockert, weil – auch hier! – das Wirkliche hindurchwill, hindurchsoll, hindurchmuß.4
Höllerer war von dieser Charakterisierung seiner Gedichte sehr angetan. Umgekehrt ist auch Celan in Höllerers zahlreichen poetologischen Texten zur zeitgenössischen modernen Lyrik eine wichtige Referenz, allerdings eine rare. Am häufigsten wird Celan in dem 1959 gehaltenen Vortrag „Lyrik heute“ und in „Gedichte in den sechziger Jahren“ (1966) genannt. Dann verschwinden die Hinweise auf Celan – sein Selbstmord 1970 hinterließ quasi keine Spur bei Höllerer, nur eine versteckte in der Elephantenuhr in Gestalt einer schemenhaften Figur namens „Jurascu“. Celan taucht erst wieder in späteren Aufsätzen wie „Literatur im dreißigjährigen Frieden“ (1979), „Unser Gestern verfällt dem Aberglauben“ (1980) oder „Anmerkungen zur Autorenpoetik“ (1981) auf.
Im Anhang zu Lyrik heute zitiert Höllerer die „Todesfuge“, also jenes berühmte Gedicht, das Celan 1952 auf der legendären Tagung in Niendorf vor der Gruppe 47 gelesen hatte. Sein als ,pathetisch‘ wahrgenommener Deklamationsstil, der vermutlich von der Tradition des Wiener Burgtheaters geprägt war, wurde in der Gruppe verlacht. Celans Ton stieß auf ,verhärtete Herzen‘, auf Ablehnung und eine interne Ausgrenzung, die antisemitische Züge aufwies.5 Hans Werner Richter hatte die Stimme Celans sogar mit der von Goebbels verglichen. Zugleich habe Celan „in einem Singsang vorgelesen wie in der Synagoge.“6 Walter Jens erinnerte sich daran, dass man sagte:
„Das kann doch kaum jemand hören!“ Er las sehr pathetisch. Wir haben darüber gelacht, „Der liest ja wie Goebbels!“ sagte einer, so daß dann später ein Sprecher der Gruppe, Walter Hilsbecher aus Frankfurt, die Gedichte noch einmal vorlesen mußte.7
Die absurde Assoziation Celans Stimme einerseits mit der vom Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, andererseits mit einem ,Synagogen-Singsang‘ vermischte die Stimmen der Opfer und der Täter aufgrund einer pauschalen Ablehnung alles Stimmhaften und Pathetischen, das in der Gruppe 47 mit der NS-Zeit in Verbindung gebracht wurde. Die gruppenkonstituierende Maxime einer nüchternen, stimmlosen Vortragsweise, die sich auch, im Stil-Ideal der Kahlschlagliteratur niederschlug und die manche auf eine gemeinsam verinnerlichte „Landser“-Sprache zurückführten, verweist im Falle Celans auf die Verdrängung einer eindringlichen Erinnerungsstimme. Seine Vortragsweise verstieß gegen die stillschweigend gültige Sprechordnung in der Gruppe 47, die mit ihrem Nüchternheitsgebot implizit ein ,Nicht-Involviert-Sein‘ signalisierte und damit eine Aufarbeitung der Verbrechen und die Erinnerung an die Opfer der Shoah verdrängte.8 Dass die Verdrängung der Stimmen der Opfer gerade im Namen eines unbeteiligten Realismus auftrat und diese Tonlage bis weit in die journalistische Öffentlichkeit hineinwirkte, wird aus Celans Schilderung des Abends in einem Brief an seine Frau deutlich:
Um neun Uhr abends war die Reihe an mir. Ich habe laut gelesen, ich hatte den Eindruck, über diese Köpfe hinaus – die selten wohlmeinend waren – einen Raum zu erreichen, in dem die ,Stimmen der Stille‘ noch vernommen wurden […]. Die Wirkung war eindeutig, Hans Werner Richter, der Chef der Gruppe, Initiator eines Realismus, der nicht einmal erste Wahl ist, lehnte sich auf. Diese Stimme, im vorliegenden Falle die meine, die nicht wie die der andern durch die Wörter hindurchglitt, sondern oft in einer Meditation bei ihnen verweilte, an der ich gar nicht anders konnte, als voll und von ganzem Herzen daran teilzunehmen – diese Stimme musste angefochten werden, damit die Ohren der Zeitungsleser keine Erinnerung an sie behielten … Jene also, die die Poesie nicht mögen – sie waren in der Mehrzahl – lehnten sich auf. Am Ende der Sitzung, als man zur Wahl schritt, haben sich sechs Personen an meinen Namen erinnert.9
In Niendorf war Höllerer noch nicht dabei – er war 1954 als Herausgeber der neuen Zeitschrift Akzente erstmals zum Treffen der Gruppe 47 auf der Burg Rothenfels eingeladen. Mit der Wiedergabe von Celans „Assisi“-Gedicht gleich im zweiten Akzente-Heft von 1954 setzte er ein erstes Zeichen der Annäherung. Sieben Jahre später würdigte Höllerer in „Lyrik heute“ ausführlich Celans „Todesfuge“. Zugleich universalisierte er es und eignete es sich poetologisch an. Denn die im Anschluss an seine poetologischen Ausführungen zitierte „Todesfuge“ fasse nochmal die von ihm im Aufsatz ausgeführte Autorpoetik zusammen. Sie zeuge von der Bemühung, „einer kaum ergreifbaren Wirklichkeit gerecht zu werden und sich gegen sie zu stellen.“ Schließlich sei das Gedicht „gegen den Wahnsinn der Menschenvernichtung im vergangenen Krieg“ geschrieben und es versuche „dieser Vernichtung mit Worten beizukommen“.10 Höllerers im Unbestimmten verbleibende Rede vom „Wahnsinn der Menschenvernichtung im vergangenen Krieg“ universalisiert die Opfer. Vier Jahre vor Beginn der Frankfurter Auschwitz-Prozesse fällt es auch Höllerer noch schwer, das konkrete Thema der „Todesfuge“ – die Vernichtung der europäischen Juden durch deutsche Nationalsozialisten – auszusprechen. Wenn auch in seinen Aufsätzen zur zeitgenössischen Lyrik nur punktuell als Referenz angeführt, war sich Höllerer über die große lyrische Bedeutung von Celan im Klaren. Viele seiner Gedichte sind zwischen 1954 und 1961 in den Akzenten, also in der einflussreichsten Phase der Zeitschrift, abgedruckt.11 Neben „Assisi“ waren unter ihnen auch so wichtige Gedichte wie „Köln, Am Hof“ oder „Engführung“. Letzteres beschloss den Sprachgitter-Band und hatte auch Grass sehr beeindruckt. In seiner Pariser Zeit, als er an der Blechtrommel saß, hatte er – vermutlich durch die Vermittlung Höllerers – Celan kennengelernt. Es entstand eine „herzgraue Freundschaft“12 zwischen den ungleichen Dichtern, die jedoch – ebenso wie Höllerer – das Interesse an Kinderreimen und ihre Gedächtnisfunktion für traumatische Erfahrungen teilten. „Engführung“ wurde 1961 in den Akzenten gedruckt. Ihm ging erneut ein einführender poetologischer Text Höllerers voraus: ein Kommentar, der die neuesten lyrischen Strömungen unter dem seit den 1950er Jahren sich überall allmählich durchsetzenden Begriff der „Struktur“ stellte.13
Unter den Zitaten, die das „Programm Akzente“ für das Jahr 1963 absteckten, findet sich auch eins aus Celans „Engführung“:
Nahtstellen, fühlbar, hier
klafft es weit auseinander, hier
wuchs es wieder zusammen – wer
deckt es zu?14
Vielleicht kann das Verhältnis zwischen Höllerers Poetik und Celan Poesie als eine solche weit auseinanderklaffende und zugleich wieder zusammenwachsende „Nahtstelle“ verstanden werden. Die Annäherung an die „Stimmen der Stille“, aber auch die Verkennung des ihnen angemessenen Rezeptionsraums lassen sich nicht zuletzt daran ablesen, dass Höllerer die internationale Vorlesungsreihe „Literatur im technischen Zeitalter“ im November 1961 in der überfüllten und mit der Apparatur der Fernsehübertragung ausgestatteten Berliner Kongresshalle mit einer Lesung von Celan eröffnen wollte. Es kam anders: Statt Celan, der wegen der verleumderischen, ihn tief verletzenden „Goll-Affäre“ und wegen immer größer werdenden psychischen Problemen die Reise nach Berlin immer wieder verschob, eröffnete Ingeborg Bachmann die ,literarische Sensation der Saison‘.
