– Nach Georg Trakls Gedicht „Untergang“. –
GEORG TRAKL
Untergang
5. Fassung
An Karl Borromaeus Heinrich
Über den weißen Weiher
Sind die wilden Vögel fortgezogen.
Am Abend weht von unseren Sternen ein eisiger Wind.
Über unsere Gräber
Beugt sich die zerbrochene Stirne der Nacht.
Unter Eichen schaukeln wir auf einem silbernen Kahn.
Immer klingen die weißen Mauern der Stadt.
Unter Dornenbogen
O mein Bruder klimmen wir blinde Zeiger gen Mitternacht.
für Michael Graubart
abends eisiger wind aber
keine weiher und vögel
fortgezogen oder nie da
im londoner südwesten
bin ich unterwegs zu einem
verjagt aus herkunft und
sprache was uns jedoch
eint ist ein gedicht
under a dome of thorns
sage ich o my brother mein
englisch lässt zu wünschen
übrig und ich biege ein
in die laitwood road weiße
mauern klingen mir verslang
in den ohren echoen noch
als ich vor ihm stehe nur
ein lied in seinem œuvre
trägt einen deutschen titel:
Untergang (words by Trakl)
Christoph W. Bauer, aus Mirko Bonné und Tom Schulz (Hrsg.): TRAKL und wir. Fünfzig Blicke in einen Opal, Stiftung Lyrik Kabinett, 2014
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