Wisława Szymborska: Auf Wiedersehn. Bis morgen

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Wisława Szymborska: Auf Wiedersehn. Bis morgen

Szymborska-Auf Wiedersehn. Bis morgen

WARNUNG

Nehmt keine Spötter mit in den Kosmos,
das rat ich euch.

Vierzehn tote Planeten, einige Kometen, zwei Sterne,
und schon unterwegs zum dritten
verlieren die Spötter den Humor.

Der Kosmos ist, wie er ist,
das heißt vollkommen.
Die Spötter verzeihen ihm das nie.

Nichts wird sie freuen:
die Zeit – weil zu ewig,
die Schönheit – weil ohne Makel,
der Ernst – weil ohne Witz.
Alle werden staunen,
nur sie werden gähnen.

Unterwegs zum vierten Stern
wird es noch schlimmer.
Saures Lächeln,
Schlaf- und Gleichgewichtsstörung,
dumme Gespräche:
daß der Rabe mit dem Käse im Schnabel,
daß die Fliegen auf dem Bildnis des Durchlauchtigsten Herrn
oder der Affe im Bade
– na ja, das war ein Leben.

Spötter sind beschränkt.
Ziehn den Donnerstag der Ewigkeit vor.
Primitiv.
Mögen die falsche Note mehr als die Sphärenmusik.
Am wohlsten fühlen sie sich in der Ritze zwischen
Theorie und Praxis,
Ursache und Wirkung,
das aber ist keine Erde und hier stimmt alles.

Auf dem dreißigsten Planeten
(in puncto Wüstenhaftigkeit tadellos)
weigern sie sich sogar, die Kabinen zu verlassen,
weil der Kopf, weil ein Finger sie schmerzt.

Nichts als Schererei und Schande.
So viel Geld hinaus geworfen in den Kosmos.

 

 

 

Die feine Balance zwischen Ironie und Kitsch…

Ironie und Poesie beißen sich normalerweise, zumindest dort, wo es nicht satirisch werden soll. Bei der polnischen Literatur-Nobelpreis-Trägerin geht die Ironie aber freundschaftlich Hand in Hand mit der Offenbarung einer feinen und feinsinnigen Seele – weder klopft sie sich platt auf die Schenkel, noch entwertet sie die Empfindung zugunsten eines besserwisserischen Zynismus’. Die Worte der Autorin sind echt, wahr – sie steht über den Dingen, aber läuft ihnen nicht davon…

Kankin Gawain, amazon.de, 10.7.2011

 

DIE PRÜFUNG
nach Wisława Szymborska 

bei der Frage was die Welt sei
Gottesstaat oder Pestbaracke
setze ich die Prüfung in den Sand
und bin wieder ein Schüler
der seine Eltern enttäuscht

ich suche die richtige Antwort aber finde sie nicht
finde dass keine Antwort richtig ist
und es nur auf die Macht der eigenen Überzeugungen ankommt
die sich ins Grenzenlose weiten und zu Glauben werden

und während ich meine Wahl treffe
geht mir die nächste Prüfungsfrage im Kopf herum
was das sei die freie Wahl
zum Schreien wenn sie fehlt
sonst zum Fürchten
und nach langem Überlegen begreife ich
wie sehr ich mich fürchte

ich komme zur dritten Frage
die all meine Hoffnung zunichte macht
wer ich sei

und die es hinter sich haben
flüstern mir die Antwort zu
die ich ganz alleine geben muss

aber die Nervosität macht mich sprachlos und ich denke
ein falsches Wort
wird die Prüfung bis in alle Ewigkeit verlängern

am Nachbartisch
wird der Kaiser vom Kriegsgott examiniert
seine Note ,mangelhaft‘

Dmytro Semchyshyn
Aus dem Ukrainischen von Jakob Walosczyk

 

 

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Zum 100. Geburtstag des Übersetzers:

Markus Krzoska: „Es muss im Leben sterben, was Gedicht sein möchte“
dialogforum.eu, 19.5.2021

Antje Scherer: Sein Werk entstand nach Feierabend – Party für den Übersetzer Karl Dedecius in Lodz und Frankfurt (Oder)
MOZ, 19.5.2021

 

 

 

 

Internationales Symposium zum 100. Geburtstag von Karl Dedecius am 20.–21.5.2021 in Łódź. Panel 1: Karl Dedecius und Łódź

 

 

 

Zum 100. Geburtstag der Autorin:

Katrin Hillgruber: Die Welt muss ständig neu beschrieben werden
Der Tagesspiegel, 30.6.2023

Elke Heidenreich: „Ich begeistere mich und verzweifle“
Süddeutsche Zeitung, 30.6.2023

Richard Kämmerlings: „Sie haben ein zu reines Herz, um gut schreiben zu können“
Die Welt, 3.7.2023

Holger Teschke: Was die Wirklichkeit verlangt
junge Welt, 3.7.2023

Peter Mohr: Mozart der Poesie
titel-kulturmagazin.net, 2.7.2023

Manfred Orlick: Kein umfangreiches Werk, aber etwas Unvergleichbares geschaffen
literaturkritik.de, 2.7.2023

 

 

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Wisława Szymborska in memoriam.

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