Bachmann war schon früh ein Liebling der weitgehend männlichen Gruppe 47 oder anders formuliert: Sie wurde schon früh von ihr vereinnahmt. Ein Jahr nach Niendorf erhielt sie den Gruppen-Preis, während Celans Stimme zum Stigma des ,internen Ausgegrenzten‘ wurde.15 Spätestens mit der „Goll-Affäre“ und ihren Plagiatsvorwürfen sah sich Celan von allen Seiten verraten und verfolgt, er sah überall Intrigen. Auch wenn der langjährige Briefwechsel zwischen Höllerer und Celan in einem freundlichen Ton gehalten war, finden sich in Celans Nachlass auch Notizen und nicht abgeschickte Briefe, die den Argwohn gegenüber Höllerer zum Ausdruck bringen. Dabei wird die Transit-Anthologie als Beleg für eine vermeintliche Kampagne gegen ihn angeführt, da hier einige Gedichte Paul Celans und Yvan Golls direkt hintereinander abgedruckt waren. Auch hat sich ein vorwurfsvoller und zugleich verzweifelter Brief an Höllerer vom 9. Februar 1961 erhalten, der aber nie abgeschickt wurde.16 in Briefen an andere Personen argwöhnte Celan eine indirekte Beteiligung Höllerers an der Verletzung seiner Ehre in Form einer von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung beauftragten und von der Thyssen-Stiftung finanzierten Untersuchung der Plagiatsvorwürfe, die im Jahrbuch 1960 der Akademie, also kurz nachdem Celan den Georg-Büchner-Preis erhalten hatte, erschienen war.17 Verfasser der Untersuchung war ein studentischer Mitarbeiter von Fritz Martini, der wiederum von Hermann Kasack, dem damaligen Akademie-Präsidenten, beauftragt wurde. Celan, dessen Büchner-Preisrede „totgeschwiegen wurde“, wie er in einem weiteren nicht abgesandten Brief an Höllerer schrieb,18 sah in der von der Akademie beauftragten Untersuchung ein weiteres Anzeichen für ein Rufmord-Komplott von ehemaligen Nazis und „inneren Emigranten“ gegen sich. Auch Höllerer gehörte für Celan zum Kreis der Verdächtigen, da sein Name in der im Jahrbuch wiedergegebenen Mitgliederliste aufgeführt war.19 Es gibt keinerlei Hinweise, dass Höllerer an diesem vermeintlichen „Rufmord“ in irgendeiner Weise beteiligt war. Trotzdem sah sich Celan überall von anti-jüdischen Haltungen umstellt. In einem kryptischen Entwurf eines Briefs an Reinhard Federmann von 1962 heißt es im Zusammenhang mit einer Kritik an Adorno, der seine jüdische Herkunft verberge, indem er „Wiesengrund“ zum „W“ abkürze, und bei den Akzenten mitarbeite: „Steigerungsmöglichkeiten des Adjektivs: höll, höller, höllerer“.20 Sicherlich waren die konkreten Vorwürfe unhaltbar und ungerecht – dass aber Höllerer im Literaturbetrieb der 1960er Jahre immer mehr eine Machtposition innehatte, wurde ihm auch von anderer Seite polemisch vorgeworfen, so vor allem 1966 durch den Exilautor Robert Neumann in der konkret-Affäre.21
In Niendorf, wo Celan verlacht wurde, war Höllerer noch nicht dabei. Dass er sich aber ebenfalls an jenen „priesterlichen Ton“ von Celan und Bachmann störte und in diesem Punkt eine ähnliche Position wie Richter und die Gruppe 47 vertrat, geht aus dem Interview mit Fichte hervor.22 Für ihn durfte das Gedicht im „technischen Zeitalter“ nicht mehr in einem ,priesterlichen‘ Zusammenhang stehen, in dem die Zuhörer andächtig dem heiligen Wort des Dichters lauschten. Zwar waren für ihn Celans und Bachmanns Gedichte durch und durch modern, von sprachlichen Brüchen, strukturellen Konstellationen und Abstraktmetaphern bis hin zu nicht weiter deutbaren Chiffren geprägt, aber sie standen in Höllerers Wahrnehmung noch immer im Zeichen der weihevollen Verlautbarung, während er selbst diese Vortragsform vermied. Sicher, das moderne Gedicht war konstitutiv mit einer Unverständlichkeit verbunden. Aber die Widerstände des poetischen Worts waren nicht mehr als ,heiliges‘, hermetisches Werk, sondern als offener Bewegungsprozess aufzufassen, den es in einem metareflexiven poetologischen Kommentar zu erläutern und in einer Kommunikation mit dem Publikum in actu – wie in einer musikalischen Interpretation – ,herauszulesen‘ galt. An die Stelle der Hermetik und Kontemplation sollte also die interpretatorische Lektüre als textuelle Erkundung des Produktionsprozesses treten, die sich wiederum für eine – freilich akademisch gelenkte – Rezeptionsästhetik öffnete. Wie schon Edgar Allan Poe, Stéphane Mallarmé, Paul Verlaine und Gottfried Benn wurde der Dichter im „technischen Zeitalter“ zum Poetik-Dozent, der seinen Arbeitsprozess offenlegt und öffentlich kommentiert. Diese Form der Inszenierung poetischer Textualität und Kreativität, wie sie heutzutage auch die zahlreichen Poetikvorlesungen an den Universitäten prägt, institutionalisierte sich mit der Gründung der Poetikvorlesung 1959 in Frankfurt am Main und auch hier machte Ingeborg Bachmann den Anfang.23 Kurz zuvor war Höllerer nach Berlin gegangen, einem Ruf der Technischen Universität folgend. Trotzdem koinzidierte seine Karriere mit dem Aufstieg der Poetikvorlesung als eine Literaturwissenschaft und literarische Praxis, Schriftlichkeit und Mündlichkeit, Text und Performance verbindende Institution. Höllerer unterschätzte aber, dass die öffentliche Inszenierung von Poesie und Poetik nicht nur von der Attraktion der selbstreflexiven Offenlegung der Machart, sondern auch von der Aura des Unnahbaren und Unverständlichen lebte, wie in Bachmanns Lesungen deutlich wurde, so auch bei der Eröffnung der von Höllerer organisierten internationalen Lesereihe Literatur im technischen Zeitalter im Winter 1961/62 im Großen Saal der Kongresshalle Berlin.
Aber zurück zu Celan. Er kam schließlich doch noch auf Einladung Höllerers im Dezember 1967 nach West-Berlin zu einer Lesung in der Akademie der Künste. Am zweiten Tag las er in dem von Peter Szondi seit 1965 geleiteten Seminar für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Freien Universität Berlin Gedichte aus dem kurz zuvor erschienenen Band Atemwende und neue Gedichte aus dem zu Lebzeiten nicht mehr erschienen Band Schneepart. Diese Lesungen gaben wichtige Impulse für Szondis große Celan-Studien, die 1972 erschienen, vor allem für Szondis Interpretation des Gedichts „DU LIEGST im großen Gelausche“, das Celan während des Berliner Aufenthalts schrieb und das das letzte bekannt gewordene Gedicht vor seinem Selbstmord war. Am dritten Tag seines Berliner Aufenthalts stellte sich Celan sogar dem Sender Freies Berlin (SFB) für eine Fernsehaufnahme zur Verfügung.
Die Entstehung des Gedichts „Köln, Am Hof“, das Celan zunächst Ingeborg Bachmann, dann handschriftlich auf der Rückseite des Begleitbriefs geschrieben an Höllerer schickte und später in den Sprachgitter-Band aufnahm, ist genau datiert: Paris, Quai Bourbon, Sonntag, 20.10.1957. Erstmals gedruckt erschien es – zusammen mit den Gedichten „Schneebett“, „Windgerecht“, „Matière de Bretagne“, „Nacht“, „In Mundhöhe‘ und „Allerseelen“ – im 1. Akzente-Heft von 1958.
KÖLN. AM HOF
HERZZEIT, es stehn
die Geträumten für
die Mitternachtsziffer.
Einiges sprach in die Stille, einiges schwieg,
einiges ging seiner Wege.
Verbannt und Verloren
waren daheim.
Ihr Dome.
Ihr Dome ungesehn,
ihr Ströme unbelauscht,
ihr Uhren tief in uns.
Seit der Herausgabe des Briefwechsels zwischen Celan und Bachmann unter dem Titel der Herzzeit, die im Feuilleton als ein großes literarisches Ereignis gefeiert wurde, liest man das Gedicht fast ausschließlich im Zeichen der gemeinsamen Liebesgeschichte.24 Tatsächlich hatte Celan auf einer Tagung in Wuppertal, nach längerer Zeit der Trennung, Ingeborg Bachmann wiedergesehen. Am 14. Oktober 1957 reiste er dann weiter nach Köln, wo er in einem Hotel in der Straße „Am Hof“ in der Nähe von Dom und Rheinufer untergebracht war. Wenn man das Gedicht nur als Ausdruck einer gemeinsam verbrachten Liebesnacht liest, rücken die Aspekte des Schicksals der europäischen Juden, auf das im Gedicht zumindest indirekt verwiesen wird, in den Hintergrund. Denn das Viertel, in dem Celan übernachtete, war im Mittelalter den Juden zugewiesen und die durch Großschreibung akzentuierte Verszeile „Verbannt und Verloren“ deutet auf ein überpersönliches Schicksal der Juden, auch in anderen Städten. Bachmanns Widmung in der Zweitauflage von Die gestundete Zeit – „München, Am Hof / Ingeborg“ – scheint auf diesen Bedeutungshorizont hinzuweisen.25 Der Ort der „Dome“, „Uhren“ und „Ströme“ mag wahrgenommene Realitätspartikel der in der Nähe von Dom, Rhein und Bahnhof verbrachten Nacht bezeichnen; sie auf die Begleitumstände einer Liebesnacht zu reduzieren, greift aber wohl zu kurz. Ist die Herzzeit – wie „herznah“ im Gedicht „Windgerecht“ – nicht vor einem traumatischen und zugleich beglückenden Hintergrund zu lesen? Der Ausdruck „die Geträumten“ stammte von Bachmann. Mit ihm bezeichnete sie ihre Situation als Liebespaar vor dem Hintergrund der von ihr bekräftigten Notwendigkeit, dass Celan seine Ehe mit Gisèle Celan-Lestrange fortsetzte.26 Aber wieso stehen die „Geträumten“ bei Celan für die „Mitternachtsziffer“? Dieser Begriff findet sich auch in einer früheren Version des Gedichts „Windgerecht“. Es handelt von einem Totenfeld, aus dem sich am Ende, von einem „Lichtschein beziffert“ (an dieser Stelle stand ursprünglich: „Mitternachtsziffer“), „Stimmen“ freisetzen. Damit scheinen in den „Geträumten“, die für die „Mitternachtsziffer“ stehen, nicht nur das Liebespaar in der Nacht, sondern unterschwellig auch eine traumatische und zugleich beglückende Wiederkehr der Stimmen der nicht zur Ruhe kommenden Toten in den Träumen der Überlebenden, den „Verbannten und Verlorenen“, anzuklingen: „einiges ging seiner Wege.“
Höllerer ging andere lyrische Wege als Celan. Abgesteckt sind sie in zahlreichen poetologischen Essays, in „Veränderung“, „Movens und Parabel“, „Lyrik heute“ oder „Junge amerikanische Literatur“.27 Die Unterschiede der lyrischen Stimmführung zeigen sich exemplarisch, wenn man „Köln, Am Hof“ mit dem Anfang von Höllerers Gedicht „Ffm. Hbf.“ aus dem Band Systeme von 1969 vergleicht:
FFM. HBF.
,mit Ausweise ohne Ausweise fal-
sche Ausweise‘ (Volksredner im Frank-
furter Hauptbahnhof)
aaaaaaaaaaaaaaaAufrechtbildsucher
aaaaaaaaaaRutenfischer Vorsteher ein
aaaaaGermanist ein Onanist ein Rotarmist (der in Zi-
vil) ein Defätist ein Hydrophyt ein Mannschaftsarzt (mit Macht-
aaaaaaagefühl) ein Rabulist (im Kunstgewühl) ein Fatalist
aaaaa(mit Lustgefühl) ein Monarchist (im Durstasyl) ein Bigamist
aaaaaaaaaa(im Stegreifstil) verhalzt verdutzt und
aaaaalanggeschwänzt im knöcheltiefen Persergrill im
aaaaaaaaaaaaaaaTrauerspuk im
aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaLichterspiel […]
Das Collagegedicht registriert die im Hauptbahnhof herumlaufenden Figuren, im weiteren Verlauf auch die herumschwirrenden Stimmen und Zeichen. Die Figuren sind hier zu wandelnden Substantiven des Systems geworden, die parataktisch und rhythmisch-stockend, durch Binnen- und Endreime, wie sie für Kinderreime typisch sind, aneinandergereiht auftreten. In diesem infantilen ,Reihentanz‘ der zu Begriffen gewordenen Menschen spielt das grafische Bild der nach einer Mittelachse angeordneten Verse mit ihren Leerzeichen eine wichtige Rolle (hier wirkt Arno Holz’ Phantasus nach). Die räumliche Bild-Registratur des Hauptbahnhofes erweist sich hier bereits als „semiologische Röntgenaufnahmen von lebenden Denkmälern, von petrifiziertem Denken“, wie Höllerer in einem späteren Gespräch seinen Roman Die Elephantenuhr charakterisierte.28
Der Hauptbahnhof ist ein Transit-Ort schlechthin, hier einer wirtschaftlich aufstrebenden, vom Finanzkapital geprägten Großstadt, in der Höllerer seit Mitte der 1950er Jahre seinen Arbeitsplatz hatte. An diesem Ort machte er quasi-ethnografische Studien über die ,Epiphanien des Alltags‘. Er beobachtete die Richtungsbewegungen und die Körpersprache der Menschen, das Gewirr der Stimmen inmitten verkehrstechnischer Abläufe. Diese künstlerisch-semiologischen Studien wird er ein paar Jahre später, in der Ausstellung Welt aus Sprache, wieder aufgreifen. Für Höllerer war der Hauptbahnhof faszinierend, weil er ein völlig ,transparenter‘ Ort war, der wenig verstellt oder verschweigt. Hier konnte man das moderne Großstadtgetriebe in seinen direkten, unverstellten Bewegungsformen beobachten, genauer: „die Ökonomisierung des privaten und öffentlichen Lebens, die Hektik des Hin und Her“. Höllerer sah diese großstädtische Zeichensprache kritisch und war zugleich fasziniert:
Der Frankfurter Hauptbahnhof ist ein Knotenpunkt, in dem sich die verschiedensten Organisationsarten überlagern und sich stören. Verkehr, Prostitution, Arbeitsleben, Touristik, Schwarzhandel, Verbrechen begegnen sich. – Aus den Aufzeichnungen ergab sich die Möglichkeit, ein Collagengedicht zu schreiben, eine rhythmische Komposition, die den Frankfurter Bahnhof in einer Architektur aus Wörtern erkennen ließ.29
Während Celans Gedicht „Köln, Am Hof“ die stillen und verlorenen Stimmen zu Mitternacht lyrisch-kontemplativ beschwört, um in ein Gespräch mit ihnen zu kommen, setzte Höllerer auf eine ,technische‘ Poetik, die die verschiedenen Diskursordnungen und Realien – ähnlich wie schon in den Großstadtromanen Berlin Alexanderplatz von Alfred Döblin oder Manhattan Transfer von John Dos Passos – in einem langen Gedicht als rhythmisierte Großstadtcollage aufzeichnet. Mit dem zur offenen ,Schreibszene‘ gewordenen großstädtischen, öffentlichen Transit- und Bewegungsraum „Hauptbahnhof“ ist nicht nur eine Aufmerksamkeit für die Diskursordnung einer Zeit, sondern auch eine Aufwertung des Sprachlautlichen in der Alltagssprache und der technisch aufgezeichneten Mündlichkeit verbunden.30 Von hier aus gibt es eine direkte Verbindung zu den allgegenwärtigen Tonaufzeichnungen im Literarischen Colloquium Berlin – eine technische Neuerung, die heutzutage zur Standardausstattung von Literaturveranstaltungen gehört, an der sich aber noch Hubert Fichte als Teilnehmer des ersten Schreibseminars am LCB störte.31
Aufnahme München, Sommersemester 1961. Die Ludwig-Maximilians-Universität und die Bayerische Akademie der Schönen Künste haben zu einer „Poetik“-Vortragsreihe zum Thema „Wie entsteht ein Gedicht?“ geladen. Den Studenten soll das „Gegenwartsschrifttum“ aus den Erfahrungen der Dichter selbst nahegebracht werden. Auch Höllerer ist aus Berlin angereist (kurz vor Mauerbau, von dem er nichts ahnt; als man beginnt, Stein auf Stein zu mauern, wird er schon wieder weggeflogen sein, Richtung Chicago). Im Gepäck eine Rede, die es in sich hat.32 Er spricht in einem vollen Hörsaal der Universität, aber die Tragweite seiner Rede wird nicht erkannt. Er wird sie danach nochmals in der Westberliner Akademie der Künste für eine Fernsehaufnahme des SFB einsprechen. Diese Aufzeichnung wurde aber vermutlich nie gesendet.33
Es war die Zeit, in der die „Poesie“ zunehmend von der „Poetik“ begleitet, ja teilweise dominiert wurde: „Das Reden über die Poesie ist weit beliebter als die Poesie selbst“, stellte Hans Magnus Enzensberger in seinem Vortrag in der Münchner „Poetik“-Reihe fest, der später unter dem Titel „Die Entstehung eines Gedichts“ bekannt geworden ist.34 Es war die Zeit, in der sich wie gesagt die Poetikvorlesung in der Frankfurter Goethe-Universität institutionalisierte und das Modell für diese heutzutage fast an allen Universitäten anzutreffende Veranstaltungsform wurde. Ingeborg Bachmann war gleichsam ihre erste „Priesterin“.35 Auch wenn in Frankfurt die treibende Kraft bei der Institutionalisierung der Poetikvorlesung der Anglist Helmut Viebrock war, kamen die Vorbilder aus dem anglo-amerikanischen Raum,36 und Höllerer, der kurz zuvor nach Berlin gegangen war, hatte doch an der allgemeinen Institutionalisierung der Poetikvorlesung in der BRD, die nicht zuletzt auch Ausdruck einer Westbindung war, einen wichtigen Anteil. Die Verbindung von akademischer (Selbst-)Reflexion und Gegenwartsliteratur markierte einen wichtigen Übergang, in der sich die deutschsprachige Literatur ihrer Anschlussfähigkeit an die westlich dominierte internationale Moderne vergewisserte. Sie katapultierte Höllerer auf die diskursive Höhe der Zeit und auf die Bühne der literarischen Öffentlichkeit. Am Ende drohte ihm aber, vor lauter akademisch-öffentlicher Poetikreflexion, der Verlust der eigenen poetischen Stimme.
Etwas sagen und es zugleich nicht, oder anders, verschleiert, sagen. Wie entsteht ein Gedicht im technischen Zeitalter?
Was haben Sie sich denn eigentlich dabei gedacht?
Die Frage der nicht-akademischen, ,einfachen‘ Leute aus dem persönlichen Umfeld ist für Höllerer berechtigt und Anlass für seine Reflexionen. Er möchte sie im Münchner Vortrag aus dem Privaten ins öffentliche tragen, die akademische Distanz wahren und sie zugleich überwinden. Er möchte ein in seinem Leben tiefverankertes Erlebnis indirekt, über den dichterischen Schaffensprozess, die „poiesis“, zum Ausdruck bringen. In welchem Verhältnis steht aber die poetische Einbildungskraft, „Phantasus“, der Sohn des Schlafs, in einem Athener Buchladen zufällig geweckt, zum realen Erlebnis, das der Anlass für ein Gedicht war? Erlebnisgedichte wollte er nicht mehr schreiben. Der Dichter im technischen Zeitalter kann sich nicht mehr auf die Inspiration der Musen verlassen, sein Verfahren ist die Konstruktion, die auf Distanz zum Erlebten bleibt. Andererseits ist von der konkreten Erfahrung, von der Nahsicht des Individuums und von realen Einzelheiten auszugehen, aber welcher Weg führt sie zu einer universalen Bildgestalt, zur poetischen Sprache?
Was Höllerer in seiner Poetikvorlesung vor den Zuhörern performativ vollzog, war ein Aufdecken im Zudecken, ein Freud’sches Verneinen, eine umgekehrte Traumdeutung. Das durch die lyrische Verdichtungs- und Verschiebungsarbeit entstandene Bilderrätsel sollte wie ein Rebus rückwärts gelesen werden. Es geht um ein Gedicht, das nur versteckt, im zweiten Gedichtband von 1964 erschien, hervorgehoben und zugleich maskiert durch einen selbstreflexiven Kommentar.
ICH SAH ICH HÖRTE
Ich sah ich hörte Reih’n, gebückt, Gesichter,
Und Pfiffe, Rufe – laß vorübergehn.
Und flog vorbei.
Die Diskutanten vor den Ladenreih’n,
Sie gaben Auskunft, riefen auch
Andre: „Wo
Gewesen?“ – „Hier bin ich natürlich gewesen!“
„Und wohin?“ – „An den nächsten
Erreichbaren Ort!“
An einem Berg schön gemacht schon lang ists her
Wollten sie stehen bleiben weiter gehn;
Flogen auch weiter, in Pausen; ein
Freund starrt auf Abflug; Geschäfte gehen
Und fliegen ab; Bekannte haben ihren
Mono-Geschäfte-Ton.
[…]
An einem Berg schön gemacht schon lang ists her
Hauchdünn das Nest von Wespen, ich
Hör Gesumm,
Sah Pelztier sich ein Nest baun im Wurzelwerk,
Männer Papier verbrennen morgens,
Sah Tote, ein Feld von Toten.
Unter Stein und Asseln Ohrwurm Rollasseln Tausendfuß
Roch ich den Chlorgeruch über Totenäckern. Von
Dort der Aufflug –
Ich sah ein Mädchen verloren gehn; vernahm
Schnattern vom Wasser her; Vogel mit
Langhals; sah
Den Schlick am Kai vor der Maxim Bar, den Witz
Aus einem Muff fall’n (ebenfalls
Vor der Maxim Bar).
[…]
Durch Kuppel Himmel sah ich den Fluß, breit, die Fassaden
Sah ich hinstürzen und mich zum
Umriß hin, Umrißloses.
Lag dann auf Schienen, drüber ein Riesenkran.
Weil ich mich auf das winzige
Leben warf mit meinem
Leib, bevor es aufflog:
Blieb ich
Noch.
Ich sah ich hörte, Kopf überm Erdball, Veränderung,
Hielt die Tür, als der Wind sie sperrte, offen:
Sah: Wald von Kränen. Ruhendes. Expansion.37
Obwohl er gegen das Erzählen der Entstehungsgeschichte ist, weil das Verständnis dann in eine falsche Richtung gelenkt würde, möchte er doch, dass das Gedicht auch vom alltäglichen Wort her verstanden werden kann. Zugleich soll das Konkrete-Einzelne mit dem universalen, poetischen Gesamtzusammenhang in einer Wechselbeziehung stehen. Daher lässt er sich auf ein Experiment ein, zu dem er von einem Leser – imaginiert oder nicht – aufgefordert wurde: Hören wir uns einmal die biografische, konkrete Entstehungsgeschichte an und vergessen wir sie gleich wieder. Unter diesem Vorbehalt des Sagens und zugleich wieder Vergessens blitzt das verdrängte Erlebte, das verletzende „punctum“ in der Momentaufnahme auf:
Ich spreche von einem Märzmorgen des Jahres 1943 zwischen 6 und 7 Uhr in Griechenland. Von einem Lkw aus, der Ersatzteile holen sollte, beobachtete ich zufällig die Erschießung von ungefähr zwanzig griechischen Zivil-Geiseln auf einem Truppenübungsplatz unmittelbar vor dem Berg Hymettos bei Athen. Es war eine unheimliche Mechanik und maschinelle Lapidarität in diesem Ereignis. Es war wie ein marionettenhaftes Schattentheater, ein Bild, das sich, wie ich inzwischen gemerkt habe, jeder Metapher, jeder Beschreibung und jeder Tonart entzieht.38
Jetzt ging Höllerer, in genauer Textarbeit, die Entwicklung der verschiedenen Fassungen des Gedichtes durch. Die erste Fassung entstand noch am gleichen Tag des Erlebnisses, in der Maxim Bar in Thessaloniki. Hier hieß es noch:
Ich bin vernichtet worden mit euch,
Ich bin wieder aufgeflogen. Ich schwieg
In den ersten Fassungen waren ihm aber zu viele „epische Erlebnisberichte in Versform“ und zu viel „Selbstmitleid“.39 Es fehlte ihm die poetische Distanznahme.
Mit dem Publikum im Hörsaal geht er nun von der konkreten Mitteilung zum poetischen Verfahren über. Nach und nach verschiebt und verdichtet er das konkret Erlebte hin zu einer poetischen Sprache. Ihr Verfahren bestehe im Vermischen und Durchdringen von Gegensätzen: von Nah- und Fernsicht, Sich-Festsetzen und Dahinfliegen, Ungeschütztheit und Nest.40 Der Schreibprozess ist also ein lyrischer Wandlungsprozess – vom tatsächlichen Anlass und von den realen Gegebenheiten hin zur einer „Struktur“. Die Inspiration der Musen wird zu einem Verfahren, in dem die Epiphanien der Moderne in eine lyrische Struktur überführt werden. Das Verfahren der antipodischen Sublimierung wird zum movens, zu einem „Motor für das Gedicht“. Sie ist für Höllerer die neue poiesis im technischen Zeitalter.
Ja, was er da am Fuße des Hymettos-Berges gesehen hatte, war tatsächlich eine Epiphanie der Moderne: die Entstehung einer Abstraktmetapher, in der Konkretes-Körperliches zu einer allgemeinen poetischen Zeichensprache wird. Das war auch schon bei Robert Walser, vor allem aber bei Franz Kafka zu beobachten: Die Menschen werden mit anonymen Kräften kurzgeschlossen, dabei wird ihnen der Körper genommen. In der Dämmerung werden sie zu Schattenrissen, wie er erst kurz zuvor in seiner Rede „Lyrik heute“ mit einem Zitat aus Kafkas Tagebuch erläutert hatte:
Man fürchtet heut zutage manches, daß vielleicht die Körperlichkeit entschwindet, daß die Menschen vielleicht wirklich so sind, wie sie in der Dämmerung erscheinen.41
Die Menschen „nach der Menschheitsdämmerung“ sprechen im technischen Zeitalter der Moderne wie diese Schattenrisse bei Walser und Kafka. Die vor dem Berg Hymettos bei Athen erschossenen Zivil-Geiseln wurden erst in der Verlängerung dieser Linie als literarische Epiphanien der Moderne fassbar. Selbst die gegen den Wind offen gehaltene Tür im Gedicht war kein unmittelbares, gar authentisches Erlebnis. Sie war im ersten Absatz von Kafkas „Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande“ literarisch vorgeprägt: eine Abstraktmetapher, in der Konkret-Reales und Abstrakt-Chiffrenhaftes aufeinanderprallen. Mit ihr brachte Kafka das Gespräch zweier Herren als Entfremdungsverhältnis zum Ausdruck.
Am Ende des poetischen Umformungsprozesses steht im Gedicht das Ineinander von niederdrückenden Nah- und erhabenen Fern-Erfahrungen des Kosmos: Es ist Benns Erfahrung des offenen Weltraums als dem „pompösen Überwältiger der geprägten Formen“42 (warum fiel ihm ausgerechnet jetzt Benns Landsberger Fragment von 1944 ein? Ach ja, das gerade erschienene, schöne Insel-Bändchen lag noch aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch:
Die Verneinung als Denkfunktion ist von höchstem Rang, vom Denken erzeugt und im Denken gegründet. In ihr erreicht es seine höchste Entwicklung. Sie umschließt das metaphysische Wesen des Denkens, sie ermöglicht seine allgemeine Bedeutung. Sie dient dem, was Kunst wird, wenn sie vollendet, und Erkenntnis, wenn sie tief ist: der Wirklichkeitsherstellung, der Produktion und Ordnung von Realität. Wohin das Auge schweift: Möglichkeiten, Motive, Anspielungen, Perspektiven – in ihr äußert sich die Konsolidierung, der Zuwachs an Fond. Wohin das Auge reicht: Natur, das heißt Anbietungen und Überlaufen, hier ist Kontur, Selbstbegrenzung, Form, in ihr bekundet sich Detailbekämpfung, Antiemotionismus, Eindrucksfeindlichkeit –: Stil, kurz: anthropologischer Charakter.)43
Es war dieser Transformationsprozess vom historisch situierten Einzelerlebnis zu einer poetischen Sprachform, mit dem die Selbsterkenntnis der eigenen Lage einherging: „Ich erkannte in einzelnen genau wahrnehmbaren Augenblicken, daß ich in eine ungeheuerliche Diskrepanz gestellt war; das war meine Lage“, las Höllerer gerade aus seinem Vortragsmanuskript vor und er blickte dabei kurz auf das ihm lauschende Publikum im Hörsaal. Die Diskrepanz der eigenen Lage, um die es ihm eigentlich im Gedicht ging, war aber die: einerseits das Erlebnis zu Fuße des Hymettos-Berges am Morgen und andererseits – ein kurzer Flug und einige Stunden später am Kai von Thessaloniki – das Sitzen und Niederschreiben erster Notizen in der Maxim Bar; entgegengesetzte und zugleich in der Kunstform des Gedichts zusammengefügte Impulse, der Hang sich zu schützen und zu bewahren, der Fluchtimpuls abzufliegen, Abstand zu nehmen. Beides zusammen führte zu einer gebrochen-modernen, erhabenen Kosmoserfahrung, die auch der Leser teilen sollte. Dabei kam es aber auf das Verfahren an:
Dieses Herantasten ist in den entscheidenden Wendungen bemerkbar, in den Ausdrücken für aufscheinende Erfahrungsmomente, in den ,Epiphanien‘, die umwandelnde, pervertierende, aufs bewegliche Modell hinzielende Versuche sind, etwas über kleinste und damit noch ,sicherste‘ Wahrnehmungen und Vorstellungen auszusagen. In diesem Zirkel bewegt sich Einzelheit und Gesamtvorstellung […].44
Der Vortrag „Wie entsteht ein Gedicht?“ kam gut an, die Zuhörer applaudierten lange. Aber was war geschehen? Höllerer hatte etwas Unfassbares zum Ausdruck gebracht und es zugleich transzendiert. Wie das Mädchen, das im Gedicht verloren geht und auch dem flüchtigen Lesen leicht entgeht (war das „Schnattern vom Wasser her‘ von einem „Vogel mit / Langhals“ das Indiz eines stillschweigend verübten Verbrechens?), waren auch die gebückten Reihen der zivilen Erschießungsopfer und die nach Chlor riechenden „Totenäckern“ im poetischen Wandlungsprozess, im „Überflug“ im und durch das Gedicht, zu Punkten oder „Flecken“ geworden, die man leicht übersieht, oder genauer: Die Menschen verlieren in der Dämmerung ihre Körperlichkeit und verwandeln sich zu einem Zeichenspiel, wie Höllerer in „Lyrik heute“ mit Verweis auf die Prosa der Moderne formuliert hatte:
Literatur im technischen Zeitalter heißt: Stoff wandelt sich um in Bewegung, Substanz verwandelt sich in Gestik.45
Das war auch das Realismuskonzept, das ihm vorschwebte: ein gestischer, zeichenhafter Realismus der Moderne, der die konkreten Stoffe und Körper in Bewegungsformen überführt. Movens, der Motor dieser poiesis, wurde zu einem allgemeinen Konzept der modernen Kunst. So sah es Höllerer auch in den neuesten, aufsehenerregenden Ausstellungskonzepten der Documenta am Werk.46
Das konkrete Erlebnis der Erschießung von Zivilisten wird in „Ich sah ich hörte“ zu einer Abstraktmetapher und zu einer Verfahrens-Chiffre der modernen Literatur als Kunst. Was an dem konkreten Erlebnis verloren geht, wird durch Zeichenbewegungen im Text gewonnen – das ist der Preis, um das traumatisch Verdrängte durch die Verneinung der lyrischen Form, von der Benn träumte, zum Ausdruck bringen zu können. Odysseus kommt hier wieder zum Vorschein. Sein Wesen zeigt sich im „listige[n] Verhältnis der poetischen Sprache zum allgemein vorhandenen Sprechen und zur Erfahrungswelt.“47 Nicht das bürgerliche Ich mit seinem Überlebenswillen, sondern die aller Rechte entledigten Opfer („Homo Sacer“) werden zum „Niemand“. Auch der Vortrag „Wie entsteht ein Gedicht?“ endet mit dem Wahlspruch Molières, der nun – in biografische Konstellationen gebracht – in eine plötzliche Erkenntnis oder vielmehr in einen merkwürdigen Appell mündet, „daß das ,larvatus prodire‘, das zwangsweise maskierte Vorwärtsschreiten, nicht ein Alibi schafft für Individuen mit Seltenheitswert, sondern ihnen eine härtere Lebenspraxis abfordert als einem Trainsoldaten. So wünsche ich jedem von uns eine Erfüllung seiner Möglichkeit.“48
Der Applaus der Zuschauer im Hörsaal der Ludwig-Maximilians-Universität München galt vermutlich der befreienden Ermöglichungspoetik, mit der Höllerers Rede endete. Das „larvatus prodire“ stand hier für ein Lavieren, für ein sprachliches Zeigen und zugleich Verbergen: der zufällig ins Bild geratende „Trainsoldat“ (Höllerer war doch eigentlich Funker?), der etwas gesehen hatte, aber doch nur als unbeteiligter „Transport“-Soldat; jemand, der nur zufällig am Ort des Geschehens und im nächsten Moment schon wieder im Überflug war. Zugleich diese merkwürdige Warnung vor einem falschen „Alibi […] für Individuen mit Seltenheitswert“ mit dem Verweis auf die „harte Lebenspraxis“. Ein paar Jahre später, im Nachwort zum LCB-Gemeinschaftsroman Das Gästehaus, sprach er von der hier zum Tragen kommenden Problematik des „Einzelne[n] in der Gruppe“, vom „Extravagieren und Sich-Fügen des Individuums im größeren Verband einer arbeitsteiligen Gesellschaft“.49 Meinte Höllerer mit dem „Seltenheitswert“ und „Extravagieren“ sich selbst? Er, der gerne mal ein weiß leuchtendes Sakko trug, wenn alle anderen um ihn herum, Bender oder Hanser, in grauen Anzügen steckten? Aber das weiße Sakko war nur das Kostüm eines Dandys. In Wirklichkeit blieb er von seiner Herkunft mit den Füßen auf dem Boden.
Gedichte waren für Höllerer nicht mehr innerer Ausdruck einzigartiger Individuen, sondern hatten mit einer kollektiven Geschichte und einer zunehmend arbeitsteiligen Gesellschaft als Maschinerie zu tun. Hier waren es traumatische, nicht verarbeitete Kriegserlebnisse wie die in Griechenland, Italien und anderswo, die erst um die Jahrtausendwende die Ausstellung Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges beim Namen nannte. Diese Verbrechen ließen Höllerer Zeit seines Lebens in Träumen aufschrecken und waren für ihn der eigentliche Antrieb zum Schreiben gewesen. Die poetische Sprache, die einen Möglichkeitsraum eröffnet, kann das Traumatische nicht direkt benennen, sondern nur über Brüche, Verweise und Verortungen innerhalb eines zeichenhaften Beziehungssystems indirekt zum Ausdruck bringen. Der Impuls zum modernen Schreiben entsprang von der immer wieder neu vorgenommenen ,Standort-Bestimmung‘ des Individuums in den Zwangssystemen der Moderne, die ihn in Schattenspiele verwandelte. Die ,Peilung‘ der Menschenschicksale im geschichtlichen Raum ging allerdings nicht von den Opfern, sondern von den Angehörigen der Tätergeneration aus. Es waren nicht die Stimmen der Opfer, sondern die Echos der Kriegserfahrungen, der Erlebnisse eigener und kollektiver Zwangslagen der Täter. Es waren die Traumata der vielen Gefallenen des Jahrgangs 1922.50
– Was war für Sie das entsetzlichste Erlebnis im Krieg?
– Eines der entsetzlichsten habe ich in diesem Gedicht. Die Erschießung am Hymettos.
Das hab ich mir so etwas weggeschrieben. Das war grauenhaft. Also von Zivilgeiseln. Griechischen. Morgens.51
Die Antworten sind stakkatoartig, von Leerstellen geprägt. Auf Fichtes Frage nach der Intimität, ob es etwas gebe, für das er sich schäme oder etwas, das er verbergen möchte, antwortet Höllerer: Dass er sich nicht davon lösen könne, die Innenseite nach außen zu kehren, aber dass er selten die Mittel dazu finde, mit denen er einverstanden sei. Das große Laster sei das Zudecken, nicht das Aufdecken, aber die künstlichen Aufdeckungen, dieses Entlarven in Illustrierten, sei auch ein Zudecken.52
Studium eines Fotos, das im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg aufbewahrt wird: Eine Gruppe der HJ-Jugend läuft in Sulzbach in Kolonne. Der 17-jährige Junge läuft etwas abgesetzt an der rechten Seite. Er trägt ein weißes Kordelband als Stammführer und hat als einziger die Ärmel hochgekrempelt, Nichts an dieser Aufnahme irritiert.
Studium einer Mitgliederkarteikarte, die im Bundesarchiv in Berlin liegt: Höllerer, Walter, Geb.-Datum: 19.12.22, Geb.-Ort: S. R., Mitgl.-Nr. 8689220, Aufnahme beantragt am 4.11.41, Aufnahme: 1. Sept. 1941.53 Nichts an dieser Aufnahme irritiert.
Das Internationale Germanistenlexikon hatte 2003 die NSDAP-Mitgliedschaft von Walter Jens, Peter Wapnewski, Walter Höllerer und anderen Germanisten erstmals öffentlich gemacht. Der Eintrag zu Höllerer nennt aber nicht die konkreten Daten (Mitgliedsnummer, Antrags- und Aufnahmedatum) und suggeriert mit gewundenen Formulierungen, dass die Mitgliedschaft eventuell nicht wissentlich erfolgt und daher nach Satzung der NSDAP nicht rechtsgültig sei.54 Der Spiegel-Artikel, der in der Folge eine Debatte lostrat, nannte dagegen alle Daten korrekt.55 Falsch war aber die Unterstellung, dass Höllerer in seinen letzten Lebensjahren erbittert um seinen Eintrag ins Lexikon gerungen habe. Das korrigierte dann der Herausgeber des Lexikons, Christoph König: Nicht Höllerer, der schon zu krank war, sondern die Germanisten rangen um den vollständigen Eintrag ihrer akademischen Väter in die NS-Geschichte.56 Das Prinzip nicht der Benn’schen, sondern der Freudschen Verneinung – das Zudecken im Aufdecken – wirkte auch in der Hochschul-Germanistik nach: Das Verdrängte auszusprechen und zugleich zu sagen: ,So ist es nicht gemeint‘ – es mehrdeutig halten. Die vermeintliche „Mitgliedschaft ohne Wissen“ hatte schon Karl Otto Conrady, der nach eigener Aussage selbst „weiß bekordelter Pimpfenführer“ war, in einer Rezension des internationalen Germanistenlexikons in der ZEIT als Legende bezeichnet. Unter Historikern ist es heute unstrittig, dass eine Aufnahme in die Nazi-Partei ohne eigenes Zutun quasi ausgeschlossen werden kann.57
Zu der Zeit, als Höllerer die NSDAP-Mitgliedschaft beantragte, war er 19 Jahre alt. Er hatte vor einigen Monaten Abitur gemacht und befand sich nun zwischen Wehrmachtsausbildung und Einberufung zum Kriegsdienst. Er hatte irgendwo gehört, dass man als Funker nicht schießen brauche, also ließ er sich als „Horch“-Funker beim militärischen Nachrichtendienst ausbilden.
Was ist ein H-Funker?
Dargelegt von Walter Höllerer, 00054!
Ein
Frequenzen durchwühlender,
Sich erhaben fühlender,
Mit dem Schlaf stets ringender,
Geräusche bezwingender,
Oft vergeblich drehender,
So manches nicht verstehender,
Tagesmeldung füllender,
In Schweigen sich hüllender,
Sprüche numerierender,
Geduld nie verlierender
Syrianer peilender
Zum Impfen eilender,
Freizeit belasteter,
Mit guten Vorsätzen gepflasteter
Atebrin verzehrender,
Despinis betörender,
Zum Oberfunker sich erhebender,
Noch höher strebender,
Vom Bau stets bedrohter,
Von Liebe durchlohter,
Briefe erwartender,
Zum Waldlauf startender,
Rufzeichen zerlegender,
Wie ein Blitz sich bewegender,
Ätherdurchdringender,
Soldatenheimsingender,
Nordafrika suchender,
Nachtdienst verfluchender
Geld niemals habender,
Exerzierplatz durchtrabender,
Urlaub ersehnender,
Moskito stöhnender,
Fürchterlich schwitzender,
Humor besitzender,
Durch Appelle erschütterter,
Durch Alarme zerrütteter,
Niemals versagender
Und nie verzagender
Deutscher Soldat!
Dieses Gedicht steht im „Kifissia“-Skizzenbuch, das sich im Nachlass erhalten hat.58 Kifissia ist ein Ort im Nordosten Athens, wo Höllerers Lauschkompanie stationiert war, keine dreißig Kilometer von jenem Truppenübungsplatz, der wohl heute noch ein Schießübungsplatz ist, am Fuße des Hymettos-Berges.
Das Kurzprotokoll einer im Januar 1967 von der Evangelischen Akademie West-Berlins in Zusammenarbeit mit dem Sowjetischen Schriftstellerverband veranstalteten Tagung Probleme des Realismus in der Lyrik verzeichnet einen Redebeitrag des Schriftstellers Volker von Törne, der zunächst Redakteur der Literaturzeitschrift Alternative, dann Geschäftsführer der Aktion Sühnezeichen war. Törne, Sohn eines SS-Standarten-Führers, fällte auf der Tagung ein drastisches Urteil. Es kam einem auf Höllerer projizierten symbolischen Vatermord gleich:
In einem Gedicht von Walter Höllerer, das die Erschießung von griechischen Geiseln durch deutsche Soldaten zum Thema hat, aber in dem von den Erschießungen am Ende nicht mehr die Rede ist, wird die Erschießung dieser Geiseln zum zweiten Mal vorgenommen.59
Wenn Sie schießen mußten, haben Sie drüber gehalten?
– Ich habe nie auf niemanden geschossen. Bei den Nachrichten mußte man nicht schießen sondern hören.60
Ich sah ich hörte.
Im H-Funker, der die kodierten Funksprüche abhört, ist bereits der Zeichen-Entzifferer angelegt. Moderne Lyrik entsteht aus der gegensätzlichen Verbindung von Konkretem und Abstraktem, Chiffrenartigem. In ihr ist die traumatische Erfahrung der Wirklichkeit eingekapselt. Der junge H-Funker ist von den konkreten Erfahrungen des Soldaten als ,anderer Gast‘ auf die verbrecherische Realität zurückgeworfen und zugleich kosmisch aufstrebend. „Blieb ich / Noch“ war für ihn die Schlüsselstelle im Gedicht: Sie bezeichnet die Einheit der gegensätzlichen Fliehkräfte, wie sie Gagarin im April 1961 erfuhr: ganz auf seinen Leib zurückgeworfen zu werden, wenn man in einer Kapsel um die Erde herumrast. Höllerer, der in den Stuhl gedrückte Kosmonaut, der den Antrieb der enormen Beschleunigung in der Gesellschaft erkannte: das Paradox oder die Schizophrenie der Überlebenden, die konkret Erfahrenes, Einzelnes, Körperliches zu Chiffren der Moderne umwandelte. An der poetischen Kosmos-Erfahrung, ihrer Einheit und Erhabenheit vor dem Hintergrund der vielen Brüche in der Zivilisationsgeschichte, hielt er fest. Früh betonte er den engen Zusammenhang von konkreten Erfahrungen vor Ort und literarischer Universalisierung in der Form, von Provinz und Weltliteratur. Aber die von der Zivilisationsgeschichte aufgetürmten Schuttberge, die das individuelle Schicksal begraben, sollten in seinem Elephantenuhr-Roman eine zunehmend zentrale Rolle spielen.
Heribert Tommek: Flecken. Walter Höllerer und die Epiphanien der Moderne, edition text + kritik, 2022
Wenn in meiner Jugend zwei oder drei beisammenstanden und über Literatur redeten, tauchte nach spätestens fünf Minuten der Name Walter Höllerer auf, und wenn dann von ihm die Rede war, dauerte es nicht lange, bis sein Lachen erwähnt wurde. Es war ein leise beginnendes, quietschendes Feixen, das sich dann ziemlich schnell zu einem lauten, meckernden Lachen steigerte, das nicht aus dem feingliedrigen Körper kam, sondern aus dem Kehlkopf; es sprang gewissermaßen aus dem Stand aus seinem Mund, und wenn es draußen war, war es auch schon verschwunden. Ein Lachen, das die bösen Geister vertrieb: Bürokratie, Kleinlichkeit, Langeweile. Wer Walter Höllerer nicht kannte, konnte einen Schreck kriegen. Und wer dieses Lachen hervorgerufen hatte, musste rasch überlegen, welchen Blödsinn er gesagt hatte. Bei keinem anderen Schriftsteller habe ich je dieses Lachen gehört. Es gab in mehreren Exemplaren die Pruster, die Kicherer, die überlegen Hüstelnden, die Schenkelklopfer, die Wieherer, die Dauerironiker, die sich zu einem knappen Lachen herablassen, die Haha-Macher und natürlich die lustigen Vögel, die alles komisch fanden – aber es gab im damaligen Literaturbetrieb kein anderes Lachen, das sich mit dem von Walter Höllerer hätte messen oder gar vergleichen können. Ich erinnere mich an eine Fahrt nach Sulzbach-Rosenberg, seiner Heimatstadt, in der er 1922 geboren wurde und in der er ein Literaturarchiv aufgebaut hatte. Ich hatte ihn in meinem Deux chevaux in München am Hauptbahnhof abgeholt und fuhr ihn durch die wunderbare helle bayerische und oberpfälzische Landschaft, und weil wir endlich mal vier Stunden ohne weitere Zuhörer ganz für uns hatten, gingen wir sämtliche Schriftsteller, Bücher und auch ein paar Nebensächlichkeiten durch, und manchmal musste er so laut lachen, dass die an sich für solche Anfälle klug konstruierte Federung des Autos zu kippen drohte. Und während wir gemeingefährlich über die damals vor der Wiedervereinigung noch nicht so stark befahrene Straße dahinschaukelten, fragte ich ihn nach seinem Leben aus: nach seinen Eltern, seinem Studium, nach Frankfurt mit Suhrkamp (wo er Berater war), der Uni und Adorno, den Freunden und Kollegen. Während er sprach, machte er sich ständig Notizen. Statt eines ordentlichen Kugelschreibers benutzte er nur die Mine, statt in ein Notizbuch zu schreiben, kritzelte er auf Briefe und Briefumschläge, auf die Auskunft der Deutschen Bahn und auf Hotelrechnungen. Alles Papier, das ihm in seinem perfekt sitzenden Jackett unter die Finger kam, wurde mit seiner vogelartigen Krakelschrift kreuz und quer beschriftet, unterstrichen, mit Pfeilen, Kreisen, Schnörkeln versehen, ein Labyrinth entstand, aus dem nur er herausfinden konnte. Die ganze Welt bestand aus Zeichen, und es brauchte ein ganzes Leben, sie zu deuten – und sie zu vermehren. Jede Form der später so genannten „Komplexitätsreduktion“ war ihm zuwider. Das galt auch für die Literaturwissenschaft und die Literaturkritik. Ich höre ihn noch, wie er einmal auf das Buch Statt einer Literaturgeschichte von Walter Jens schimpfte, weil dort ständig die Wendung „Literatur muss…“ vorkam – Literatur muss nicht müssen. Er selbst hat einige literaturwissenschaftliche Bücher veröffentlicht, die bis heute lesbar geblieben sind: eine Studie über Gottfried Kellers Seldwyla und vor allem die anregende Untersuchung Zwischen Klassik und Moderne. Lachen und Weinen in der Dichtung der Übergangszeit. Für mich waren auch seine Entdeckungen bedeutsam, nämlich die Auswahlausgaben von Rudolf Borchardt und Robert Walser, die zu einer Zeit erschienen, als buchstäblich keiner von diesen „Heroen“ der deutschsprachigen Literatur sprach. „Statt immer vom Tod der Literatur und des Autors zu reden, sollte einer mal ein Buch schreiben über den tatsächlichen Tod von Autoren“, sagte er zu mir. Er hatte es immer noch nicht aufgegeben, mich zum Abschluss meines nie richtig begonnenen Studiums zu animieren. Ich blieb sein uneingeschriebener Schüler über seinen Tod hinaus, und jedes Mal, wenn ich einen Band der von ihm herausgegebenen (und ein paar Jahre von mir redigierten) Reihe Literatur als Kunst in die Hand nehme, muss ich an ihn denken. Auf seine extrem individualistische Weise brachte er uns bei, dass „Verstehen“ in den meisten Fällen „Zurichtung“ heißt, „also pass auf, dass du nie zu schnell verstehst“, rief er mir zu, bevor wir dann im Sperber von Sulzbach-Rosenberg den Bürgermeister trafen, mit dem er befreundet war und der bald die Trinksitten der gesamten deutschen Literatur analysieren konnte (wobei Walter Höllerer als sparsamer Trinker mit sehr schlechtem Beispiel voranging): denn alle Schriftsteller kamen nach Sulzbach, um im Amtsgericht zu lesen.
Merkwürdig war, dass er all die Papiere mit seinen Notizen aufhob, in Umschläge, Mappen und Plastiktüten stopfte, die zusammen ein riesiges Gebirge ergaben, Zettels Albtraum, der einem uneingeweihten Betrachter Angst einflößen musste. Wenn noch ein Zettel hinzukommt, dachte ich manchmal beim Blick in sein Arbeitszimmer, bricht das Gefüge über diesem mageren Kerl zusammen. Äußerte man diese Besorgnis, bekam man sein Lachen zu hören, denn er wusste natürlich, wie man diesem Verhängnis entgehen konnte.
Keiner hat so viel für die Literatur der Nachkriegszeit getan wie er. Denn er war ja nicht nur Professor für Germanistik und Direktor eines „Instituts für Sprache im technischen Zeitalter“ an der Technischen Universität Berlin, wo er die besten Mitarbeiter hatte, die ihm, wie Norbert Miller (mit dem zusammen er die Jean-Paul-Ausgabe betreut hat), auch nachfolgten. Er war zugleich Erfinder einer Literatursendung im Fernsehen, und er zauberte ständig neue Lesungsreihen aus seinem unerschöpflichen Zylinder, die uns die gesamte zeitgenössische Weltliteratur in unsere etwas biedere Berliner Wirklichkeit brachten.
Während andere immer neue Kästchen aufbauten und pflegten, um die auseinanderlaufende Literatur einzuhegen, schuf er die Foren, auf denen sie sich zeigen und vergleichen konnte. Ob Yves Bonnefoy oder Ingeborg Bachmann, Zbigniew Herbert oder Helmut Heißenbüttel, Günter Bruno Fuchs oder Allen Ginsberg, Friederike Mayröcker oder Susan Sontag, Günter Grass oder Tomas Tranströmer – wenn Walter Höllerer einlud, kamen alle, und wann immer man diese Autoren irgendwo auf der Welt traf und auf Berlin zu sprechen kam, erinnerten sie sich an diesen quirligen Geist (und seine Frau, die Fotografin Renate von Mangoldt, die alle Autoren „festgehalten“ hat).
Transit und movens hießen die zwei bahnbrechenden Anthologien, die den Aufbruch der Nachkriegsmoderne dokumentierten; Akzente und Sprache im technischen Zeitalter waren die von ihm gegründeten Zeitschriften; die Akzente hat er eine Weile mit Hans Bender herausgegeben, der sie dann allein und später zusammen mit mir redigierte, bis sie schließlich ausschließlich von mir betreut wurden; Literatur als Kunst hieß die schon erwähnte Reihe, in der nicht nur die akademischen Anfänge der neuen Schriftstellergeneration veröffentlicht wurden – von Hans Magnus Enzensberger (Brentano), Joachim Kaiser (Grillparzer), Herbert Heckmann (Barock) und Reinhard Baumgart (Thomas Mann) bis zu Hans Christoph Buch (Ut pictora poesis), Friedrich Christian Delius (Der Held und sein Wetter) und Christian Enzensberger (Tennyson und Swinburne, aber auch eine materialistische Literaturtheorie) –, sondern auch Studien zur Literatur von dem großartigen Ideenhistoriker Gaston Bachelard, von Georges Bataille oder Michail Bachtin (Dostojewski). Damals völlig neue Türen hat er aufgestoßen mit der großen Anthologie Junge amerikanische Lyrik, die er mit Gregory Corso herausgegeben hat. Aber die Krönung war das Literarische Colloquium, das zunächst in der Stadt untergebracht war und dann an den Wannsee zog, ein Stück deutscher und vor allem auch internationaler Literaturgeschichte. Irgendwann haben alle wenigstens einmal dort übernachtet und am Morgen über den friedlichen Wannsee geblickt. Bei Walter Höllerer fühlte man sich sicher oder aufgehoben, weil ihm jedes falsche Pathos abging. In der düsteren Kneipe unter dem S-Bahn-Bogen neben der Akademie der Künste saß der Riese Per Olov Enquist neben dem schüchternen Claude Simon; im glasüberdachten Frühstücksraum des Colloquium löffelte Günter Eich sein Ei neben dem russischen Hünen Jewgenij Jewtuschenko; und Inger Christensen betrachtete versonnen das graugrüne Berliner Sol-Ei, das nie so aussah, als würde man es auch essen können.
Und schließlich war Walter Höllerer auch selber ein hervorragender und sehr eigenwilliger Dichter, der meines Erachtens viel zu wenig Aufhebens um seine Gedichte gemacht hat. „Er lag so mühelos am Rand des Weges“ – einige seiner Gedichte konnten wir auswendig. Warum hat bisher keiner eine Biografie über diesen Schriftstellerprofessorkulturunternehmer geschrieben? Der Nachlass von Walter Höllerer – unter anderem Tausende von Briefen – liegt in Sulzbach-Rosenberg, die nächste Universität ist Regensburg, man kann die Strecke mit dem Fahrrad bewältigen. Titel der Dissertation, die später als Buch erscheinen müsste: „Zwischen Krieg und Frieden. Lachen und Weinen in der Berliner Literatur der Übergangszeit. Über Walter Höllerer“. Das Nachwort müsste Norbert Miller schreiben. Wenigstens ein Literatur-Preis sollte nach ihm benannt werden!
Ich habe Walter Höllerer viel zu verdanken. Meine Jugend in Berlin wäre ohne die herzliche Freundschaft zu diesem ungewöhnlichen Menschen anders (und sehr provinzlerisch) verlaufen.
Michael Krüger, aus Michael Krüger: Verabredung mit Dichtern. Erinnerungen und Begegnungen, Suhrkamp Verlag, 2023
FEDERLESEN
Nach Walter Höllerer
Amsel, Drossel, Papagei,
alle Vögel, alle,
sind in Deutschland vogelfrei,
gehen in die Falle.
Bluten teils im Stacheldraht,
teils in Adlers Kralle.
Spielen ihren letzten Part,
alle Vögel, alle.
Piepen gegen Pershing Two,
speien Gift und Galle.
Kneifen dann das Arschloch zu,
alle Dichter, alle.
Kurt Bartsch
Peter Rühmkorf: Dem ,Langen Gedicht‘ ein langes Leben!
Alexander Cammann: Aus Feuerschlünden
Die Zeit, 29.12.2021
Gregor Dotzauer: Zeremonienmeister der Literatur
Der Tagesspiegel, 16.12.2022
Michael Krüger: Weltgeist von Sulzbach-Rosenberg
Süddeutsche Zeitung, 19.12.2022
Simon Strauss: Der Hüter der Schatulle
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.12.2022
Michael Braun: Zirkusdirektor der modernen Poesie
Badische Zeitung, 19.12.2022
Dieter M. Gräf: Elefantisch
der Freitag, 18.1.2023
Das LCB sammelt hier zum 100. Geburtstag Fundstücke in Ton, Bild, Text und Film sowie aktuelle Veranstaltungen und Ausstellungen.
Günter Grass: Walter Höllerer nachgerufen
Sprache im technischen Zeitalter, Heft 166, Juli 2003
Norbert Miller: Der Vogel Rock
Sprache im technischen Zeitalter, Heft 166, Juli 2003
Peter Rühmkorf: Der Forderer
Sprache im technischen Zeitalter, Heft 166, Juli 2003
Bernhard Setzwein: Mitten am Rand
Sprache im technischen Zeitalter, Heft 166, Juli 2003
Technik und Poetik – Symposium in Erinnerung an Walter Höllerer.
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